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71. Jahrgang. »r Sben-.Avsgabe Monkag. 2S. AprU 1VL7 hrde ig». >«n; die lgtr »nt. wer uar ung alle dem Gegründet 18S6 Drabtanlchrstt: Nachricht«« Dresden Fernivrecher-Sammelnummer; 2V 241 Nur für NachtaeivrSche; 2O011 Bezugs-Gebühr <ktn»«l»um> Die Amelsen werden nach Goldmark berechne!: die einivalttoc R mm bretle Anzeigen-Preise: au kerb alb SVM«. Offertengebübr NPls. Ausw. Aufträge gegen Vorausbe»adl». ^ kei Hau« l.R Wk. art ohne Posizuftellunasgebübr. n»el»u««rr t0 «vt«««i, >e Ameisen werden nach Goldmark berechne!: die Schrsttleiiung und LauvtgeschSstsstelle: Marteukirabe 2S 42 Druck u. Verlag von vi«»ich ck Veichardt in Dresden Vokticheck-Konio IOSS Dr«»d«n Nachdruck nur mii deutlicher Quellenangabe «.Dresdner Nachr.'i zuläliig. Unverlangte Schriftstücke werden nicht auibewabri. Die krgebniffe der Wahl in Seiterreich. Mit den Restftimmen: Einheitsliste 86, Sozialdemokraten 70, Landbund S. Die Vernehmung Kapitän Ehrhar-ls im Wiklng-Prozetz. — Der Aeichsverkehrsminister über -ie Politik -er Deutschnalionalen. Das vorläufige Endergebnis -er österreichischen Aationalratswahlen. iTurch Funklvruch.I Wie». 25. April. Ueber die Nativnalratswahlen liegen jetzt inoffiziell auch die Ergebnisse der 8 Mandate aus dem Burgenland vor. Sie verteilen sich ans die Ein heitsliste mit 8 ffrliher 3 Christlich-Soziales, Sozialisten mit 8 lös, den Landbund mit l 12) und ein Reststiinmcnnlandat. Unter Zuzählung dieser Stimmen ergeben die Gesamtzisscrn de» RatloualrateS: Einheitsliste 79 sgegen 82 Cbristlich- Gpziale «ud 19 Großbentsche 1828). Sozialisten 87 188), Land» tnnd S s8) und 18 Reststimmenmandate. Bon letzteren dürste» etwa 8 den Sozialdemokraten und einige dem Landbund zu fallen. Für den Rationalrat wurden in Steiermark gewählt: Ein heitsliste 9. Sozialdemokraten 8. Landbündler 3. Man rechnet damit, daß die Einheitsliste 88 192), die der Sozialdemokraten 79 s88j, die des Landbundes 9 sä), znsamme« 188 Mandate betragen wird. Die Sozialdemokraten sowie der Laudbund werden also im »«»«« Rationalrat «eh. Sitze haben als früher. Dieser Zu wachs geht ans Koste» der Christlichsozialc«, da die Groß- deutsche« innerhalb der Einheitsliste ihren Besitzstand be hauptete«. Gegenüber der verstärkten Opposition wirb die ahkalnte Majorität aber bei der Einheitsliste bleiben, welcher zude« der Landbnnd als bürgerliche Partei nahcsteht. Bon den kleinere« Parteien vermochte keine einen Sitz zu er, ringe«, anch nicht der Udc-Perband. Die'cr zieht jedoch in den Grazer Landtag mit zwei Vertretern ein. Bon namhaften christlich-sozialen Persön lichkeiten sind alle, die ansgestellt wurden, wieder» gewählt. Die Gros,deutsche« haben ebenfalls ihre Nationalratsmandate behalten, bis aus den Vizepräsidenten des Natioualrats, Dr. Waber, dem aber i« Wie« ei» Rest stimmenmandat zusallcn dürste. Von den neuen Kandidaten der Grostdcntschrn ist der Obmann der Grostdcutschcn Bolks- partci, Dr. Wottawa, in Wien gewählt worden, während »er neue Kandidat der Einheitsliste, Dr. Walter Niehl, der als Rationalist und Antisemit besonders stark angegriffen wurde, nicht gewählt worden ist. Bei den letzten Rationalratswahle« im Fahre 19 2 8 wäre« aus die jetzt in der Eiuhcitsliste ver einigte» Christlichsozialen und Großdcutschcn 82 und 19, zu sammen also 92 Mandate entfallen. Die Sozialdemokraten hatten bei den letzten Wahlen 88, der Landbund S Mandate erlangt. Die einzelnen van-iage lassen sich aus Grund der letzten Meldungen bereits in ihrer neuen Zusammensetzung übersehen. Wien: Einheitsliste 42 <41). Sozialdemokraten 78 <78). Landbund 9»' Nicderösterrcich: Einheitsliste 38 <36). Sozialdemokraten 21 122s. Landbund 1 «2): Obcröstcrreich: Einheitsliste 37 144s, Sozialdemokraten 21 <22s, Landbund 5 10): Salzburg: Einheitsliste 17 116s, Sozialdemo kraten ü 110s, Landbund 2 11): Tirol: Einheitsliste 