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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 29.04.1926
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-04-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19260429018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926042901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926042901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-04
- Tag 1926-04-29
-
Monat
1926-04
-
Jahr
1926
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 29.04.1926
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Vonnerskag, rS. Aprll 1S2S — »vr«va« Nachrlchieu" — Der Fürsten-BoHsentscheid unvermeidlich. Das Fürsten-Volksbegehrerr im Aeichslage. lDrahtmeldnng unsrer Verl in er S ch r t s t l«i t u « g.) Berlin, 28. April. In der heutigen RetchStggSsttzung wurde »«»Lchst da» sogenannte Duellgesetz dem RechtSauSschuß ltdrrwiesen. Unter allgemeiner Spannung de» Hause» folgte daun die Behandlung de» durch da» BolkSbegehren zur Vor legung an den Reichstag gelangten sozialdemokratisch-kom««- »rftische« Gesetzentwurfs zur Snteignng der Fürftcnvermöge«. Graf Westarp (Dn.) lehnte den Gnteignungsgesetzentwurf ab. Diese» erste Volk», begehren stelle ei» Begehren des Unrechts nnd des Rande» dar. Die Linke berufe sich auf ihre beim Volks begehren erreichten 12ch Mill. Stimmen. Aber 27,6 Millionen Wahlberechtigter haben dieses Treiben abgclchnt. Die 12,6 Millionen Stimmen seien gewonnen worden durch eine Fülle von Unwahrhaftigkciten. Der Redner bezeichnete eS als eine große Unwahrheit, daß den Fürsten aus allgemeinen Mitteln Vermögen zugewendet werden sollen. Es handele sich nur «m die Rückgabe des den Fürsten widerrechtlich entzogenen Be» NtzeS, «nd eS sei eine offene Unwahrheit, daß dem Volke da durch neue Lasten auserlcgt werden sollen. Gerade das Hohenzollernhaus habe ans 88 Prozent seines früheren Vermögens, das seien mehr als 87» Millionen, verzichtet. Eine neue Revolution ist es, die jetzt eingeleitet werden soll. ES geht um die Rechtsgrundlagen des Staates, «m . die Eigentumsordnnng. deren Umsturz Bolschewismus bedeutet. Dem Besitz der Fürsten soll dann das Vermögen der Kirche und schließlich alles Eigentum folgen. Kiel nnd Ende dieser Revolution ist das wirtschaftliche Chaos. Gepeitscht von ihrem schlechten Gewissen wegen des Nevolutionsvcrbrechens. wollen die Urheber der Agitation den monarchischen Gedanken totschlagcn. Darum gießt man immer wieder gegen die Fürsten Kübel von Schmutz ans. Keine Lüge ist in diesem Kampf plump, keine Verleumdung dumm und gemein genug. Der „derzeitige" Reichsinnenmintster Dr. Külz hat dem Kaiser sogar einen Vorwurf daraus ge macht, daß er sich nach Holland begeben habe. Wie kann man aber den Kaiser deshalb beschimpfen, weil er den Nürgerkrieg vermeiden wollteI Dieses ganze Treiben von Lüge «nd Ver leumdung gegen die Fürstenhäuser muß mit tiefster Ver» achtnng und unsäglichem Ekel erfüllen. Wir klage«, fuhr dann Graf Westarp fort, die Urheber dieses Bcrlcumdungöseldzuges an, daß sie dem deutsche« Volke de« letzten Rest von Achtung in der Welt, unserem lebenden Geschlecht das letzte Ansehen vor Kind und Kindeskindcr» «nd vor der Geschichte rauben. Durch dieses Tun wird eine neue unüberbrückbare Kluft in unserem so beispiellos schwer um sein Dasein ringenden Volke aufgcrissen. Wir werden die Er innerung an dasjenige warhrnfen, was unser Volk durch die Jahrhunderte hindurch der Führung seiner Fürsten zu danken