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Bautzener Nachrichten : 19.01.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1887328319-189801192
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- http://digital.slub-dresden.de/id1887328319-18980119
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1887328319-18980119
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- Vorlagebedingter Textverlust
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- Parlamentsperiode
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Zeitung
Bautzener Nachrichten
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Jahr
1898
-
Monat
1898-01
- Tag 1898-01-19
-
Monat
1898-01
-
Jahr
1898
- Titel
- Bautzener Nachrichten : 19.01.1898
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L4L Geruch Les Karbols unangenehm ist, Ler kann auch Nachtlichter be- lommen, die denselben Zweck ersüllen, aber mit irgend einem anderen desinfizierenden Mittel getränkt sind. Wissrufchast, Kunst rc. — sNotizen.j Am 26. Januar, an dem Tage, wo er vor 50 Jahren im Dresdener Hostheater zum ersten Mal aus getreten, wird Karl Sontag aus Einladung im Residenztheater gastieren. — Der bekannte Münchener Kammersänger Vogl ist zur Zeit angelegentlich mit der Komposition einer dreiaktigen Oper beschäftigt. Das Libretto hat die Vermählung Gott Baldurs mit der Erde zum Thema und ist vom Komponisten selbst nach der Felix Dahnschen Dichtung „Der Fremdling" be arbeitet worden. — Der Schauspieler Graselli hat die Erlaubnis erhalten, in der Nähe des Theaters an der Wien ein großes Rauchtheoter zur Aussührung von Balletten, Operetten, Possen, Singspielen und Ausstattungsstücken im Dezember zu eröffnen. Für den Bau des Theaters sollen bereits l 200 000 Gulden vorhanden sein. (L. Z) — Ueber eine Feststellung beginnender Tuber kulose mit Röntgenschen Strahlen berichteten neulich Kelsch und Boinon aus Lyon der Pariser Akademie der Medizin. Die beiden Aerzte haben seit Monaten die Brust junger Leute mit dem Radioskop untersucht, es wurde dabei der Patient aus schließlich von der Rückseite des Rumpfes her beschaut, weil diese ein klareres Bild gestattet, als die Vorderseite. Die Aerzte schildern dieses Bild, welches der Brustkorb des Menschen auf den Kaliumcyanürc-Schirm stiebt, als ein geradezu ergreifendes: olles lebt und bewegt sich auf demselben. Beim gesunden Menschen erscheinen die Lungen von oben bis unten durch, sichtig, man sieht die Atembewegung an dem Heben und Senken der Rippen, man erkennt das Klopsen des Herzens, die Krümmung der Aorta, sowie die Bewegung des Zwerchfells, das bei der Ausatmung bis zur sechsten Rippe steigt und sich bei der Einatmung bis zur achten oder neunten senkt, also bei jedem Atemzuge 8 bis 10 Centimetcr verschoben wird und an die Bewegung einer mächtigen Pumpe erinnert. Nachdem die Aerzte durch fortgesetzte Beobachtungen in diesem Bilde des Brustkorbes zu lesen gelernt halten, bemühten sie sich, die An zeichen tuberkulöser Erkrankung darin zu entdecken. Die Unter suchungen erstreckten sich aus 124 Personen, die wegen ver schiedener Anfälligkeiten in das Krankenhaus ausgenommen waren, bei denen aber mit den gewöhnlichen Mitteln eine tuberkulöse Erkrankung der Lungen nicht zu erkennen war. In 51 Fällen wurden verschiedene Abweichungen von dem normalen Zustande wahrgenommen, und zwar: eine Verminderung der Durch sichtigkeit einer oder beider Lungenspitzen, mehr oder mindere