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Bautzener Nachrichten : 14.05.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1887328319-189005142
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1887328319-18900514
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1887328319-18900514
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- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
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- Bemerkung
- Vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Bautzener Nachrichten
-
Jahr
1890
-
Monat
1890-05
- Tag 1890-05-14
-
Monat
1890-05
-
Jahr
1890
- Titel
- Bautzener Nachrichten : 14.05.1890
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Beilage der Bautzener Nachrichten. Verlag der Bautzener Nachrichten, Bautzen. Deutscher Reichstag. 5. Sitzung vom 13. Mai. 1 Uhr. Am BnudeSralhstischc: v. Caprivi, V. Bötticher, Irhr. v. Marschall, v. Verdy, Major Liebert u. A. Die erste Bcrathung des Kolonial-NachtragSetats wird fortgesetzt. Staatssekretär Frhr. v. Marschall: Ich habe dem hohen Hauses eiu gestern Abend uns übermitteltes Telegramm mit- zutbeilen: „Nach erfolgreicher Beschießung durch „Schwalbe" und „Carola" Lindi genommen und besetzt." Cs ist dies nach Kilwa der bedeutendste Ort für den Sklaven- handel an der Südküste. (Beifall.) Major Liebert: Wie dem hohen Hause bekannt ist, bin ich erst vor wenigen Tagen ans Ostafrika znrückgekommcn. CS war mir nur vergönnt gewesen, 5 Wochen in dem herrlichen Trcpenlandc draußen zu verweilen, ich habe aber meine Zeit redlich benutzt, um mich nach Möglichkeit über alles zu oricntiren, über unsere mili tärische nnd sonstige Lage dort. Und anßer dem, was ich persönlich in Augenschein nehmen konnte, habe ich den Berkehr mit dem Neichskommissar, dem Gcucralkousul, den Beamten der ostafrikanischen Gesellschaft, mit sämmtlichen Offizieren und Beamten dranßen gehabt, welche 3, 4, 5 Jahre und länger sich an Ort und Stelle sich befinden, und ich glaube, dadurch einigermaßen orientirt zu sein. Ich habe mich bemüht, möglichst mit nüchternen Angen zu sehen und mir immer die Einwürfe vorznhaltcn, die von anderer Seite gegen die Dinge draußen rind ihre Entwicklung ge macht werden könnten, und hoffe, mir somit ein objektives Uriheil gebildet zn haben. Ehe ich aus den sachliche» Bericht eingebe, möchte ich um die Erlanbniß bitten, einen feierlichen öffentlichen Protest hier vordem hohen Hanse, vor ganz Deutschland aussprechen zu dürfen gegen das unqualifizirbare Wort des verstorbenen vr. Fischer, das so ost gegen unsere Kolonialpolitik in Afrika angewandt worden ist: „Wo in Afrika Wasser ist, ist das Land ungesund, und wo kein Wasser ist, ist es unfrnchtbar." Wir haben in nnserm deutschen Ostafrika keine großen Ströme, wir stehen darin weit hinter dem Kongostaate mit seiner reichen Bewässerung zurück. Wo aber Wasser in Oslafrika vorhanden ist, da ist das Land durchaus nicht ungesund, sondern es bringt andererseits eine überwältigende Fülle tropischer Vegetation hervor. Ich möchte an- führe», daß Misere Küsteutinie eine Strecke von über 100 deutschen Meilen ausmacht, eine Strecke, die von Memel bis nach Hamburg reicht. Die Entfernung von der Küste bis zum Tanganyika-See und znm Hintcrlande beträgt über 1000 Kilometer. Ich wende mich speziell au alle Herren Laudwirthe, wenn ich sage: über ein solches Land wird man nicht mit einem Schlagworte richten können. Da ist der Boden fruchtbar oder unfruchtbar; wir müsse» da iudividualistrcn. Weil» ich da ganz kurz die Laudschaften durchgehen darf, die ich persönlich kennen