Volltext Seite (XML)
70. Sahrgarrg. w 199 Donnervrag^ 29. April 1929 Drablanlchrtfli »«chrichl«, »r«»«. g»rnlpr»ch»r»Samm»lnumm«! SV 241. Nur svr NachlArsprSch»: S0V11. Gegründet 18»« Gebühr »l»^el»»»»rr I« PI«»»t,. Schrlfllrlwng und KaupIgrlchüftsHrll, ««rt.nllr.tz, SS'42. Druck u. Verlag von VIepsch » »eich«rd> tn Dresden. Pvfilcheck-Itonlo 10SS Dre»dea. Nachdruck nur in» deullicher vuellenanaad» «»Dresdner Nachr."> zulällig. Unverlangi^tzchriMIUch» werden nicht outdewahrt. ^lüselnnü Pianos /^ususl pürslor Walssnksusslfsüs 8 . sssmsprseksr 1i»072 Vruektaeken für Hanäel unä Zewerbe Lckmekle Lieferung :: - De«ke Ausführung Vu«i»«1ruekerel üepsek L Selriiarät Aernspreehnummer 25241 - - <Marienriraf;e Air. 58/42 Osten uns Nercle tcausi m»n prvisvert im I^seligsvekLfl Ni,p karme ^ celorckt 6s. rmngvssls. 13 VIII » VNI IIIV I--rn,prect>,r: 1628^ dlsk- poetplatz. tll» onosr»»«»!»«»» — NoNlWr,- uns o«»- «.»,»>» — 0»u»rSe»r,«1-0»««r> — Bürgerliche Front gegen die Enteignung. Neuer Kompromißvorschlag des Zentrums. Keule Skellungnahme -er Parkeien. Berti«, 28. April. Die Zentrumssraktio« des Reichstages trat nach der heutigen Plenarsitzung zu einer FraktionSsitznng zusammen, in der die Lage besprochen wurde, die sich ans dem Scheitern der Verhandlungen des RechtsansschnsseS ergeben hatte. Nach eingchendcr Aussprache kam man dahin überein, daß cS für die bürger, lichen Parteien nicht möglich sei, jetzt, nachdem man mit dem bisherigen Kompromißcntwnrs >n eine Sackgasse geraten sei, nun etwa gegenüber dem Enteignnngswillen der Linken den Kamps verloren zu geben. Vielmehr müsse etwas geschehen, was die bürgerlichen Parteien auss neue geeintde« Sozialdemokraten «nd Kommunisten entgcgentreten lassen könne. AnS diese« Erwiigunae« heran- wurde beschlossen, einen neuen Entwurf etnzubringen. Dieser Entwurf gliedert sich in sechs Paragraphen und hat folgenden Wortlaut: Entwurf eine» Gesetze» über die Auseinander setzung zwischen Ländern und Fürstenhäusern. 8 1. Neber alle nicht erledigten Streitigkeiten zwischen den deutschen Ländern und den vormals regierenden Fürste» be- trcfsend die vcrmögcnsrechtliche Auseinandersetzung ein- schliestlich Auslegung abgeschlossener Auseinandersetzungen entscheidet ein besonderes (Bericht. In diesem Gericht müssen Laien in a st g e l> c n d Mitwirken. 8 2. Für die Vermögensauscinandersctznng gelten fvl. gcndc Grundsätze: 1. Infolge der Staatsuinwälznng von 1018 ist die staatsrechtliche Stellung der Fürstenhäuser und ihrer Mit glieder völlig verändert, auch bezüglich ihres Verhältnisses zu den bisher in ihrem Besitz oder in ihrer Nutznießung befindlichen Vermögensstückcn. 2. Als Privateigentum des Fürstenhauses oder seiner Mitglieder gilt ohne Rücksicht ans ergangene Urteile nur das, was sie erweislich aus Grnnd eines privaten RechtS- titcls mit Ausnahme der Ersitzung erworben haben, a) mit privaten Mitteln, b) unentgeltlich und. auch nicht gegen Leistungen, die sie nur kraft ihrer staatsrechtlichen Stellung bewirken konnten. 8. Die Folgen des verlorenen Krieges und der Ver armung des deutschen Volkes haben die Fürstenhäuser mit zu tragen. Dabei ist auch die gesamte Vermögenslage der Fürstenhäuser «nd der ihnen verbleibenden Anteile am gesamten Grundbesitz des Landes entscheidend zu berück sichtigen. 4. Bei A u f w c r t u n g S a n s p r ü ch e n dürfen die Fürstenhäuser nicht besser gestellt werden, als andere Staatsbürger. 