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Bautzener Nachrichten : 29.12.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-12-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1887328319-189812294
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1887328319-18981229
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1887328319-18981229
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Bemerkung
- Vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Bautzener Nachrichten
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-12
- Tag 1898-12-29
-
Monat
1898-12
-
Jahr
1898
- Titel
- Bautzener Nachrichten : 29.12.1898
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Ixr nach 4 Uhr die Ansammlung »»öffnete. Der Vorstand, Herr OSwald Zlmmnmann, erstattete Bericht über dtr Ursachen zur Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung, wies die gegnerischen Ausstreuungen zurück und berichtete über die der- änderte Erscheinungsweise der Zeitung als Abendblatt vom nächsten Vierteljahre ab. An der Debatte beteiligten sich die Herren Ak tionär» Abg. Lotze-Dresden, Knauthe-Bautzen, Glöß-DreSden, Pieser»Dresden, Schäfer»Leppersdorf, Schumann.Bautzen ic Einstimmig wurde dir Statutenänderung nach dem Vorschläge des Vorstandes gutgrheißen. Danach lautet A 1 der Satzungen künftig: .Unter der Firma „Deutsche Wacht, A.-G/ wird hiermit eine Aktiengesellschaft begründet, welche ihren Sitz in Dresden und den Zweck hat, den Verlag, die Herstellung und den Vertrieb einer Zeitung, von Drucksachen, Zeitschriften und Büchern, welche ge> mrinnützige Reformen auf dem Gebiete der Politik, Volkswirt schaft und Kunst anfirebrn, zu betreiben und bereits bestehende VerlagSuntcrnehmen zu erwerben." — Nach einem kurzen Schluß wort des Vorstande-, der zur lebhaften Werbung von Abonnenten für daS kommende Vierteljahr ermunterte, und nach Verlesung deS ProtokolleS wurde die Versammlung ^6 Uhr geschlossen. — Dresden, 38. Dezbr. In einer Wohnung deS Hauses Gerichtsstraße 10 entstand gestern abend in der elften Stunde während der Abwesenheit deS Mieters Feuer. Ein Hausbewohner, der die Gefahr entdeckte, verschaffte sich durch gewaltsame Oefsnung der Thüre Zutritt und vermochte den Brand noch vor Ankunft der Feuerwehr zu löschen. Die Ursache deS Brandes wird darin ver mutet, daß der in der Wohnung zurückgelafsene Hund die brennende Petroleumlampe zum Umfallen gebracht hat; wenigstens wurde sie zerbrochen aufgefundrn. — Dresden, 28. Dezbr. Fünszigmarkscheine ver- brennen mag eine ganz vergnügliche Beschäftigung sein — für denjenigen, der sich'S bieten kann, fatal aber ist es auf jeden Fall, wenn ein Dienstmädchen solch vielbegehrteS Papier, und noch dazu ihr Weihnachtsgeschenk, den Flammen überantwortet! Bet dem Major von S., hier, steht rin aus Schlesien gebürtige« Haus mädchen srit^einem halben Jahre in Dienst. Am heiligen Abend nun wurde sie zum Weihnachtstisch gerufen und erhielt außer dem üblichen Stollen u. s w. nur — ein einfaches Nähkästchen! Ohne sich zu bedanken, eilte sie in ihre Kammer und öffnete eS, aber — außer dem üblichen Nähzeug und mehreren Päckchen Radeln ent hielt eS — nichts! Mit einem Rufe, der nicht wie ein Glückwunsch klang, schleuderte sie daS Kästchen ir.S Feuer und packte räsonnierend ihre Sachen, um schleunigst die .schäbige" Stelle zu verlaffen, als ihre Dienstherrin eintrat und verwundert nach der Msache Ihns Vorhabens scagte. Riecke machte ihrem gepreßten Herzen Lust und lärmte und weinte, bi« die Frau Major sie srogte, ob sie denn mit den 50 Mark, die hinter dem kleinen Spiegel an dem Deckel deS Kästchens gesteckt hatten, nicht zufeieden sei? Mit einem Sprunge war Riecken am Ofen