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Bautzener Nachrichten : 02.10.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1887328319-189510022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1887328319-18951002
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1887328319-18951002
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Bautzener Nachrichten
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Jahr
1895
-
Monat
1895-10
- Tag 1895-10-02
-
Monat
1895-10
-
Jahr
1895
- Titel
- Bautzener Nachrichten : 02.10.1895
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SS40 konservativer Kandidat aufgestellt werden soll, oder gar au zum Oberforstmeister zu übertragen und dem Kürschner und Kaufmann Paul Otto Witzleben zu Leipzig das Prädikat „Königlicher Hoflieferant" zu verleihen geruht. — 1. Oktober. Ihre König!. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Johann Georg wohnten aestern der Nufführung des EommernachtStraumS im Altstädte» Hof» — Ein neues Militärgewehr hat dem „Niederschl. Anzeiger" zufolge ein Müller erfunden und dem Kriegs- Ministerium zur Prüfung eingereicht. Der Erfinder ist der Müller Johann Eolga in Lugnian-Dombrowska, Kreis Oppeln. DaS Gewehr soll den Schützen in den Stand setzen, im Anschläge, ohne abzusetzen, 20 Schuß in der Minute abzugeben, und außerdem enthält es eine Vor- richtung, welche durch Federdruck das Bajonett aufpflanzt und somit dem Schützen ermöglicht, das Gewehr auch im Einzelkampfe zu verwenden. Das Gewehr wird durch die Gewehr-Prüfungskommisfion in Spandau-Ruhleben geprüft werden. — Den „Neuesten Nachrichten" hat der Nord verein folgende Erklärung übersandt: .Der Vorstand des Nordverelns, des ältesten konservativen Bürgeroereius in Berlin, ist ausS höchste überrascht über den Beschluß der ParteiratS des Berliner konservativen Wahlvereins vom IS. d. in Sachen Stöcker und billigt tu keiner Weise den Bries des HospredigerS a. D. Stöcker vom 14. August 1888, dessen Inhalt nur die Auslegung zuläßt, daß der damalige Hosprediger Stöcker von der Abficht geleitet wurde, Zwietracht zwischen dem Kaiser und seinem ersten Ratgeber, de« Fürsten Bismarck, zu säen.' — Der nach Erfurt berufene Parteitag der deutsch- socialen Reformpartei ist wegen der sächsischen Land- tagswahlen auf den 20. und 21. Oktober verschoben. — Herr Pastor Kötzschke, Mitglied der christlich, socialen Partei, hat kein Bedenken getragen, in einem offenen Brief an den Frhrn. v. Stumm sich wie folgt zu äußern: „Wir Christlich-Socialen sind an einem Wende punkt angekommen. Wir stehen jetzt auf dem Punkte, eine reine Arbeiterpartei zu werden, die die Interessen der Ar- beiter mit derselben Unerschrockenheit vertritt, wie die So cialdemokratie. Wir werden aus Schleppenträgern der Herren „von Bildung und Besitz" zu ihren Gegnern. Ja, wir werden bald schlimmere Gegner sein, als die Socialdemo kraten." Dazu bemerken die „Hamburger Nachrichten": „Wir wissen nicht, ob Herr Kötzschke im Amte ist; sollte es der Fall sein, so erwarten wir, daß die ihm vorgesetzte Behörde es ihres Dienstes erachtet, den Mann von seiner Pflicht gegen Staat und Gemeinde, die er gröblich verletzt, schleunigst zu entbinden. Der Staat darf notorische So- cialdemokraren weder als Beamte, noch als Lehrer und Geistliche dulden, ohne selbst zu abdizieren." Die „Hamb. Nachr." gehen allerdings zu weit, wenn sie Herrn Kötzschke als „Socialdemokraten" bezeichnen. Darin aber har das Blatt unzweifelhaft Recht, wenn eS das Auftreten des Herrn Kötzschke als unvereinbar