8 8. Z i v i I l i st e n und ähnliche Renten falle» fort. 8 4. Den Ländern sind VcrmögcnSgcgcnständc, die sic aus Gründen der Kultur, der VolkSgcsunbhcit oder zu Sicdlungs- zwccken bcansprnchcn, znzutcilc». Das -eulsche Kan-werk gegen -as Aufwertungs-Volksbegehren. Berlin, 28. April. Zu dem von Jntcrcssenvcrbändcn zur zeit betriebenen Volksbegehren, durch das eine Abänderung «icr AuswcrtnngSgcsctze verlangt wird, haben die Vorstände des deutschen Handwerks- und Gcwerbckammcrtages «nd der Rcichsverband des deutschen Handwerks in ihrer letzten Sitzung eingehend Stellung genommen. Die Vorstände der Spitzen- vcrbändc des Handwerks sind übereinstimmend der Ansicht, daß die ganze Angelegenheit mit dem größten Ernst zu be handeln sei, insbesondere müsse die Answcrtnngssrage wegen ihrer außerordentlichen wirtschaitlick»en Traawcitc nur nach dem Verhältnis zur Gesamtwirtschaft benrteilt werden. Sie dürfe niemals nach rein prilmtwirtschastlichen Gesichtspunkte» betrieben werden. Die Spitzennerbände des Handwerks richten daher an alle Handwerkerorganisationcn das Ersuchen, mög lichst aufklärcnd zu wirken, damit nicht durch die Betreibung des Volksbegehrens eine neue schwere Erschütterung in die deutsche Wirtschaft getragen wird, der die Wirtschaft nicht mehr gewachsen sein würde. Von den gesetzgebenden Faktoren wird erwartet, daß sie -cm lttegehren nach einer Abänderung der AiiswcrtnngSgcictzc mit aller Bestimmtheit entgegcntreten. Aenderungen in -er Erwerbslosensürsorge. Berlin, 28. April. Wie bereits angekündigt, hat sich daS Reichskabinctt in diesen Tagen mit der Frage der Er werbslosenfürsorge beschäftigt. Es hat in Ucbcr- einstimmung mit der Auffassung dcS RcichSwirtschaftSrateS und der meisten Länder beschlossen, sobald wie möglich den lieber» gang von dem gegenwärtigen UnterstützungSsystcm zu einem UnterstütznngSsvste« nach Lohuklassc« üerbeiznftthren. DaS ReichSarbettSministerium ist mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Vorlage beschäftigt. Um 8 5. Aus Ansprüche der in den Artikeln 67 und 68 Abs. 1 deS Einführungsgcsches zum Bürgerlichen Gesetzbuch, sowie in dem Gesetz vom 25. März 1004 bezeichnet«« Häuser und ihrer Rechtsnachfolger sind die vorstehenden Bestimmungen sinngemäß anzuwenden. 8 6. Zur Ausführung dieses Gesetzes ist ein beson- deresReichsgesetzzu erlassen. * An der redaktionellen Fassung dieses Entwurfes werden vielleicht noch geringfügige Aenderungen vorgcnommen. Ob es allerdings möglich sein wird, auf diesem Entwurf eine aus reichende Mehrheit zu vereinigen, ist eine Frage, die im Augenblick noch ungeklärt ist. Veratungen der Fraktionen. Die demokratische Reichstagssraktivn be schäftigte sich heute abend ebenfalls mit den Fragen der Fürstenabfindung und beschloß, den Antrag aus angemes sene Abfindung der Fürsten ausrechtzuerhalten. Bei seiner Ablehnung will die demokratische Fraktion gegen die cntschäbignngslosc Enteignung stimmen. Auch die Reichstagssraktivn der Deutschen VolkS- partci erörterte die durch de» Abbruch der Verhandlungen im Rechtsausschnß geschaffene Lage. Die Fraktion erklärte sich sowohl gegen den sozialdemokratisch-kommunistischen Ent- eignnngsantrag, als auch gegen den demokratischen Zusatz antrag. Zu dem vom Zentrum ncn cingcbrachten Kom- proinißeiitivurs dürsten die Fraktionen im Laufe der morgigen Tagung Stellung nehmen, da der Zentrumsvorschlag erst zu einer Zeit den übrige» Fraktionen bckanntgegeben wurde, als deren Mitglieder schon in der Mehrzahl nicht mehr im Reichs tag weilten. Der -emokratische Abiin-erungsanlrag. Berlin, 28. April. Der Abändcrungsantrag. den die Demokraten zn dem sozialdemokratisch-kommunistischen Fürstcnentciguungögcsctz ciugebracht haben, lautet: „Der Reichstag wolle beschließen: 1. Der Ueberschrist des Gesetzes lGcsetz über Enteignung der Fürstcnvcriüögcnj werden die Worte zugefttgt: „Und Ab findung der vormals regierende» Familien". 