Volltext Seite (XML)
SS. Jahrsang. ^ 24g Sonnabend, S. Juli 1S24 Gegründet ISS« Dradlanlchrlft: Nachricht», Drra»«. Aernlpr.chrr»Sammelnummer SS 241. Nur Mr Nachlgelpräch«: 20011. Bezugs-Gebühr Di» Nni»ta»n werdrn noch chaldmor» d«r«chn»I - dt, »lntaattio» ZU mm ^r«,I, Anzeigen-Preife: aud«chald «I PI,. 0ff^I»n,»dildr lUPlg. »>u»w. Llullrit " Aullrit,« ,,g,n Dorausde,ahi. Schrlftleilvng und KaupIgelchiislssteU,! NiartruIIrall» 3S/40, Druck u. Verlag von vtrplch L VelchardI ln Dresdm. PoNIcheck-Konlo 1OSS Dreadr^ N»chdruck nur mtt d-uNIck»» 0»»I,no»<,n>>» ' <n-»,Un»r Nockr"' -i>imn^ - lln-»rl»n»>- „lck> a»N>»wad»t. 0resüen-H. Sn«n»,r, Leks rirkurstrsks 21 7»ru»pe»«b»r: 24811 (8»mm»Inumm«r) lelegr.-ilctr.: pridank llis8lliiei pnvsi-ksnk, Mi-»«»--«--!,-» 6sgc. 1906 als Ssnosssnsekstt trenlenmark-Konten ^>vsi'grilsclsf'lLssuiig lleiilenau, «öiig,inös god kerniproeder: Uvi, 407, 07 Zeutschlands kinladung nach London. Aktion des Auswärtigen Amtes bei der Entente, besetzte Wohnungen für die Ausgewiesenen freizugeben. Deulschlan- verlang! öle Räumung -es Kölner Brückenkopses nichl als Kompensalion, sondern als verkragliches Recht. In Berlin noch nichl eingelrossen. lDrahrmclduna unsrer Berliner Schrisilettungl Berlin, 4. Jnli. „Echo de Paris" meldet, der Reichs» rcgierung sei zusammen mit einem Memorandum Uber die Besprechung von Ehcqncrö eine Einladung znr Londoner Konferenz durch den britische» Bot schafter übergeben morden. An zuständiger Stelle erfahren wir. das, der Neichsrcgicrnng bisher eine Einladung noch nicht zngegangcn ist. Der Termin für die Deseiiignng der Sanktionen. London, 4. I»li. „Daily Telegraph" stellt fest, das, die englische Einladung zur Kvnscrvnz ein ganz kurzes rein formelles Schrillst lick war. dessen Wortlaut schon in Chegucrö vereinbart wurde. Frankreich habe die Einladung nicht erhalten, da Hcrriot Mitveranstalter der .Konferenz sei. Maedvnald habe außerdem die englischen Botschafter beauftragt, bei Nebcrreichung der Einladung den eingcladencn Negierungen den Standpunkt der englischen Negierung ans der bevorstehenden Konferenz auSeinander- zusctzcn. Als Stichtag für die Annahme der Dawcs-Gesctze im NcichStaq soll Macdonald den >. oder 15». September vor- zuschlagcn beabsichtigen. Eine bestimmte .feit später solle» dann die Sanktionen auch restlos beseitigt werden. Belgiens In-uflrkelle fordern Ausrechlerhalkung der Ruhrbeseyung. Berlin, 4. Juli. Das „Echo de La Bvnrse" bringt in einem Börsenbericht die Mitteilung, daß am letzten Mittwoch eine Abordnung von Industriellen eine Demarche bei Herrn Theunts gemacht haben, damit die Besetzung der Ruhr unter den jetzigen Bedingungen a u f r e ch t c r h a l- ten werde. Die Delegation hat dem Minipräsidenten aus führlich die schwierige Lage der belgischen Industrie dargelrgt und einen Vergleich gezogen mit der wachsenden Besserung der Lage der deutschen Eisenindustrie, deren Konkurrenz auf dem Weltmärkte sich bereits wieder als gefährlich erweise. Durch Aufrechterhaltung des SlatuSguo an der Ruhr könnte man in gewissem Sinuc den Außenhandel Deutschlands hemmen. Die Wvhnungskataslrophe -er Rückkehrer. Ungeheure Anstrengungen der Regierung zur Behebung -es Notstandes der Ausgewiesenen. Berlin, 4. Juli. Einem Zeitungsvertrcter gegenüber äußerte sich der Minister siir die besetzten Gebiete Dr. Hoefle über die Frage der Unterbringung der Vertriebenen in ihrer Heimat. Aus die Frage, ob damit zu rechnen sei, daß die Ver ordnung des