Undurchsichtigkeit des Brustsells, größere oder geringere ein seitige Verringerung der Bewegungshöhe des Zwerchfells, anor male Zustände der Lustbläschen auf einer Seite oder aus beiden Da die Lungenspitzen, die Endigungen der Luftröhre und dos Brustfell vorzugsweise den Herd der Tuberkulose bilden, so schlossen die Forscher, daß die angegebenen Beobachtungen über Veränderungen dieser Organe als Zeichen eines frühen Stadiums von Tuberkulose anzusehen sind, zu dessen Entdeckung es bisher kein Mittel gab. In 5 Fällen wurden bei den so untersuchten Personen später durch die Sektionen thatsächlich tuberkulöse Zu stände entdeckt. Im Vertrauen auf die Zuverlässigkeit solcher Beobachtungen stimmten die anwesenden Mitglieder der Akademie darin überein, daß die frühzeitige Diagnose tuberkulöser Lungen erkrankung der wertvollste Dienst wäre, den die Röntgenschen Strahlen der Heilkunde bisher geleistet hätten. Es wurde zu gleich aus die hohe Bedeutung dieser Art der Untersuchung bei der Musterung der Rekruten HIngcwiesen. — * Wien, 18. Januar. Der Direktor des Hofburg theaters, l^r. Burckhard, überreichte heute der General intendanz sein Entlassungsgesuch; er wird die Geschäfte bis Ende dieses Monats fortsühren. vermischte«. — Bautzen, 19. Januar. Die Frühlingsboten mehren sich. Gestern wurde uns abermals ein munterer Schm ett er- ling zugestellt, den ein paar Knaben im Freien gefangen hatten. — * Weifa, 18. Januar. Dem Kaufmann Zenker hier wurde kürzlich in der 8. Abendstunde die Ladeukasse mit gegen 60 Mark Kleingeld samt dem Geldkasten gesto hlen. Der Dieb ist mit seiner Beute durch die Hinterthür entkommen und hat den Kasten hinter der Scheune einer Wirtschaft weg- geworsen. Bei der Durchsuchung einer in Verdacht stehenden Person wurde zwar nicht das gestohlene Geld, wohl aber eine dem Schnittwarenhändlcr Ander gestohlene seidene Schürze ge sunden. Auch beim Buchbinder Wilhelm Thomas in Steintgt- wolmsdors ist am Freitag abend ein ziemlicher Geldbetrag aus der Ladenkasse gestohlen worden. Von den Thätern ist noch keine Spur vorhanden. — Sebnitz, 17. Januar. (Zitt. Mgztg.) Zur Nach gestellung für das Militär hat sich am 20. d. ein bei einem hiesigen Spediteur beschäftigter Geschirrführer, welcher zur Zeit 33 Jahre alt, verheiratet und Vater von 3 Kindern ist, in Oesterreich einzufinden, nachdem er schon vor zehn Jahren in Sachsen seine dreijährige Dienstzeit beendet hat. Es war von ihm nicht beachtet worden, daß seine Eltern nicht deutsche Staatsangehörige waren und er, obgleich In Sachsen geboren und aufgezogen, in Oesterreich militärpflichtig ist. Erst nachdem seine Mutter wieder nach Böhmen verzogen ist, hat man dort bei Gelegenheit das Vorhandensein dieses Sohnes ermittelt und fordert ihn nun zum Militär. Es ist wohl mög lich, daß er auch dort noch ausgehoben wird. — Zittau, 18. Januar. (Z. N.) Vermißt wird seit Sonntag abend ein jungesMädchen von hier, welches unter Umständen verschwunden ist, die auf Entführung und eventuell Selbstmord beziehentlich Doppelselbstmord schließen lassen. Die Vermißte ist 21 Jahre alt, mittelgroß, schlank, blond; trug grünen Filzhut mit Federstutz und schwarzem Schleier, braunes Jackett und schwarzes Kleid. Ihr Begleiter und Entführer ist 22 Jahre alt, sieht aber älter aus, groß und kräftig und trug Klemmer und schwarzen Vollbart. Etwaige diesbezügliche Mit teilungen sind an die Polizeiwache hier zu machen. — Dresden, 18. Januar. In diesen Tagen beging