hat. Ihre Angriffe richten sich in erster Linie gegen daS Hohenzollernhaus. Darum sei ein besonderes preußisches Wort gestattet. Wenn in späteren Zeiten die Namen der Führer und Nutznießer der Revolution längst ver klungen seil» werden, und wenn dann das revolutionäre Tun «nd Treiben unserer Tage in seiner ganzen bcispiel, und hemmungslosen Niedrigkeit erkannt sein wird, dann wird der Ruhm der Sllüjährigen Geschichte der Hohenzollcrn noch im Hellen Glanze durch die Jahrhunderte strahlen. Wir rufen diejenigen Volkökräste an. die stets als besondere Vorzüge deutschen Wesens gepriesen morden sind, die trotz allem noch in unserem Volke leben, die aber wieder zu voller Kraft :r- »vachcn müssen, wenn je wieder Ehre und Freiheit Dentsch- Ahg. Lr. Wunderlich (D. D. P ) gab im Namen seiner FraktionSsreunbe folgende Erklärung ab: Der SnteignnngSentwnrs enthält Bestimmnnge«. die z« einer »oll ständige« Entrecht««» der »ormalS regie rende« Fürstenhäuser führe« müsse«. Eine solche brutale Entrecht««» «i«rr Gruppe «o« Staats bürger« widerspricht «icht «ur dem Wortlaut, sonder« auch dem Geiste der Weimarer Verfassung «nd ist mit der private« Rechtsordnung, aus der unser staatliches «nd wirt schaftliches Leben beruht, «noereinbar. Wir lehne« deshalb de« Entwurf einmütig «nd entschiede« ab. Den künftigen BolkSe«tscheid über ihn werde« wir mit aller Energie bekämpse«. Nach unserer Ueberzeugung wird die vcrmögenSrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Ländern und den Fürstenhäusern» soweit sie noch nicht erfolgt ist, am besten mit Hilfe eine» die Interessen gerecht aus gleichenden Gesetzes herbeigeftthrt werden, wie ein solches auf Antrag der Regierungsparteien jetzt im Ncchtsausschuß be raten worben ist. Ab». Frhr. ». Richthofe« sDem.j bedauerte den Zwiespalt des Reichstags in dieser wichtigen Frage. Die Demokratische Partei erkenne die Verdienste mancher Fürsten durchaus an. Die Fttrstenfamtlien könnten aber nicht von der deutschen Schicksalsgemeinschaft ausgenommen werden. Der Redner lehnt das EnteignungSgesetz ab, weil es große Nngcrcchtig» ketten enthalte. Vs bestehe beispielsweise keine Veraulassnng, den durchaus volkssremidlichcn Prinzen Max von Baden zu enteignen. Leider sei das Kompromiß an dem Widerstand der großen Flügelparteien gescheitert. Der Redner kündigt den demokra tischen AenderungSantrag an. Rcichsiunenminister Dr. Külz erklärt, daß die RetchSregierung keinen Zweifel darüber lassen wolle, daß sie mit dem EnteignungSgesetz nicht einverstanden sei. Unter dem parlamentarischen Re gime wäre es erwünscht, wenn die Lösung auf parlamentari schem Wege erfolgte. Die Kommunisten verfolgten mit dem Volksentscheid noch politische Nebenziele, die die Regierung unmöglich billigen könne. Die Ncichßregierung gebe die Hoff nung nicht aus, daß die Parteien des Reichstages sich doch zu einer gedeihlichen Lösung des Problems zusammensinden werden. Abg. Schulte sZentrums verlas eine Erklärung der Zen trumsfraktion gegen das EnteignungSgesetz. Dieses Gesetz wäre nicht nur ein schwerer Eingriff in daS formale Recht, sondern auch eine Durchbrechung deS christlichen Grundsatzes vom Schutz deS Eigentums. Die in der Vorlage enthaltenen Bestimmungen über die Bcrwcndnnq des entcigneten Fürsten vermögens sür die Kriegs» und Jnflationsopser seien ge eignet, die Begehrlichkeit der breite« Masse durch trügerische Hofsnungen zu steigern. Diese Hoffnungen würden irrig sein, denn die aus der Enteignung stammenden