Reichspräsidenten über die sogenannte Quartier- Pflicht auch für daS besetzte Eiebtet für verbindlich erklärt werden könne, erklärte der Minister, das, der Entwnrs einer Nenoerordnung des Reichspräsidenten ansgearbeitet sei, die die Vorschriften der bisherigen 4l«rordnnng nicht nur für das unbesetzte, sondern auch siir das besetzte Eicbiet für verbindlich erkläre, und das, diese Verordnung nicht nur für die AuS- aewiescncn, sonder» auch sür die Heimkehrer Geltung habe. Ter Erlaß einer solchen Verordnung sei eine unbedingte Not wendigkeit. Die Verordnung sehe jedoch in erster Linie die Heranziehung von Hotels, Pensionen und möblierten Zim mern vor. Weiter führte der Minister auS, daß bezüglich der Neubauten wegen der Ureditnot große Schwierigkeiten be ständen. Das Auswärtige Amt unternehme zur,zeit aber eine umfassende politisclie Aktion bei den Negierungen der Gegen seite. um eine Slermindernng der Besatzung bzw. die Nänmnng der von der Besatzung in Anspruch genommenen Wohnungen der Ansgewiescnen durchznsetzcn. Minister Dr. Hocfle hat an die Hcimkehrendcn im Namen der Reichsregierung ein Bcgrüßnugstclegramm gerichtet, in dem es heißt: Wenn jetzt die Stunde der Heimkehr für viele treu- deutsche Staatsbürger schlägt, so will es die Rcichsrcgic- rung gerade in diesem Augenblick nicht an dem herzlichen Dank fehlen lasten für das trcudentsche Bewußtsein, das alle die an den Tag gelegt haben, die dem Vatcrlande in dieser Stunde gcdicut und genutzt haben. Ich hege die Hoffnung, daß diejenigen, deren Rückkehr nun ermöglicht ist, bald wieder am eigenen Herd sich ihrer alten Arbeit erfreuen mögen. Für die, deren Rückkehr noch nicht möglich ist. wird sich nach wie vor die Rcichsrcgierung wärmstens einsetzen, nm auch von ihnen Sorge »nd Not zu nehmen die Relchsgelder zur Mohnungsbeschaffung für Rückkehrer. lEigner Drahtbertcht der ..Dresdner Nachrichte n."> Berlin, 4. Juli. Im preußischen Landtag gab heute der Innenminister Severing anläßlich einer großen Anfrage der bürgerliche» Parteien über die Rückkehr der beim Ruhrkamps A u s g e w i e s e n e n eine Erklärung ab. in der er mittctltc, daß sür die wohnliche Unterbringung die ReichSvermögcnsverwaltung znr Vollendung der seinerzeit ftillgclegten Bcsatznngöbanten Mittel bereitgcstellt habe, durch die sür eine größere Anzahl Familien Wohnranm ge schasse» werden könne. Außerdem werden die Zurückkehren den bei der Zuweisung von Wohnungen bevorzugt berück sichtigt werben. Die preußische Staatsregierung habe das Auswärtige Amt ersucht, bei den B c s a tz u n g S m ä ch t c » vorstellig zu werden, daß die beschlagnahmten Wohn- räumen in weitestem Umfange freigcgeben werden. Zuerst Räumung -er Ruhr! England will 1925 -ie erste gone -es linksrheinischen Gebieles räumen. Berlin. 4. Juli. Von gut unterrichteter Seite wird mit- aetcilt, daß die N e i ch s r e g te r u n g eingehende Son dierungen über die Frage der Räumung der be setzten Gebiete vorgenommen habe. Sie hat sich dabei nicht nur auf Rhein- und Ruhrgebtet beschränkt, sondern sich auch bemüht, volle Klarheit über daS Schicksal der übrigen Gebiete zu erhalten. Rach dem Friedensvcrtrag ist im Jahre 11)25» die Räumung der ersten Zone des linksrheinischen Ge bietes. des Kölner Brückenkopfes, vorzunehmcu. Es ist ohne weiteres klar, daß die Räumung dieser Landestcile, die „ver tragsgemäß" besetzt wurden, in engem Zusammenhang mit dem Schicksal der Eiebictc steht, die besetzt wurden, ohne daß selbst das Lchandwcrk