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Bautzener Nachrichten : 19.01.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1887328319-189801192
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- Parlamentsperiode
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Zeitung
Bautzener Nachrichten
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Jahr
1898
-
Monat
1898-01
- Tag 1898-01-19
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Monat
1898-01
-
Jahr
1898
- Titel
- Bautzener Nachrichten : 19.01.1898
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L43 Erste Beilage zu Nr. 14 der Bautzener Nachrichten Mittwoch, den 19 Januar 1898. und genauer gehalten sind, als die Thatsachen bei dem gegenwärtigen Stande der Angelegenheit rechtfertigen. Was die Politik Großbritanniens im allgemeinen anlange, so betrachte man cs in wohlunterrichteten Kreisen als das zweifellose Interesse nicht allein Englands, sondern auch Japans, der Vereinigten Staaten und der anderen europäischen Mächte, daß keine einzelne Macht Zugeständnisse von China erlangen dürfe, welche sie in den Stand setzen würden, dem Handel der anderen Länder Abbruch zu thun, welche alle in gleicher Weise von uneingeschränktem Handel Vorteil haben würden. Die Schaffung eines Vcrtragshafcns in Talien- wan würde den Mächten allgemein zu gute kommen und auf die Vereitelung irgend eines isolierten Vorgehens Ruß lands in Port Arthur gerichtet sein, denn der Besitz von Port Arthur sei obne den gleichzeitigen Besitz von Talienwan strategisch von geringem Werte. * London, 18. Januar. Der „Standard" schreibt: Die Entsendung der Truppen nach dem Sudan ist lediglich eine Defensivm aßrcgel, sic bedeutet in keiner Weise eine Absicht der Regierung, sich auf einen vorzeitigen Angriff auf die Scharen des Kalifen in Omdurman cinzulassen. Schweden und Norwegen. * Stockholm. 18. Jannar. Der Reichstag ist heute eröffnet worden. Das Budget weist 124 Millionen Gesamt ausgaben ans und fordert n. a. die Bewilligung von 50000 Kronen zur Erhöhung der Apanage des Kronprinzen unter Hinweis auf die vom norwegischen Storthing vorgenommene Herabsetzung der Apanage des Kronprinzen nm dieselbe Summe, ferner 850000 Kronen zur Befestigung der Stadt Göteborg, 8 Millionen zu anderen Befcstignngswerken und 6'/, Millionen zum Bau neuer Kriegsschiffe. — Die Thron rede zur Eröffnung des Reichstags hebt die Freude, Dank barkeit und Liebe hervor, welche das schwedische Volk beim Königsjubilänm dem Könige gegenüber gezeigt habe, und er innert an die Vermählung des Prinzen Karl mit der däni schen Prinzessin Ingeborg, die hierdurch mit dem Vaterland ihrer Mutter eng verbunden sei. Die Stockholmer Aus stellung nnd die vielen internationalen Kongresse, die in Stockholm tagten, hätten das Ansehen Schwedens im Aus lande gehoben, und die vielen Fürstenbesuche des letzten Jahres hätten das herzliche Verhältnis Schwedens zum Auslände bezeugt. Endlich kündigt die Thronrede eine Vor lage, betr. die Arbeiterversicherung, an. Ruhland. Petersburg, 17. Januar. Leontiefs hat mit der abyssinischen Gesandtschaft und dem Sekretär Meneliks Odessa verlassen. Leontiefs wird in Konstantinopel mit dem Prinzen Heinrich von Orleans, der sich nach Paris begiebt, Zusammentreffen. Der Sekretär setzt mit der übrigen Ge sandtschaft die Reise nach Abyssinien ohne Aufenthalt fort. Petersburg, 17. Januar. (K. Z.) Die „Nowoje Wremja" hält es für sicher, daß Deutschland in ost asiati schen Fragen auch ferner gemeinsam mit Rußland und Frankreich vorgehen werde nnd betrachtet Deutschlands