30 «32s, Sozialdemokraten 10 18). Landbund 0: Vorarlberg: Einleitsltste 22 123), Sozialdemokraten 7 <5). Landbund 1 12): Bnrgenland: Einheitsliste 18 118), Sozialdemokraten 12 112), Landbund 5 17); Steiermark: Einheitsliste 24 188), Sozialdemokraten 20 124), Landbund 10 18), Ude-Partei 3. Infolgedessen wirb sich die Landesregierung aus 4 Mitgliedern der Einheitsliste, aus 8 Sozialdemokraten und 2 Landbündlern zusammensetzen, so daß die diesjährige Koalition zwischen Sozialdemokraten und Land bündlern in Steiermark die Mehrheit erhält, während die Christlich-Sozialen und die Großdeutschen, die bisher die Landesregierung bildeten, in die Opposition gedrängt werden. Dementsprechend wird auch die Besetzung des Postens des steierischen Landeshauptmanns vorgenommen werden: Kärnten: Christlich-Soziale 11 IN). Sozialdemokraten 16 115), Landbund 12, Nationalsozialisten 1 11). Slowenen 2 12). Die politischen Tagungen -es Wochenen-es. Sei« Umsall -er Deulschnalionalen. Sine Rebe des ReichsverkehrSminister in Esten. Esten, 25. April. Sonntagnachmittag fand iin Krupp- Saale des Städtischen Saalbaues in Essen eine Mitglieder versammlung des Landesverbandes Düsseldorf der Deutsch- nationalen Bolkspartet statt, die der Landesgeschäftsführer ThteneS eröffnet«. worauf der Rcichstagsabgcordncte Ellenbeck das Wort zu seinem Bortrage über „Die politische Lage und di« Ausgaben der Deutschnationalen Volkspartei als Regierungspartei" ergriff Er wies eingangs auf die Reorganisation der nationalen Bewegung und auf deren «ene« Sinslnst ans die Regierung hin. und bezeichnet? als zweite Etappe der Aufgaben die Erlangung des gleichen Ein flusses in der prenßischen Negierung. — Daraus nahm Aeichsverkehrsminister Dr. Lisch da- Wort zu einem Bortrag über baS gleiche Thema. Ein gangs erklärte er. der Borwurf, die Deutschnationalen seien in ihrer Politik umgefallen, sei nichtig. Gegen dle Ber- drehungSversuche der Linkspresse müsse festgestellt werden, daß die Deutschnationale Bolkspartet auch heute noch keine ErfüllungS. und Verständigungspolitik im Sinne der Demokratie treibe. Man habe lediglich mit den Tatsachen der abgeschlossenen Locarno-Verträge rechnen wüsten. Di» Idee der Bölkeroersöhnung und des BölkerfricdenS ans pazisistischer Grnndlage, führte der Redner aus. sei eine Phantasie, da im Auslände der Wille zur Ab rüstung keineswegs zu erkennen sei. Zur inneren Politik übergehend, erklärte der Minister, -aß eine sachliche Politik verzettelt werde durch die vergiftete Politik der Demokratie. Die Dcntschnationale Bolkspartet »erde in der Konkordatssrage den einmal ein genommenen Standpunkt keineswegs verkästen. Der Redner kam dann ans die Ausgaben der Deutschnationalen Bolks- parlet zu sprechen und stellte in den Vordergrund die Not wendigkeit der Anlage großer durchgehender VerkehrS- st ratzen. Hier müsse aber erst die Frage geregelt werde», wer die Stratzen z» bauen übernehmen könne. Ueberhaupt sei im Hinblick aus die Förderung des Verkehrs eine strenge Trennung der Befugnisse zwischen Reich, Ländern und Ge meinden notwendig. Taqunq -es All-eulschen Derban-es. Köthen, 24. April. Gestern und heute fand hier die Tagung des Gesamtvorstandes des Alldeutschen Verbandes Katt. Obersinanzrat Bang schilderte in der gestrigen A»s- fchutzsitzung die Wirtschaftslage als sehr ernst und kam auch auf den Dawes-Plan zu spreche». Für u»S gehe es nicht »m «ine Revision der Lasten, so erklärte der Redner, sondern um die Revision unserer V e r p s l i ch t » » " e n als so'^'cr. Fm übrigen könne nur eine nationale Selbsthilfe unserer Wirtschaft -elfen. In der heutigen Gesamtvorstandssitzung legte Jnstizrat Clatz in seinem Bericht zur politischen Lage u. a. dar, datz der Parlamentarismus und die Parteiwirtschast immer deutlicher ihre Unfähigkeit zur sachlichen Arbeit zeige. Der Partei geist regiere, das heißt, es gäbe keine wirkliche