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225 schwarze, ungeheure Masse sich am Fuße des Baumes niederlegte, und zugleich fühlte ich, daß meine Augenlider vom Schlafe schwer wurden. So oft ich die Augen öffnete, sah ich dasselbe Schauspiel, und endlich band ich mich, da ich die Müdigkeit nicht mehr zu bewältigen ver mochte, mit meinem Gürtel an den Baum, steckte das Faustgelenk in die Quaste des Degens, und schlief trotz dem Hunger und der Nähe deS schrecklichen Feindes ein. Ich erwachte, als es noch nicht Tag war, und schaute zur Erde nieder. Da lag noch immer eine schwarze Blasse, aber ich konnte nicht unterscheiden, was es war. Als endlich der Morgen graute, sah ich mit freudiger lleberraschung, daß der Bär mit dem Pferde nebst Sattel und Zaum versckwunden war. Die schwarze Blasse, die mich geschreckt hatte, war daS geronnene Blut meines Pferdes, mit dem der Boden bedeckt war. Ein schrecklicher Tag folgte dieser furchtbaren Nacht. Hunger und Durst und grausenhafte Erscheinungen von Bären, die mir hinter allen Gebüschen zu liegen schienen, ließe» mir keinen Augenblick Ruhe, und dabei war ich bereits dermaßen erschöpft, daß ich mich kaum noch fortzuschleppen vermochte. Bei Sonnenuntergang sah ich hinter einem Gebüsch eine Rauchsäule aufsteigen. Obgleich sich mit der größten Wahrscheinlichkeit annehmen ließ, daß der Rauch aus einem indianischen Lager aufstieg, so zauderte ich doch keinen Augenblick, auf dasselbe los zugehen, denn das Schlimmste, was ich dort zu erwarten hatte, war immer noch besser als der Hungertod, dem ich erliegen mußte, wenn mir nicht bald Hülfe kam. Als ich in das Gebüsch trat, erblickte ich sechs Indianer, welche um ein Feuer herum saßen, aber ohne eine Spur von irgend einer Mahlzeit. Betrübt wollte ich mich leise wieder davonschleichen; aber die Falkenaugen der Wilden batten mich bereits bemerkt und einer derselben, welcher nach seinem Schmuck ein Häuptling zu sein schien, Amerikanische Reisebilder. 15