mit seinen Pflichten als Geistlicher bezeichnet. Durch Fehdeansagungen an eine be- stimmte Klaffe der Bevölkerung stellt sich der Geistliche in einen Gegensatz zu einem Teil seiner Gemeinde und zer- stört so die Bedingungen einer gedeihlichen seelsorgerischen Wirksamkeit, zu deren Ausübung er nach seinem Amte allein da ist. Auch läßt sich eine prinzipielle Gegnerschaft gegen die .Bildung" und gegen den „Besitz", gleichviel, welcher Gebrauch von ihm gemacht wird, vom christlichen Stand- punkte auS nicht rechtfertigen. Es kann demnach bean sprucht werden, daß die Diener unserer Kirche sich der öffentlichen Verwendung solchcr thöiichten und zum Besten der socialrevolutionären Strömung aufhetzerisch wirkenden Schlagwörter enthalten. — DaS Siöckersche „Volk" verteidigt die deutsch-so ciale Resormpartei gegen die sächsische konservative Parteileitung und deren Organ. Die Schroffheit der den Reformern erteilten Ablehnung könne kaum überrroffen werden. Die vom .Vaterland" gegen die Reformer er hobenen Vorwürfe seien haltlos. Die gebrandmarkten Forderungen der Reformer würden auch von christlich-so- cialer Seite erhoben und es seien keine darunter, die nicht auch vom konservativen Standpunkte, allerdings von einem erleuchteten social-konservativen Standpunkte aus, ver teidigt werden könnten. Gleichzeitig veröffentlicht das „Volk" den dritten Artikel Stöckers aus der „Deutsch evangelischen Kirchenzeitung". Derselbe erklärt darin für eine plumpe Lüge, daß er die Kaiserin seine liebe Freundin genannt und sich die Rolle als guter Onkel der kaiserlichen Kinder angemaßt habe. Er erzählt: Ich war in Ost preußen zu einem Etadtmissionsfest und nannte Ihre Majestät die Kaiserin eine Freundin der kirchlichen Arbeit und der inneren Stadtmisfion. Nach einigen Wochen wurde mir ein Fortschrittsblatt von dort zugeschickt, das viele Ver drehungen enthielt. Die Sache war so kindisch, daß ich selbst, verständlich eine Berichtigung unterließ. Ich konnte nicht denken, daß irgend ein vernünftiger Mensch die Lüge glauben würde. Was die Beziehungen zu den kaiserlichen Prinzen betrifft, so verhält sich das folgendermaßen: Ich hatte in Schmalkalden eine Rede gehalten. Irgend einer schlug dann vor, nach dem nahe gelegenen Oberhof zu fahren, wo die Prinzen ihre Sommerfrische hielten. Dies geschah, und als höflicher Mensch machte ich dem anwesenden Hof. marschall, sowie der Hofdame meinen Besuch. Zufällig sah ich dabei zwei der Prinzen. Stöcker fährt dann fort: Damals wurden eben diese Dinge erfunden, um von allen Seiten auf den Hof einzufiürmen und um klar zu machen, daß er, so lange nicht offen, jede Verbindung mit den Teilnehmern an der Waldcrsee-Versammlung, besonders mit mir, gelöst sei, keine Ruhe haben würde. Ich sah die schwere und unheilvolle Folge der Kartellpolitik voraus, wie sie bei der Reichstagswahl von 1890 vor jedermanns Augen klar darliegen. AuS diesen Tagen stammt der mir zugeschriebenc Brief. (Hier ist zu beachten, daß Stöcker von einem ihm zugeschriebenen Bries spricht.) — Die „Kreuzzeitung' schreibt: Wenn die national- hrrigrn Oberförster auf Königsteiner Revier i« Forstbezirkelsoll sich namentlich da« seit kurzem eingeführte komprimierte, liberalen Blätter es als feststehende Thatsache behandeln, Schandau Max Schimmer unter Ernennung deSselbeuiVaS in Stahlflaschen bei der militärischen LustschiffahrtIdaß Stöcker im Reichstagswahlkreis Erfurt-Halle als Berlin, 1. Oktober. Der Kaiser nahm gestern in Rominten den Vortrag des Ministers für Landwirtschaft rc. Freiherrn