Suche löschen...
Bautzener Nachrichten : 11.05.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-05-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1887328319-189805114
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1887328319-18980511
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1887328319-18980511
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Zeitungen
- Bemerkung
- Vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Bautzener Nachrichten
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-05
- Tag 1898-05-11
-
Monat
1898-05
-
Jahr
1898
- Titel
- Bautzener Nachrichten : 11.05.1898
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Stände, konser. Wehlen el!e des abends -form en f er- Feichnet in von edierende Uhr ab Nr. 101 >ei. st begab evier. Zekannt- Rayons , der >esens 7. d. reicht. ro. ? a>/» ck, Spring lt, war lartei zeplant Revo- ondern -rboten ch ihre t. Die »schäft rundet social- i A»f- henden 3ahl- hzeitig ampfe, irmüd- tischen cichnet Dinger, stags- nicht intage >t aus ig be- swahl l not- husscs jähren seincr- , Herr lles in n einer >r Herr nr den lls am ng der ^gestellt trigen Spitze n ge- )rbei. ziers. Netz, l Be- tenge erin ourde viel« Der war offen, han- Uhr :cken. lräst- nde» dem von -gen- auf. Ver- )eren über sich vor gten achte den voraus- er Ver- n dritten her über tehende, lehmige, >er aus- e Oester ¬ kommen. Wir Konservativen muffen leider in dieser Be ziehung bescheidener und schon mit „Zehntausenden" zu frieden sein Aber dieser weitgehende Appell an die Opfer - willigkeit der socialdeinokratischen Arbeiter sollte auch uns zu einem Ansporn dienen. — * S. „Mars" ist durch den Kaiser Wilhelm-Kanal nach Helgoland in See gegangen. S. „Grille" hat die Admiralstabsreise in der Ostsee angetreten. S. „Moltke" ist nach Eckernförde in See gegangen. S. .Carola" ist von Helgoland in See gegangen und mit S. „Hay" in Brunsbüttelkoog eingetroffcn. S- „Hay" ist gestern in Kiel eingetroffen. S. „Pfeil" hat Cuxhaven passiert, Jacht „Hohenzollern" ist von Wilhelmshaven in See gegangen und hat auf Schillig Reede geankert. S. .Olga" ist in Wilhelmshaven eingetroffcn. Tpdbt. „8 82" der ^-Torpedobotsdiv. ist, von Flensburg kommend, in Kiel eingetroffen. Tpddivbt. „0 5" beabsichtigt am 12. d. von Southampton in See zu gehen. S. „Blücher", Tpdbt. „8 83", „8 65" und „8 II" sind von Kiel nach Flens- bürg in See gegangen und daselbst eingetroffen. Die v- Torpbtdiv., ausschl. Tpbt. „8 73" ist von Flensburg in Sonderburg eingetroffen. — Die 2. Division des Kreuzer- geschwaders, bestehend aus Schiffen „Deutschland", .Kaiserin Augusta" und „Gefion", — Dioisionschef Contreadmiral Prinz Heinrich von Preußen — ist am 9. d. von Kiautschon nach Taku und S. M. Kreuzer „Prin- zeß Wilhelm", Kommandant Korvetten-Kapilän Truppel, am 9. d. mit dem Geschwaderchef Viceadmiral von Diede richs an Bord von Kiautschou nach Nagasaki in See gegangen. — S. „Wolf", Kommandant Korvetten - Ka pitän Schröder (Johannes), ist in Loanda eingetroffen und will am 14. Mai die Reise nach Kapstadt fortsetzen. — sKolonialpolitisches.