Mittel würden nie mals zur Linderung der Not dieser Bolkskreise ansreichen. Abg. Hamve (Wirtsch. Vgg.i und Dr. Pfleger sBayr. Vp.) verlasen Erklärungen ihrer Fraktionen, die gleichfalls die Ablehnung deS EnteignnngsgcsetzcS fordern. — Abg. Dr. Frick lVölk.j wendet sich gleichfalls gegen die Enteignnngs- vorlage und bezeichnet das Volksbegehren in diesem Falle als vcrfallnnaSwIdrig. Die Beratnnge« werden danach abgebrochen. DaS HauS vertagt sich darauf aus Donnerstag nachmittag. Die Welkwlrkschaslskommission versan-ek. Gens, 28. April. In der öffentlichen Sitzung der vor bereitenden Kommission sür die Weltwirtschaftökvnferenz am Mittwochnachmittag konstituierten sich die vorgesehenen drei Unterausschüsse. Am Donnerstag nnd Freitag werden diese die ihnen überwiesenen Aufgaben behandeln und am Sonnabend der Plenarversammlung der .Haupt kommission ihre Berichte vorlcgen, die sie alsdann dem Vvlkcrbundösekretariat zur weiteren Bearbeitung überweisen wird. Damit werden die Beratungen vorläufig ihren Abschluß finden «nd die weiteren vorbereitenden Arbeiten sür die Internationale WeltwirtschastSkonfcrcnz in die Hände deS Völkerbundes übergehen, der eS auch verstanden hat, während der ersten VerhandlnngStage einen entscheiden de» Einfluß durch die ihm nahestehenden Wirtschaftspolitikcr ausznübcn. Diese Tatsache ist anfs tiefste bedauerlich, da durch die Einschaltung des Völkerbundes jede freie Mei nungsäußerung «mSgeschaltet wird «nd der Völkerbund die Arbeite« in Zukunft so gestalte« kann, wie es ihm paßt. Da Deutschland dem Völkerbund «icht angehört, schaltet der deutsche Einfluß aus die weitere» Arbeiten somit völlig ans. Annahme -es französischen Du-geks in -er Kammer. Die Kammer hat bente nachmittag vuv Cliirut mit 400 gegen 160 Stimmen angenommmen. Gewisse vom Senat vorgenommene Aendernngen wurden von der Kammer nicht ratifiziert, so insbesondere der Paragraph betreffend die Erfassung der landwirtschaftlichen Gewinne, den die Kammer durch den von ihr vorgeschlagenen Artikel ersetzt hat. Trotz gewisser noch vorhandener Meinungsverschiedenheiten wird angenom men, daß im Laufe der Nachtsitzuna eine Einigung zwischen Senat und Kammer herbetgesührt werden nnd das Parlament morgen in die Ferien gehen kann ^^ «r lSS Seli- Z ^ Deutscher Industrie- und San-eisia-. verlt«, 28. April. Im wetteren Verlaus der Tagung de» Industrie- «nd HandelStage» sprach noch Retch»«i«ister a. D. Dr. Ha««, der «. a. folgende» auSsührte: Unsere ReparationSpslicht haben wir in» erste« D«we»-Nahr« erfüllt, aber dte Dinge «Kirben immer schwieriger, da diese Leistungen aus der deutschen Wirtschaft genommen «»erben müßten. Dte nächsten Jahre brächten un» den gewaltigen Sprung von ISO« Millionen aus zwei Milliarde« Reparations leistungen. Wir müßten bemüht sein, den DaweS-Plan zu er füllen. wenn er un» auch unwürdig erschein«. Da» Volksbegehren i« der «uswertungssrage müsse entschiede« abgelehnt werbe». lZustimmung.) WaS solle aus den Gemeinden werdr«, wen« die Sparkassen aufwerten müßten, wie es sogar bi» zu 100 Prozent verlangt wird? Jeder in Dentschland wolle reicher werden. DaS sei das beglückende Ziel dieses Volksbegehren», aber woher es kommen soll, wird nicht gesagt. Diese Aus wertung würde alle Finanzen erschüttert». Di« ganze Wirtschaft, Arbeitgeber und Arbeit nehmer, Erzeuger und Verbraucher müßten gegen diesen Plan Front machen. Schon di« Beunruhigung der Wirtschaft dadurch sei zu beklagen. Es sei ein Gebot »er