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Bautzener Nachrichten : 29.01.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1887328319-189801297
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1887328319-18980129
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1887328319-18980129
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
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- Vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Bautzener Nachrichten
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Jahr
1898
-
Monat
1898-01
- Tag 1898-01-29
-
Monat
1898-01
-
Jahr
1898
- Titel
- Bautzener Nachrichten : 29.01.1898
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unterworfen — Abg Gras Stolberg ikons ) berust sich aus eine Aeußerung des früheren bayenschen Abg. Gerstenberger, der gesagt habe, daß in Banern die Sperre milder gehandhabt werde. Da in England mit der Absperrung gute Ersolge erzielt seien, wäre eine statistische llebersicht über die englischen Verhältnisse erwünscht, — Abg, Haase (Soc.) meint, daß die Sperre der Grenzen nicht den gewünschten Erfolg haben werde. Viel besser bekämpfe man die Seuche, wenn man das Vieh gut und richtig ernähre und sauber halte, — Abg, I)r. Langer ha ns: Ich halte ein gutes Reichsseuchengesetz sür absolut nötig, aber ich meine, daß die Seuche meist vom Inland nach dem In land und nicht vom Ausland nach dem Inland verschleppt wird. Des halb mühten die inländischen Maßregeln viel schärfer durchgeführt wer- den; denn die Anzeigepslicht wird vielfach nicht erfüllt, Möge man also die Komrvllmahregeln im Innern verschärfen, Ich bestreite, daß jemals ans dem Berliner?ViehhvfLeine Seuche geherrscht hat. Die er krankten Stücke Vieh sind sofort gelotet worden. — Abg, von Kar- dorsf (Rpl.) stimmt mit dem Vorredner überein, auch er wünsche strenge Durchführung der Kvntrvllmahregeln im Innern; aber die Haupt sache sei doch eine scharfe Grenzsperre nach außen. — Abg. l)r. Paasche jnatl » tritt auch sür strenge Grenzsperre ein. — Abg. Gras Bismarck (wildlons.): Das einzige Mittel, der Seuche Herr zu werden, ist, daß man die englischen einschneidenden Maßregeln auch bei uns anwendet. Was für das sreihändleriiche England, das prozentual die stärkste Arbeiter bevölkerung hat, möglich ist, lollte auch bei uns gehen. Im Innern sollte man möglichste Freiheit gewähren. Dagegen sollte man seine Ausmerksamkei! mehr auf die Eisenbahnwagen legen und besonders nicht gestatten, daß das Vieh ohne Umladung in denselben Waggons vom Auslande bis lies ins Innere eingeführl wird. Es handelt sich hier um eine Weltfrage. Die deutsche Landwirtschaft ist durch die Seuche um mindestens W Millionen geschädigt worden. (Beisall rechts.) — Abg. vr. Müller-Sagan (Freis. Vpl): Die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche ist in der Thal keine „nationale" Frage, an ihr sind alle Völker beteiligt. Was in England angeblich richtig ist, ist jedoch noch nicht für uns richtig. England läßt sich leicht absperren, weil es rings von Wasser umgeben ist. Bei uns läßt sich eine Sperre überhaupt nicht durchführen. Viel richtiger wäre es, wenn internationale Abmach ungen getroffen werden zur internationalen Bekämpfung der Seuche. — Abg Wurm (Soc.): Eine absolute Sperrung ist undurchführbar. Die Krähen und andere Vögel fliegen über die Grenzpfähle hinweg und übertragen den Ansteckungsstofs trotz der strengsten