Suche löschen...
Bautzener Nachrichten : 26.11.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1887328319-189811264
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1887328319-18981126
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1887328319-18981126
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Bemerkung
- Vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Bautzener Nachrichten
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-11
- Tag 1898-11-26
-
Monat
1898-11
-
Jahr
1898
- Titel
- Bautzener Nachrichten : 26.11.1898
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
— Die radikale Presse richtet die schwere Anklage gegen die Heeresverwaltung, in der Sicherung der Landesverteidigung schwere Verstöße begangen zu haben. G6rault-Richard schreibt in der «Pelite RSpublique": Wenn die französische Regierung vor dem Seekriege mit England zurückgeschreckt ist, so geschah das, weil sie die Erfahrung machte, daß weder die Schiffe, noch die Küstenoerteidigung noch die Arsenale, noch die Proviantmagazine imstande waren, den Erfordernissen einer Mobilisierung zu ent sprechen. Der Marineminister Lockroy, sagt das Blatt weiter, hat den Admiral Parrayon mit einer Untersuchung beauftragt, die bezweckt, gewisse Verantwortlichkeiten fest zustellen. Die »Pelite Röpublique" wiederholt dann eine Reihe von Fragen, die in diesen Tagen das „Petit Var-, das, wie Görault Richard versichert, gut unterrichtet ist, über die VcrprooiantierungSoerhältnisse der französischen Häfen und namentlich Toulons aufgeworfen hat und aus denen hervorgehen würde, daß diese Verhältnisse äußerst mangelhaft sind. So behauptet Görault Richard weiter, daß in Toulon vor einigen Wochen 250 Centner Konserven wegen ihres verdorbenen Zustandes hätten vergraben werden müssen und daß 700 weitere Centner sich in demselben Zu stand befänden. Der Generalslab wird durch seine Blätter erklären lassen, daß wir ihn beleidigen und die Armee ver raten wollen. Wir behaupten aber, daß eine Untersuchung, die ohne die Mitwirkung der verantwortlichen Persönlich, leiten geführt wird, beweisen würde, daß die Anklage des „Petit Var* und die unsrigen begründet find. — Die Kammerkommission, die mit der Prüfung des Antrages Viviani auf Zulassung der Frauen zur Ad- vokatur betraut wurde, hat sich einstimmig für diesen Antrag ausgesprochen. ' Paris, 25. Novbr. Der,Malin" sieht die Möglich, keit eines Konfliktes zwischen dem Kassationshof und der Mililärjustiz voraus. Der Kassationshof habe die Akten, betr. das .Petit bleu", verlangt. Die Militärbehörde hätte erklärt, die Akten erst nach Aburteilung Picquarts herausgeben zu können. „Aurore", „Petite Röpubltque", „Siöcle" und andere Blätter greifen Freycinet auf das schärfste an, weil er die Verfolgung Picquarts zugegeben, die verbrecherisch sei. Dieselben Blätter veröffentlichen einen von Senatoren, Gelehrten, Künstlern und Schriftstellern unterzeichneten Protest gegen die Verfolgung Picquarts. — Im heutigen Minifterrat gab der Kriegsminister Frey- cinet Kenntnis von der Verfügung des Generals Zur- linden, durch welche Oberst Picquart vor ein Kriegs- gericht verwiesen wird unter der Anklage der Fälschung, des Gebrauchs von Fälschungen und der Mitteilung von Dokumenten, welche die Verteidigung des Staatsgebietes oder die äußere Sicherheit des Staates angehen. — Im Ministerrat unterzeichnete Präsident Faure den Gesetz-Ent wurf, durch welchen das französisch-italienische Handels- Uebereinkommen ratificiert wird. Der Minister des Aus wärtigen, DelcaM, wird denselben heute der Kammer vor legen. Ter Minister sür die Kolonien, Guillain, wurde vom Ministerrat ermächtigt, den Kammern einen Gesetz entwurf vorzulegen, betr. die Schaffung von Eisenbahn linien in Jndo China, mittelst einer Anleihe von 270 Mill. Francs. Tie Anleihe wird von Frankreich garantiert werden. Unter den Linien, welche erbaut werden sollen, ist eine solche von Kaiphong nach Laokai und von Laokai