97 Anblick Reue und Gewissenspein; war es eine Strafe Gottes, die mich für meine Grausamkeit traf? Mit demüthigen und reuigen Gedanken erhob ich mein Antlitz zum Himmel und fürchtete fast, irgend ein Zeichen von Gottes Zorn auch da zu erblicken. Aber nein; die Sonne schien immer noch hell und glänzend, und der blaue Himmel spannte sich wolkenlos über mir auS. Ich schaute hinauf und betete mit einem Ernst und mit einer Inbrunst, die nur die Herzen derer kennen, welche sich in einer ähn lichen Lebensgefahr befunden haben. Während ich hinaufschaute, er regte ein Gegenstand meine Aufmerksamkeit. Ich erblickte an dem Himmel einen großen dunkelfarbigen Vogel, und erkannte sogleich einen der häßlichen Geier, die nur in diesen Gegenden leben. Woher war er gekommen? Wer weiß es! Weit außer dem Bereich des menschlichen Auges hatte er die getödteten Antilopen gesehen und gewittert, und ließ sich nun auf seinen breiten Flügeln herab, um sich an ihnen zu laben. Gleich darauf erschien noch einer und noch einer, und immer mehrere zeigten sich an dem blauen Himmelszelt und zogen in weiten Kreisen herbei. Jetzt schoß der erste auf das Ufer herab, sah sich eine Zeit lang um, und flatterte nach seiner Beute hin. Nach wenigen Sekunden war die Prairie mit den schmutzigen Vögeln bedeckt, welche die todten Antilopen zerrissen und einander mit den riesigen Flügeln schlugen. Nun kamen auch hungrige Wölfe herangeschlichen, schielten aus dein Cactusdickicht heraus, verjagten nach kurzem Kampfe die Geier, und knurrten und bissen nach einander, während sic an der Beute nagten. „Gott sei Dank, diesem Schicksal entgehe ich wenigstens!" dachte ich, indem ich vor dem häßlichen Anblick die Augen schloß. Ich hätte cs nicht nöthig gehabt, denn ich war bereits so tief eingesunken, daß ich nicht mehr über das Ufer hinwegsehen konnte. So hatte ich also das letzte Mal über die schöne, grüne Erde geblickt. Ich sah nur noch Amerikanisch- R-is-bild-r. 7