gelernt habe, so möchte ich die Küste Usambara von der Nordgrcnze bis zum Paugauiflnß einfach als ein Paradies bezeichne». (Hört! hört!) Ich habe ferner das Hinterland von Tanga mit feinen zahlreichen Znckerplantagc» am Panganifluß nnd das wundervolle Usagara-Gebirge mit icincr herrlichen Vege tation und der dichten Bevölkerung in Augenschein genommen. Ich habe auch die Landschaft südlich davon kennen gelernt durch die Kämpfe mit Bauaheri, Lie ich persönlich mitgemacht habe. Diese Landschaft macht einen erheblich nngnnstigcren Eindruck, eine Palmenart und die Akazie sind die vorherrschenden Bäume, deshalb wirb hier die Kulturarbeit einzusetzen habe», und vielleicht gelingt cö unS, mit Hülse künstlicher Brnnnen Erfolge zn erzielen. Daran anschließend folgt Usaramo mit Vagamoho und Daressalam. Dort ist der Boden verschiedenartig. Wir habe» die Frende gehabt, daß dicht bei Bagamoho jetzt ein großes Unternehmen in Angriff genommen wird, indem man die Banmwollcnkultur pflegt, wo Emi» Pascha sich an die Spitze dieses Unternehmens gestellt hat. ES ist trockener Boden, aber für die Baumwollcnkultnr doch außerordentlich günstig. Bei Dar- essalam liegt der herrlichste Frnchtboden hart an der Küste, mau braucht nur den Pflug anzusetzen und den Spaten in die Hand zn nehmen, nm Erfolge zu erzielen. Was endlich den Süden belrifft, der jetzt von Wißmann besetzt wird nnd den ich bei einer RekognoSzirnugsfahrt gegen Kilwa, die ich mit dem Reichskommissar zusammen machte, Lom Wasser ans gesehen habe, so war auch hinter Kilwa ein hügeliges Laud mit herrlicher dunkler Vegetation sichtbar, und die Beamten, welche früher dort gewesen sind, bestätigen, daß dort der fruchtbarste Theil unserer Besitznug sich befindet. Ich glanbe, nach diesen Resultaten dürfen wir also ein für alle Mal jenen Einwand als abgethan betrachten und es wäre dieser AuSsprnch auch ganz unerklärlich von einem gelehrte» Forscher, we»» er sich nicht daraus erklären würde, "daß der Schreiber desselben, vr. Fischer, damals leberkrank, verstimmt, verärgert nnd vor allem mit vr. Peters verfeindet war und dessen junge Schöpfung Ostafrika verunglimpfen wollte. Ich komme zur Sache. Stächst den Waffencrfolge», die ja vor aller Welt zu Tage liegen, habe ich die Thaten des Majors Wiß mann nach drei Nichtnngen hin zn spezifiziren. Er hat sehr große Verdienste erworben dadurch, daß er erstens uns draußen eine Mustertruppe geschaffen hat, zweitens durch Anlage fester Stationen die Küste unbedingt gesichert hat, drittens durch richtige Anordnungen den Gesundheitszustand unserer Truppe außerordentlich günstig gestellt hat. Der Neichskommissar hat einen Meistergriff gethan, indem er sich seine Soldaten in den Sudanesen von Aegypten holte. Ich habe da draußen, wie ich sie bezeichnen kann, eine wahre Mustertruppe für afrikanische Verhältnisse gesehen. Es ist eine Klasse von Soldaten, eine Kriegerkaste, wie wir sie in Europa nicht mehr kennen; es sind Berufssoldaten, die vom 16. bis 60. Jahre nichts anderes kennen als das Kriegshandwerk, die im Sudan ganz andere Gegner gewohnt waren, die Mahdisteii, dann die fanatischen Derwische, als an unserer Küste, wo sich die viel weichlicheren Suahelen nnd Araber vorfinde». Ich habe die Truppe in ihren Stationen, im Bivouak, im Gefecht, auf dem Marsch überall gesehen und kann nur ihres Lobes voll sein. Sie gehorcht dem deutschen Kommando, sie folgt dem deut schen Reglement, sie führt die Gefechte, soweit dicS nach den Lor- tigen Verhältnissen möglich ist, nach unseren Gesetzen. WaS ihre Tapferkeit betrifft, so möchte ich nnr ei» Wort