Absperrmaßregeln. Viel mehr nutzen würde die strikte Befolgung der Anzeigepflicht. Man wird erst dann zu einer wirklichen Bekämpfung der Seuche kommen, wenn man den Besitzern ausreichende Entschädigung für jedes gelötete Vieh zusicherl, damit sie kein Interesse daran haben, Seuchensälle zu verheimlichen. — Abg. P reiß (Els.) wendet sich gegen die Verfälschung von Weinen und den Handel mit Kunstweinen. Das Weingesep von 1892 müsse aufgehoben und Wein unter das Nahrungsmittelgesep ge stelltwerden. Staatssekretär Graf Posadowsky: Die Ver fälschung der Weine hat die Regierung seit mehreren Jahren beschäftigt. Die Schwierigkeit ihrer Bekämpfung liegt in der mangehaftcn Technik auf diesem Gebiet. Man wird dazu erst dann kommen, wenn die Chemie solche Fortschritte ge macht hat, daß auf dem Wege der Analysen gefälschte Weine von den echten unterschieden werden können. Auch eine Be schränkung des Zuckerzusatzcs würde wenig Zweck haben. Allerdings würde auch ich es für richtig halten, wenn dem unerhörten Betrug mancher Winzer zum Schaden der ehr lichen Winzer durch eine Verschärfung des Wcingcsetzes ent gegen getreten werden könnte. Ich habe mich mit dem preußi schen Landwirtschaftsminister deswegen bereits in Verbindung gesetzt. Nach allem, was ich gehört und gelesen habe, sitzen die ärgsten Fälscher unter den Winzern selbst. — Auf eine bezügliche Anfrage des Abg. Reiß ha ns (Soc.) erwidert Staatssekretär Graf Posadvwsky: An eine Abschaffung des Impfzwanges ist nicht zu denken; dagegen sind wir bereits in Erwägung eingetreten, ob die Ausführung des Gesetzes nicht entsprechend den Fortschritten der Wissenschaft zu ändern und zn verbessern ist. Wir werden zur Prüfung dieser Frage eine Kommission einbernfen, zn der wir auch Gegner der Impfling unparteiisch heranziehen werden. Die Erfahrungen im Kriege 1870/71 haben gezeigt, wie segensreich die Impfung ist. Unsere Soldaten waren gegen die Pocken viel gefeiter als die französischen. — Abg. Or. Kruse (nat.-lib.) spricht sich für Beibehaltung des Impfzwanges aus und fragt nach dem Stande der Apothekcnreform. — Staatssekretär Graf Posadowsky erwidert, daß ein Entwurf im Reichsamt des Innern ausgearbeitet sei, der jetzt dem preußischen Ministerium vorliege. — Abg. Brunk (nat.-lib.) erklärt, daß kein an ständiger Weinhändler gegen eine Kontrolle seines Kellers etwas cinznwenden habe. — Der Antrag Müll er-Sagan, betr. Errichtung einer biologischen Station, wird angenommen. Der Rest des Kapitels wird genehmigt, und die weitere Be ratung auf morgen vertagt. (Außerdem: Gesetz, betr. ander- weite Festsetzung des Kontingents der Brennereien.) — Schluß "/4O Uhr. — Die Kommission für dieMilitärstrafgerichts- ordnnng beschloß heute auf Antrag der Centrumsmitglicder eine Reihe weiterer Aendernngcn, deren wichtigste in der Einführung der folgenden Bestimmungen besteht: Giebt der Gerichtsherr einer Anzeige keine Folge, so ist die getroffene Verfügung mit den Gründen aktenkundig zu machen. Der Beschuldigte ist in dem Ermittelungsverfahren zu vernehmen, auch wenn er schon früher gehört worden ist. Ueber die Ergebnisse der Ermittelungen ist der Beschuldigte vor dem Abschluß des Ermittclnugsvcrfahrens zu vernehmen. Gegen die Verfügung der Untersuchungshaft (seitens des Gerichts- Herrn) findet die Rechtsbeschwerde an den höheren Gerichts herrn statt. Der Haftbefehl ist schriftlich abzufassen. In dem Haftbefehl (der dem Beschuldigten