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40 der Meerbusen von Mexiko stand hier offen. Kolumbus stand somit schoir auf dieser zweiten Reise nahe an der Pforte der Entdeckung der neuen Welt. Allein sie blieb ihm verschlossen. Denn bedauerlicher Weise stand Columbus dieser Frage nicht un befangen gegenüber; seine Einbildungskraft klammerte sich an die ver meintliche Nähe Indiens. Er war in diesem Irrtum so verrannt, daß er seine Mannschaft schwören ließ, daß sie Kuba für China (Chathai) hielten.*) Er fuhr nun an Jamaica vorbei, erreichte Haiti an der Westspitze und gelangte, vielfach durch widrige Winde gehemmt, an seine Nieder lassung Jsabella. Wenn man die Nichterfolge des großen Mannes bedauert, soll man nicht vergessen, wie die Aufregung und die stete Anspannung aller seiner Kräfte bis zur gänzlichen Erschöpfung hemmend einwirken mußten. Wir hören denn auch, daß seine Kraft auf der Fahrt nach Jsabella deran zusammenbrach, daß die Leitung der Schiffe ihm aus der Hand fiel. In Jsabella fand er zu seiner Freude seinen Bruder Bartholomäus, den die spanische Regierung ihm mit drei Schiffen nachgesandt hatte; mit großer Genugthuung erfuhr er, daß das Königspaar ihm noch wohlgesinnt sei. Anders aber stand es mit den Spaniern, welche er in Jsabella zurück gelassen hatte. Unzufriedenheit mit den Verhältnissen, die ihnen statt des geträumten müßigen Wohllebens Entbehrungen und Arbeit auferlegten, erzeugten Zwietracht, lockerten die Manneszucht. Der Druck, mit welchem die Spanier auf den Indianern lasteten, brachte eine Verschwörung der Häuptlinge zuwege. Zwar hatte der verwegene Hojeda, das Haupt der Verschworenen, den Häuptling Caonabo, aus der Mitte seines Volkes ge holt und in spanische Gefangenschaft gebracht. Er legte ihm einen mit Glöckchen vexierten Handschmuck an. Der Arglose erkannte in ihm die Handfessel nicht, ließ sich vielmehr bewegen, mit ihm das Roß zu be steigen. Dieses Mittel war freilich nicht geeignet, die Aufregung unter den Eingeborenen zu Men. Der Zustand seiner Schiffe, der Wunsch, seine Privilegien bestätigt zu sehen, die ihm verletzt erscheinen mochten, da von ihm unabhängige Schiffe aus Spanien erschienen, um auf eigene Hand Entdeckungen zu machen, bestimmten Columbus, die Heimfahrt anzutreten. Nachdem er dem Bruder den Oberbefehl in Jsabella übergeben hatte, lichtete er die Anker und langte am 11. Juni 1496 im Hafen zu Kadix an. Das Ergebnis der beiden Fahrten war die Entdeckung der Bahama- inseln, der großen wie der kleinen Antillen. *) Peschel, Geschichte der Erdkunde, herausg. von S. Rüge. S. 252. Rüge, Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen S. 278.