Weigerung, finanzielle Vereinbarungen mit England zu treffen, die in Ostasien den Interessen Rußlands und Frankreichs nicht entsprächen, als endgültig. — Aus Kobe wird gemeldet, daß die japanische Regierung beabsichtige, die Armee im Frieden auf 100000, im Kriege auf 450000 Mann zu bringen, denen vor Beendigung der sibirischen Bahn gegebenen falls nur ein unbedeutendes russisches Corps gcgenübertreteu kann. Rumänien. > * Bukarest, 18. Januar. DcrKönig nahm die Demis sion des Justizministers Djuvara an und betraute den Ackerbauminister Stolojian interimistisch mit dem Justiz- portcfenillc. Serbien. Wie man der „Pol. Korr." aus Belgrad meldet, wird die durch Königlichen Nkas vom 25. Dezember (a. St.) ins Leben gerufene Institution des Ober-Kommandos der aktiven Armee am 26. Jannar ins Leben treten und König Milan an diesem Tage seine neuen Funktionen übernehmen. Bulgarien. * Sofia, 18. Januar. Wie schon berichtet, ist die Fürstin gestern abend von einer Prinzessin entbunden worden. Tie Gemahlin des Fürsten Ferdinand, Marie Luise von Bourbon, Prinzessin von Parma, geb. 17. Jannar 1870, vermählt 8./20. April 1893, ist bereits Mutter zweier Prinzen: Boris, geb. 1894 und Kyrill, geb. 1895. Türkei. * Konstantinopel, 17. Jannar. Die abyssinische Mission mit Leontjew ist von Odessa hier eingetroffen. — Der modifizierte Mazbata über die Anleihe hat gestern den Ministcrrat passiert und ist dem Sultan zur Sank tionierung unterbreitet worden. — Der Direktor des hiesigen deutschen Postamtes Hö nc tritt in das türkische Ministerium des Auswärtigen über, um den nach Deutschland zurück- gekehrten Adjunkten Kroll-Effendi zu ersetzen. Wie die „Köln. Ztg." aus Konstantinopel meldet, hat der deutsche Kaiser 10 Generalstabsoffizieren aus dem Stabe Edhem Paschas, welche in Preußen aus gebildet sind, hohe Orden verliehen. Der preußische General z. D. von Hobe ist nebst Ge mahlin in Konstantinopel eingetroffen. „Es ist (so wird der „Nordd. Allg. Ztg." hierzu geschrieben) nicht ausgeschlossen, daß v. Hobe Pascha, der dort wie keiner seiner Kameraden von der Militärmission den gesellschaftlich hochstehenden ele ganten Offizier zu repräsentieren wußte und in den höchsten Hof- und Botschaftskreisen durchaus heimisch war, dem Wunsche seiner Freunde unter den hohen türkischen Würden trägern entsprechend, in die Dienste des Sultans, in denen er sich so Wohl gefühlt hat, wieder eintritt, wenn auch nicht als Militärreorganisator für die Kavallerie, so doch mit seiner Hofwürde als Oberstallmeister in die Funktionen eines solchen. Man erinnert sich, daß der SultaU Herrn v. Hobe seiner Zeit nur mit lebhaftem Bedauern scheiden sah nnd den Wunsch aussprach, denselben später einmfil wiederzusehen." «sie». Wie französischen Blättern zu entnehmen, wiederholt die Agentur Havas in einer Meldung ans Peking die schon vor einigen Tagen in englischen Blättern verbreitete Nachricht, der Vertrag zwischen Deutschland und China über die Pachtung Kiaotschaus scheine trotz der Ankündigung des „Reichs-Anzeigers" noch nicht endgültig abgeschlossen zu sein. Deutschland habe die pachtweise Ueberlassnng Kiaotschaus und große Gebietsteile der Umgebung auf 99 Jahre gefordert, China dagegen mir in eine Pachtung ans 50 Jahre und Ueberlassnng der Bucht und ihrer Ufer gewilligt; so ständen gegenwärtig die Dinge. Die Deutschen verlangten nachdrück lich das Recht, Eisenbahnen zn bauen und Bauwerke anzu legen, wie und wo es ihnen gut dünkt, und es heißt, China habe den Bau einer Bahn von Kiaotschau nach Tsainautschu (wahrscheinlich