Herr Hofschauspieler Sonntag sein 5 0j ährigeS Künstler- jubiläum. Aus Anlaß dieses frohen Ereignisses sand zu Ehren des Bühnenkünstlers am 14. d. ein Festessen statt, dem u. a. nachstehende Herren beiwohnten: der bayerische Gesandte Freiherr von Niethammer, die Generale von Kirchbach, von Schönberg und von Zeschau, der Generaldirektor der Königl. Hostheater Graf Seebach, die Kammerherren von Stammer und von Kalitzjch, Generalmajor a. D. von Schlieben, Obcrst- lieutenant z. D. Freiherr von Mansberg und preußischer Oberst lieutenant von Bülow, Majore Grahmann, Adjutant des Fürsten Reuß j. L., und von König, der als Gcnrcmaler bekannte Premierlieutcnant a. D. von Haber, Geheimrat Hassel, Hosrat I r. Schramm, die Professoren Hultzsch und Herrmann, vr. von Villers und andere Herren. Herr Hoffchauspieler Sonntag wurde im Verlaufe der Tafel wiederholt gefeiert und der Künstler gab manche reizvolle Erinnerung aus seiner Bühnen laufbahn zum besten. — Glauchau, 18. Januar. Dem 17jährigen Arbeiter K., der in eine hiesige Waffenhandlung trat, um einen Re volver zu verlaufen, nahm die Geschäftsinhaberin die Waffe aus der Hand, um sie onzuschen. Fast in demselben Augen blicke krachte ein Schuß des geladenen Revolvers, der un glücklicherweise den jungen Mann derart in den Unterleib traf, daß die Ausnahme im Krankenhnuse sich notwendig machte. — Der ärztliche Bezirksverein hier hat beschlossen, zur Wahr ung der rechtlichen nnd finanziellen Interessen der Aerzte deS Medizinnlpolizeibezirks Glauchau gegenüber böswilligen Schuldnern und säumigen Zahlern den Aerzten das Mahn- und Klagcvcr- sahren zu erleichtern und über die mit Begleichung der ärzt lichen Honorare Säumigen ein Verzeichnis zu sichren. — Berlin, 18. Januar. Tie zweite Sitzung des Aus schusses für deutsche Na tioua lseste beschäftigte sich mit den Satzungen nnd der Organisation. Die fünfstündige Ver handlung führte zu einstimmigen Beschlüssen. Für die ver schiedenen Veranstaltungen wurden acht Abteilungen gebildet. — Aus dem Rittcrgute Debenz (Kreis Graudenz) erhielt der Gutsherr von Rybtnski dieser Tage zwei Herren zum Besuch. Jedenfalls muß der stark geheizte Ofen zu früh ge schloffen worden sein — denn man fand am Morgen beide Personen leblos im Bette vor. Der Arzt konnte nur den einen der Gäste retten, der andere war bereits eine Leiche. — Ueber das Unglück aus der fiskalischen Königin Luisengrube bei Zabrze O.-S. wird der „Schles. Ztg." vom Oberbcrgamt berichtet: Der Brand brach im Schuck - manuflöz aus und ging unerwarteterwcise aus das Heinitzflöz über. Es wurden im ganzen sieben Tote und vier nicht gerade schwer Verletzte zu Tage gebracht. Eine weitere Ge fährdung von Menschenleben ist ausgeschlossen. — Reichenberg, 18. Januar. (Zitt. Mgztg.) Ein ge fährlicher Falschmünzer wurde gestern hier in der Person des 48 Jahre alten Hausbesitzers und Graveur Reinhold Kasper aus Gablonz s estgenomm en. Derselbe hatte in mehreren hiesigen Geschäften kleinere Einkäufe gemacht uud dabei falsche Kronenstücke verausgabt. Bei dec Leibesdurchsuchung wurden bei ihm 40 falsche Kronen nebst anderem echten Gclde ge sunden. Die in der Wohnung des Kasperin Gablonz Vorgenominene Hausdurchsuchung förderte einen großen Vorrat von teils fertigen, teils zugerichteten Falsifikaten, wie auch die hierzu ge hörigen Gußformen und Stanzen, Rohmaterial und verschiedene Schmelzvorrichtungcn zn Tage. Auch ein eigener Schmelzosen und ein Walzenzug zum Plätten