zuzustellen ist) ist der Beschuldigte genau zu bezeichnen und die ihm zur Last ge legte strafbare Handlung sowie der Grund der Verhaftung anzugcben. Im 8 172 ist die Bestimmung, daß Offiziere, wenn sic in Uniform bei der Begehung eines Vergehens — nicht eines Verbrechens — betroffen werden, nicht fest genommen werden dürfen, gestrichen. Im 8 214 ist hinzu gefügt: Findet die Einnahme eines Augenscheins unter Zu ziehung von Sachverständigen statt, so kann der Beschuldigte beantragen, daß die von ihm für die Hauptverhandlung in Vorschlag zu bringenden Sachverständigen zu dem Termine geladen werden, und, wenn der Antrag abgclehnt wird, sie selbst auf seiue Kosten laden lassen. Gegen Personen, welche zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind, soll die Verhängung einer Strafe oder Zwangshaft ebenso wie die Verurteilung zur Tragung der durch die Weigerung ver ursachten Kosten ausgeschlossen sein. — Die Kommission für die loi Heinze hat heute die Beratung des Antrags begonnen. Als Vertreter waren die Geheimen Räte v. Lenthe, v. Stark und Tischendorfs er schienen. Die vorgcschlagene Abänderung der 88 180 und 248 181 des St-G.-B-, betr. Kuppelei, wurde von der Kom mission genehmigt. — Herr v. Bennigsen wird von 8. Februar ab wieder an den Reichstagsverhandlungen teil nehmen. Sächsischer Landtag. Dresden, 28. Januar. Die Zweite Kammer ließ in der heutigen Sitzung, der Herr Slaatsminister v. Metzsch beiwohnte, die Petition bezw. Beschwerde des pensionierten Obersteigers Friedrich August Holl in Oberplanitz wegen Erhöhung seiner Pension und weitere Nachzahlung der Ver kürzungen auf Antrag des schriftlichen Berichts derVeschwerde- und Petitionsdeputation (Berichterstatter Abg. Liebau) ein stimmig und ohne Debatte auf sich beruhen. — Nächste Sitzung Montag. (Tagesordnung: Schlußberatung über den schriftlichen Bericht der Finanzdeputation über Kapitel 17, 18 und 19 des Staatshaushalts-Etats für die Finanz periode 1898/99, Landeslotterie, Lotteriedarlehnskasse und Einnahmen der allgemeinen Kassenverwaltung. Hierauf: Geheime Sitzung. — In dem Bericht der Finanzdeputation der Zweiten Kammer über Kap. 17. des Staatshaushalts für die Finanz periode 1898/99, Landcslotterie, wird gegenüber der durch zahlreiche in Sachsen verbreitete Cirkulare aufgestellten Be hauptung, bei der neuen Thüringisch-Anhaltischcn Staats lotterie sei die Wahrscheinlichkeit, einen Hauptgewinn zu erhalten, viermal so groß als in der sächsischen Landeslotterie, da diese letztere viermal so viel, Nummern habe als die erstere, der wirkliche Sachverhalt durch folgendes klargestellt: Die Behauptung, „die Wahrscheinlichkeit, einen Hauptgewinn zu er halten, sei in der Ihüringisch-anhaltischen Lotterie viermal so groß als in der sächsischen Lotterie" ist nur richtig, wenn inan hierbei lediglich die in beiden Spielplünen nur je einmal ausgeworsenen Gewinn- (oder Prämien-) Beträge ins Auge faßt <300000 Mk., 200000 Mk.. 100000 Mark). Das bedeutet für sich allein keineswegs einen Vorzug der thüringisch-anhaltischen Lotterie gegenüber der sächsischen Lotterie, denn die Spieler rechnen nicht mit oer Wahrscheinlichkeit, einen bestimmten Gewinnbetrag zu erlangen, sondern mit der Wahrscheinlichkeit, überhaupt einen größeren Gewinn zu erhallen. Im allgemeinen aber sind die Chancen für Erlangung großer Gewinne in der sächsischen Lotterie günstiger als in der thüringisch-anhaltischen Lotterie. Beim