und riß mit der Feuerzange die Reste deS Nähkästchens auS den Gluten — und zum Glück war der größte Teil des Deckels und der Kaffenschein unbeschädigt! Nun hat aber die Frau Major dem dankbaren HauSgeiste den Dienst gekündigt. — Im Bezirk Pirna Ist, wie neulich schon die .Tagespost", so nun auch die .Volkszeitung", beides freisinnige Blätter, eingrgangen. — Einem Schiffer in Schandau, der seine Schaluppe aus schöpfte, war dabei sein offenes Notizbuch, in welches er acht Ein hundertmarkscheine hincingelegt hatte, in die Elbe gefallen. Nach dem er seinen Verlust gemerkt, begab er sich mit einem Bootsmann auf die Suche. Beide hatten an der Elbbrücke (Carolabrucke) das Glück, zwei Einhundertmarkscheine dem Wasser zu entnehmen, die anderen sechs konnten aber trotz eifrigen Suchens, sogar bis nach Halbcstadt hinunter, nicht gesunden werden. Mittlerweile gab aber ein Knabe in der Redaktion der „Elbzeltung" einen derartigen gefundenen Schein ab, dies wurde bekannt gegeben, was nun wieder dazu sührte, daß man hörte, in Prossen habe eine Frau ebenfalls viel Geld gesunden. Die Frau gab zu, daß sie fünf Einhundert- marlscheine, welche am Elbdamme langsam hin- und hergetriebcn, an sich genommen, sie war aber der Meinung gewesen, daß solches Papiergeld, welches man in die Elbe geworfen, wohl nicht echt sein könnte. Die Scheine gab sie selbstverständlich zurück und so kam der Verlustträger zu seinem Gelde. — In Leipzig sind gegenwärtig 23 Vergnügungslokale, nämlich 5 in Alt-Leipzig und 18 in den Vororten, dem Militär- besnche verboten. — In Grünbach sand am 1. Feiertage im Gasthofe .zum Wendelstein" e n» Explosion statt. Im genannten Gasthofe liegt eine Acethlen-GaSleilung. In der 10. Stunde gingen plötzlich die Flammen zurück, woraus sich der Wirt, der erst vor JahreS- frist durch dieselbe Leitung eine schwere Verbrennung erlitten hatte, mit seinem Gehilfen in das Kesselhaus begab, um dem Schaden abzuhelscn. Kaum hatten die beiden^daS Haus verlassen, als das selbe mit den sämtlichen Kesseln in die Luft flog; auch die anstoßende Scheune wurde schwer beschädigt. Im Saale, wo eine öffentliche Kinderaussührung stattfand, waren gegen 500 Personen anwesend; es entstand deshalb nicht geringe Aufregung. Die Ursache zur Explosion ist jedenfalls darin zu suchen, daß rin Hauptrohr zuge- froren war. — Falbs Wettervorhersage für die nächsten Tage lautet: Der 28. Dezember war rin durch eine Mondfinsternis verstärkter kritischer Termin 3. Ordnung. ES sollen demzusolge ausgebreitete Niederschläge, meist in Form von starken Schneesällen, ein- tretrn, die stärksten dieses Winters. Sie dauern, wenn Falb Recht behält, in den beiden ersten Januarwochen noch fort und vom ab ist auch ein bedeutender Rückgang der Temperatur zu erwarten. Der 12. Januar ist ein durch eine Sonnenfinsternis verstärkter kritischer Termin erster Ordnung. Erst vom 15. ab ist das Ver- schwinden der Niederschläge zu erwarten. — Berlin, 28.Dezbr. Die Persönlichkeit des Mädchens, daS der Barbier Friedrich Busse in Charlottenburg durch Würgen und Schläge getötet hat, ist gestern abend sestgestellt worden Bei der Kriminalpolizei meldete sich die Wirtin der Toten, die durch die Personalbeschreibung und daS Ausbleiben ihrer Mieterin ausmerksam geworden war, und erkannte in der Leiche die 22 Jahre alte Kellnerin Sidonie Herrmann, die bis zum 24. Oktober in Berlin wohnte, dann nach der Kantstraße in Charlottenburg gezogen und zuletzt dort in der Cauerstraße in Stellung war. Durch diese Personenfeststellung wird die Behauptung Busses, daß er das Mädchen im Streit ohne Ueberlegung getötet habe, erschüttert und eS gewinnt nach den Ermittelungen, die bisher über daS Leben der