^ Von einer Abtretung Salagas, im neutralen Gebiet des Hinterlandes und der Goldküste von Togo, an Deutschland ist der Kolonial abteilung des Auswärtigen Amts, der„Kreuzztg." zufolge, nichts bekannt. — fParlamentarisches.j Die Mitteilung, daß Herr von Buol, der bisherige Präsident des Reichstags, ein Mandat nicht mehr annehmc» wolle, veranlasst die „Ger mania", die Hoffnung auszusprcchcn, „das; Frhr. von Buol sich, den Wünschen seiner Fraktionsgenvsscn und wohl der gesamten Centruinspartei im Reiche folgend, zur Wiedcr- annahme einer Kandidatur entschließen werde". Das ist lediglich eine Angelegenheit des Ccntrums, in die man sich nicht zu mischen hat. Die „Germ." fährt aber fort, Herr v. Buol habe „die Ucbernahme des Reichstags-Präsidiums als ein Opfer betrachtet, das er seinen politischen Freunden und der Centrumssache, nicht minder aber auch dem deut schen Baterlande nicht versage» konnte". Seine kundige, gerechte und unparteiische Leitung der Geschäfte des Reichs tags sei auf allen Seiten des Reichstags rühmend anerkannt worden. Und auch von diesem Gesichtspunkt aus, daß die Rückkehr des Herrn von Buol auf den Präsidcntenstuhl im Interesse des deutschen Vaterlandes sei, dringt das Ccutrums- blatt in ihn, wieder ein Mandat anzunehmen. Wir haben, bemerkt hierzu die „Nat.-Ztg.", nicht das mindeste gegen Herrn von Buol persönlich, und auch wir anerkennen, daß seine Leitung der Präsidialgcschüfte „gerecht und unparteiisch" war; aber „kundig" war sic so wenig, daß der Reichstag überhaupt noch keine» Präsidenten gehabt hat, der seiner Aufgabe so wenig gewachsen war, wie Herr von Buol. Wir gehen auf die Gründe nicht näher ein, da es uns fern liegt, Herrn von Bnol versitzen zu wollen; doch daß über seine Unzulänglichkeit als Präsident volle Ucbcreinstimmung ge herrscht hat, ist notorisch, und es ist in der That ein starkes Stück, die fernere Führung des Präsidiums durch Herr» vv» Buol für ciu deutsches National-Jntercsse auszugeben. Ob das Centrum im neuen Reichstag wieder den Präsidenten zu stellen haben wird, das wird vom Ergebnis der Wahlen abhängen; sollte es wieder der Fall sei», so konnte man nur wünsche», daß es i» seinen Reihen eine für dieses Amt ge eignetere Persönlichkeit finde, als Herr von Bnol, unbeschadet seiner sonstigen achtuugswcrte» Eigenschaften, gewesen ist. — Nach der Geschäftsübersicht über die letzte Tagung des Reichstages sind 7880 Petitionen eingegangen. Davon betrafen 3449 die Jnvaliditäts- und AIte:sversichcr- ung, 1031 die Bcsoldungsverhältuisse der Post- und Tele- grapheu-Uuterbeamten, 775 die Abänderung vou Bestimm ungen über das Postwesen, 535 die Milltärstrafgerichts- ordnuug, 491 die Sonntagsruhe, 320 die Vieheinfuhrver- bote, 179 das Gesetz über die deutsche Flotte, 246 den Postzcituugstarif, 82 die Abänderung der Civilprozcßord- »ung, 65 das Gesetz über den Verkehr mit Wein. Die Petitionen haben folgende geschäftliche Behandlung er fahren: 3748 Petitionen sind dem Herrn Reichskanzler über wiesen, 354 durch Ucbergang zur Tagesordnung erledigt, 1895 durch Beschlüsse des Reichstages für erledigt er klärt, 518 sind zur Erörterung im Plenum für nicht ge eignet erachtet worden, 3 wurden zurückgezogen, 21 Peti tionen, über welche Kommissionsberichte vorlicgen, sind nicht zur Verhandlung im Plenum gelangt; über eine Petition, welche von der Petitionskommissiou für nicht geeignet zur Erörterung tm Plenum erachtet wurde, ist eine weitere Er örterung beantragt worden; sie blieb beim Schlüsse des Reichstages unerledigt. 