Zusammen treffen des höchste» Gewinnes (im engeren Sinne) mit der Prämie werden in Sachsen 701000 Mk., in Thüringen-Anhalt nur 500000 Mk. gewonnen. Tritt dieser Fall ein, so sind in Sachfen noch je 1 Gewinn von 300000 Mk., 150000 Mk., 100000 Mk., 50000 Mk., 40000 Mk, 3 Gewinne zu 30000 Mk., 4 Gewinne zu 15000 Mk., 8 Gewinne zu 10000 Mk., dagegen in Thüringen-Anhalt nur noch je 1 Gewinn von 100000 Mk., 50000 Mk., 30000 Mk., 20000 Mk., 2 Gewinne von 15000 Mk., 3 Gewinne von 10000 Mk. vorhanden. Ist der 100000 Mk.-Gewinn gezogen worden, so bleiben als diesen Betrag übersteig mde Gewinne in Sachsen noch 500000 Mk., 300000 Mk, 200000 Mk. (als Prämie) und 150000 Mk., dagegen in Thüringen-Anhalt nur noch 300000 Mk. (als Prämie) und 200000 Mk. Der Plan der thüringisch- anhaltischen Lotterie hat für die I., 2., 3. und 1. Klaffe die Höchst gewinne in Anlehnung an den sächsischen Spielplan auf 30000 Mk., 40000 Mk., 50000 Mk., «>0000 Mk. festgesetzt, bleibt aber im übrigen bezüglich der Ausstattung der sogenannten Vorklassen mit ansehnlicheren Gewinnen, die im großen Publikum als besonderer Vorzug der sächsischen Lotterie gilt, weit hinter der letzteren zurück. Es sind, neben dem jeweiligen Hauptgewinne an höheren Gewinnen (bis mit 1000 Mk. ab wärts), ausgeworfen: -r) nach dem sächsischen Spielplane in 1. Klasse 30 mit 80000 Mk. Gesamtgewinnbetrag, in 2. Klasse 42 mit 135000 Mk., in 3. Klasse 59 mit 225 000 Mk., in 4. Klasse 98 mit 323003 Mk., zusammen: 229 mit 76300«« Mk. Gesamtgewinnbetrag: b) nach dem Ihüringisch-anhaltischen Spielplane in 1. Klasse nur 5 mit 21000 Mk. Gesamtgewiunbetrag, in 2. Klasse nur 5 mit 21000 Mk., in 3. Klasse nur 7 mit 26000 Mk., in 4. Klasse nur 10 mit 35000 Mk., zusammen: 27 mit 103000 Akk. Gesamtgewiunbetrag. Es ist somit nach dem ächsischen Spielplane die Zahl von Gewinnen der bezeichneten Gattung nehr als achtmal so hoch, die hierauf entfallende Gefamtgewinninmme mehr als siebenmal so hoch als nach dem thüringisch-anhaltischen Spiel plane. Die Zahl der „Hauptgewinne" im Sinne des Spielplanes der Ihüringisch-anhaltischen Lotterie, d. h. der Gewinne bis mit 1000 Mk. abwärts, beträgt siir alle fünf Klassen in der sächsischen Lotterie 1856, in der thüringisch-anhaltischen Lotterie 206. Diese Gewinne verteilen sich aus die fünf Klassen wie folgt: Sachsen Thüringen-Anhalt 1. Klasse 31 «1 2. „ 43 6 3. „ 60 3 4. „ 99 11 5. „ 1623 (und I Prämie) 175 (und I Prämie) zusammen: 1856 206. Die auf sic entfallende Geiamlgewiunsumme beträgt: Sachsen für 1. Klaffe 110 000 Mk. „ 2. „ 175 000 „ ., 3. „ 275 000 „ 4. „ 383 000 „ „ 5. „ 4 614 000 „ Thüringen-Anhall 51000 Mk. 61000 „ 76 000 ,. 95 000 „ 784000 „ zusammen: 5 557 000 Mk. Hierzu 1 Prämie: 200 000 „ 1067 000 Mk. 300 000 „ 5 557n<„> Nil. 1 367 000 Mk. Da sonach in der sächsischen Lotterie die Zahl der „Hauptgewinne" aller fünf Klassen diejenige in der Ihüringisch-anhaltischen Lotterie um mehr als das neunfache und die auf sie entfallende Gewinnsumme (einschließlich der Prämie) diejenige in der thüringisch-anhaltischen Lotterie um mehr als das vierfache übersteigt, ist „die Wahrscheinlichkeit, einen Hauptgewinn zu erhalten", in der sächsischen Lotterie durchaus nicht geringer als in der thüringisch-anhaltischen Lotterie, obwohl erstere vier mal so viel Lose hat als die letztere. — Die Steuerreformvorlage ist bekanntlich Gegen stand lebhaftester Erörterungen offizieller und interner Art