Getöteten gemacht werden konnten, den Anschein, daß derBarbier die That mit Vorbedacht verübt hat. Buffe, ein 23 Jahre alter Mensch, auS Erxleben gebürtig, Hai erst vor einigen Wochen, nach dem ihm sein Bruder zur ersten Einrichtung das Geld geliehen, sein Barbiergeschäst eröffnet. Man begreift nicht, warum Buffe die Tote in den Vorgarten geschleppt hat und dort hat liegen lassen, »«8 während er ruhig dir Nachtruhe gesucht hat. Er wird auch al- rin rtwaS stumpssinnigrr Mrnsch brzrichnrt. — Zu drr Spieler- assairr in Berlin wird jetzt der „Boss. Ztg." milgrtrilt, daß da« Spiel in bekannten CasöS und Hotels der besten Sladtgegrnden getrieben worden ist. Der Hauptmacher, der in dem Klub falsch gespielt und die Mitglieder arg gerupft haben soll, war der auS dem vor Jahren geführten Proziß Konrad Reuter bekannte gewerbs mäßige Spieler Wolff, der in diesem Prozeß mit einigen Jahren Gefängnis davon kam, während Reuter, der alle Schuld aus sie nahm, neun Jahre erhielt und im GesängniS gestorben ist. Wol selbst wußte sich damals drr Strafe durch die Flucht inS AuSlan zu entziehen, kam aber, als er die Strafe für verjährt hielt, nac Deutschland zurück. Er wurde, weil der Staatsanwalt den Steel brief regelmäßig erneuert hatte, verhaftet und mußte seine Stra abfitzen. Wieder entlasten, wußte sich Wolff Eingang im „Klub der Fröhlichen" zu verschaffen, verschwand aber sofort, als öffent lich Enthüllungen in Aussicht gestellt wurden. Wolff dürste sobald nicht wieder deutschen Boden betreten, weil er mit Rücksicht auf seine Vorstrafen eine längere Freiheitsstrafe zu gewärtigen hat. Die Mitglieder des „Klubs der Fröhlichen" setzten sich aus jüngeren Offizieren, Beamten, Schriftstellern, Bühnenangehörigen rc. zu sammen, die bald hier, bald dort zusammenkamen, nm zu spielen, bis es zu erregten Auftritten in einem der größten hiesigen Hotels kam, das dann seine Pforten dem Klub schloß. — Die Meldung, daß l)r. Chrysander, der Arzt des ver storbenen Fürsten Bismarck, nach Weingarten im Badenschen über- gesiedclt sei, ist unzutreffend. ür. Chrysander bleibt in Hamburg und hat dort bereits eine Wohnung gemietet. (Große Bleichen 10); er ist dort aber vorläufig nur Sonntags zu sprechen, da er in den nächsten Monaten in Berlin beschäftigt ist. — Die aus Anlaß des vorjährigen Hochwassers gemachte Gesamtauswendung auS öffentlichen Mitteln stellt sich nach der „Schles. Ztg." für die Provinz Schlesien auf 6220000 Mk. Hierzu treten noch die umfangreichen Gaben der Privatwohilhätig- kett mit rund 2*/. Millionen Mark, so daß zusammen etwa 8'/, Millionen Mark zur Beseitigung der durch das vorjährige Hochwasser heibeigeführten Schäden noch Schlesien geflossen sind. — Der Arbeiter August Kuritz in Kottbus, der seine Frau im Schlaf durch Mrstklstiche ermordet hatte und dann ge flüchtet war, hat sich ertränkt — Die Hausfrauen dürfte eine kürzlich Frau L. Klingauf in Alt-Jäschwitz bei Bunzlau i. Schles. gesetzlich geschützte, prak tische Neuheit interessieren. Es ist dies eine Vorrichtung zur Herstellung von auswechselbaren Strumpssvhlen und Fersen aus beliebig starker Wolle, Baumwolle und dergl. und zwar in einer dem Stopfen ähnlichen Weise und in kürzester Zeit ohne große Mühe. Die einfache Vorrichtung besteht laut Mitteilung deS Patent-Bureau von Lüders-Görlitz aus einem aus wellenförmig gebogenem Drahte hergestellten Rahmen von der Form des her- zustcllenden Ersatzstückes. Dieser Rahmen wird der Breite nach Welle für Welle durchaus mit einrnr Doppelfaden bewickelt, wo rauf der Faden auch der Länge nach und zwar wie beim Stopfen mit einer Nadel durch die Querfäden geführt wird Vom Rahmen sbgenommcn, bildet das Ganze ein widerstandsfähiges Gewebe