von Bersaillcs als Unterlage dienen könnte. Wie cs nun heißt, hat man von englischer Seite der Rcichsrcgierung wissen lassen, das, England bereit sei, im Januar kommenden Jahres die von ihm besetzten Zonen zu räumen, sowie es der Friedensvcrtrag vorsehc. Diese englische Absicht ist natürlich in Paris nicht »»bekannt geblieben, und so rühren sich setzt die französischen Militärkreise bereits eifrig, nm daraus hiuzuwciscn, daß die von England etwa z« räumende« Gebiete sofort von Franzosen oder Belgiern zu besetzen seien, weil sonst die übrigen französischen Truppen in Bedrohung aeräten. s!j Diese Anssassnng wird selbst von Leuten gesiegt, die Herriot besonders nahe stehen. Wenn tatsächlich aus eng lischer Seite die Absicht bestehen sollte, sich künftig Deutsch land gegenüber in Bahnen zu bewegen, die wenigstens durch den Kriedensvertrag eine rechtliche Begründ»»« erfahren, so wird es Ausgabe der deutschcn Regiernna lein müssen, mit aller Kraft dafür zu sorgen, daß hier nicht etwa französische Machenschaften eine geringe Bereinigung der Atmosphäre wieder behindern. In diesem Zusammenhang verdient eine Aeußcrung der dem Außenminister Dr. Stresemann nahestehenden „Zeit" Beachtung, in der die Meldung des „Journal des Debats" bestätigt wird, wonach Dr. Stresemann als Kompensation sür die Uber den Vertrag von Versailles hinausgchcnden Verpflichtungen die vorherige oder wenigstens gleichzeitige Räumung des Ruhrgcbictcs verlangt. Diese Forderung, führt das Blatt weiter aus, wird auch auf der Londoner Kon ferenz eine Rolle spielen. Dabei ist cs nicht einmal nötig, die Räumung als Kompensation sür eigene Sierpslichtungcn zu verlangen. Düsseldorf und Duisburg sind ebenso wie das Ruhrgcbiet unter dem Vorwand besetzt worden. Dentschland erfülle seine Vertragsvcrpslichtungen nicht. Daraus ergibt sich von selbst, daß die Besetzung hinfällig und die Räumung in demselben Augenblick notwendig wird, in dem eine all gemeine Vereinbarung über die Erfüllung der Bcrtrags- bestimmnngen zustande kommt. Vs muß klar scstgcstellt „nd in diesem Sinne auch von der Gegenseite verstanden werden, daß ohne die notwendige Sicherheit über die mili tärische Nänmnng der Ruhr und der Städte Duisburg, Ruhr ort und Düsseldorf ein vertragabschlicßcndcs Verhältnis aus der Londoner Konserenz nicht erzielt werden kan«. Das neue Frankreich. Von Professor Dr H. Hcrkncr, Berlin, M. d. N. W. N. Tie frühere Regierungsmehrheit, Pvincarös Kloo national, stellte eine Kombination dar, zwischen deren ein zelnen Gruppen, abgesehen von der heute nicht sonderlich wichtigen Unterscheidung in Monarchisten und Republikaner, keine erheblichen Meinungsverschiedenheiten bestanden. Sie snmpathisierten alle mit den individualistischen und imperia listischen Bestrebungen des Grvßuntcrnchmcrtums, das sich in der Union clss intüröt» ooonomniuos ein auch politisch höchst einflußreiches Organ geschaffen hatte. Der Block der Linken kann sich nicht auf eine ebenso ideale und wirtschaftlich gefestigte gemeinsame Grundlage stützen. Sein rechter Flügel kommt in wirtschaftlichen und sozialen Fragen, namentlich aber in der Reparationspolitik, den Tendenzen mancher Gruppen des bloo national eigentlich näher als dem linken Flügel der heutigen Regierungsmehr heit. An der Spitze steht die Partei der Radikalen, die lmgesähr den rechtsgerichteten Persönlichkeiten unserer demokratischen Partei entspricht. Ihre Anfänge gehen in die Zeiten des zweiten Kaiserreiches zurück. Damals