nach Uun-Nan, — Der Kassationshof setzte heute die Ver nehmung Picqnarts fort. Grotzbritaumev. London, 25. November. In einer gestern abend in der Handelskammer von Croydon gehaltenen Rede sprach Ritchie, der Präsident des Handelsamtes, sein Bedauern über die jüngste ernstliche Differenz mit Frankreich aus und erklärte, es gäbe kein Land, mit welchem England in freund schaftlicheren Beziehungen zu leben wünsche, als Frank- reich. Wenn wir auch durch die Notwendigkeit, unsere Rechte zu wahren, gezwungen waren, eine Haltung einzu nehmen, welche Frankreich unangenehm sein mußte, so ist doch zu hoffen, daß binnen kurzem Frankreich einsteht, daß die englische Regierung nicht die Absicht gehabt hat, sich in französische Rechte einzumischen und daß dieselbe viel mehr bestrebt war, die früheren freundschaftlichen Bezieh ungen wieder herzustellen. Im weiteren Verlaufe seiner Rede sagte Ritchie mit Bezug auf Englands Handel, er könne nicht umhin, Unruhe darüber zu empfinden, daß Eng land in seinem Ausfuhrhandel so schnell eingeholt werde, namentlich durch Deutschland und die Vereinigten Staaten Es sei bedauerlich, zu erfahren, daß seit 1891 diese Länder ihre Ausfuhr vermehrt hätten. Die Ausfuhr Frankreichs habe seit 1891 um 1'/, Prozent, die von Deutschland, Holland und Belgien zusammen um 12^ Prozent, die der Vereinigten Staaten von Amerika um 18 Prozent zu genommen, während die britische Ausfuhr um 4 Prozent abgenommen habe. England sollte indessen, fuhr der Mi nister fort, diesen Ländern die Steigerung ihrer Wohlfahrt nicht mißgönnen, denn so oft fremde Länder derartige Vor teile genossen hätten und reicher geworden seien, habe auf die Dauer auch England dabei gewonnen. Das Gedeihen Deutschlands sei nicht allein auf dessen höheres Unterrichts- wesen, sondern auch auf den ausgezeichneten Stand seines Mrttelschu'.wescns zurückzuführen und er hoffe, daß das englische Volk diesem Punkte seme Aufmerksamkeit zuwenven werde. — Die „Times" besprechen in einem Leitartikel die deutsch.englischen Beziehungen und sagen, Seite an Seite zu stehen mit den englisch sprechenden Völkern auf der ganzen Erde zur Aufrechterhaltung des Friedens und zur Entwickelung der Handelspolitik, deren Vorkämpfer England sei, das sei die richtige Politik Deutschlands be den Bedingungen der Jetztzeit. Es sei keine britische Ko lonie im Gedeihen, bei der deutsches Kapital und deutsche Staatsangehörige nicht interessiert seien. Durch dauernde freundschaftliche Haltung gegenüber dem britischen Weltreich schütze Deutschland in Wahrheit seine überseeischen In teressen weit umfassender, als durch eigene Kolonien. Eng- land verlange dafür von Deutschland thatsächlich weiter nichts, als daß es sich nicht daran beteilige, England in Europa oder anderswo Ungelegenheiten zu schaffen. — Der Gesundheitszustand des Prinz?» von Wales soll sich, nach einer medizinischen Wochenschrift, bedeutend ge- 313« bessert haben Der Prinz könne jetzt wieder mit Leichtigkeit Treppen auf- und absteigen. Spanien. "Madrid, 25. Novbr. Im gestrigen Ministerrate wurde beschlossen, an Montero Rios nach Paris neue Instruktionen zu senden. Man nimmt an, daß am Montag die letzte Sitzung der Friedenskonferenz stattfindet. * Bilbao, 24. Novbr. Ein Manifest des Don Carlos wird nach Unterzeichnung des Friedens erwartet. Die Agi tationen der Carlisten werden aufmerksam verfolgt. Rvblau». Petersburg, 24. November. Amtlich werden die Be- trafungen der für die Unruhen in Turkestan, Kreis Andidschan, verantwortlich gemachten Offiziere bekannt gegeben. Ihrer Aemter enthoben unter Versetzung zur Ar- neereserve sind die Kreischefs von Margelan und Andidschan, die Obersten Brjanoff und Koischewski; ein Verweis erteilt wird dem verabschiedeten Generallieutenant Powalo Schwei- kowski, damals Militärgouverneur der Provinz Ferghana, und den Kreischefs von Osch, Namangan und Kokand, den Obersten Saizeff, Arwanitaki und Dserdsiewski. Wo die Abrüstungskonferenz