Tsinanfn) zugestanden. Die Deutschen sollen in der Ansdehnung von einer Meile auf jeder Seite des Schienenweges Bergwcrksrechte erhalten und den Chinesen soll gestattet sein, Aktionäre der Gesellschaften zu werden. Deutschland fordert ferner eine Entschädigungssumme von 200000 Taels, deu Bau einer Kirche nnd mehrere Tausend Tacls für die Familien der ermordeten Missionare. Afrika. lieber Paris wird berichtet: Nach der Mitteilung eines Offiziers von der Kolonne, die nach dem Tschadsee auf- gcbrvchen ist, haben die Fczen sich in Borg» festgesetzt, sodaß sie den ganzen Nigcrbogcn beherrschen. * Havanna, 18. Januar. Bei Alquizar in der Provinz Pinar del Rio explodierte eine Dynamit bombe unter einem Bahnzuge, welcher Civilpersoucn und Truppen beförderte. Der Zug entgleiste nnd eine Person wurde ge tötet, vier verwundet. Aufständische machten zugleich einen Angriff ans deu Zug, wurden aber von Truppen zerstreut. Deutscher Reichstag. Berlin, l8. Jannar, 2 Uhr. Der heutigen 19. Sitzung wohnen n. a. die .Herren Staatssekretär Graf Posadowsky nnd Ur. Niebcrdiug bei. Eingcgangen ist eine Zusammen stellung der Ergebnisse der bedingten Verurteilung in anderen Ländern. Die Beratung des Etats des Reichsamts des Innern wird fortgesetzt. — Abq. v. Kardvrss (Np.): In einem Artikel der neueste» Nummer der „Hamb. Nachr." wird der Inhalt des vom Grafen vvn Posadowsky erlassenen Cirkulars als etwas sv ganz Selbstverständliches erklärt, das; man eigentlich nicht einsehen könne, weshalb dieses Reskript als vertraulich behandelt wurde. Der Ham burger Streik hat genügend Beispiele von Terrorismus gegen die Arbeiter, die arbeiten wolitcn, gezeigt. Zur Zeit des Socialiheugesepes waren Schußmaßreyl» dagegen nicht nötig, man hatte das Mittel der Verhängung des kleinen Belagerungszu'tandes. Nachdem aber das Socialistengesetz zu meiuem Bedauern nicht verlängert worden ist, müssen wir den Arbeitern Schutz gegen die Streikenden gewähren. Der Abg. Singer schlicht aus dem Erlasse deS Staatssekretärs, das; die Arbciter- schupgesepgebung zum Stillstand gebracht werden solle Ganz falsch: die Socialresorm, darin sind alle Parteien einig, bedarf des Ausbaues. Der Abg. Siuger will die öffentliche Meinung irre sühren, so auch mit der Behauptung, daß die deutschen Arbeiter keine Koalitionsfreiheit haben. Wenn wir den Berufsvereinen korporative Rechte verleihen, so machen wir die Millionen deutscher Arbeiter, die heute noch srei sind, abhängig von der Soeialdemvkratie. Reden, Ivie sie Frhr. v. Berlepsch gehalten hat, tragen viel znm Anwachsen der Soeialdemvkratie bei. Wenn Räte in der Negierung sine» , die geneigt sind, so ziemlich alle Forderungen der Svcialdemokratte zu bewilligen, so dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Socialdemvkra ie stärker wird. Schliesslich ist das Anwachsen dieser Partei auch in dem schweren Niedergange des landwirtschaftlichen Gewerbes begründet, durch welchen die Arbeiter vom Lande in die großen Städle gedrängt werden. Ich bin überzeugt, das; das Christentum wie eiustmals Has Heidentum, so auch das jetzige Heidentum, die Socialdemokratie, überwinde» wird. (Beifall rechts.i — Abg. vr. Lieber (Ctr.) hält es nicht sür angezeigt, seht eine Socialiste»- debatte zu eröffnen. Der Erlas; sei nur eine Anordnung sür Erheb ungen und Umfragen; da diese Erhebungen im Interesse der Arbeiter angcordnet seien, so liege kein Grund zur Erhitzung darüber vor. Nicht ganz Unrecht haben die Socialdemokraten, wenn' sie den Erlas; unter die Beleuchtung eines Satzes stellen, den der Staatssekretär im Dezember vorigen