war es Gambetta. der eine hinreißende, schwungvolle Propaganda für eine antiklerikale, republikanische, radikale Demokratie be trieb. Nach seinem Tode hat Clemenceau dieser Partei den Stempel seines Geistes aufgcörückt. Seit 1898 bis 1919 ist sie fast an allen Negierungen beteiligt gewesen. Im Laufe der Zeiten hat ein Teil der Radikalen es für richtig gehalten, auch den sozialpolitischen Bestrebungen entgegenzukommen. Diese Radikalen bezcichncten sich als „sozialistische" Radikale, wobei aber der Sozialismus manches Radikalen nicht wett über die Forderung einer progressiven Einkommen steuer hinausging. Heute wirb freilich schon mehr verlangt: Verteidigung des Achtstundentages, der Tarifverträge, Ent wicklung der Sozialversicherung, Umgestaltung der privaten Monopole in sozialisierte Betriebe, in deren Leitung sich Staat. Angestellte. Arbeiter und Verbraucher teile» sollen. In finanzpolitischer Hinsicht wird steuerliche Entlastung der mindcrbesitzenden Volksklasscn und Beseitigung der Inflation gefordert. Von größerer Bedeutung als diese Meinungsverschieden heiten zwischen individualistisch - kapitalistisch und sozial- refvrmerisch gesinnten Radikalen sind die Gegensätze in Ser Beurteilung der Reparativnssragc. Der rechte Flügel der Partei hat Pvtncarös Ruhrpolitik unterstützt, die Mehrheit hat sich auf Stiniinenthaltnng beschränkt. Sie huldigt einem sehr vorsichtig operierenden, gemäßigten Pazifismus im Sinne einer fortschreitenden Ausbildung des Völkerbundes. Zwischen Radikalen »nd Sozialisten steht die von dem berühmten Mathematiker und gegenwärtigen Kammerprä sidenten PatnlevS geführte republikanisch - sozia listische Partei. Sie erblickt in dem Lohnsnstem eine zeitlich bedingte Erscheinung. Nachdem das individuelle Eigentum an den Produktionsmitteln sich mehr und mehr in ein kapitalistisches verwandelt, verbürgt nur noch der Sozia lismus den Arbeitern Unabhängigkeit und Gerechtigkeit. Die Evolution zum Sozialismus muß freilich in durchaus legaler Weise vor sich gehen. Die Praxis der Partei ist übrigens weniger radikal als ihre Theorie. An diese Gruppe schließen sich die drei sozialistischen Arbeiterparteien, wahrend die der Moskauer Diktatur folgenden Kommunisten den Block der Linken bekämpfen. Von größerer politischer Bedeutung ist unter den sozialistischen Richtungen nur die, welche ossizicll als Uarti «oeiiiiwtk!, Ksotiem iranoaiss ckn I'intorvkitiemalo ouveic-ro bezeichnet wird. Ihre sehr fähigen Führer, Leon Blum, P. Fanrc, I. Lvnguct und P. Renandel, wandeln in den Spuren des PhilosophicprofcssvrS Jean IanräS, der dem materialistischen Marxismus idealistische Elemente cingcglicdert »nd ans seiner Grnndlagc zeitweise den ganzen Sozialismus Frankreichs unter seiner Führung vereinigt hatte. Er wurde bekanntlich bet AuSbruch des Krieges das Opfer eines nationalistischen Attentates. Diese Partei ist jetzt gewissermaßen nur die politische Geschäftsstelle der Konsnmgcnvssenschastcn „nd der 6onkvckLration 6önLr»Is >in 'I'i-avail. Letztere entspricht unserem Allgemeinen Deut schcn Gewcrkschaftsbnndc, aber mit dem belangreichen Unter schiede, daß sich diese französischen Gewerkschaften der Kom munisten zu erwehren vermochten und deshalb rechts vo« der sozialistischen Partei, die zeitweise bolschewistischen Ein wirkungen zu erliegen schien, Stellung genommen haben. Aul gewerkschaftlichen Rücksichten beruht wohl auch die selbstlose und entschiedene Unterstützung, welche dt« heutige radtkalg