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Die Thronrede,* mit welcher Se. Majestät der Kaiser heute mittags 12 Uhr den Reichstag eröffnet hat lautet nach einem uns zu gegangenen Privattelegramm wie folgt: „Geehrte Herren! Bei dem Beginn einer neuen Legis laturperiode habe ich Sie zu mir entboten, um Sie als die gewählten Vertreter des deutschen Volkes namens der Ver bündeten Regierungen willkommen zu heißen; möchte es Ihrer selbstlosen Thätigkeit gelingen, die zahlreichen und wichtigen gesetzgeberischen Aufgaben, welche Ihrer harren, einem der Wohlfahrt des Vaterlandes dienlichen Abschluß entgegenzu führen ! Der weitere Ausbau der socialen Gesetzgebung liegt den verbündeten Regierungen nach wie vor am Herzen. Auf diesem Gebiete wird Ihnen wiederum ein Gesetzentwurf zu- aehen, der den Mängeln der Jnvaliditäts- und Altersver sicherung in wesentlichen Beziehungen abzuhelfen sucht. Durch eine Novelle zur Gewerbeordnung soll der den gewerblichen Arbeitern bereits gewährte Schutz vor Gefahren für Leben, Gesundheit und Sittlichkeit auf die Gehilfen und Lehrlinge im Handelsgeschäft ausgedehnt und gleichzeitig Mißständen gesteuert werden, welche sich namentlich in der Konfektions industrie gezeigt haben. Eine besondere Vorlage schlägt Ihnen vor, die Zulassung von Beauftragten zur Vertretung der Parteien im patentamtlichen Verfahren gesetzlich zu regeln. Der Terrorismus, durch den Arbeitswillige an der Fortsetz ung oder Annahme von Arbeit gehindert werden, hat einen gemeinschädlichen Umfang angenommen. Das den Arbeitern gewährleistete Koalitionsrecht, welches unangetastet bleiben soll, darf nicht dazu gemißbraucht werden, das höhere Recht zu arbeiten und von der Arbeit zu leben, durch Einschüchter ung oder Drohung zu vergewaltigen. Hier die persönliche Freiheit und Selbstbestimmung nachdrücklichst zu schätzen, ist nach meiner und meines hohen Verbündeten Ueberzeugung die unabweisbare Pflicht der Staatsgewalt. Hierzu reichen aber die bestehenden Strafvorschriften nicht aus; sie bedürfen deshalb der Erweiterung und Ergänzung. Diesem Zwecke entspricht ein Gesetzentwurf zum Schutze des gewerblichen Ar beitsverhältnisses, welchem Sie, wie ich zuversichtlich erwarte, Ihre Zustimmung nicht versagen werden. Nach Vorschrift des Bank-Gesetzes ist bis zum Ablaufe des nächsten Jahres zu beschließen, ob das Privilegium der Rcichsbank von neuem verlängert werden soll; Die dürfen entsprechen den Vorschlägen entgegensetzen, welche gleichzeitig bestimmt find, dem Reichsbank-Jnstitute die Erfüllung seiner finanz politischen Aufgaben zu erleichtern, ohne die erprobten Grundlagen unserer Bankgesehgebung zuverlaffen. Um den Gefahren zu begegnen, den der Verkehr mit ununtersuchtem, * Nachdruck verboten. zum menschlichen Genüsse bestimmten Fleische, sei es in- oder ausländischer Herkunft, mit sich bringt, wird von den verbündeten Regierungen die allgemeine Einführung der Schlachtvieh- und Fleischbeschau erwogen. Ein diesen Gegen stand regelnder Gesetzvorschlag wirb Sie, wie ich hoffe, noch in dieser Tagung beschäftigen. Der in der vorigen Legis laturperiode nicht verabschiedete Gesetzentwurf über einige Aenderungen auf dem Gebiete des Post-Taxwesens und der grundsätzlichen Rechte der Poft wird in umgearbeiteter und erweiterter Fassung von neuem Ihrer Beschlußfassung unterliegen. Aus Billigkeitsrückstchten ist darin eine Ent schädigung der durch die Erweiterung des Postzwanges un mittelbar Geschädigten vorgesehen; hinzugekommen ist die Neuordnung des Post-Zeitungstarifs. Um den breiten Schichten der Mittelklaffen, die kein Girokonto bei der Reichsbank halten können, einen billigen und bequemen Weg für die Ausgleichung kleinerer Zahlungen zu schaffen, wird