Nationalwirtschaft, daß die Regierung dieses BolkSbegehre« verhindere. I« der « « S s p r a ch e wie» dann NeichSbankpräsideut Dr. Schacht darauf hi«' baß von der deutschen Währung und ihrer Stabilität überhaupt nicht gesprochen worden ist. Das ist ein Beweis dafür, daß unsere Währung gut ist, denn dte Währung ist immer di« best«, von der man nicht spricht. Ministerialdirektor Posse vom RetchSwirtschaftSminifte- rium, der Leiter der deutschen Wirtschaftsdelegation in Pari», äußerte sich dann über den de«tsch-französische« Handelsvertrag. Tie Pause, die jetzt bis zum 10. Mai ctngetreten sei, Hab« ihren Grund darin, daß der Hauptunterhändler der fran zösischen Seite die Weltwirtschaftskonferenz in Genf besucht. Am 10. Mai «ebe eS unzweifelhaft in de« Endkamps Wir werden und müssen, betonte der Redner, in diesem Abschnitt zu einem Ergebnis kommen, das beiderseits befriedigt un- da» auf die gegenwärtigen französischen Valntaverbältnisse ge nügend Rücksicht nimmt. — Herr «. Siemens sprach dann über das Thema Nationalisierung «nd ihre wirtschaftliche Form. Pros. Dr. Blanstcin. Syndikus der Handelskammer Mann- heim, behandelt -um Schluß das Thema: „Europäische Pro bleme." An Hand eines umfangreichen Zahlenmaterials wie» der Redner auf die ungeheure Bevölkerungsdichte t« Europa hin. In dieser Hinsicht sei die Kolonialfrage kein« Frage der Eroberungssucht, sondern einfach eine Frage der Not. Zum Schluß behandelte der Redner die Frage, ob da- Schicksal Europas aufzuhalten sei. Er kam zu dem Er« gebnis, daß Europa «icht z« verzage« branche. Die Rettung könne im wesentliche« erzielt werde« 1 durch eine intensive Wirtschaft, besonders die Land» s Wirtschaft. Nach Erledigung einiger geschäftlicher Angelegenheiten sanst die Tagung mit einem kurzen Schlußwort de» PrSstdenteq ihren Abschluß. ^ Schweres Bauunglück bel Berlin. Zwei Arbeiter tödlich verunglückt. ^ Berlin. 28. April. In der zehnten Abendstunde hat sich ein neues schweres Unglück aus dem Neubau des Groß, krastwerkes Rnmmelsbnrg ereignet. Infolge Ein, sturzes eines großen Kranes sielen die ans demselben beschäs» tigten Arbeiter ans erheblicher Höhe hinab. Nach den erste» Feststellungen find dabei zwei Arbeiter tödlich »er, «»glückt. Zwei weitere Arbeiter sind schwer verletzt, einer derselben dürfte kaum mit dem Leben davonkommen. Wie da» Unglück entstanden ist. konnte bisher noch nicht einwandfrei festgestellt werden. ES handelt sich um den Zusammenbruch eines 40-Tonnen-Laufkranes. lW. T. B.j V/srds-Woelis V/silsttsvs IVIusIvrseksu zvoknr»uio« m Wlrrlrultsppsl»«« Zimmer «I«, enra.— — LerlNitlxuvir Otto Lekuderl, waiisirsvs ii Akaricotüttsn tllr Akottnungollunst. Erinnerungen ans Burgtheater. Bon Eharlotte Vasts, Ehrenmitglied der Staatstheaier. Es war während eines internationalen Pressekongresses» einer jener Erfindungen, die die geistigen Führer und Köpfe unter einen Hut bringen sollte, aus daß Europa blühe, wachse und gedeihe und der freie wirtschaftliche und geistige Wett kampf der Nationen wie bei einem Boxkampf schließlich mit einem herzlichen und hochachtungsvollcn Händedruck endige. Wie viele herrliche Reden, wie viele prachtvolle Gesten der Italiener und besonders der Franzosen unter ihrem Führer Taunoy hörte ich! Wie war die Welt so schön — die Menschen so gut und edel, der Wein so köstlich, mit dem man sich näher nnd näher kam, sich verbrüderte und Hobe künftige Ziele im blauen Nebcldunst der Zukunft vor sich sah. ES mar in Wien. Nach heiter-festlichen