geworden. Die Hauptbedenken seitens der Kämmern richten sich gegen die Vermögenssteuer mit ihrem Eindringen in alle Privatverhältnisse; hiergegen sträuben sich mit Aus nahme der Soeialdemokratcn fast alle Parteien und daher die starke Neigung, angesichts der Notwendigkeit, neue Steuer quellen zu erschließen, die Vermögenssteuer überhaupt zu ver werfen und auf eine Aenderung des Einkommensteuergesetzes zuzukommeu. Das „Dresdner Journal" wendet sich nun in einem längeren Artikel gegen den von Mitgliedern der Zweiten Kammer gemachten, in der Regierungsfrage nicht erörterten Vorschlag, an Stelle der geplanten Vermögenssteuer die Progression bei der Einkommensteuer mindestens für Einkommen von mehr als 10000 Mk. weiterzuführen. Die diesem Vorschläge zu Grunde liegenden beiden Erwägungen sind: es lasse sich durch die Fortführung der Progression bei der Einkommensteuer der gleiche finanzielle Effekt, wie er durch die. Vermögenssteuer erzielt werde» soll, ohne unge rechtfertigte Ueberlastung der von der Progression betroffenen Steuerpflichtigen erreichen nnd die infolge der Weiterführung der Progression eintretende Höherbestenerung treffe gerade das fundierte Einkommen, weil die höheren Einkommen mit verschwindenden Ausnahmen gerade zu der Klasse des fun dierten Einkommens gehörten. Gegen diese beiden Erwäg ungen richtet sich der Artikel des „Dr. Journ.', in welche« weiter ausgeführt wird: Der von der Vermögenssteuer erwartete Ertrag von 5 Millionen Mark würde sich nur erreichen lassen, wen« man die Progression von 10000 Mk., bei welcher Summe der Steuer sap 3 Prozent beträgt, gleichmäßig in Abstufungen von je 1000 Mark dergestalt steigert, daß bei 100000 Mk. der Satz von 7>/. Prozent er reicht wird. Bei dein Betrag von 100000 Mk. würde, wie bisher, der Schluß der Progression zu machen sein, weil darüber hinaus nach de« bezüglichen Unterlagen überhaupt nur noch 381 Steuerpflichtige in Frage kommen und es daher weder zweckmäßig noch besonders einträglich sei« würde, um dieser geringen Zahl willen die Progression noch weiter hinauszuführen. Ein Steuersatz bis zu 7' , Prozent muß aber, heißt es in dem Artikel, als ein exorbitant boher bezeichnet werden. In keinem einzigen deutschen Staate, abgesehen von den Hansestädten, welche aber hier zur Vergleichung außer Betracht zu bleiben haben, weil bei ihnen die Siaatssteuer zugleich die Kommunalsteuer enthält, hat man bisher bei der Progression den Steuersatz von 4 Prozent über schritten. Wollte man in Sachsen plötzlich mit einer Erhöhung der Einkommensteuer bis zu 7M Prozent, also fast bis auf das Doppelte des höchsten Satzes in anderen deutschen Staaten vorgehen, so hätte das die größten Bedenken schon mit Rücksicht darauf gegen sich, daß man dann die vermögenden Leute geradezu aus dem Lande treiben würde. In dem Landtage ist früher "schon der Satz von 4 Prozent all seitig als der höchste bezeichnet worden, welchen man gerechterweise überhaupt in Aussicht nehmen könne. Mit der Forderung, daß neue Steuern nur aus die leistungsfähigen Schultern gelegt werden solle«, dürfe kein Mißbrauch getrieben werden. Als einen solchen muß man es aber bezeichnen, wenn ein finanzielles Mehrbedürfnis des Staates nicht nur aus die leistungsfähigeren, d. h. auf diejenigen Schultern ge legt wird welche sich im Besitze fundierten Einkommens befinden, sondern wenn man ein erhöhtes finanzielles Bedürfnis des Staates einfach da durch