beabsichtigt, ein Check- und Ausgleichungsverfahren durch Vermittelung der Postanstalten einzurichten. Den Bedürfnissen des mächtig fortschreitenden Fernsprechwesens soll eine Gesetzesvorlage dienen, die der Telegraphen Ver waltung die Benutzung der öffentlichen Wege mehr als bisber sichert. Die Einnahmen des Reichs haben auch im verflossenen Rechnungsjahr und bis zur Gegenwart eine stetig steigende Entwickelung gezeigt. Der Reichshaushalts- pla« sieht neben dem Aufwande für die Aenderungen der Heeresorganisation reichliche Mittel vor für weitere Ver besserungen der Lage zahlreicher Klaffen von unteren und mittleren Beamten, sowie für die Förderung allgemeiner wirtschaftlicher Interessen, insbesondere in den Kolonien. Wenn infolgedessen zur Herstellung des Gleichgewichts in höherem Maße als in den letzten Jahren auf Anleihe zu- rückgegriffen werden muß, so ist doch bei der ungewöhn lichen Höhe der einmaligen Ausgaben zu erwarten, daß solche in auch nur annähernd so hohen Beträgen nicht miederkehren werden und daß mithin die Notwendigkeit einer stärkeren Anspannung des Kredits nur vorübergehend sein wird. Mit Rücksicht auf den bevorstehenden Ablauf des zur Zeit für die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres gültigen Gesetzes werden Ihnen zwei Gesetzes-Vor lagen zugehen, welche den Zweck verfolgen, wesentliche Lücken unseres Heerwesens zu beseitigen. Mit dem An- wachsen der Armee hat die Schaffung der Kommandostellen nicht überall gleichen Schritt gehalten, und es bedarf an einigen Stellen einer anderweitigen, die Einwirkung der Führer mehr gewährleistenden GliederungJder vorhandenen Verbände. Auch ist bei einzelnen Waffengattungen, um den im Ernstfälle zu stellenden Anforderungen und den Fortschritten der Technik gerecht werden zu können, eine iLcrorvnnnstsblatt der Kreishauptmannschaft Bautzen gleich als Konsistonalbehörde der Lberlausitz. Amtsblatt -er Amtshauptmannschaftcu Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut Bernstadt und Ostritz» des Hauplsteueramts Bautzen, ingleichen der Stadtrüte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadlgcmeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels» und Gewcrbekamurer zu Zittau. Verantwortlicher Redakteur Georg G. Monse (Sprechstunden wochentags von 10 bis 11 und von 3 bis 4 Uhr). — Fernsprcchanschluß Nr. 51. DI« Bvnvener RvckmckNen erschcü..,;, mit Ausnahme der Sonn- und Festlage, täglich abends. Preis des vierleiiähriichen Abonnements Jnterttonsgebühr mr den Raum etner Petit. Epai^eue gewöhnlichen Satzes 12'/? V in geeigneten Fällen unter Gewährung von Rabatt- Ziffern-, Tabellen- und anderer tchwieriger Say entsprechend teurer. RachmeiSgcbüln im ,ede Anzeige und Insertion 20 Pkg.. iür bririliche AuükullÜSrrlrÜuug 10 Pfg. sund Porto). 18^" Nur bis früh 10 Uhr eingehende Inserate finden noch in Lem abends erscheinenden Blatte Ausnahme. Inserate nehmen die Geichäslssielle des Blattes und die Anuonrenbureaus an, desgleichen die Herren Waide in Löbiu, Clauß in Weißenberg, Lippitich tn Schirgiswalde, Gustav Kröting m Bernstadt. Bnh> in Königshain bet Ostritz Reußner In Ober-Eunneisdors und von Lindenau in Pulsnitz Ak. 282 Dienstag, de« 0. Dezember, abends. 