Jahres ausgesprochen. Gras Posadowsky hat damals gesagt, in Deutschland, wo das allgemeine direkte Wahlrecht bestehe, sei das Verlangen nach der Koalilionssreit der Arbeiter nicht annähernd so notwendig wie in anderen Staaten. Wir verstehen nicht, was die Ar beiterkoalition mit den; Wahlrecht zu thun hat. Das eine ist eine hoch politische, das andere eine wirtschaftliche Frage. Zu einer Beschränkung der Koalitionsfreiheit der Arbeiter werden nur nicht die Hand bieten; wir stehen auf dem Boden der absolutesten Parität zwischen Arbeitern und Arbeitgebern. — Abg. Ur. Osann (nat.-lib.) findet in dem Erlaß etwas ganz Natürliches. "Die Arbeiter müßten gegen den Terrorismus ihrer Kameraden geschützt werden. Wenn man an die Excesse denke, die bei dem Ausstand in Hamburg und dem Streit in Leipzig vor gekommen seien, so könne man sich der Notwendigkeit, daß hier Schutz maßregeln nötig seien, nicht verschließen. Wir werden stets den Stand punkt vertreten, daß gleiches Recht sür alle gelte. (Beifall bei den Nal.-Lib.) — Abg. Pachnicke (Frs. Vgg.): Uns ist der Erlaß nicht überraschend gekommen. Man mußte darauf gefaßt sein nach den in Bielefeld ge- jallenen Aeußerungen und nach den Verhandlungen ini Verein der Industriellen und im Verein sür Socialpolitik. Wir hielten uns des halb sür verpflichtet, einem Plane der Beschränkung von vornherein vorzubeugcn und haben deshalb einen Antrag aus Vorlegung eines Gesetzentwurfs zu stellen, welcher die dem Koalitionsrechi entgegen stehenden Beschränkungen beseitigt. Wir wünschen, daß auch die letzten Hindernisse der KoalitionSsreiheit beseitigt werden. Ich bedauere den Erlaß, nicht bloß him seines Inhaltes willen, sondern auch Wege» der Zeit, In der er ergangen ist. Die Folge wird ein Anwachsen der social- demokratischen Stimmen sein. Meine Hoffnung, daß sich unter den Nationalliberalen Männer finden werden, die sich der Gefährlichkeit dieses Erlasses nicht verschließen, ist allerdings bitter getäuscht. Es scheint fast so, als ob man den Polizeistaat wieder Herstellen will. Das ist nm so bedenklicher, als unser Nichterstand sich auch heute noch viel zu ,ehr aus den sog. besten Familien zusammensetzt; d. h. die Anschau ungen des Vorderhauses treten zu stark in den Vordergrund und lassen die Anschauungen des Hinterhauses nicht zur Geltung kommen. Wir stehen auf dem Boden, daß die Koalitionsfreiheit geschützt werden muß, aber die Frage ist die, ob die Streiks inscentert werden sollen von un organisierten ' Massen oder von organisierten Vereinigungen. Sehr zu wünschen wäre, daß das Gewerbegericht sich noch mehr als jetzt zu einem EinignngSamt zur Schlichtung von socialen Streitigkeiten heraus bilde. (Beifall links). — Abg. Graf Stolberg-Wernigerode (kons.): Ein Erlaß liegt überhaupt nicht vor, sondern nur eine Umfrage. Auch ich bin der Meinung, daß die Koalitionsfreiheit nach beiden Seiten hin aufrecht erhallen werden muß. Ich bedauere, daß ein so wichtiger An trag wie der des Abg. Pachnicke im letzten Augenblick kommt. Ich will die Arbeiter nicht an der Koalition hindern, aber Ausschreitungen werden wir stets bekämpfen. Wir werden gegen den Antrag Pachnicke stimmen. (Beifall rechts.) — Abg. vr. Schneider (fr. Vp.) bittet den Staatssekretär um eine Zusammenstellung der Berichte der Fabrik inspektoren, auch seien die jetzigen Bezirke sür die Aufsichtsbeamten viel zu groß. Bezüglich des Erlasses fordere er ebenfalls die volle Aufrecht erhaltung und Ausgestaltung des Koalitionsrechtes. Excesse seien doch nur verschwindend vorgekommen. Bor allem komme es aber