121 Don dem südlichen Ende aus wandte ich mich von neuem nach Westen, weil ich immer noch hoffte, den Fluß zu erreichen; aber von dieser Zeit an bis zu einer späteren, als ich mich in ganz anderer Umgebung wiederfand, erinnere ich mich keines Umstands mehr ganz deutlich. Nur einzelne Dorfälle sind mir, jedoch ohne allen Zusammen hang, im Gedächtniß geblieben und verknüpfen sich da mit so seltsamen und unwahrscheinlichen Thatsachen, daß ich sie nur für Bilder des Irrsinns halten kann, unter dem ich litt. Einiges war wirklich ge schehen; mein Verstand mußte also abwechselnd geschwunden und wieder gekehrt sein. Ich erinnere mich, daß ich an einem hohen Damme abstieg. Vor her muß ich Stunden lang bewußtlos geritten sein, denn die Sonne stand tief am Horizont. Ich befand mich auf einem sehr hohen Ufer vor einem tiefen Abgrund, und unter mir sah ich einen schönen Fluß durch grüne Wiesen und Felder sich schlängeln. Auch viele Vögel glaubte ich flattern zu sehen und ihre lieblichen Stimmen zu hören. Die Luft war von Wohlgerüchen erfüllt und das Bild, das sich vor meinen trunkenen Blicken ausbreitete, war das eines Paradieses. Ent setzlicher, furchtbarer Durst peinigte mich und wurde um so brennender, je länger ich auf das fließende Wasser blickte. Trinken mußte ich, hinunter zu dem Wasser mußte ich! Aber die gewaltige Höhe des Ufers! Mir war eS, als stürmten Dämonen auf mich ein und zögen und stießen mich an den Rand des Abgrundes; mir war es, als würde ich hinausgeschleudert in die Luft, als sänke ich, als fiele ich tiefer und tiefer und käme den grünen Bäumen, dem klaren Wasser doch nicht näher, das ich unter mir sah. Dann glaubte ich auf einem Felsen zu liegen, der durch den leeren Raum sich fort bewegte. Ich selbst lag hülflos auSgestreckt da, während der Felsen dahin flog. Bisweilen war eS mir auch, als ob ich auf dem Erd boden läge und dieser sich unter mir senkte und wieder emporstieg