1341 Petitionen sind auch in den Kommissionen nicht mehr zur Beratung und Beschlußfassung gelangt, darunter 775 betr. die Abänderung von Bestimm ungen über das Postwesen, 246 betr. den Postzeitungs tarif. — Von den 397 Reichstagsabgeordneten haben während der ganzen Tagung 187 das Wort ge nommen. Von diesen habe» sich aber 53 mit einer ein zigen Rede, 22 mit zwei Reden begnügt, während 64 Herren sich in den Grenzen von drei bis acht Reden hielten. Die verbündeten Regierungen sind durch 51 Redner im Reichstage vertreten worden, von denen 13 einmal und 16 zweimal sprachen. Der Staatssekretär des RcichSansts des Innern Graf von Posadowsky steht mit 79 Reden weit aus an der Spitze der Liste. Es folgt ihm in weitem Ab stande der Nationalliberale vr. Paasche mit 60 Reden, diesem der Ceutrumführer Or. Lieber mit 58 Reden. So dann erscheint der freisinnige bayerische Rechtsanwalt und Gutsbesitzer Beckh mit 5I Reden, der schwäbische Cen- trumSjurist Gröber mit 47 und der socialdemokratische Führer Bebel mit 46 Reden. Der unerbittliche Gegner des letzteren, Frhr. von Stumm, hat es auf 40, Abg. Richte auf 38 und der Nationalliberale l)r. Hammacher auf 37 Kaiser aus, in welches die Anwesenden begeistert ein stimmten, während die Militärkapellen einen Tusch bliesen. Die Kapelle des Königs Infanterie Regiments Nr. 145 intonierte die Nationalhymne, welche von der Menschen menge mitgesungen wurde. Der Kaiser und die Kaiserin erschienen auf dem Balkon, huldvollst dankend. Während der Ovation war die Kathedrale durch elektrische Schein werf» und bengalische Feuer wirkungsvoll beleuchtet. Kurz nach 10'/, Uhr fuhren die Majestäten unter den jubelnden Zurufen der Bevölkerung zum Bahnhofe. Gegen 11 Uhr erfolgte mittels Sonderzuges die Abfahrt nach Kürzel. — Heute vormittags empfing der Kaiser, wie aus Schloß Ur Ville gemeldet wird, den Chef des MiUtarkabinetls zum Vortrage. — Wenn auch über dieReise des Kaisers nachJe- rusalem noch nicht die letzten Entscheidungen getroffen sind so rücken die Vorbereitungen doch immer weiter vor. Zu nächst werden alle Vorkehrungen für die Mitreise der Kaiserin getroffen, doch hängt der betreffende endgültige Entschluß davon ab, daß sich der Gesundheitszustand Ihrer Majestät auf seinem jetzigen vorzüglichen Standpunkte er hält. Von feiten des Oberhofmarschallamls sind noch Er Mittelungen über die Verhältnisse in Palästina, sowohl in Jerusalem, wie in der Umgegend, angestellt morden; auch heißt es, daß der Kaiserliche Konsul in Jerusalem Or. von Tischendorf nach Berlin berufen ist, um selbst ausführlichen Bericht zu erstatten. Unbestimmt ist noch, ob die Abfahr! der Kaiserjacht „Hohenzollern" von Triest oder von Genna stattfindet, ebenso ist noch nichts davon bekannt, ob der Kaiser einen Besuch in Konstantinopel machen wird. D e Einladungen an diejenigen Personen, welche den Kaisir auf der Reise begleiten sollen, werden wahrscheinlich nicht vor September ergehen. — Der Präsident des Deutschen Flotten-Vereins Fürst zu Wied hat dem Kaiser von der Begründung dcs Deutschen Flotten-Vereins mündlich Mitteilung gemacht. Seine Majestät hat mit hoher Befriedigung diese Mitteilung entgegen genommen. Nunmehr ist das schriftliche Gesuch wegen Allerhöchster Genehmigung der Protektoratsübernahmc durch den Prinzen Heinrich von Preußen unter Beifügung der Vereinsstatuten an den Kaiser gerichtet worden. Bereits unterm 18. April hat der nunmehrige Sekretär desIDentsche» Flotten-Vereins Herr Viktor Schweinburg nachstehendes Schreiben aus dem Geheimen Civilkabinett des Kaisers er halten: „Berlin, 18. April 1898. Encr Wohlgeboren teile ich in Erwiderung des gefälligen Schreibens vom 11. d. cr- gebenst mit, daß Seine Majestät der Kaiser nnd König von der beabsichtigten Bildung eines Dentschen Flotten-Vereins mit Befriedigung Kenntnis zu nehmen geruht haben und dem patriotischen Unternehmen einen guten Fortgang wünschen lassen. Auch sind Seine Majestät gern bereit, Seiner König lichen Hoheit dem Prinzen Heinrich von Preußen die Ge