von der Form des Rahmens. Ein Versuch mit der Neuerung dürfte ich lohnen. — Der Bürgermeister von Jarotschin ist wegen Ur kundenfälschung in Untersuchungshaft genommen worden, weil er mehrere standesamtliche Eintragungen gegen das Gesetz in seiner Abwesenheit durch den Stadtwachtmeister hatte vornehmen lasten, ie nachträglich unterschrieben und die Gebühren dafür für sich er hoben hatte. Es handelt sich um Fälle aus dem Jahre 1895, die der Stadtwachtmeister, nachdem er pensioniert war, aus Rach sucht zur Anzeige gebracht hatte. — Einen seltenen Kindersegen hat eine Familie in Gera zu verzeichnen. Nachdem im vorigen Jahre erst Zwillinge angr- kommen waren, sind ihr am Freitag Drillinge beschieden worden. — Am Weihnachtsbaum fingen die Kleider eines vier- jährigen Mädchens des Fuhrmanns Both in Elberfeld Feuer. Das Kind erlitt sehr schlimme Brandwunden und starb nach kurzer Z-it. — Coblenz, 27. Dezember. Gestern mittag hörte man an Bord desVallendarcrLokaldampsschiffes „Kaiser Wilhelm II." einen starken Knall, gleich daraus ging eine Unmaste Dampf aus. In dem Dampfkessel war ein Siederohr geplatzt. Unglück licherweise flog einem Fahrgast ein Stück Eisen an den Kops und verursachte eine erhebliche Kopfwunde. Der Heizer blieb unverletzt. — Altona, 27. Dezember. Am Abend sdcs ersten Weih- nachtstages wurde die 23jährige Frau des Kupferschmiedes Appel in der Wohnung von ihrem Manne vollständig verkohlt als Leiche am Boden liegend ausgefunden. Das drei Monate alte Kind lag bewußtlos im Bett, kam aber wieder zu sich. Die Lampe lag zertrümmert und explodiert auf dem Fußboden. Möglicher weise ist das Unglück durch die Explosion dieser Lampe verursacht worden. Eine polizeiliche Untersuchung ist eingeleitet. — Hamburg, 27. Dezember. Um ihr zweijähriges Töchterchen zu baden, verließ die Mutter, die Ehefrau Anders, für einen Augenblick das Zimmer. Diese Gelegenheit nahm daS Kind war und machte sich an der Badewanne zu schaffen; es fiel ilötzlich in die mit heißem Master gesüllte Wanne und erlitt so chwere Brandwunden am ganzen Körper, daß eS sofortverstarb. — Ein stark betrunkener Mann war am 24. d. abends von der Polizei in das Arresthaus zu Gießen ringeliesert worden. Am anderen Morgen wurde er bis zur Unkenntlichkeit verbrannt n der gelle aufgefunden. Die starken Mauern hatten eine Ver breitung deS Feuers verhindert. — Der große Krawallprozeß in Heilbronn hat noch ein Nachspiel gehabt. Vor der Heilbronner Strafkammer wurde gegen drei wegen der Geringfügigkeit ihrer Strasthaten nicht an daS Schwurgericht, sondern vor die Strafkammer verwiesene An geklagte verhandelt. Sie wurden wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu bezw. 8, 4 und 2 Monaten Gefängnis verurteilt. — Einen Mordversuch auf seine Frau verübte am Sonn tag in München der Maurer Wenzel Bernreiter. Der Mann, er seine Frau verlaffen hatte, weil sie ihm kein Geld gab, sand ch am Christabend vor der Wohnung seiner Frau ein, entfernte ich aber, als seine Forderung nach Geld wieder abgewiesen worden war, mit der Drohung, er werde seine Frau erstechen. Am ersten Weihnachtstag, morgens 6'/« Uhr, schlich er sich, während seine Frau zum Milchholen gegangen war, in die Wohn ung ein, fiel, als die Frau zurückkehrte, mit dem Mester über sie her und versetzte ihr mehrere Stiche. Hierauf entfloh er unter urücklafiung seine» Hutes. Die schwerverletzte Frau wurde in >aS Krankenhaus gebracht. — Auch in Wien ist eine Dirne, Franziska Hofer, scheußlich ermordet worden. Eine polizeiliche Kommission stellte fest, daß der Mörder das Mädchen zuerst am Halse gewürgt und ihm dann wahrscheinlich mit einem Messer den Körper aufgrschlitzt hatte. AuS der Art, wie die