Regie rung. An dem inneren Elend Deutschlands habe auch der Ein- tritt der Deutschnationalen in die Reichsreaierung nichts ge- ändert. Er habe unsachliche und schädliche Maßnahmen, wie das Arbcttszettnotgesetz, die Verlängerung des Handelsprovi- soriums mit Frankreich und die Zustimmung zu Stresemanns Genfer Unhetlwerk nicht verhindern können. Die Konkor- batSverhandlungen seien allen Ableugnungen zum Trotz schon so weit fortgeschritten. Der Alldeutsche Verband be fürchte von dem Abschluß weiterer Konkordate, insbesondere des ReichskoukordatS, eine Beeinträchtigung unver zichtbarer StaatSrecht«. Die geplant, Verlängerung des Re, publikschntzgesetzeS forderte schärfste« Widerspruch her aus. (TU? Eine Ae-e Killers in Esse«. Zusammenstöße ans einer Rattonalsozialtstentasnng. Esten. 25. April. Auf der nationalistischen Tagung hielt in den Ausstellungshallen Adolf Hitler eine Rede, in der er u. a. sagte: Das deutsche Bürgertum habe einen Nationalismus geprägt, der arbeiterfeindlich sei. und der Sozialismus habe seine Lehre in eine Form gekleidet, die Millionen Menschen abstoßen müsse. Die Gewerkschaften seien durch Marx ,« Fnterrstenvertretern der Banke« und der Börse gemacht worden. DaS Bürgertum und der Marxismus würden zerfallen. Entstehen werde die junge national- sozialistische Idee. Gegen Ende der Versammlung drangen etwa 30 Kom munisten unter Führung des Redakteurs des „Ruhrecho" in das Versammlungslokal ein um sich nach DiSkussionsschlutz das Wort zu erzwingen oder die Versammlung zu sprengen- Es kam zu einer Schlägerei. Bo« de« Versammlungs teilnehmern wurden 8. von den Kommunisten 18 verletzt. Die Polizei griff ein und stellte die Ruhe wieder her. Ferner kam cs auf der Straße zu Tätlichkeiten zwischen einem Zuge Nationalsozialisten und Kommunisten, wobei mehrere Schüsse fielen Ein unbeteiligtes Ehepaar wurde durch Schütte am Oberschenkel und Knie verlebt. Fm ganzen wurden etwa 21 Personen bei den Zu sammenstößen verwundet. Gestern fand auch eine große öffentliche Kundgebung der Nationalsozialisten auf dem Burgplatz zu Esten statt, wo bei Abg. Strässer eine Rede hielt. Auch Hitler war an wesend. gab aber durch Zeichen zn verstehen, daß er nicht reden dürfe, und nahm später aus einem Auto stehend den Vorbeimarsch der Fahnen und der uniformierten National sozialisten ab. Da wettere Zusammenstöße befürchtet werden, ist die Polizei in Alarmbereitschaft und hält die Verkehrs- punkte besetzt. Zaniboni. IVon unserem römischen Korrespondenten.) Nom, den 23. April. DaS ist ein wunderlicher Prozeß. Aus der Anklagebank, also wie immer in Italien in einem richtigen Käsig, sitzen ein Major der Reserve und ein General, der im Kriege eine Armee geführt hat: die fünf anderen sind nur Helfershelfer. Der Major heißt Tito Zaniboni und war auch sozialisti scher Abgeordneter; ein Feuerkopf mit gut geschnitteneu Zügen, der keinen Augenblick leugnet, datz er mit seiner öster reichischen Zie-lfernrohrbüchse am 4. November 1925 sicher Mussolini auf dem Balkon des Palazzo Chigi getroffen hätte» wenn — ja, wenn nicht sein „Freund" und Sekretär, der 22jährige Quaglia, im allerletzten Augenblick die Polizei ge holt hätte! Der General heißt Capello, und seine Armee war die, die bet Karfreit mehr oder weniger zerrieben wurde: man hat ihm aus Respekt sein Armesünderstühlchen außerhalb des Käfigs in den Saal gestellt, rechts und links flankiert von einem Polizeihauptmann. Aber er hat gewiß keine Flucht gedanken mit seinen 78 Jahren, und die 17 Monate in der Untersuchung haben ihn vollends gebrochen; es wirkt grotesk» wie der Staatsanwalt 30 Jahre Gefängnis für ihn fordert! 