nehmigung zur Uebcrnahme des Protektorats über diesen Verein seinerzeit zu erteilen. Der Geheime Kabinettsrat, Wirkliche Geheime Rat Lucanus." — Dem Vorsitzenden des Reichs - Ausschusses für die deutschen Nationalfeste, Abg. v. Schenckendorff, ging aus dem Civil - Kabinett des Kaisers das folgende Schreiben zu: Berlin, 4. Mai 1898. Ew. Hochwohlgeboren teile ich auf die gefällige Zuschrift vom 22. vor. Mts. ganz ergebeast mit, daß ich nicht unterlassen habe, die mir übersandten Schriften an Allerhöchster Stelle vorzulegen. Seine Majestät der Kaiser und König haben daraus mit besonderer Teilnahme ersehen, daß die Angelegenheit der deutschen Nationalfeste insofern in ein neues und bedeutsames Stadium ihrer Entwickelung eingetreten ist, als Rüdesheim mit dem Niederwald als Feststätte gewählt worden ist. Seine Majestät haben mich beauftragt, Ew. Hochwohlgeboren für Ihre Mitteilung freundlichst zu danken. Der Geheime Kabinetts-Rat, Wtikliche Geheime Rat Lucanus. — Beim Fürsten Bismarck trafen, wie dem „B. L.-A." gemeldet wird, Graf u»d Gräfin Waldersce, um sich beim Verlassen des 9. Armeecorps in Friedrichsruh zu verab schieden, sowie Freiherr v. Stumm-Halberg ein. Der Fürst hat in diesen Tagen wieder etwas Gcsichtsschmerzen, deshalb wurden die Ausfahrten zunächst unterlassen. — Der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe hat sich heute auf kurze Zeit nach seiner im Kreise Wirsitz be legenen Besitzung Grabowo begeben. — Laut „R.-A." hat der Kaiser dem Unter-Staatssekre tär im Auswärtigen Amt, Wiikl. Geh. Legaiionsrat Or. Frhrn. v. Richt Hofen den Roten Adler-Orden 2. Klaffe mit Eichenlaub verliehen. — Unmittelbar nach dem Schlüsse des Landtages ge- denken sich der Vicepräsident des Staatsministeriums, der Kultusminister und der Minister des Innern nach Posen zu begeben, um an Ort und Stelle über diejenigen Maßnahmen im einzelnen zu verhandeln, welche zur Heb ung des kulturrellen und wirtschaftlichen Niveaus der Pro vinz und damit zum Schutze des Deutschtums in derselben zu treffen sein möchten. — Nachdem der Konsul v. Syburg Algier verlassen hat, um sich nach Batavia zu begeben, werden die Geschäfte des Kaiserlichen Konsulats in Algier bis zum Eintreffen des neuen Titulars von dem österreichisch-ungarischen General konsul, Botschaftsrat Grafen Crenneville, wahrgenommen. — Die vereinigten Ausschüsse des Bund es rats für das Landhecr und die Festungen, für Handel und Verkehr und für Eisenbahnen, Post und Telegraphen hielten heute eine Sitzung. — Das Auswärtige Amt antwortete, den „Berl. Neuest. Nachr." zufolge, auf die Eingabe deutscher Finnen in Ma nila um Schutz, daß 4 Schiffe des Kreuzergeschwaders nach Manila beordert sind. Zwei sind bereits dort und zwei dürften Mitte nächster Woche dort eintreffin. Nach Ende des Krieges wären für die eintretenden Beschädig ungen die entsprechenden Entschädigungen zu verlangen. — Der D eutsche Flotten verein, Vorsitzender Fürst zu Wied, erläßt, wie schonerwähnt, einenAufruf, welcher alle patriotisch gesinnten Deutschen auffordert, dem Flotte»' Verein beizutreten, der kein politischer Verein ist und keine Politische Richtung bevorzugt. Der Jahresbeitrag beruht auf Selbsteinschätzung und beträgt mindestens 50 Pfg. jährlich. — LL Die französische Wahlschlacht ist geschlagen. DaS französische Parlament besteht aus fast zweihundert Abge ordneten mehr als dos unsrige; gleichwohl sind „nur" etwa 190 Stichwahlen nötig. Bei uns wird das Verhältnis leider ein noch viel ungünstigeres werden. Der Bestand der Parteien in der neuen