von Hammerstein entgegen und hörte heute die Vorträge des Chefs des Reichsmarineamts, Vice-Sdmirals Hollmann, sowie des Ehefs des Marinekabinetts, Admirals L la suite, Contre-Admirals Freiherrn vonSenden-Bibran. — Die Kaiserin ist gestern abend im Neuen Palais wieder eingetroffcn. — Im Auftrage des Kaisers und der Kaiserin legte gestern, am Geburtstage weiland der Kaiserin Augusta, der Geheime Regierungsrat Mießner im Mausoleum zu Charlottenburg am Sarge der verstorbenen Kaiserin einen Kranz aus weißen Rosen, Tuberosen und weißen Nelken nieder. Der Kranz trägt an einer weißseidenen Schleife die Initialen der Majestäten in Goldschrist. — Am Sonnabend hat der Kaiser, wie jetzt mit. geteilt wird, dem Vorsitzenden des landwirtschaftlichen Centralvereins für Litauen und Masuren, Rittergutsbesitzer Eeydel-Chelchen, Audienz erteilt, wozu letzterer tele- graphisch befohlen war. Auch Graf Dönhoff.Friedrich, stein war zu derselben Zeit in Rominten anwesend. — Die Meldung, bet der Tausfeierlichkeit in Glienicke sei der General»Feldmarschall Graf v Blumenthal in Vertretung deS Kaisers zugegen gewesen, ist nicht richtig, indem der Generalfelvmarschall selbst eine Patcnstelle auf Einladung des Prinzen Friedrich Leopold angenommen hatte. — Die Preußische Central-Genossenschaftskasse, die aus Grund des mit dem Landtage in letzter Session vereinbarten Gesetzes errichtet wird, beginnt heute ihre Thätigkeit, und zwar befinden sich deren Geschäfts- und Dienfträume, wie schon früher gemeldet, Dorotheenstr. 42. Die Leitung der Centralkaffe übernimmt bekanntlich Freiherr von Huene. Daß zum Mitdirigenten der bisherige Vor stand der Reichsbank Nebenstelle zu Neuwied, zur Megede, berufen werden würde, ist bereits vor längerer Zeit gemeldet; diese Berufung ist inzwischen erfolgt. Zum Mitdtrigentcn ist ferner vr. Heiligenstadt bestellt worden. Der im Gesetz vorgesehene Ausschuß dürfte durch besondere König!. Verordnung demnächst gebildet werden. — Die „B. P. N." schreiben: Die Arbeiten an der Ausführung des Gesetzes vom 22. Mai d. I., betreffend Abänderung des Gesetzes über den Reichsinvaliden, sonds, sind im Gange. Gegenwärtig werden vielfach von den Gemeindevorständen Bekanntmachungen erlassen, damit die zum Empfang der Beihilfen berechtigten Personen ihre Ansprüche geltend machen. Bekanntlich erstreckt sich das erwähnte Gesetz auf solche Personen des Unteroffizier, und MannschaftsflandeS des Heeres und der Marine, welche an den Feldzügen von 1870/71 oder den vorherigen ehren- vollen Anteil genommen haben und dauernd völlig erwerbs- unfähig find. Es muß namentlich betont werden, daß An sprüche von Personen, welche die letztere Bedingung nicht erfüllen, unbedingt zurückgewiesen werden müssen. Was die Feldzüge vor 1870/71 betrifft, so kommen dabei in Betracht: diejenigen von 1848 in Schleswig-Holstein, der Kampf 1848 in Posen, die 1849-r Feldzüge in Schleswig und Jütland, sowie in der Pfalz und in Baden, das Ge- fecht vom 27. Juni 1849 zwischen der Besatzung des Post- dampfers „Preußischer Adler" und der dänischen Kriegs- brigg „St. Croix', der zur Unterdrückung des Aufstandes in Sachsen 1849 stattgehabte Kampf, der Feldzug von 1864 gegen Dänemark und der von 1866 gegen Oester reich. Diejenigen Personen, welche auS Reichsmitteln ge setzliche Jnvalidenpenfionen beziehen, oder nach ihrer Lebens- füyrung der beabsichtigten Fürsorge als unwürdig anzu sehen sind oder sich nicht im Besitze deS deutschen Jndigenats befinden, werden bei der Verteilung der Beihilfen nicht be rücksichtigt