Tagen bescherte auch das Burgtheater dem „Longioss cko In ftrss8o intor- nationalo" und legte, gleich jenen guten F-ecn im Dornröschen, dem jungen Bunde des geistigen Deutschlands das Veste an Gaben in seine Wiege. „Fromond jr. Niesler sen." gab man — mit Sonnenthal. Die französischen Stücke waren ja damals noch im Burgtheater zu Hause und man spielte sie ihm nicht nach. Das waren halt alles wirkliche große Herr schaften, sie spielten sie nicht nur, und wer weiß, ob einer der wirklichen k. k. Hofburgschanspieler jener Zeit mit den barzu- stcllcnden Marguisen und milltoncnrcichcn Grandseigneurs getauscht hätte — ob sie, die Vergötterten, ihren Ruhm, ihre Popularität dafür hingegeben hätten. Die verdienstvollen Grüßen des Biirgthcaters sahen sich freilich auch durch ihre lebenslänglichen Kontrakte, die man als eine Selbstverständ lichkeit betrachtete, vor späteren kümmerlichen Tagen mit kärg licher Pension bewahrt und konnten frei »nd aufrecht, die pekuniären Sicherheiten im Rücken, die großen Herren nicht nur spielen, sondern auch sein. Sonnenthal der Große, damals schon rin wirklich alter Herr, wirkte als NieSler, in blonder Perücke, nicht ingend- lichcr. Aber, eS war Sonnenthal! Der Sonnenthal, der ein Stück von dem Herzen der Wiener war, seit der Großvater die Großmutter nahm. Der Orloff in der Krone, die das Bnrg- theatcr von Gottes Gnaden sich auf daS Haupt gesetzt und die die Welt nicht aiiziizmeifeln oder anzutastcn wagte. Wer seine Künstler ehrt, ehrt sich selbst: Ich durchschritt an lenem Abend an der Seite SchlentberS, der damals Direktor des Burgthcatrrs war. das herrliche Vestibül und mußte fest- stcllen, daß die Nachwelt dem Mimen wvhl Kränze sllchtl >- In Wien! — Ncberall Bilder und Büsten dahingcgangener und noch lebender Größen. Auf dem Vorhang Josephs»« Wessely» Bild tn allegorischer Verklärung. Von der Loge», brüstnng des ersten Ranges sahen die Reliefs der Goßmann als Lorle, La Roches, Baumeisters, der Haizinger und vieler noch wirkender Künstler verwundert, aber im Vollbewutztscin ihres unvergänglichen Ruhmes auf das Gewoge der geladenen internationalen Gäste. Sonnenthal schloß seinen Akt. — Am Schreibtisch bricht er zusammen. Donnernder Applaus. Der Vorhang durste nicht aufgezogen werden, aber der Beifall der Wiener tobte durchs Haus. Die Presseleute stimmten zu, erlahmten dann aber natürlich. Nicht so der Wiener. Ja — ich erlebte eS: er klatschte und rief in verzückten Tönen „Gooohnenthall" — Er rief es, rief es ununterbrochen, bis daS Klingelzeichen er tönte und der Vorhang zum nächsten Akte sich hob. — Er saß am Schreibtisch. Wieder am Schreibtisch. — Der Beifall schwoll an, neu belebt. Sonnenthal wollte die ersten Worte seiner Rolle sprechen und glaubte, dann wäre „a Ruh" —. Gefehlt. — Nichts sollte er reden I Endlich erhob er sich, legte die Hand auf die Stelle, wo auch beim Schauspieler bas Herz sitzt, und mit einem langen, „unsagbaren" Blick verbeugte er sich wie ein König. — Immerhin wie ein Königl — Dann setzte der andere „Spectacle" oben auf der Szene wieder ein. „Herrlich," sagte sch zu mir, „herrlich! Aber ob die kon zessionierte „Clague", Gott verzeih' mir die Sünde, die Sache nicht doch etwas dirigiert hat?" Eine halbe Stunde später. Bel Dreher, an der Burg. Ich saß in Gedanken. Ich überlegte, wie bescheiden doch der norddeutsche Künstler ist. wie trotz seines Ansehens seine Zu kunft eine unsichere ist nnd Dankbarkeit und Anerkennung sich im großen ganzen, einige