französischen Kammer scheint ziemlich unverändert bleiben zu sollen. Auch die Sccialdemokraten, welche sehr siegeS- gewiß vorgegangen waren, haben on Mandaten so gut wir nichts gewonnen; dagegen sind ihre Hauptsührer geschlagen worden. Das ist gerade In Frankreich, wo die Socialdemolralle üch noch weit mehr im Stadium des BorschrrltrnS als bet uns befindet, eine sehr bedeutsame Erscheinung. Die soclaldemokratt- ichen Führer trösten sich denn auch bet dem ungünstigen Wahl- geschäst mit dem größeren Zuwachs der Stimmen. Bekanntlich wird auch bei uns in diesem Sinne operiert. Auf diese Weise kann Vie Socialdemokratie selbst bel sehr starken Niederlagen „beweisen", daß sie gesiegt habe. Solche Scheinsiege aber sind nicht zu fürchten; werden die Mandate dcctmlert, fo hören solche „Stege" In späteren Wahlkämpfen von selbst auf. — Der Bund der Landwirte des Wahlkreises Ottweiler hat den Landgerichtsdirektor Crönert-Halle gegen den Frhrn. v. Stumm aufgestellt. — Die „Hamb. Nachr." schreiben: „Unser neuer licher Bericht über das Abkommen zwischen der Leitung des Bundes der Landwirte und den Antisemiten auf gegenseitige Wahrung des Besitzstandes ist mit Unrecht in Zweifel gezogen. Derselbe beruht auf Mitteilungen, welche das Mitglied der Bundcsleitung Herr Or. Diedrich Hahn einem Mitgliede des Abgeordnetenhauses gegenüber gemacht hat und giebt den Inhalt dieser Mitteilungen des Or. Hahn dem Sinne nacb genau wieder." — In einer großen, ziemlich stark besuchten Wähler versammlung der drei vereinigten nationalen Parteien des 6. Berliner Reichstagswahlkreises hielt am Sonn abend Hofpredigcr a. D. Stöcker seine Kandidatenrede. Sköcker behandelte das Thema: „Die Reichshauptstadt muß das social demokratische Joch brechen", und begründete diese Forderung mit der oaterlands- und christentumsseindlichen Haltung der Socialdemokraten, deren einziges Verdienst dte Kritik öffentlicher Uebelstände sei. tLeb- hafter Beifall.) In der Besprechung beharrptete zuerst ein Anarchist Marck, daß das Christentum im graden Gcgensaß zu den Säßen des Vorredners stehe, daß der Anarchismus dasselbe Ziel habe Ivie das Christenluni: die Gleichheit der Menschen, und endlich, daß er fortan von allen Gewaltstreichen abschen wolle, weil diese von der RegierungS- majchincrie angewendet würden. Der Redner wurde durch Schlußruse und Abstimmung nach etwa '/«stündiger Rede gezwungen, abzutreten. Unter den folgenden, meist jocialdcinokralischeii Rednern sprach ein junger Mann gegen das stehende Heer und zu Gunsten des MUz- -pstemS, wofür er die Niederlage der Preußen von 180» und dle „Erfolge" der Bourbakischen Armee von 1870 anführte. Buchdrucker Mitsching, irüher Socialdemokrat, trat sür dle Kandidatur Stöcker ein, ebenso Tischler Petri, vr. Groß bedauerte, daß man die Mittel- Parteien in Berlin nicht auch zum Kampf gegen die Svcialdemvkraten ausgerufen habe. Man solle den Svcialdemvkraten nicht Unrecht thun, indem man sage: ihr taugt nichts. Unter großer Unruhe und lebhastem Widerspruch der Versammlung verbreiteten sich einige junge Arbeiter u. a. über Kants Philosophie, die das Christenluni vernichtet habe. Ihnen traten Herr Kluge, Kandidat Wersig und der Referent im Schlußwort entgegen. Vor dem Beginn des leßteren verließen die Socialdemokraten demonstrativ den Saal. Die Zurückbleibenden be stätigten einstimmig die Kandidatur Stöcker. — I<X. Zur „Mauserungslegcndc". Herr Singer äußerte i» einer socialdemokratischen Versammlung zu Berlin am Donnerstag ». a folgendes: „In den Reihen unserer Gegner spricht man so oft