werden. Oie Anträge, welche von den Ge- meindevorfiänden gesammelt werden sollen, werden dann den zuständigen Behörden unterbreitet und zur Entscheidung ge bracht werden. — Die städtischen Behörden haben vorgeschlagen, zu Ehren des Reichskanzlers Hohenlohe eine Straße „Hohen - lohestraße", sowie zu Ehren deS früheren Reichskanzlers eine Straße „Capr tvistraße" zu nennen. — (Militärisches.) Bei den jüngsten deutschen Manövern ist die Verwendung dcS LuftschifferwesenS für Kriegszwecke, insbesondere dessen Bedeutung für den Festungskrieg, eingehend geprüft worden. Es verlautet, daß diese Prüfung überall günstige Ergebnisse gehabt und namentlich die vorteilhafte Verwendung der Lustschiffer abteilung für Erkundungszwlcke dargethan hat. Sehr gut theater bet. — Die deutsch sociale Resormpartei hat ihre Kandt- baten zu vorläufigen Etnzelforderungen sich bekennen lassen, die für das Verhalten derselben im künftigen Landtage maßgebend sein solle. Charakteristisch ist es, daß man be- reitS nach 14 Tagen 4 Nummern von den 14 Einzelforder- ungen wieder hat fallen lassen: so die Forderung auf Verstaatlichung der Bergwerke, auf Verstaatlichung des ge- samten Versicherungswesens, die Forderung der Beteiligung aller Fraktionen „auch die der Socialdemokraten" an den Deputationen des Landtages und endlich die Forderung auf Unentgeltlichkeit der Volksschule. (Dr. N.) Chemnitz, 1. Oktober. Gestern fand in der Rats- fitzung die feierliche Verabschiedung des Herrn Bürger- meisterS Stadler von den Ratsmitgliedern statt, der jetzt in den Ruhestand tritt. Herr Bürgermeister Stadler ist geboren am 11. Dezember 1825, ist als Aktuar am 1. Juli 1863, als Stadtrat am 19. März 1855, als Stellvertreter des Bürgermeisters am 31. Mai 1867 und als Bürger- meister am 1. April 1889 verpflichtet worden. Er hat über 42 Jahre im Dienste der Stadt gestanden und vorher schon einige Jahr»! beim Stadtgerichte hier als Aktuar gearbeitet. Sein ganzes Leben war sonach dem Dienste der Stadt Chemnitz gewidmet. Am 19. März 1880 wurde ihm das Shrenbürgerrecht der Stadt erteilt. schon ausgestellt worden sei, so ist die« nach unserer Kennl- ntS der Dinge al« bloße Vermutung anzusehen. Wir glauben nicht, daß in der Kandidatenstage schon irgend etwas feststeht. — Der christlich - sociale Pfarrer Naumann spielt in seiner „Hilfe" den Fall Hammerstein gegen die konser- vative Partei au«. Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, wo die Chriftltch-Kocialen allen denen, die nur aus Gewöhn- ;eit Konservative seien, sich aber nach besserer Volksarbeit ehnten, zurufen können: „Laßt die Toten ihre Toten be- ;raben." — DaS Provinzial Schulkollegium hat gegen den Sprecker der hiesigen freireligiösen Gemeinde, vr. Bruno Wille, abermals für 15 in der Zeit bis zum 1. September d. I. in der freireligiösen Gemeinde abgehaltene Früh - Vorträge an Sonntagen eine Strafe von 1500 Mark — je 100 Mark für den einzelnen Fall —, im Unvermögensfalle 150 Tage Haftstrafe festgesetzt. — Die Herren Franz Zahlmann und Eduard Mar quardt in Tilsit, die sich bekanntlich in diesen Tagen durch eine öffentliche Erklärung von der Eocialdemc- kratie losgesagt haben, veröffentlichen im Tilsiter „Ost- preußischen Tageblatt" eine neue Kundgebung, worin sie u. a. das folgende der Socialdemokratie „ins Stamm buch" schreiben: .Wir erklären aufs bestimmi-ste: die vom .Ostpi. Tagebl." in den letzten Tagen gegeißelten Zustände in der Königs- berger socialdemokraiischen Partei sind fakttfch vorhanden, aber nicht nur allein in Königsberg, sondern