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65 amerikanischen Seite, welcher der Scloper Fall heißt, und den breite ren auf der canadischen oder brittischen Seite, der nach seiner Gestalt der Hufeisen-Fall genannt wird, jetzt aber in Folge des Einsturzes verschiedener Felsmassen nicht mehr, wie früher, einen Bogen, sondern fast einen Winkel bildet. Zwischen der Iris-Insel und dem amerika nischen Ufer ragen noch verschiedene Felsen und kleinere Inseln aus den Fluthen hervor, unter denen die Bad- und die Luna-Insel die be deutendsten sind. Diese sind durch eine hölzerne Brücke mit der Iris- Insel und mit dem amerikanischen User verbunden. Aus dem Gesagten ergiebt sich, daß die Großartigkeit des Nia gara-Falts nicht in der Höhe seines Sturzes besteht (denn es giebt höhere Wasserfälle aus der Erde), sondern in der Breite deS herab stürzenden Stroms und in der ungeheuren Blasse des fallenden Wassers. Man hat berechnet, daß sich diese in jeder Stunde aus hundert Mil lionen Tonnen, jede derselben zu zwanzig Centnern, beläuft, und diese Blasse bleibt Jahr aus, Jahr ein dieselbe, da sich der Wasserstand in den Seen, aus welchen der Niagara abfließt, fast gar nicht verändert. Das brausende Getöse des Falls ist daher auch mehrere Meilen weit zu hören, und glaubwürdige Reisende versichern, daß sie es bei günsti gem Winde mitten auf dem Ontario-See, in einer Entfernung von zehn deutschen Meilen, deutlich vernommen haben. Als ich zum ersten Male diese Welt von Wasserstürzen erblickte, stand ich, überwältigt von dem wunderbaren Schauspiel, lange Zeit stumm und regungslos. Auch nachdem die Sinne aus ihrem Rausch und ihrer Betäubung erwacht waren, währte es noch lange, ehe die Seele sich zu einer ruhigen Betrachtung des majestätischen und doch so wunderlieblichen Bildes zu sammeln vermochte. Selbst an den folgenden Tagen — denn ich verweilte, wie die meisten Reisenden, eine volle Woche bei diesem Wunder der Schöpfung — hätte ich immer von neuem aufjauchzen mögen in jubelnder Lust, so ost ich mich demselben Amerikanisch» Reisebilder. 5