davon, daß die Socialdemv- kratie aufgehört hat, eine revolutionäre Partei zu sein, daß sie gewisse Reformen anstrebe, über die sich reden lasse. Wenn wir uns auch zuweilen der einen oder anderen Partei zur Erreichung unserer Ziele bedienen, unsere prin zipiellen Gegensätze bleiben in voller Schärfe bestehen. Die Socialdemokratie unterscheidet sich von allen anderen Par teien dadurch, daß sie die bürgerliche Gesellschaft als solche bekämpft. Was wir in ihr erreichen, betrachten wir mir als eine Abschlagszahlung, als eine Wegzehrung ans nnsercm Vormarsche zur Beseitigung der bestehenden Gesell schaft selbst." Die freisinnige Presse wird sich durch dieses freimütige Geständnis, das Herr Singer nur wagen darf, weil die freisinnigen „Bourgeois" teils viel zu schlapp, teils viel zu verbohrt sind, um auf die socialdemokratischen Zu mutungen die richtige Antwort zu gcbe», nicht geschmeichelt fühlen. Die Socialdcmokratie „bedient" sich zuweilen der einen oder der anderen Partei — insbesondere der Frei sinnigen — und diese Parteien geben sich „mit Vergnügen" dazu her. Das ist ein Maß von „Entsagung", wie es uns einfach unverständlich ist. — I<I< Ein socialdemokratisches Agitations rezept veröffentlicht „einer der bekanntesten Parlamentarier" der Socialdemokratie im „Vorwärts". Darin wird hcroor- gehoben, daß es sich für jene Partei wesentlich darum handle, in möglichst viel n eue G e b i e t e e i n z u - bringe», dabei aber »icht zu versäumen, auch in sicheren Wahlkreisen für Vermehrung der socialdemokrati schen Stimmen zu sorgen. Es läuft also auf die Lieb- kuechtsche Aeußerung hinaus, daß es weniger auf Mau- bate als auf eine hohe Stimmenzahl für die Socialdcmo- kralle ankomme. Man will mit Siegen prahlen und über zwei Millionen Stimmen erlangen! Möchten die „Mit- lfiufer" sich das vor Augen halten und bedenken, daß jede Stimme »lehr den Größenwahn und die Zuversicht der Socialdcmokratie erhöht. In dein erwähnten Rezept wird darauf hingewiesen, daß es nötig sei, überall Ver- trauensmänner zu haben, um bis in die äußersten Winkel der Wahlkreise Vordringen zu können. Die Hauptstützpunkte für die Agitation seien die Städte als Litz der Centralleitung in den Wahlkreisen. Es sei zur Erhöhung der Agilatiousthütigkeit eine geeignete Person anzustellen, die für die Dauer der Wahlarbeit eine ent sprechende „Geldentschädigung' erhält. I» der Agi tation soll, so wird empfohlen, die Socialdemokratie „möglichst sachlich" sein — das wird nur ein frommer Wunsch bleiben, wenn er überhaupt ernst zu nehmen ist; denn inr „Vorwärts" selbst herrscht bekanntlich die Sachlich keit nicht. — Zum Schluß wird tu dem Rezept gefordert, daß die Socialdemokratie nicht den linksstehenden Kandidaten mehr bekämpfe als den rechtsstehenden, der der Hauptfeind sei, der nicht mn die „Beseitigung dcs Wahlrechts", sondern auch noch „ähnliche Schurkereien" in, Schilde führe. Man sieht, aus welch „sachlichem" und — kindlichem Standpunkte Vie„wiffeu. fchaslliche" Socialdcmokratie sich bcfiudet. — Der Wahlkampf kostet Hunderttausende, so schreibt der „Vorwärts". Eie müssen aufgebracht werden und sie werden spielend aufgebracht, wenn die Gc- noffen sich überall und bei jeder Gelegenheit des Central fonds erinnern. — „Dasselbe gilt", so bemerkt hierzu die „Freis. Ztg.", „auch sür die Freisinnige Volks partei und deren Centralwahlfonds." — Wie wir hören, bemerkt die „Kreuzztg.' hierzu, ist dieser Fonds auf dem besten Wege, dem socialdemokratischen Ideal nohe zu
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)