daraus an, die bestehenden Beschränkungen des Vereins- und Vcrsammlungs- rechts zu beseitigen. Die Behandlung der Berufsvereine w. als politische fei sür diese unerträglich. Das Verkehrteste wäre natürlich, gegen die Socialdemokratie den Weg der Ausnahmegesetzgebung zu beschreiten. — Abg. Legien (Soc); Die Erörterung dieses sür die Stellung der Regierung bedeutungsvollen Erlasses sei sür seine Partei wichtig. Di« Regierung werde wohl wissen, warum sie den Erlas; als vertraulich be zeichnet habe. Unter dem Socialistengesetz sei die Zahl der Socialdemo kraten bedeutend gestiegen und sie wurde noch mehr steigen, wenn man ein neues Socialistengesetz mache. Was die Regierung in der Bekamps- ung des Kvalitionsrechts wolle, stehe fest, die Enquete solle nur ein Dekorationsstück sein. Gehe es nicht offen, so werde man auf Hinter wegen die Kvalitionssreiheit beseitigen. Man werde allerdings eben sowenig wie bei dem Socialistengesetz die Socialdemokratie" treffen, sondern nur die wirtschaftliche Existenz einzelner Arbeiter vernichten. Sei das eines christlichen Staates würdig'? Die sogenannten Aus schreitungen seien absolut geringfügig gegenüber der großen Anzahl der Streikenden und seien hauptsächlich da vörgekommeu, wo keine Arbeiter organisationen beständen. Gras v. Posadowsky nnd seine Vorgänger unterstützen natürlich die Unternehmer in ihrem Bestreben, die Arbeiter organisationen zu unterdrücken. Die Beamten mißbrauchen ihre Amts gewalt, um die Arbeiterorganisationen zu drangsalieren. Auch in dem Erlaß wende sich die Regierung wieder indirekt an das Unternehmertum. DieKoüeltivassvciation werde komme», so sicher wie derKonstitutionalismus dem Absolutismus svlgte. Man habe keine Ursache, den Streikenden Terrorismus Vvrzuwersen, lediglich die Unternehmer üben einen solchen aus, wo sie können. Herr v. Stumm spreche von der Ausbeulung der Arbeiter durch die Agitatoren. Diese seien aber trotzdem Proletarier geblieben, während Herr v. Stumm seine Millionen aus der Arbeit der Arbeiter zog. Herr Gras von Posadowsky komme vielleicht auch einmal zu den' Ansichten des Frhrn. von Berlepsch und würdige die Arbeiter ebensolche die Arbeitgeber. —^Hierauf ("/Zs Uhr) wird Vertagung beschlossen, der mehrere persönliche Bemerkungen folgen. — Nächste Sitzung morgen. (Centrumsautrag gegen Unsittlichkeit — lox Heintze —: Anträge betr. Besteuerung von Sacharin.) — Die Kommission für die Militärstrafprozeß reform ist heute zu ihrer ersten Sitzung unter Vorsitz des Abg. Spahn zusammeugetreten. Von einer Generaldebatte wurde abgesehen, doch beschlossen, zwei Lesungen vvrznnchmeu. In Bezug auf die Zuständigkeit der Militärgerichte wurden die zur Disposition gestellten Offiziere im Gegensatz zum Negicruugscutwurf von dieser Zuständigkeit ausgenommen, außer für die Zeit, in welcher sie im aktiven Heere Ver wendung finden oder wenn sic den Vorschriften der Militür- strafgcsetze zuwider gehandelt haben. Ferner wurden von der Zuständigkeit der Militärgerichte die Zuwiderhandlungen gegen Finanz- nnd Polizeivcrgehcn, Jagd- und Fischcreigcsctzc, sowie gegen Verordnungen dieses Inhalts, wenn die Handlung nur mit Geldstrafe und Einziehung oder mit einer dieser Strafen bedroht ist, allgemein ausgenommen. Weiter wurden von der Militärgerichtsbarkeit die aktiven Militärpcrsoncn wegen Amts- Verbrechen oder Amtsvergehen, welche sie bei einstweiliger Ver wendung im Civildieust begangen haben, nnd die Personen des Beurlaubtenstandes wegen Zuwiderhandlungen gegen die allgemeinen Strafgesetze, wenn die Handlung während einer in