fast überall. Wir kor statinen, daß die vielgepriesene Einigkeit der Eocialdemokraten, speciell Königs bergs, gar nicht vorhanden ist, daß gerade die Königsberger Partei fich bereits gespalten hat und daß die Versammlungen der einen Parteihälste von der anderen gesprengt werden. Wir konstatieren ferner, daß infolge der ewigen Zänkereien und anderer der Königs berger Partei nicht gerade zu« Ruhme gereichenden Vorkommnisse ein sehr großer Teil tüchtiger Männer der Eocialde«o- kratie den Rücken gekehrt hat, und wir wissen auch, daß diesen noch viele afndere folgen werden. Wer socialdemokrattsche Ver sammlungen in Königsberg besucht hat, mußte staunen über den Ton, welcher in denselben herrscht. Hier giebtS keine Brüderschaft, sondern nur Gegnerschaft, die oft in Thätlichkeiten auSartet, wir find des Zeugen. Mußte doch der Vorfitzende auf dem ost> und westpreußt- schen Parteitage am 8- September d. I. die Erschienenen zur Eintracht und Wohlanstäodigkeit ermahnen, ein Vorkommnis, welches man hier nicht erwartet hatte. Hiervon ntmmt die .VolkS-Tcibüne' keine Notiz, daS sind Sachen, die ihr keine Kopfschmerzen verursachen. Dagegen wettert sie gegen uns, als hätten wir der Socialdemokraiie ein großes Herzeleid bereitet. Oder sollte daS wirklich der Fall sein? Beinahe möchten wir eS glauben. Sie spricht uns gegenüber von Moral, wo die Moral in der Eocialdemokratie doch längst nicht mehr vorhanden fist; sie greift in das Privatleben andererein, um dies zu begeifern, während sie doch alle Ursache hätte, über die Sittlichkeit zur Tagesordnung überzugchen. Vielleicht erinnert fich die .Volks- Tribüne' des Falles der Frauenentsührung, welche ein Angehöriger der Königsberger Socialdemokraiie fertig brachte. Wir kennen! diesen Fall sehr genau, wir wissen, daß genannter Socialdemorkrat unter der Maike der Freundschaft bei einem anderen Wohnung nahm, um dann in dessen Familie Zwietracht zu stiften. Sollen wir Namen nennen? Die Socialdemokraiie schreibt so oft .Sittenspiegel der Bourgeoste', wie wärs, wenn wir einmal einen .Sittenspiegel der Social demokratie' schrieben? Stoff genug dazu ist vorhanden. Die freie. Meinungsäußerung in der soctaldemokratifchen Partei ist ein leerer Begriff, wir haben daS kennen gelernt. Mag die eigene Meinung auch noch so berechtigt sein, sie darf nicht aufkommen, eS könnte da durch die Partei geschädigt resp. bioßgestevt werden. Mit eiserner Konsequenz wird ein in Parteisachen Andersdenkender niedergeschrieen, und Verdächtigungen und Verleumdungen find nicht selten gegen ihn beliebte Waffen. Auch dies ist nicht wegzuleugnen. ES wundert un» nur, daß die .VoikS-Tribüne' resp. die Socialdemokraiie in uns noch keine Polizeispitzel entdeckt hat Auch de« .Vorwärts" ist unsere Eikläruug zur unrechten Zeit gekommen. Man merkt ih« die Verlegenheit so rccht an. DaS beweist die von ih« gebrauchte Redlwendung: .Was mag den beiden Bekehrten diese Erklärung wohl eingebracht haben?' Wir wollen Mitleid üben und es ihm erzählen: Nicht». Es war nicht die Bezahlung für diesen Schritt uns maßgebend, sondern einzig und allein die in der socialdemo kratischen Partei herrschende Korruption. Eine Partei, die außer stande ist, in ihrer Mitte Ordnung zu halten, die ihre Maximen nur auf dem Papier hat, eine Partei, in deren Mitte wie in keiner anderen da» Strebertum wuchert und dem Egoismus Thor und Thür öffnet, eine solche Partei ist nicht in der Lage, eine neue Ge sellschaftsordnung Herbeizusühren. Was kümmern fich die Herren Führer um den Arbeiter, wenn