des Bleches wurden vorge- sundcn. Sonderbarerweise wurde diese Falschmünzerei ziemlich offen betrieben, und zwar in einer Kammer neben der Graveur werkstatt. — Pcsth, 17. Januar. Die Volkssängerin Ro sa Benko wurde von der Polizei wegen Verstoßes gegen sittenpolizeiliche Vorschriften zu 20 Tagen Haft verurteilt. Ein Erpressungs versuch konnte ihr nicht nachgewlcsen werden, da sie ihrerseits den Nachweis führte, daß sie von dem serbischen Hofe, auch nachdem sie Belgrad verlassen hatte, Geld und Geschenke zu gesandt erhielt. Uebrigens wurde die Anzeige gegen das Mädchen von serbischer Seite zurückgezogen. — * Pesth, 17. Januar. Der Bildcrdicb Lcnkej wurde zu einjähriger Kerkerstrafe verurteilt. Derselbe wird morgen nach Wien überführt zur Abbüßung der dort gegen ihn erkannten Strafe. — Kopenhagen, 18. Januar. Der Hauptmann der Kriegsrcserve a. D. Bech hatte, um sich Geld" zu verschaffen und damit seine Schulden zu bezahlen, gegen den Gerbermeister Thaulow einen Raubmordversuch unternommen. Bech ist heute zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden. — Perpignan, 17. Januar. Kürzlich nachmittags drang ein Bewohner von Rivesalles Namens Donat in den bischöflichen Palast und verlangte den Bischof zu sprechen. Als der 64jährige Pförtner Berges Umstände machte, Donat ein zuführen, zog dieser einen Revolver und gab zwei Schüsse ab, von denen einer den Pförtner am Kopse rraf. Inzwischen war der bischöfliche Sekretär Abbö Babaud auf das Geräusch herausgctreten. Er versuchte Donat festzunehmen, aber dieser schoß von neuem und verwundete den Abbö an der Hand. Dann ergriff Donat die Flucht. Der Zustand des Pförtners ist höchst gefährlich. Der Thater gilt für geisteskrank. — Ein schwerer Unfall hat sich in Brest bei Torpedo schl eud crv er suchen des Torpedobootes 80 ereignet. Ohne daß man sich erklären kann, aus welche Weise, wurde ein mit 125 Gramm Pulver geladener Torpedo aus der Röhre, in die man ihn eben hineingelegt hatte, geschleudert. Der Matrose AveS Tournier erlitt dabei so furchtbare Verletzungen, daß er bereits bei der Ueberführung in das Hospital den Geist aus hauchte. — Zu der großen Feuersbrunst, die am 19. No vember v. I. in der City von London nahezu 100 Waren häuser im engen Quartier Cripplegate. zerstörte, hat das Ge schworenengericht soeben den Wahrsvruch abgegeben, daß der Brand im Warenhaus der Firma Waller und Brown in Wcll- street entstanden ist und das Feuer von einer unbekannten Person angelegt wurde. Zu diesem Aufsehen erregenden Er gebnis gelangte man durch eine Reihe von Versuchen, die dar- thaten, daß daS Feuer nicht durch Zufall entstanden sein konnte. Brown, einer der Geschäftsteilhaber, war im Saale gewesen kurze Zeit bevor ein Haufen Mäntel in Flammen stand. Keiner der Angestellten hatte vor diesem Zeitpunkt Brandgeruch bemerkt. Die Annahme einer Gasexplosion erwies sich als un haltbar. Ein Stück brennender Kohle auS dem Feuerrost kann ebenfalls unmöglich einen Haufen Tuch in Brand setzen. Ein gehende von Pros. Redwood angestellte Versuche bewiesen ferner die Unmöglichkeit durch Selbstentzündung oder zufällig ent standenen Feuers. Neber die Beweggründe der Brandstifter hat man folgendes ermitteln können: Brown war die letzte Person gewesen, die man im Stockwerke sah, wo das Feuer entstanden war. Während der Brand wütete, nahm er in einem Restaurant der City sein Mittagsmahl ein und ging nachher zu seinem Rechtsbeistand und ersuchte ihn, seinen