entsetzliche Zerteilung deS Körper« geschehen ist, will man schließen, daß ein Fleischer den Mord begangen habe. — Auf dem Schneeberg, der nächsten Alp bei Wien, die alljährlich zu Weihnachten von vielen Wiener Touristen bestiege» wird, stürzte der Setzer Johann Frosch auS W'en, 17 Jahre al^ vom Glatteis in die schwer zugängliche Bockgrube, die hoch mit Schnee angefüllt ist, und blieb tot. — Auf der Raxalpr wurde am Weihnachlstag eine junge Touristin, welche in Begleitung zweier Herren einen WeihnachtS« aueflug gemacht hatte, von Geburtewehen überrascht; die Touristin wurde in die Reißthaler Hütte gebracht, wo sie eines Knäblein» genas. Die Mutter samt dem „hochgeborenen" Kind muß einst weilen oben auSharren, da da- Absttrgsgelände Schneestürmea ausgesetzt ist. — In der Genfer Universität brach Sonntag abend gegen 5 Uhr auS noch unermittelter U> fache Feuer auS. Das Feuer nahm seinen Anfang im Hauptteil t es linken Flügels deS Universitätsgebäudes. Da Hilse zur Stelle war, war der Brand bald gelöscht. Nichtsdestoweniger ist der angerichtete Schade» bedeutend. Genau ist derselbe noch nicht abgeschätzt. Ein Teil des DacheS ist verbrannt, desgleichen eine große Zahl physikalischer Instrumente. Eine Eckmauer ist eingestürzt. Glückl'cherweise erreichte das Feuer die in diesem Flügel untergebrachte Bibliothek nicht, sonst wäre ein unberechenbarer Schaden entstanden. — * Airolo, 28. Dezember. Die hiesigen Einwohner wäre» seit längerer Zeit in großer Unruhe, da der Sasso Rosso die Ortschaft zu zerstören drohte. Ingenieure hatten kürzlich an Ort und Stelle Untersuchungen angestellt. Die angesammelten Schnee« und Eismassen beschleunigten die Katastrophe. Gestern früh trat der erste Bergsturz ein; die Bewegung der Mafien dauerte biS zum Mittag und richtete erheblichen Schaden an. In der ver gangenen Nacht verließen die Bewohner ihre Wohnungen. Gegen 2'/, Uhr früh lösten sich große FelSmafien, stürzten herab und zerstörten das Hotel Airolo und einige benachbarte Gebäude. Bis heute nachmittag wurden drei Tote unter den Trümmer» von vier eingestürzten Häusern gefunden. Ein erheblicher Teil des Airolo schützenden Waldes ist durch dieFelSmafien sortgeriffen worden. Der Gotthardbahnverkrhr ist nicht unterbrochen. — Zu einer komischen Scene kam es am Donnerstag abend in dem Teatro Guillaume zu Brescia. Die Mailänder Dialekt-- truppe des Capocomica Ferravilla gab einen Schwank, in dessen Handlung ein Schauspieler, der sich unter den Zuschauern im Parkett befindet, mit eingreist. Aber kaum hatte drr Schauspieler, dem die fiolle im Zuschauerraum zufiel, einige Sätze mit seinen Kollegen aus der Bühne gewechselt, als ein Polizeikommifiar, wie der „Berl. Börs.-Kur." erzählt, aus ihn zustürmte. „Sie sind arretiert! ES ist verboten, die Theaterausführungen zu stören!" — »Aber wer ind Sie?" fragte der Schauspieler Milla. — „Ich bin der Pol!» zeikommifiar Pietrocola. Kommen Sie mit aus die Wache." — „Wie, bei dieser Kälte?" „Keine Redensarten! Gehorchen Sie!" Das Publikum hatte zuerst gemeint, auch der Polizeikommifiar ge höre zu dem Schwanke, und hatte herzlich gelacht. Als man aber gewahr wurde, daß es sich um einen wirklichen Polizeikommifiar handle, der den Schauspieler allen Ernstes verhasten wolle, nahm das ganze Theater für den Unschuldigen Partei, und der Polizei« ommifiar wurde mit Schmeichelworten wie „Esel", .Dummkopf" u. s. w. überhäuft. Da sprang drr Beamte aus einen Stuhl und ries mit Donnerstimme in den Saal hinein: „Stadtwächter, Cara binieri, Soldaten, Offiziere leistet mir Beistand! Hier wird eia Staatsbeamter beleidig« !