1U)8. Bekanntmachung. Die Aachener und Münchener FcuervcrsicherungS Gesellschaft hat an Stelle ihres bisherigen hier- iändischen Vertreters Franz Joseph Dorst, den Versicherungsbeamten Herrn Ludwig Beruh. Alfred MichaeliS hier zum Bevollmächtigten für das Königreich Sachsen erwählt. Zum ständigen Stellvertreter desselben ist der, in gleicher Eigenschast für den abgetretenen Bevollmächtigten Dorst bereits ihätig gewesene Versicherungs- beamle Herr Ernst Wilhelm Leinert hier bestimmt worden. Rach erfolgter Bestätigung und Jnpslichtnahme der Genannten wird dies gemäß 8 10 Absatz 2 der Ausführungsverordnung zum Gesetze über das Mobiliar- und Privat-Feuerversicherüngswesen, vom 20. November 1876, hiermit zur öffentlichen Kenntnis; gebracht. Dresden, den 1. Dezember 1898. Königliche Brandveisicherungs-Kammer Dr. Haberkorn. Leonhardi. Bekanntmachung. Vom 15. Dezember d. I ab wird bei Gesprächen im Fernverkehr, welche dadurch nicht zu Staude kommen, daß der gewünschte Theilnehmer, sei es wegen Abwesenheit, sei es wegen gestörter Leitung, nicht zu errufen ist, der gerufene Theilnehmer von dem erfolgten Anruf durch die Anstalt, an welche er ange- schlosfen ist, benachrichtigt werden. Die Benachrichtigungen erfolgen unentgeltlich und zwar wenn sie sich nicht durch den Fernsprecher über mitteln lassen, durch die Telegraph'enboten oder vermittels der Post. Dresden - A-, 5. Dezember 1898. Kaiserliche Ober-Postdirektion. Halle. Bekanntmachung. Für den abwesenden Buchhalter Paul Hermann Emil Strauß, zuletzt in Ostritz wohnhaft, ist der Bauunternehmer Gottlieb Groß in Harburg a. E. als Abwesenheitsvormund in Pflicht genommen worden. Ost ritz, den 5. Dezember 1898. Königliches Amtsgericht. vr. Kowarzik. S Bekanntmachung. Die zur Unterhaltung der Verglasung sür die öffentlichen Straßenlaternen erforderlichen Lieferungen und Arbeiten sollen für das Betriebsjahr 1899 an den Mindestsordernden vergeben werden. Anerbietungen hieraus sind bis zum 15. Dezember bei hiesigem Stadtbauamte einzureichen, wo die näheren Lieferungsbedingungen eingesehen werden können. Die Auswahl unter den Anerbietungen sowie die Zurückweisung sämmtlicher Angebote bleibt Vorbehalten. Bautzen, den 2. Dezember 1898. Der Stadtrath. Ur. Kaeubler, Bürgermeister. G. Zwangsiunung für -atz Barbierhan-werk betreffend. Von der Barbier-Innung in Bautzen ist beantragt worden, daß innerhalb des Bezirkes der Städte Bautzen, Bischofswerda und Löbau, sowie der amtshauptmannschastlichen Bezirke Bautzen und Löbau sämmtliche Gewerbetreibenden, welche das Barbierhandwerk ausüben, der neuzuerrichtenden Barbier-Innung angehören müssen. Von der Königl. Kreishauptmannschast Bautzen mit der kommissarischen Vorbereitung ihrer Ent schließung beaustragt, mache ich hieidurch bekannt, daß dieAeußeiungen sür oder gegen die Errichtung dieser Zwangsinnung schriftlich oder mündlich in der Zett vom 7. bis 15. Dezember dieses Jahres bei mir ab zugeben sind. Die Abgabe der mündlichen Eillärung kann während des angegebenen Zeitraums werktäglich von 9 bis I Uhr Vormittags und von 3 bis 6 Uhr Nachmittags in den Diensträumen der Rathskanzlei erfolgen. Ich fordere hierdurch alle Handwerker, welche in den Bezirken der Städte Bautzen, Bifchvsswerda und Löbau und innerhaib der, amIshaupNnannschastltchen Bezirke Bautzen und Löbau das Barbieihandwerk be- Iieiben, zur Abgabe ihrer Aeußerung mit dem Bemerken auf, daß nur solche Erklärungen, welche erkenne« lassen, ob der Erklärende der Errichtung der Zwangsstmung zustimmt oder nicht, gültig sind und daß nach Ablauf des obigen Zeitpunktes eingehende Aeußerungen unberücksichtigt bleiben. Bautzen, am 3. Dezember 1898. Der Kommissar vr. Kaeubler, Bürgermeister. N. Öffentliche Sitzung -er Handels- un- Gewerbekammer zu Zittau. Mittwoch, drn U.Akftmdkr 1898, vormittags 11 Uhr, im Sladtverorduettnsaale des Rathauses zu Zittau. Tagesordnung: 1. Neuwahlen zur Kammer. 2. Mitteilung über die seit der letzten Sitzung vom 26. Oktober 1898 eingegangenen Sachen. 3. Bericht über die X. Zusammenkunft der Vorsitzenden und Sekretäre der sächsischen Handels- und Gewerbekammern. 4. Erweiterung des am 1. Oktober 1898 in Kraft getretenen Staffeltarifs sür Stückgüter aus Entfernungen unter 50 km und Einführung einer Staffelung der Wagcnladungsfrachtfätze. 