Gläubigern Mitteilung von dem Brand zu machen und sie um Nachsicht zu ersuchen. Als man nach dem Erlöschen des Feuers den Jeldschrank öffnete, fehlte das Vorräteverzeichnis. Dieser Um land ist insofern verdächtig, als aus Grund dieses Verzeichnisses -er von der Versicherungsgesellschaft gegen Feuerschaden zu leistende Ersatz berechnet wird. Brown halte auch von derGe- ellschast Entschädigung verlangt. — Ein Kindersre u nd. Lewis Carroll, der Ler- sasscr des Kinderbuches „Alices Abenteuer im Wunderland" ist, 66 Jahre alt, in Guildford gestorben. Sein wirklicher Name war Charles Lutwidge Dodgson, unter diesem Namen war er als Verfasser einer ganzen Anzahl mathematischer Lehrbücher und Abhandlungen bekannt. .Alices Abenteuer" schrieb er während zweier Universilätsferien zur Unterhaltung sür kleine Mädchen, die er kannte, erst später, 1865, wurde cs zum ersten Male durch den Druck veröffentlicht, es hat seitdem wohl 50 Auslagen erlebt und wurde u. a. auch in das Deutsche über setzt. Den Ertrag seiner Bücher schenkte er Kinderhospitälern und ähnlichen Anstalten, und feine Wohnung war ein richtiges Paradies für Kinder. Darin waren alle Schränke voll von Spielsachen, Musikdosen und Bilderbüchern, täglich hatte er Kinderbei sich, die er unterhielt, und da erAmateurphotograph war, photographierte er sie auch. — Ueber Sacharjins Honorare wird in einer Peters burger Zeitung von einem Verwandten des Moskauer Arztes berichtet: Sacharjin erhielt im Jahre 1872 sür eine Fahrt nach dem Wladimirschen Gouvernement von dem reichen Fa brikanten Karetkow 25 000 Rubel; dazu wurde ihm ei» Extra zug hin und zurück gestellt. In den 70er und 80er Jahren nahm Sacharjin alljährlich allein sür die Konsultationen von Kranken in seinem Hause (jede zu 50 Rubel) ungefähr 100 000 Rubel ein. — Einer Mcldung der „Politik" zufolge wurde unweit der Station Minkowic ein Koklenlastzug der Staatsbahn von unbekannten Männern und Frauen überfallen. Einige Männer sprangen auf die Lokomotive und hießen den Führer halten, worauf sie die Kohlen, soviel sie deren habhaft werden konnten, unter sich teilten und dann verschwanden. Eine Unter suchung ist eingeleitet. — Am oberen Nil hat man, wie der Londoner Aegyp- tologe Flinders Petri mitteilt, in der Nähe der Steinbrüche von Silsitsch, welche die Bausteine sür die Pyramiden lieferen, uralte Kulturstätten der Menschheit entdeckt. Ter englische Professor hat Werkzeuge aus Feuerstein, Wassen mit Fcuersteinspttzcn, Schüsseln und anderes gesunden, Tinge, die ein Menschenstamm einst benutzt hat. Jene Leute, deren Spuren die Zeit und der Wüstensand für immer verweht hat, halten schon künstlerische Triebe. Auf den harten Steinflächen der Abhänge findet mau Zeichnungen, die eine höhere Gesittung verraten. Aus einer der in den Felsen eingeritztc» Zeichnungen sieht man einen Mann mit einem Stecken einen Ochsen um ein Schöpfwerk treiben, ein anderes Bild ist ein langgestrecktes Schiff mit ausgespanntcm Segel, dann sieht man ein Kamel, Boote ohne Segel mit Rudern, eine Kuh, von einem Manne getrieben. Verschwunden ist jede Kunde von den Lentcn, die dort einst hausten. Und nach Tausenden von Jahren kam für die Stcin- brüche eine andere Zeit. Die Pharaonen von Ober- uud Unter- Aegypten schickten ihre Sklaven hinaus, um Steine zu brechen sür die Pyramiden, unter denen sie ihren Todesschlaf halten wollten, sür die Obelisken, welche ihren Ruhm der Nachwelt verkünden sollten. Hier, wo