zusammentreten wird, ist noch ungewiß. Der Zar soll gegen Petersburg als Konferenzort sein wegen der Trauer um die Königin von Dänemark. Rumäuteu. * Bukarest, 25. November. Die von den oppositionellen Blättern in Umlauf gesetzten Gerüchte, Ministerpräsident Sturdza habe seine Demission eingereicht, erklärt die „Agence Roumaine" für unbegründet. Serbien. * Belgrad, 24. November. Der König ist in Nisch eingetroffen. In der Erwiderung auf eine Ansprache des Bürgermeisters betonte der König die Notwendigkeit ein- rächtiger Thätigkeit der Skupschtina. Die Skupschtina hielt heute ihre erste Sitzung ab. Türkei. * Konstantinopel, 24.November. Der Sultan hat an den Kaiser von Rußland ein Telegramm gesandt, in welchem es heißt, die Nachricht von der beabsichtigten Ent- endung des Prinzen Georg von Griechenland nach Kreta ;abe auf ihn und seine Völker den schmerzlichsten Eindruck gemacht. Die zwischen ihm und dem Kaiser von Rußland icstehenden herzlichen Beziehungen, sowie die vom Kaiser vor und nach dem türkisch-griechischen Kriege gegebenen Versicher ungen, die Rechte und Interessen des Sultans zu schützen, eien für ihn eine sichere Gewähr, daß der Kaiser von Ruß- and seine Hilse dazu leihen werde, daß die Schwierigkeiten der unzulässigen, für ihn und seine Unterthanen peinlichen Situation weggeräumt würden. Der Kaiser werde ihn unend lich verpflichten, wenn er die projektierte Entsendung des Prinzen Georg, in welcher Eigenschaft auch immer, verhinderte, was für ihn ein neues Zeichen der Freundschaft und des Wohlwollens des Kaisers bilden würde. Er hoffe zuversicht lich, der Kaiser werde eine für ihn erfreuliche Antwort er teilen. — Der englische Botschafter sowie der Gesandte der Vereinigten Staaten erneuerten bei der Pforte in dringlicher Weise die Ansprüche auf Entschädigung der be treffenden Unterthanen für die Verluste während der armeni schen Unruhen. Nach den „Times" ist die Frage der kretischen Flagge dahin entschieden worden, der Halbmond werde auch weiterhin von den Zinnen von Kanea und Kandia wehen, obwohl die türkische Oberhoheit durch keinen einzigen Beamten oder Soldaten vertreten sein werde. Nach einer Meldung des „Standard" wird die Amtsdauer des Prinzen Georg vor läufig drei Jahre sein. «fieu. * Peking, 24. November. Nachdem der neue russische Gesandte v. Giers hier eingctroffen ist, begicbt sich Pawloff in einigen Tagen zur Uebernahme seines neuen Postens nach Söul. Bald darauf geht er auf Urlaub nach Europa. — Da die Zurückziehung der Truppen aus dem Jagdpark immer noch eine unvollständige ist, wurde als Termin für deren endgültige Durchführung der Sonnabend festgesetzt. Ein russisches Blatt meldet aus Peking: Die Kaiserin- Regentin hat, da sie um ihre Zukunft sehr besorgt ist, in ihrer Nähe 31 junge Prinzen installiert; sie will durch fort währenden Umgang mit ihnen prüfen, wer als der Würdigste im Falle des Todes des jetzigen Kaisers zu dessen Nachfolger auszuwählen sei. Feiner hat sie den Befehl erlassen, die Mauer um Peking, die bereits 500 Jahre besteht und viel fach schadhaft geworden ist, sofort wieder herzustellen. Die russische „Wjedomosti" berichtet über die Zustände aus der Insel Luzon: Die Behandlung der spanischen Gefangenen spottet jeder Beschreibung. Ein Bezirksches ließ den dortigen Mönchen einen Ning durch die Nase ziehen, einen Strick daran befestigen und die Unglücklichen dann zum Gaudium für die Volksmenge durch die Straßen der Stadt führen. Kirchen werden in Kasernen, ja in Pferdeställe um gewandelt. Die Gefangenen werden erbärmlich gepflegt, schlechter als Zwangssträflinge. Die Sterblichkeit ist infolge dessen enorm. Afrika Pretoria, 23. November. Der Krieg inZoutpans- berg gegen den aufständischen Häuptling Mpeku ist glück- sich zu Ende geführt und die Burghers kehren nach Hause zurück. * Die „Times of India" veröffentlicht einen Brief aus Fort Kampala in Uganda vom 3. Oktober, in welchem es heißt, die Expedition des Oberst Martyr