schlecht erzogene Töchter aus genommen. dort mehr „verinnerlicht". Da höre ich ein fernes Stimmengewirr. Ich stutzte. Die Gäste horchen auf. Noch konnte man nicht unterscheiden, war cs ein freudiger Anlaß oder ein Wutgeheul. — Die Gäste standen besorgt »nd neugierig, drängten zu Fenster »nd Türen, »m eventuell — falls etwa eine Bombe — oder vielleicht gar der „oalte Kaiser"? — Jedenfalls gab's „a Hetz". Da, als schon das gesamte Publikum im Begriff war. auf die Straße zu eilen, stürzt der Wirt — wie tn Wien min die Wirte schon einmal sind: verwachsen mit ihren Gästen, wie ein treusorgen der Vater, — stürzt an «nS vorbei, öffnet dte Tür und ruft tn stolz-glücklichem Ton, al» teile er Königreiche auS: „Meine Herrschaften, der Heer von Soohnenthal soahrt nach Hansel". Nnd da fuhr er ab vom Btthnentttr'l. In einem Fiacre. „Am Bock" der weiße Lchloßkorb. — Hinter ihm eine „Hoch Sonnen- thal!" rufende Menge. — Drehers Gäste stimmten ein. Wien — Wien, d u nur allein! — — ...... »»'<>> f ö'lV ' : 4^. i-F i ' Kunst un- Wissenschaft. Die -eulschen Ausgrabungen auf Samos. lieber dieses Thema sprach in der Schlußsitzung der Ge sellschaft für Altertumswissenschaft -er Letter jenes Unternehmens, Prof. Dr. Oscar Reuther von Len Technischen Hochschule. Im Herrschaftsbereich de» Polnkrate» auf der Insel GanwO erhob sich eins der drei riesigen Bauwerke, daS Heilig tum der HimmelSgöttin Hera, das zusammen mit dem Tempel des Apollon von Didnma bei Milet und dem Artemision von Ephesos zum Wahrzeichen der Bankung <M östlichen, ionischen KulturkrelS der Mriechenwclt geworden ist. Die Nachforschungen nach dem Sinnlichen Heiligtum wurde« schon vor elf Jahren von Theodor Wiegand tm Zu« sgmmenbang mit den AuSgrabunaS-Nnternehmungen der Staatlichen Museen in Berlin begonnen, erlitten dann eine lange Unterbrechung durch den Krieg und sind letzt wieder ausgenommen worden vom Deutschen Archäologische» Institut in Atben. das Prof. N e u t h e r mit der Leitung betraute. Man mußte von einer aenaueren llntersnchuna dieser Ionischen Riesenbauten besondere Aufschlüße über daS bau- künstlerisch« Gestalten -er Griechen erwarten, eine Voraus setzung, die durch die Ergebnisse durchaus gerechtfertigt wor den ist. DaS samische Heraion wird mit seiner Mer 108 Meier Länge nur um ein Geringes vom Didnmaion und dem süngeren Artemision übertroffcn. Der Bau ist arg zerstört wo,-en. nur eine einzige Säule steht von der einstigen bov- vclten Ringbnlle noch aufrecht. Erhalten sind jedoch die Fun damente. aus denen Anlage und Art des Oberbancs erschlossen werden können. Der Temvel war danach ein Divteras mit 188 ionischen Säulen und einer sehr tiefen dreischsm^n Vor halle vor der Eella. wie sie ganz entsprechend am Didnmato» wiederkehrt. Sehr merkwürdig nnd bedeutsam sind nun die Aufschlüsse, die über die Gestaltung der Eella selbst bei diesen ionischen Riesentempeln gewonnen «mirden. ES kann nach den neuesten Untersuchungen kein Zweifel mehr b-steßen. daß diese in den Ausmessungen so ausgedehnten Temneseesse» keinen überdeckte« J»«enraum barstellten, sondern daß sie oben offen war«« Da» Heraion gehörte afto mit den mehrgenannten Parasselanlagen in Milet »nd Enheso» zu der vlclnmstrtttencn Gruppe der ^H"nät^'-,u-mr'el". non denen Vitrnv berichtet, und über Gestalt und Zweck dieser Anlagen gewinnen wir nun endlich eine genanere und über raschende Kemttni». Ms» et» mit Mauer» umhegter, sde.
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