2. In Art. 1 folgenden Absatz 8 cinznsügcn: „Jedoch haben die Länder durch Gesetz den Fürsten und Mitgliedern der Fürstenhäuser, die bis zur StaatSumwälzung im Jahre 1018 in den Ländern regiert haben, aus der enteigneten Ver- mvgcnsmasse eine Abfindung zu gewähren, die ihnen eine angemessene Lebenshaltung ermöglicht. Diese Ab- sindungspflicht können die Länder auch durch die gesetzliche Bestätigung bereits geschlossener Verträge erfüllen". 8. Den 2. Absatz des Art. 4 zn streichen. lAnsführnngS- bcstimmungcn durch ReichSgcsctz.)" Dieser demokratische Antrag ist von den Vertretern des Zentrums und der Deutschen VvlkSpartei nicht unterschriebe» worden. die nötige Zeit für die Vorbereitung und Einführung deS neuen Unterstützungösystems z» schassen, sollen die gegen wärtigen Unterstützungssätze, die an sich mit dem 1. Mai außer Kraft treten würden, n o ch b i 8 z u m 2 2. M a i i n G c l t u » g bleiben. Gleichzeitig beabsichtigt daS RcichSarbcitsmini- stcrtnm entsprechend den Beschlüssen dcS Kabinetts und den Wünschen der meisten Länder die geltende Anordnung über Knrzarbcitersürsorgc noch für zwei Monate zn ver längern. lW. T. B.) Dr. Keld über seine Regensburger Rede. Aschasscubnrg, 28. April. Am zweiten Tage seiner Unter- srankcnsahrt erklärte Dr. Held in einer Rede in Aschaffenbiirg unter starkem Beifall ». a.: Wenn er über die Außenpolitik seine eigene Meinung ausspreche, so sei dies sein gutes Recht. Man dürfe ihm daraus keine» Vorwurf machen. Es sollte dies auch keine Kritik der Rcichörcgicrung sein. Derjenige liebe sein Vaterland am meisten, -er im gegenwärtigen Augenblick den Mut besitze, auch einmal eine Warnung ausznsprcche«. Volksbegehren aus Landiagsauslvsung in Kessen. (Durch Funkspruch.l Darmstadt. 28. April. Die Parteivorsitzcndc» der Land- tagSsraktionen des Hessischen Landbundes, der Deutschen VvlkSpartei und der Dentschnationalen Volkspartei haben heute auf Grnnd entsprechender Entschließungen ihrer Lanbesanöschüsse einmütig beschlossen, unverzüglich das Volksbegehren aus Landtagsauflösung in Hessen durchzuführen. Die beteiligten Parteien sind übcrein- gekommen, bei der Neuwahl deS Landtages einen ge meinschaftlichen Wahlvorschlag anfznstcllen. Washington, 28. April. Präsident C o o l i d g e hat daS un längst vom Senat ratifizierte amerikanisch.italie- ntscheSchnldenabkommen heute unterzeichnet. (WTV.) Gemeindebestimmungsrecht. Ein Schlagwort übt seine Wirkung. Man hört eS an de» Haustüren, wenn die Sendlinge irgendeiner Abstinenzler- vereinignng Listen zur Unterschrift für -as Gemeinbe- b e st i m m u n g s r e ch t vorlegen, man hört es bei privaten Besuchen fanatischer Alkoholgegner zu dem gleichen Zweck. Und zu allem Uebcrfluß gibt es in einer Zeit, in der das Volk durch alle möglichen Volksbegehr-Bewegnngen auf- und durchein- andergerttttelt wird, einen NeichSaiisschnß für und einen ReichSansschuß gegen das Gemeindebestimmungsrecht, die den Kampf mit äußerster Erbitterung führen. Was man sich aber unter dem neuen Schlagwort zu denken hat, das missen zumeist noch nicht einmal diejenigen, die durch ihre Unterschrift zu Mit streiter» für ein unbekanntes Ziel geworden sind, da weder die dürftigen Begründungen der Unterschriftensammler noch auch die widerstreitenden Erklärungen der Regisseure der ganzen Bewegung eine eindeutige Ansklärung über ihre Ziele geben. Das eine ist klar: der Kamps gegen den Alkoholmißbrauch ist ein Ziel, daS das ganze deutsche Volk ans den Plan zu rufe» berechtigt ist und dessen segensreiche Wirkungen für die Volks« gesundheit den Einsatz aller Kräfte wünschenswert macht. Dieses Ziel aber wird durch das Gemeindebestimmungsrecht nicht erreicht, kann