zu befriedigen sucht, daß man den gesamten Mehrbedarf einer nur winzigen Gruppe von Steuerpflichtigen zur Aufbringung zuweift. Ein Einkommen von mehr als 10000 Mk. beziehen in Sachsen, nach den statistischen Unterlagen von 1896, nur I I871 Personen, wenn ma« die nach der vorgeleglen Novelle zum Einkommensteuergesetze künftig Steuerbefreiung genießenden Gemeinden und Stiftungen außer Betracht läßt. Diesen 11871 Personen stehen 1351 314 Einkommensteuerpslichtige mit Einkommen bis zu 10 000 Mk. gegenüber. Hiernach würde also der gesamte Mehrbedarf von 5 Millionen aus die winzige Gruppe vo« Steuerpflichtigen gelegt werden, welche nur 0,87 Prozent der Gesamt zahl der Steuerpflichtigen ausmacht. Die Steuerlast dieser kleinen Gruppe von 0,87 Prozent, welche jetzt rund IU , Mill, beträgt, würde dadurch aus I« '/« Mill, mit einem Male gesteigert werden, während die übrigen 99,13 Prozent der Steuerpflichtigen, deren Gesamtsteuer nur wenig über 15 Millionen beträgt, von der Beschaffung des Mehr bedarfs gar nicht berührt werden würden. Erklärlich ist es, wenn bei dieser letzteren Gruppe ein Vorschlag dieser Art Anklang findet, weil erfahrungsmäßig jedem eine Steuer angenehm ist, die er nicht zu bezahlen braucht; aber ein derartiges Vorgehen ist nicht nur eine gewaltige klngerechtigkei t, da dasjenige, was der Staat für die hm zu verschaffenden höheren Mittel zu leisten hat, am allerwenigsten der zuerst erwähnten winzigen Gruppe von 0,87 Proz. der Sieuer- Pslichligen, sondern in weitaus größerem Umfange gerade der numerisch viel stärkeren zuletzt gedachten Gruppe zu gute kommte, sondern es würde auch einen ganz bedenklichen Vorgang für die Zukunft bei etwaiger Weitersteigerung der Staalsbedürsnisse bilden. Ein solches Verfahren führt in seinen Konsequenzen zur krassesten Ausbeutung der Vermögenden. Völlig unzutreffend ist es ferner, wenn man meint, die Einkommen von mehr ais 10000 Mk. seien die fundierten, d. h. auf Vermögensbesitz beruhenden. Die bezeichnete Grenze überschreiten auch die Bezüge von Staats- und Privalbeamlen, Aerzten, Rechtsanwälte«, Schriftstellern und Künstlern und anderen mehr, deren Einkünfte zweifellos nicht fundiert sind, sondern von der Fortdauer der Arbeits kraft abhängen. Ebenso steckt in dem Einkommen aus dem Betriebe eines Gewerbes oder dem Betriebe der Landwirtschaft, der Forstwirt- chaft, des Garten- und Obstbaues ein nicht geringer Bruchteil »o« reinem Arbeitseinkommen, welches ebenfalls wie daS Einkommen der vorgenannten Kategorien von Steuerpflichtigen unfundierler Art ist. Richtig ist zwar, daß, je höher das Einkommen, um so mehr die Fun dierung desselben anzunehmen ist. Man würde sich aber einer großen Täuschung hingeben, wenn man das in den höheren Einkommen mit- cuthaltene unfundierte Einkommen sehr gering anschlagen wollte. S» beziffert sich in dem Einschäpungsbezirk der "Stadt Dresden, der die Pragerstraße mit Umgebung umlaßl, das unsundierte Einkommen nahezu aus 35 Proz. des Gesamteinkommens der in diesem Distrikt eingeschätzlen Steuerpflichtigen mit Einkommen über 10000 Mk. Scho» hieraus ergiebt sich, daß die Fortführung der Progression bei der Ein kommensteuer durchaus nicht etwa nur fundierte Einkommen trifft und man sich schon hier mit dem auf diese Fortführung gerichteten Vor schläge sehr weit von der eingangs erwähnten Forderung der gerechteren Verteilung der Steuerlast nach'Verhältnis der Leistungsfähigkeit ent