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112 Sie war wie die des Arztes unverschämt hoch; aber ich konnte auch da nichts thun als bezahlen. Am andern Morgen saß ich im Sattel und ritt mit Godet und zwei schwerbepackten Maulthieren aus der Stadt hinaus nach dem Thal des Rio del Norte hin. Der Rio del Norte, auch Rio Grande genannt, durchfließt ein von hohen Bergen eingeschlossenes Thal, dessen dürrer, sandiger Boden da, wo er künstlich bewässert wird, recht ergiebig ist. Die Berge sind reich an Gold, Silber, Kupfer und Eisen; aber die meisten Bergwerke sind im vorigen Jahrhundert von den Apachen und Navajos zerstört worden. Ueberall, wohin wir kamen, trafen wir auf Spuren von den Räube reien dieser wilden Indianer. An manchen Stellen war das Thal gut angebaut, von Wasserleitungen und Kanälen durchschnitten und mit grünen Biaisfeldern und Weingärten bedeckt. In der Ferne, nach Osten und Westen zu, erblicken wir dunkle, himmelanstrebende Berge, deren Ausläufer oft bis an den Fluß heranreichten und das Thal dermaßen verengten, daß für den Weg kaum Platz übrig blieb. In den Dörfern sahen wir immer dieselbe malerische Tracht, die Männer mit der karrir- ten oder gestreiften Manteldecke, dem kegelförmigen, breitkrämpigen Hut, den sammctnen Beinkleidern mit glänzenden Knöpfen und der hellfarbi gen Schärpe, die Frauen mit dem anmuthigen Schleier, dem bunten, kurzen Rock und dem gestickten Leibchen. Das Ackergerät!) war plump und ungeschickt; die Wagen hatten Räder, die aus einem Stücke Holz gearbeitet waren; der Pflug bestand aus einem gabelförmigen Baumast, der den Boden kaum aufritzte; die Ochsen waren an den Hörnern an geschirrt. Auf dem Wege begegneten uns Gruppen beladener Maul- thiere mit ihren Treibern. Die kleinen, glatten, leichtfüßigen Thiere mit ihrer schweren Last, die mit hellfarbigen Bändern festgebunden war, die Treiber aus ihren kräftigen Mustangs mit hohen Sätteln und Haar zäumen, die dunkelfarbigen Gesichter und Spitzbärte der Reiter, die