80 Jahre, weil er den ganzen Mvrdplan ausgedacht haben soll, und da er einer der obersten Führer der italienischen Frei maurerei ist, so ist für jeden guten Faschisten klar, daß hinter dem Ganzen die Freimaurer stehen, mit gewaltigen Summen, die natürlich aus demAuslande stammen. So liest man es in sämtlichen Zeitungen, und ist erstaunlich, datz der Großmeister Torrigiani, der im Prozeß fortwährend ge nannt wurde, nicht auch schon in „Schutzhast" genommen ist*). Der Wahrheit gemäß muß freilich berichtet werden, daß der eigentliche Vorsitzende dieses von Mussolini persön lich ernannten außerordentlichen Gerichts hofes. der General San na, schon zweimal krank wurde» als der Prozeß beginnen sollte, und schließlich überhaupt be urlaubt werden mußte; natürlich sagen die Gegner des Re gimes, er glaube nicht an eine Schuld Lapellos und seine Krankheit sei eine diplomatische. Die dritte Hauptperson des Dramas ist -er Zeuge Quaglia; Quaglia heißt „Wachtel", und diese Wachtel hat also die Hunde auf die Spur gebracht. Am zweiten Verhand« lnngstage erscheint als Zeuge der frühere oberste Polizeichef Crispo Moncado Igenau ein Jahr nach Zantbonis Atten tat, bei dem er seine Brauchbarkeit erwiesen, hat ihn das — vierte — Attentat von Bologna weggefegt): auf die gerade Frage eines Verteidigers: „Stand Quaglia im Dienst der Polizei? War er provocateur?" verweigert er die Aus kunft „aus dienstlichen Gründen". Das Wachtelchen freilich weist diese Zumutung mit allen Zeichen der Entrüstung von sich; er hat einen furchtbaren Gewissenskampf gekämpft zwischen der Freundschaft für Zaniboni und seinem vaterlän dischen Pflichtgefühl, jawohl! — Dabei sitzt bas arrogante Bürschchen mit übergeschlagenen Beinen vor dem Gerichtshof hingeflegelt und wirft ab und zu einen geringschätzigen Blick über die Schulter nach den Verteidigern der Angeklagten; dem kann keiner! Nur wie Zaniboni im Käfig das Wort erhält und — Hände an der Hosennaht, mit fester Stimme sagt: „Ich schwöre bei dem Heiligsten, was mir geblieben ist, beim Haupt meiner Tochter: Quaglia hat selbst den Wunsch aus gesprochen, auf Mussolini zu schießen!" — da springt er auf» wirft — ein Theatercoup — den Stuhl hin und schreit hinüber: „Du lügst! Ich will ein toter Mann sein, wenn das wahr ist!" — Aber Zaniboni sagt nur trocken: „Wenn es einen Gott gibt» bann bist du jetzt tot!" Dieser Zusammenstoß ist aber auch der einzige Höhepunkt des Prozesses, der keinerlei Ueberraschung bringt; 18 Monate — in der italienischen Justiz allerdings keine Seltenheit —- sind hingegangen, bis alles vorbereitet war, und die Zeitun gen. die in den ersten Prozeßtagen vorsichtig schwiegen, sind nun ganz breit von der offiziellen These beherrscht: Nieder mit der Freimaurerei! Man muß wissen, was die Maffoneria noch vor wenigen Jahren in Italien war: kein Politiker, ja, kein Offizier, der ohne sie vorwärtskommen konnte: oft genug hatte der im Staatsdienst Untergebene einen höheren Grad als Freimaurer und nützte ihn gegen den Vorgesetzten aus! Dabei gingen die Fäden tatsächlich sehr dicht nach Paris zum Grand Orient hinüber; hier liegt das Geheimnis der so erfolgreichen Wühlarbeit BarrsrcS in Rom gegen den Dreibund. Er mar ja Logenbruder! Lächerlich zn glauben» gegen diese Phalanx hätte Erzberger mit seinen — unseren — Millionen und seinen vatikanischen Verbindungen etwas auSrichtcn können! Der Faschismus mußte diese internatio nale Macht als den Erzfeind seines Programms des römischen Nationalismus erkennen und sich hierin mit der Kurie finden; auch für sic ist dieser Prozeß go«la1>ci l Vergessen soll nicht sein, daß die faschistische Presse ja anch im jetzigen Konflikt mit Jugoslawien die Hand der Loge erblickt und das mit Dokumenten vom vorjährigen Kongreß der Freimaurer ist Belgrad belegt! Juristen »nd Demokraten können mit diesem Prozeß im römische» Justizpalast nicht einverstanden sein; sie rufen: Seht die Justitia ohne Augenbinde! Sie habe» anfangs auch ge« »> Wie gemeldet, ist am Lvnnabeiid der Freimaurer.Olrvs,Meister Torrtgiant tatsächlich verhaltet und z» siiniiabriaer Zwangs^ Verschickung verurteilt worden. Tie Redaktion.