fernt. Der mehrerwähnte Vorschlag ist daher nicht nur ungerecht, sondern auch völlig ungeeignet, die Förderung nach der Höherbesteuerung des fundierten Einkommens zu befriedigen. Diese Forderung würde, wenn man jetzt den bezeichneten Weg betreten wollte, fortgesetzt bestehen bleiben und im Laufe der Zeit immer dringender werden, und schließlich würde man sich vor die Notwendigkeit gestellt sehen, ungeachtet und neben der Einführung der erhöhten Progression bei der Einkommen steuer doch noch zur Herbeiführung der Höherbesteuerung des fundierten Einkvmmens zu verschreiten. Jenem Vorschlag, schließt der Artikel i« „Dr. I.", stehen auch noch andere Bedenken praktischer Art entgegen. Bekanntlich besteht, leider ziemlich verbreitet, die Neigung, bei der Ver anlagung der Einkommensteuer möglichst gut wegzukommen. Je höher die Steuersätze normiert werden, um so größer wird der Anreiz zur Hinterziehung, und es dars nicht außer Betracht bleiben, daß gerade bei den größeren Einkommen die Schwierigkeit wächst, dem wirkliche« Betrage des Einkommens aus den Grund zu kommen, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst hierzu in loyaler Weise die Hand bietet. Ferner wirkt der Umstand, daß sich viele Gemeinden mit ihren Abgaben an die Staatseinkommensteuer angeschlossen haben, schon jetzt für die höheren Einkommen im hohen Grade ungünstig. Noch viel mehr wird das aber der Fall sein bei einer etwaigen weiteren prozentualen Erhöhung. Die Last, die auf solche Weise einseitig gewissen Steuerzahlern auferlegt wird, kann von diesen leicht mit Recht als unerträglich empfunden weroen. — Das achte Verzeichnis der bei der Beschwerde- und Petitions-Deputation der Zweiten Kammer eingegangenen Beschwerden beztl. Petitionen umfaßt die Nrn. 373 bis 520 und enthält u. a. folgende Petitionen und Anschlußerklär- nngen: Petition des Glashüttcnwerks August Leonhardi in Schwepnitz (nnd Genossen) nm Fortführung der Neu- baulinie Königsbrück-Schwepnitz bis zur Bahnlinie Kamenz- Hohenbocka-Lübbenau; des Gewerbevereins zu Bautzeu um eine bessere Wegeverbindung zwischen dem Stationsgebäude und der Güterverwaltung in Bautzen; des Steinbruchs besitzers Julius Gierisch in Kamenz, das Eisenbahnprojekt Elstra-Bischofswerda betreffend; der Stadträte zu Bischofs werda >c. um Erbauung einer elektrischen Bahn Bischofs- werda-Pulsnitz-Königsbrück; der Margarcthenhütte bei Bautzen und der Adolfshütte bei Crosta (wie schon aus führlich erwähnt) um Wetterführung der Linie Löbau-Weißen- berg-Kamenz; und des Rats und der Stadtverordneten zu Bautzen, Dekret Nr. 5, Gehaltsverhältnisse der Volksschul schullehrer betreffend; — und außer anderen Anschlnß- erklärungen diejenigen des Herrn Fabrikbesitzers Eduard Weigang (und Genossen) in Bautzen sowie des Herrn Oskar Müller (und Genossen) in Kamenz an die Petition gegen Einführung der Vermögenssteuer. (Hierzu di« Wöchenlliche Beilage Nr. 4.) Ls Nachbestellungen aus die „Bautzener Nachrichten" für die Monate Februar und März werden zu dem Preise von 2 Mark angenommen: für Bautzen bei der Expedition des Blattes, für auswärts bei den betreffenden Postanstalten. — Ankündigungen aller Art finden in den „Bautzener Nachrichten" eine sedr geeignete Verbreitung. Die Iusertiousgebühreu werden mit 12j Pfg. für die gespaltene Petit« zeile oder deren Rau» berechnet. Truck und Verlag von E. M. Monse kn Bautzen.
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