Friedcnszcitcu zu dicustlichcu Zwecken erfolgten Ein berufung begangen ist, ausgenommen. Ferner wurde eine Bestimmung angenommen, wonach die beteiligte Militärperson dem bürgerlichen Gericht zur Untersuchung und Aburteilung des Falles übergeben werden kann, wenn mehrere Personen als Thätcr beteiligt sind, von welchen die eine der militärischen, die andere einer bürgerlichen Gerichtsbarkeit unterstellt ist. — Die 6. Kommission trat heute iu die Beratung der Justiznovcllen ein. Von einer Generaldebatte wurde Abstand genommen und zunächst die Novelle zum Gerichts-Ver- fassungsgcsetz, welche durch die Einführung des Bürger lichen Gesetzbuchs nötig wird, in erster Lesung erledigt. Die von der Negierung vorgeschlagene Erweiterung des § 14 Nr. 2 des Gcrichtsverfassungsgesetzes, welche für das Nachbar- recht die Zuständigkeit der Gcneralkommissionen znlasscu will, wurde abgelehnt. Sodann wurde in die Beratung der Novelle zur Civilprozeßordnung eingetreten und diese bis §49 erledigt. Die Beratungen werden morgen fortgesetzt. — Die Zuziehung von Frauen zur Rechtsprechung wird in einer Petition gefordert, welche mehrere bekannte Vorkämpferinnen der Frauenbewegung an den Reichstag ein gereicht haben. Es wird verlangt, daß zu Schöffen und Ge schworenen auch Frauen, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, sollen berufen werden können, nnd daß die Vormund schaftsgerichte in der Weise zu organisierens seien, daß zur Entscheidung derjenigen Streitigkeiten, welche durch das Bürgerliche Gesetzbuch und sonstige Gesetze ihnen zugewiesen sind, Laien zugezogen, und daß zu diesem Laieurichteramte auch Frauen berufen werden können. Sächsischer Landtag. Dresden, 18. Januar. Heute hielten beide Stände kammern Sitzungen ab. Die Erste Kammer erteilte in Gegenwart des Herrn Staatsministcrs von Watzdorf auf den Antrag der zweiten Deputation (Berichterstatter Oberbürger meister Geh. Finanzrat a. D. Beutler) zu dem Dekrete Nr. 22, die summarische Uebersicht der Einnahmen und Aus gaben bei dem Domänenfonds in den Jahren 1895/96 betreffend, den in diesen Jahren vorgenommenen Veränder ungen am Staatsgute ihre Genehmigung. — Ritterguts besitzer v. Trützschler-Dorfstadt sprach seine Befriedigung aus, daß es gelungen ist, die Staatsforstcn nicht unwesentlich zu vermehren und daß unsere Forstwirtschaft in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht die schönsten Erfolge aufzuweisen hat. Er beklagte aber, daß der geschlossene Privatbesitz in einer Art und Weise der Zerteilung anheimfällt, die sehr un liebsame Folgen nach sich zieht, nnd daß die Dispensation beim Verkauf so leicht erteilt wird. — Kammcrherr v. Schö n- berg-Mockritz drückte seine Befriedigung aus, daß man hauptsächlich Areal im Erzgebirge angekäuft habe, welches sich zur Fichtenkultur vorzüglich, zum Betriebe der Land wirtschaft nur wenig eigne. Auf der anderen Seite greife die Entwaldung für militärische Zwecke immer weiter um sich. Es empfehle sich, das Land iu den nördlichen Grenz gebieten Sachsens der Forstkultur ebenfalls zuzuweisen. — Staatsminister von Watzdorf berief sich auf die ihm be kannte Stimmung der Kammer, den Waldbestand im Lande zu erhalten und, sobald er bedroht werde, in die stärkere Hand des Staates zu übernehmen. Auch in Görisch werde nur so viel Wald niedergeschlagen, als notwendig sei, und die Ausbreitung des Militärschießplatzes erleichtere der Be völkerung die Einquartierungslasten, da die Truppen haupt sächlich dorthin dirigiert werden sollen. — Kammerherr von
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