heute ein Feuet, ei» schnellfüßiger Wüstenfuchs, haust, haben viele Tausende gearbeitet, nugetrieben von der Peitsche der Aufseher. Noch sicht man, nusgehauen aus dem harten Sandstein, die kleinen Tempel, wo sie die Gottheiten verehrten: Isis und Osiris, den Vogel Ibis, den Stier Apis und den Hundegvit Anubis. Hier lebten und starben sie unter der Fronarbeit uud der Wüstenglut. Noch stehen die Pyramiden und leuchten und glühen in der afrikani schen Sonne, noch künden die Obelisken und die Säulenhallen der Tempel den Ruhm der Pharaonen und ihrer schlanken, klugen Königinnen — aber die Namen der Bauleute sind dahin wie jene ihrer Vorfahren aus der Urzeit. Heute tönt vom Nilflusse herüber das taktmäßige Rufen der Arbeiter, welche die Eisenbahn nach Assuan bauen, und am steinigen Ufer wimmelt cs von geschäftigen Menschen, die sich beeifcrn, einen Eisenwcg zu schaffen, mitten hinein in das Land der wandernden Söhne des Cham, die dieses Land einst von den Vätern erbten. Der sinkende Tag vernimmt das singende Abendgebet der Araber und die eintönigen Dudeleien der Neger. Mitten hinein ertönt gellend der Pfiff der Lokomotive und das laute Kommando der Offiziere. Das Zeitenrad hat wieder einen Umschwung gethan. — Daß die Bestrebungen des Bundes der Vogel- freunde, dieser angesehenen Korporation, bereits auf dem ganzen Erdenrund gewürdigt werden, beweist folgende That- snche. Anläßlich eines Aufrufes, den der Bund über die Ab nahme der Schwalben erließ, trafen mehrere hundert Zuschriften ein. Darunter befindet sich ein umfangreiches Schreiben eines Soldaten im 2. Fremdenregimente zu Rin-el-Ausenk Provinz Oran, Algerien. Der Fremdenlegionär schreibt: „Entgegen Ihren betrübenden Mitteilungen aus Europa, die ich recht be klage, muß ich auf Grund mehrjähriger Beobachtungen hervor heben, daß hier in Afrika an und tu Häusern, wo früher 40 bis 50 Schwalbennester waren, jetzt die doppelte Zahl wahr zunehmen ist. So zählte ich an einem Hause in Tiaret 1895 254 Nester, Von denen 30 unbenistet waren, 1896 sand ich 367 und in diesem Jahre sogar 511, von denen etwa 45 ältere nicht besiedelt wurden. Häuser mit 100 bis 150 Schwalben nestern sind keine Seltenheit. Daß Platzmangel eintritt, be weist ein Umstand. Früher mieden die Schwalben unsere Soldatenzclte, weil sie doch dem Wüstenwinde ausgesetzt sind und häufig hin und her geschaukelt werden. Dieses Jahr aber wurden wir durch das Erscheinen der Schwalben in unseren Zelten überrascht. Wir befestigten an den Zeltstangen Brettchen, und — sieh da — die Pärchen nisteten sich ein. Placierten wir uns abends in das Zelt, so flogen die zierlichen Tierchen zwischen den Füßen durch. Die in den Zelten brütenden traten ihre Reise sechs bis acht Wochen früher an als die in den Häusern nistenden, welche trotz der kalten Tage noch aus harren. Schneeweiße Schwalben mit wunderschönen roten Augen lalso Albinos) beobachtete ich im ganzen vier, von denen ich eine so weit brachte, daß sie mir aus der Hand fraß. Nach sechs Wochen hatte ich sie in meiner Schlasdccke liegen." — Es ist gewiß erfreulich, daß die Schwalben sich wenigstens in Afrika vermehren, während doch in Europa kaum die Hälfte oder ein Drittel der in früheren Jahren beobachteten wahr- genommen werden konnten. Sollten die klugen Tierchen die Gefahren der Reise nach Europa begriffen haben und die schwalbenfrcssenden Italiener fürchten? Verständigungen im
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