sei in dem nördlich und nilabwärts gelegenen Dufileh angekommen, nachdem sie in Wadelai, Fatiko und Fajar Stationen er richtet hatte. Amerika. * Washington, 24. November. Staatssekretär Day stellt in Abrede, sich in betreff der offenen Thür auf den Philippinen geäußert zu haben. * New-Aork, 25. November. Nach einem Telegramm aus Havanna hat das cubanische Ministerium gestern dem "Generalgouverneur Blanco seine Entlassung über reicht. Dieser nahm dieselbe mit dem Ersuchen an, das Kabinett möge bis zum Amtsantritte seines Nachfolgers die Geschäfte weiterführen. * Nach einer Meldung der „Times" aus Buenot- Ayres sind die Gerüchte von einer beabsichtigten Ausgabe von Papiergeld falsch. Der Finanzminister erklärt, die Regierung werde solche Maßnahme weder dulden, noch z» einer solchen ihre Zustimmung geben. Gedenktage aus dem Leben König Alberts und Sachsens Ge, schichte von 1828 — 1898. ISiaSdruck verbot««.! 27. November. 1880. Die aus den Namen der Königin „Karola" getaufte Glatt- decks Korvette läuft in Stettin von Stapel. 28. November. 1891. Von der sächsischen Artillerie werden die ersten Batterie» der fahrenden Abteilung mit dem schweren Feldgeschütz rohr 6 73/91 ausgerüstet. 29. November. 1870 Kronprinz Albert ordnet vor Paris eine Linksschiebung der MaaSarmee zur Unterstützung der bedroten Württemberger am 30. November. 1870. Bedeutende Schlacht von Villiers vor Paris. 1. Dezember. 1867. Die Ausrüstung der sächsischen Infanterie mit dem Zünd- nadelgrwehr ist vollendet. 2. Dezember. 1870. Fortsetzung der Schlacht von Villiers. Der Durchbruchs versuch der Franzosen wird von den Deutschen glänzend abgeschlagen. An beiden Tagen war eS furchtbar kalt. 3. Dezember. 1853. Prinz Albert von Sachsen erhält das Kommando über die sächsische Infanterie. (Fortsetzung folgt.) Gedanken nud Erinnerungen des Fürsten Bismarck. Es wurde bereits mitgeteilt, daß die „Münchener Allg. Ztg." aus dem am 27. dsS. bet Cotta in München erscheinenden erste» Bande des Werke« „Gedanken und Erinnerungen des Fürste» Bismarck" zwei Abschnitte veröffentlicht, welche den Briefwechsel des Reichskanzlers mit dem König Ludwig dem Zweiten von Bayer» von 1870 bis 1878 und „Erfurt, Olmütz und Dresden" betreffen. Die Verlag-Handlung hat sür andere Blätter den Nachdruck dieser Abschnitte nicht zugelassen daher kann jetzt nur der Inhalt einiger weiterer interessanter Briefe wiedergegeben werden. Den Briesen voran geht eine kurze Charakteristik König Ludwigs. Bismarck erwähnt, wie er den König am 16. und 17. August 1863 zum erste« Male In München sah, und bemerkt: „Der Eindruck, den er mir machte, war ein sympathischer." Bismarck fährt dann fort: „Ich habe mit dem Könige bis an sein Lebenscnde in günstigen Beziehungen gestanden. Ich habe jederzeit den Eindruck eines geschäftlich klaren Regenten von national-deutscher Gesinnung von ihm gehabt, wenn auch mit vorwiegen der Sorge sür die Erhaltung des föderativen Prinzips der Reichsver fassung und der verfassungsmäßigen Privilegien seines Landes. Als außerhalb des Gebietes politischer Möglichkeit liegend, ist mir sein in den Versailler Berhandlungen austauchender Gedanke erinnerlich, daß das deutsche Kaisertum respektive Bundespräsidium zwischen dem preußi schen und dem bayerischen Hause erblich alternieren solle. Die Zweifel darüber, wie dieser unpraktische Gedanke praktisch zu machen sei, wurden überholt durch die Berhandlungen mit den bayerischen Vertreter« in Versailles und deren Ergebnisse, wonach dem Präsidium des Bundes, also dem König von Preußen, die Rechte, die er heute dem bayerischen Bundesgenossen gegenüber ausübt, schon in der Hauptsache bewilligt waren, ehe es sich um den Katsertitel handelte." — Es folgen dann die Briefe selbst. Im ersten, datiert Versailles, 27. November 1870, dankt Bismarck dem König sür seine vaterländische Politik und den Heldenmut des bayerischen Heeres und fährt fort: „In der deut schen Kaisersrage habe ich mir erlaubt, dem