5. Nutzbarmachung behördlicher Feststellungen im Interesse des Kreditverkehr«. Nach Schluß der öffentlichen Sitzung findet eine geheime Sitzung statt. Zit tau, den 5. Dezember 1898. Der Präsident der Handels- und Gewerbekammcr. Paul Wacntig. Rnllsuß, S. 25. öffentliche Sitzung -er Stavtveror-neten Donnerstag, den 8. Dezember I8S8, abends 6 Uhr. Tagesordnung: I. Gegenstände zurKenntnißnahme. II. Rechnungssachen. III. Berathungsgegenständc 1) Petition der evangel. Volksschullehrer um Neuregulirung der Gehalte; 2) Haushaltpläne sür die Bürger schule, die Stifts- und Freifchule und die allgemeine Fortbildungsschule pr. 1899; 3) Haushaltplan für die Industrie- und Gewerbeschule pr. 1899. — Hieraus geheime Sitzung. Bautzen, am 5. Dezember 1898. llr. Müller, Stadtverordnetenvorsteher. Vervollständigung der Organisaiiou nicht länger aufschiebbar. Hierbei soll der finanziellen Leistungsfähigfeit des Reichs durch allmähliche Duichführung der notwendigen Aender- ungen Rechnung getragen weiden. Ich vertraue, daß Sie sich von der dringenden Notwendigleit der Vor schläge der verbündeten Regierungen überzeugen und durch die Bewilligung der erforderlichen Mittel der Armee die Er füllung ihrer hohen Aufgabe, ein zuverlässiger Schutz des Friedens und des Vaterlandes zu sein, auch in Zukunft er möglichen werden. Der Voranschlag sür die Marine ist durch das Flottengesetz vorgezeichnct und hält sich im Rahmen desselben. Die Beziehungen Deutschlands zu allen aus wärtigen Mächten sind unverändert freundliche. An meinem Teile mit beizutragen zur Aufrechterhaltung und immer größeren Festigung des Weltfriedens ist das vornehmste Ziel meiner Polilik. Mit warmer Teilnahme habe ich deshalb die hochherzige Anregung meines teueren Freundes, Seiner Majestät des Kaisers von Rußland, zu dem Zusammentritt einer internationalen Konferenz begrüßt, welche dem Frieden und der bestehenden Ordnung der Dinge zu dienen bestimmt ist. Die aus der Konferenz zu Tage tretenden Vorschläge, welche jenen edlen Zweck zu fördern geeignet erscheinen, sind von feiten meiner Regierung sympathischer Aufnahme gewiß und werden von ihr sorgfältig geprüft und behandelt werden. Mit tiefem Schmerze und Abscheu gedenke ich des fluchwürdigen Verbrechens, das meinem treuen Bundesgenossen, Sr. Majestät dem Kaiser und Könige Franz Joseph, die Erlauchte Gemahlin jäh entrissen hat. Die ruchlose That, die ganz Deutschland, Fürsten und Volk, andauernd mit innigem Mitgefühl erfüllt, hat der Regierung Seiner Majestät des Königs von Italien eine Beratung wirksamer Maßregeln gegen die anarchistische Propaganda geboten erscheinen lassen und ihr Veranlassung zur Einberufung einer Konferenz gegeben. Die Bereitwillig keit, mit welcher dieser dankenswerten Einladung allerseits entsprochen worden ist, berechtigt zu der Zuversicht, daß ein richtiges Gleichmaß zwischen Rechten und Pflichten als un erläßliches Erfordernis für die gedeihliche Entwickelung der internationalen Beziehungen nicht nur theoretisch von neuem anerkannt, sondern auch durch praktisch brauchbare Schluß, folgerungen bethätigt werden wird. Den aus unserer Neu tralität im spanisch-amerikanischen Kriege sich ergebenden völkerrechtlichen Pflichten ist Deutschland gewissenhaft und loyal nach beiden Seiten hin gerecht geworden. Die deut schen Kolonien befinden sich in gedeihlicher Entwickelung. Den ruhestörenden Unternehmungen feindlicher Stämme sind meine Schutztruppcn in Ost- und West-Afrika siegreich be gegnet. Mit der Neu-Guinea Compagnie ist wegen Ueber- nahme ihres Schutzgebietes auf das Reich ein Vertrag ab geschlossen worden, welcher Ihnen zur Genehmigung vor-