sie nur selbst nicht der Gefahr des Verhungerns ausgesetzt find. Die Verdächtigung also, auS pekuniären Gründen mit unserer Erklärung an die Öeffentlichkeit getreten zu sein, weisen wir ganz entschieden zurück. Wer aber Bezahlung, recht viel Bezahlung für Gauklerstückchen entgegennimmt, da» brauchen wir dem .Vorwärts' wohl nicht erst zu sagen.' — Bekanntlich thun sich die Socialdemokraten und ins besondere der „Vorwärts" viel darauf zu gute, keinen Personenkultus zu treiben. Eine hübsche Probe von der Manier, in welcher man den Genossen die richtige Meinung von der „Größe" ihrer Führer beibringt, liefert die Eonntagsnummer des .Vorwärts", in welcher zu lesen ist: .Engel»' Asche wurde gestern auf der Höhe von Eastburne, wo der Verstorbene seit v elen Jahren im Spätsommer zu weilen pflegte, und wo er auch noch kurz vor seinem Tode Kräftigung suchte, in daS Meer versenkt, so daß der letzte Wille unseres Freunde» und Raters nun auch in diesem Punkte erfüllt ist. So hat denn daS weltu»- spannende, die Völker verbindende Weltmeer da», was übrig ist von de» Körper unseres großen Toten. Sein Denkmal — dauernder als Erz — steht in Kops und Herz jedes klaffenbewußten Arbeiters und edeldeukeoden Menschen; und die unvergängliche Saat, die er zu sammen mit seinem und unserem Karl Marx auSgestreut hat unter den auf der L eiden Rus geeinten Proletariern aller Länder, sie sprießt herrlich empor und reist zur Ernte.' Von der zur Ernte reifenden, unter dem Proletariat aller Länder aus gestreuten Saat gerade in dem Augenblicke zu sprechen, in welchem der deutschen Socialdemokratie das Agrarpro gramm die stärksten Verdauungsbeschwerden bereitet, muß als ein kühnes Stück bezeichnet werden. — Der „Münchener freien Presse" zufolge ist gegen den „ Oberdörfer Landboten ' wegen eines Artikels, den er einer Münchener Korrespondenz entnommen hatte, Untersuchung wegen Beleidigung deS Kaisers einzeleitet worden. — S. „Stein', Kommandant Kapitän z. E. Rötger, ist in Plymouth eingetroffen und beabsichtigt am 4. d. die Reise nach Madeira fortzusehen. — (Kolonialpolitisches.) In Deutsch.Süd west afrtka find, wie aus einem Bericht deS Landeshaupt manns Major Leutwein hervorgeht, die Hereros wieder vorgedrunqen. Eine große Hererowerst mit mehreren tausend Ochsen hatte sich weit südlich der vereinbarten Grenze bei KowaS und eine andere bei Windhoek fcstge- setzt; auch westlich des Platzes find Hereros in Mafien vor gedrungen. Major Leutwein ließ einen Haufen pfänden und schrieb dem Hererohäuptling Samuel einen energischen Brief. Der letztere antwortete entgegenkommend und hob die vorgeschobenen Hereroposten auf. ES wurde ein schrift- bewährt haben. ES ist dadurch, sowie durch die zweck- mäßigen Beförderungsmittel für diese Gasflaschen eine hohe Beweglichkeit und schnelle Verwendbarkeit deS Luft- sch fferwesen« erzielt worden. Bekanntlich sind die Franzosen diese« Gebiete allen anderen Staaten vorangegangen und haben die Luftschiffahrt zurrst im Kriege von 1870/71 mi itärischen Zwecken dienstbar gemacht. Die deutsche Heeresverwaltung ist nur zögernd diesem Beispiele gefolgt, jetzt ist aber unser militärisches Luftschifferwesen vorzüglich organisiert und dient vielfach anderen Heeren als Vorbild. Unablässig werden die zahlreichen technischen Neuerungen geprüft und, wenn sie fich als brauchbar und zweckmäßig erweisen, ohne Aufschub eingeführt. Bei uns ist die Luft- schiffer - Abteilung unmittelbar dem großen Generalstabe unterstellt.
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