Grafen Holnstein eine« kurzen Entwurf vorzulegen, welchem der Gedankengang zu Grunde liegt, der meinem Gefühl nach die deutschen Stämme bewegt: Der deutsche Kaiser ist ihrer aller Landsmann, der König von Preußen ein Nachbar, dem unter diesem Namen Rechte, die ihre Grundlage nur in der frei willigen Uebertragung durch die deutschen Fürsten und Stämme finden, nicht zustehen. Ich glaube, daß der deutsche Titel für das Präsidium die Zulassung desselben erleichtert, und die Geschichte lehrt, daß die großen Fürstenhäuser Deutschlands, Preußen eingeschlossen, die Existenz des von ihnen gewählten Kaisers niemals als eine Beeinträchtigung ihrer eigenen europäischen Stellung empfunden haben." (Vergl. vor. Nr.) — Im Juli 1874 drückt der König Bismarck gegenüber sein Be dauern über den Mordanschlag Kullmanns aus: „Es würde mir nicht nur ein hohes Interesse bieten, sondern zugleich lebhafte Freude bereiten, Sie zu sprechen und meinen Gefühlen besondere Hochschätzung sür Sie, mein lieber Fürst, mündlich Ausdruck zu geben. Wie ich z« meinem aufrichtigen Bedauern erfahre, hat jener veräbscheuungswürdige Mordanschlag, für dessen Mißlingen ich Gott immerdar dankbar sei« werde, störend aus Ihre auch mir so teure Gesundheit und aus de« Kurgebrauch gewirkt, so daß es vermessen von mir wäre, wollte ich Sie ersuchen, sich demnächst zu mir zu bemühen, der ich jetzt mitten in de« Bergen verweile. — Für Ihren letzten Brief, der mich mit aufrichtiger Freude erfüllte, bin ich Ihnen aus ganzer Seele dankbar. Fest ver traue ich aus Sie! und glaube ich, daß Sie, wie Sie meinem Minister von Pfretzschner gegenüber sich äußerten, Ihren politischen Einfluß dasür einsetzen werden, daß das föderative Prinzip die Grundlage der neue, Ordnung der Dinge in Deutschland bilde Möge der Himmel Ihr teures Leben noch viele Jahre uns erhalten! Ihr Tod, sowie der des von mir Hochverehrten Kaisers Wilhelm wäre ein großes Unglück sür Deutschland und Bayern. — Aus ganzem Herzen meine besten Grüße Ihnen, mein lieber Fürst, zurufend, bleibe ich stets, mit besonderer Hoch- schätzung und tiesgewurzcltcm Vertrauen. Hohenschwangau, den 31. Juli 1874. Ihr aufrichtiger Freund Ludwig." (Vergleiche vor. Nummer.) Das Schreiben Bismarcks vom 5. Juli 1876 lautet: „Eine Verstän digung zwischen Rußland und England wird immer möglich sein, so lange Rußland nicht nach dem Besitze von Konstantinopel strebt. Schmieriger wird auf die Dauer die Vermittelung zwischen den öster reichisch-ungarischen und den russischen Interessen jein. ES würde eine große Verlegenheit für Deutschland sein, zwischen diesen beiden so eng besreundeten Nachbarn optieren zu sollen; denn ich zweifle nicht daran, im Sinne Eurer Majestät und aller deutschen Fürsten zu handel«, wenn ich in unseren Politik densGrundsatz vertrete, daß Deutschland nur zur Wahrung zweifelloser deutscher Interessen sich an einem Kriege frei willig beteiligen sollte. Ein Kamps zwischen Rußland und einer der Westmächte oder beiden kann sich entwickeln, ohne Deutschland in Mit leidenschaft zu ziehen. Sehr viel schwieriger aber liegt der Fall, wen« Oesterreich und Rußland uneinig werden sollten." König Ludwig dankt am 16. Juli: „Der weitsehende, staatsmännische Blick, welcher sich i« Ihren Anschauungen über die Stellung Deutschlands zu den gegen wärtigen und etwa noch drohenden Verwickelungen im Auslande kund- giebt, hat meine volle Bewunderung, und ich brauche wohl nicht zu versichern, daß Ihre mächtigen Anstrengungen zur Erhaltung des Friedens von meine» wärmsten Sympathien und unbegrenztem Vertrauen begleitet sind." Am 29. Juni 1877 präcisiert Bismarck seine ablehnende Stell ung gegen die Einführung von verantwortlichen Reichsministerien,jdie nur auf Kosten der Bundesstaaten geschäftlich dotiert werden können (Fortsetzung in der ersten Beilage.) (Hierzu die Wöchentliche Beilage Nr. 47.) Druck und Verlag von E M. Moni« in Bautze».
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)