vor allen Dingen gerade dann nicht erreicht werden, wenn, womit die Anhänger der Bewegung in aller erster Linie agitieren, eine völlige Trockenlegung nicht beab sichtigt sei» soll. Den Gcmeindcmitglicdern soll durch Ur- ivahle» über Art und Umfang des Verbrauchs geistiger Ge tränke daS Bestimmungsrecht für die betreffenden Gcmeinde- bczirkc gegeben werden. Das ist das Ziel dcS Gemeindebestim- mungSrechtcS. Niemand aber, der diese Bestimmung biS zu Ende durchdenkt, kann erwarten, daß durch sie der Alkohol« »i i ß b r a u ch ernstlich getroffen werde» kann. Wenn man den Alkoholausschank nicht verbietet, sonder» mir einschränkt, wer den manche Gelegenheiten zn mäßigem Alkoholgcnuß ein geschränkt werden, der Mißbrauch durch gewohnheitsmäßiges und übermäßiges Trinken aber wird nicht getroffen, da die Quellen nicht verstopft sind. DaS Gcmciiidebcstimmnngsrecht als Mittel im Kampfe gegen den Alkvholmißbranch könnte darum nur einen Sinn haben, wenn es als Vorstufe und Etappe zur völligen Trockenlegung Deutschlands gedacht ist. Und daß dies das Endziel des Gemeiiidcbcstimmnngs- rcchteS ist, hat im Gegensatz zu den Erklärungen des sozialisti schen Abgeordneten Sollmann im Haushaltausschuß des Reichs tages sein Fraktionsgcnosse Moses ebenso zugegeben, wie sich die maßgebenden Befürworter der Bewegung dieses Ziel zu eigen machen. Klarheit über das Ziel ist das erste Erfordernis für eine unvoreingenommene Beurteilung des Wertes des Gemcinde- bestimmnngsrcchtcs im Kampfe gegen den Alkoholmissbrauch. Es mutet aber beinahe wie ein Verhängnis an. das über dem deutschen Volke schwebt, daß wir uns irgendwelchen Be wegungen meistens dann znwenden, wenn sic sich im Auslande totgelanfcn haben. Das war mit dem Parlamentarismus der Fall, de» wir in einer Zeit übernommen haben, in der andere Länder sich von ihm abwenden oder seine Beseitigung er wäge». Und so ist es mit der Trockenlegung, die auch in Amerika mit dem Gcmciiidcbcstimmnngsrccht lloonl Option) begann, und deren Beseitigung heute nur noch eine Frage der Zeit ist. Die grotesken Folgen, die sich in Amerika aus dem Prohibitivnsgesetz ergeben haben, sind zu bekannt, als daß man sic noch besonders hervorzuhebcn braucht. Daß es dem Gewohnheitstrinker auch in Amerika stets gelingt, sich Alkohol zu verschaffen, wenn auch meist nur In Gestalt gcsundheits- gesährlichsten Fusels, wird ebensowenig bestritten, wie das Empvrblühcn häuslicher Schnapsbrennereien, deren gefähr liche Produkte den Besuchern mit Stolz vorgesetzt werden. Und wenn der Präsident der Eolumbia-Univcrsität. Viriler, erklärt, daß „das Prohibitivnogcsctz angesichts seiner schäd lichen Wirkung die unmoralischste Maßnahme der Negierung gewesen sei," ipcnn der Vorsitzende der Temvcrrnz-Gcsellschast der Episkopalkirche in Ncuyork, Tr. Empingham, einen Werbefcldzug zur Milderung des Gesetzes „im Interesse der Temverenz »nd der Moral" einlcitet, „um die jungen Leute vor dem heimlichen Alkoholgenuß zn bewahren." so stimmt das durchaus zu den Erfahrungen des Rcichstaasvräsidenten Löbc bei seiner Anwesenheit in Amerika ans Anlaß der letzten Tagung der Interparlamentarischen Union Bei einem Bankett nämlich hat nach einer Aeußerung Löbes ein Würden träger eine gefüllte Schnapsslasche aus seiner Hinteren Rock tasche gezogen und seinem Nachbar, einem Generalkonsul, unter dem Tisch ein Wasserglas vvllgcgossen. -as dieser be gierig leerte. Gewiß kein anziehendes Bild! Die trüben Erfahrungen, die man in Amerika gemacht hat. sind darum durchaus nicht geeignet, uns zn ähnlichen Maßnahmen zu ver- anlaksen. ganz abgesehen davon, daß die riesigen unproduktive» Ausgaben für die Bekämpfung des SchnapsfchmuggelS