* Einige Carabinieri waren denn auch sofort zur Stelle, nahmen den Schauspieler Milla in die Mitte und führten ihn zur Polizeiwache ab. Hier klärte sich nun der Irrtum rasch auf. Signor Milla konnte inS Theater zurück« kehren und im nächsten Einakter, von stürmischem Beifall begrüßt, auftreten. — Zu der ZuchthSuSler-Revolte, die jüngst in Padua zum AuSbruch kam, meldet der „Hamb. Korr." noch: Schon a« Montag kam es zu bedrohlichen Tumulten der Sträflinge. TagS rarauf setzten sich die Tumulte fort und nahmen einen solchen Um- ang an, daß das ganze Zuchthaus militärisch besetzt werden mußte. Die Sträflinge beschwerten sich über schlechte Nahrung. Das Brot sei vermodert, die Suppe ungenießbar, das Wasser faulig. Sie schlugen in den Arbeitsräumen alles kurz und klein und drohte» den Aufsehern den Tod, wenn sie sich in die Arbcitssäle hinein- wagten. Ter Präsekt von Padua eilte herbei und begab sich ia den Saal der Stuhlmacher. Ein fürchterlicher Kerl, der Wege» Mordes 24 Jahre abzusitzen hat und dem kürzlich von einem ander» Sträfling ein Auge ausgeriflen worden war, trat ihm entgege». Wer sind Sie?" herrschte er den Präfekten an. „Ich bin der Zräsekt." „DaS kann jeder sagen. Zeigen Sie Ihre Papiere." Statt aller Antwort bedeutete der Präsekt den Auswärtern, fie ollten den Kerl festnehmen und in eine Strafzelle bringen. Aber )ie andern Sträflinge kamen ihrem Genossen zu Hilse und «u» entspann sich ein wütender Kampf, der damit endete, daß der Präfekt und die Aussetzer arg zerschlagen aus der Kammer hinausgeworse» wurden. Nun rief man Militär herbei, und diesem gelang eS, nacheinander 30 der wütendsten Sträflinge auS der Kammer hinaus- zuschleppcn und in die Einzelzellen zu verbringen. Danach kehrte n dem Zuchthause Ruhe ein. Aber als die Sträflinge wieder die ArbeitSsäle betraten, begann der Tumult von neuem. Die Sträs« linge gebärdeten sich wie Wahnsinnige. Sie schrien und weinten, erschlugen das Arbeitsgerät und steckten es in Brand, klammerte» ich an die Eisengitter der Fenster und schrien dem Volke, das sich um das Zuchthaus angesammelt hatte, unverständliche Worte zu, bis Soldaten und Wärter fie von den Fenstern wegrtsseu. Etwa 100 Sträflingen gelang eS, in die Kirche deS Zuchthauses einzu« dringen, und sie waren nahe daran, daS Eisengitter eines FensterS jerauSzureißen, als fie von Soldaten verjagt wurden. Anstifter er Tumulte, die auch mehrere Menschenleben gekostet haben, soll ummer 1917 sein. Diese Nummer trägt der Anarchist Lucchesi, der vor drei Jahren in Livorno den Redakteur Bandi erdolchte. — Die außerordentliche Kälte in Italien hat inderganzeu Ausdehnung des Landes strenge Wirkung geübt. Im nördlich« Italien, besonders auf der adriatischen Seite, z. B- in Rovigo stand daS Thermometer am 15. und 16. Dezember morgens auf — 3 Brad, In Mantua aus — 2, Ferrara — 1.5, Ravenna — 1.4 und Bellun» — 0.9 Grad. Im mittleren Italien hatte Florenz in dies« Tag« IS höchste Temperatur 7>/, Grad. Besonders aber tn den südlich« jrovinzen haben die beiden Tage deS 16. und 17. Dezember mit ihrer lötzlich einsetzenden Kälte zahlreiche Opfer gefordert. In Neapel «vurden am 17. drei Todesfälle aus den Straßen ermittelt, und die Berichte der Polizeiämter und Krankenhäuser dürsten die Zahl noch wesentlich vergrößern. Diese Todesfälle sind freilich nicht sowohl alS alleinige Folge der Kälte anzusehen, sondern als ein unglückliches Zu- ammentreffen de« WttterungsumschlageS mit einem Höhepunkts besten, was man in Italien ständig unter dem Namen „Mtseria" des BölkeS versteht, also Hungersnot, Mangel an Bekleidung und Obdach. Der Italiener verträgt an sich die Kälte recht gut. Die 10060 Neapolitaner Murats in der Grande Armee 18 l3 litten weniger unter dem russi-
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