anführen, was un sere Gegner, die Araber, von den deutschen Soldaten sagen. Da habe ich gehört, wie gefangene Araber sagten: „die Deutschen machen erst ein furchtbares Feuer, dann setzen sie sich Hörner ans — damit meinen sie das Auspflanzen des Seitengewehrs —, nehmen den Kopf zwischen die Beine wie die Büffel, brüllen wie die Büffel und stürzen auf uns los." (Heiterkeit.) Was die Dis ziplin betrifft, so ist dieselbe ebenfalls mnsterhaft. Strafen kommen fast nicht vor, da die Mannschaften keinen Alkohol trinken und Exzesse und deral. unbekannt sind. Die Disziplin dieser Truppe hat sich sogar schon aufs allercrfreulichste auf die Bevölkerung übertrage». Sie würden staunen, wenn Sie unsere deutschen Sta- tionen in Ostafrika sähen, ebenso wie ich erstaunt war, als ich zuerst den Fuß ans Land setzte. Sie finden im Gegensatz zn den un glaublichen Verhältnissen i» der Araberstadt Zanzibar, dem Schmutz und Unordnung nach allen Richtungen hin. an der Küste eine aus gezeichnete Ordnung in den Orten, die dort anfgebaut sind. Bagamoho hat schon 15 000 Einwohner, Tanga 4000, Dar-es- Salam etwas mehr u. s. w. Da sind überall schnurgerade Straßen gebaut, die Hausbesitzer müssen die Straßen fegen, um 6 Uhr, wenn die Sonne untcrgcgangen ist, werden Laternen angczündct: genug, es ist dort eine Polizeiordnun^ auch ohne einen bc- rittenen Schutzmann in ausgezeichneter Weise vorhanden. (Heiterkeit.) Wenn diese Truppe nun schon absolute Sicherheit für die Ver hältnisse dranßen schafft und die deutsche Herrschaft dort ganz sicher begründet, so sind es um so niehr die befestigten Stationen, die dort angelegt sind. Im Norden sind eS bisher sechs: Tanga, Pangani, Walja, Sadani, Bagamoho, Dar-eS-Salam. Im Bau ist augenblicklich Kilwa (Lindi ist erst eben besetzt) und ferner eine andere Station im Süden. Diese Stationen sind unter Benntznng der vorhandenen Baulichkeiten eingerichtet. Die Häuser sind mit Maner» »mgebe» u»d diese Mauer», für Geschütze »»d Gewehre eingerichtet, biete» eine absolute Slurmfrciheit u»d Sicherheit, sodaß sie für afrikanische Verhältnisse uneinnehmbar sind. Drittens möchte ich de» ausgezeichnete» GesnndhcitSznstand in der Truppe draußen hcrvorhcben. Das ist ein besonderes Verdienst des Majors Wißmann, der vom ersten Augenblick, wo er das Land betrat, die Anordnung traf, daß Europäer nur in steinerne» Häusern wohne», »»d, wo die nicht vorhanden waren, sofort solche hergestellt wurde». Das hat sich ausgezeichnet bewährt. Ich habe eine Statistik über die Truppe vo» Aubegin» ihres Auftretens an geführt nnd kann folgende Zahlen angebe»: vo» 248 E»ropäern, die in, Lauf des verflossenen Jahres hinausgesandt sind, sind 3 Mann am klimatischen Fieber gestorben. Ich weise darauf hin, was andere Nationen, Engländer und Holländer z. B. verloren haben, es sind dort ganze Generationen in Jamaika, Batavia re. in der ersten Zeit am Fieber gestorben. Nachdem unn die Küste thatsächlich unter deutsche Herrschaft gestellt ist und militärisch dauernd besetzt ist, wird weiter daS Innere in Angriff genommen werden. DaS darf nicht 'so auf- gefaßt werden, als ob etwa Eroberungspolitik getrieben würde. Es kann für uns von keiner Bedeutung sein, ob wir so nnd so viel Onadratmeilcn niehr oder weniger habe», wohl aber, daß wir daS Hinterland in natürlicher weitgehendster Ausdehnung »ns sichern, um die wichtigen Produkte des Innern, Elfenbein, Kopal, Gummi nnd was sonst dort hcrkommt, au die Küste zn bringen, und dazu dienen die genannten Expeditionen, vor allein nm die K'arawaneustraßen zn sichern, und ebenso die Missionsstationen im Junern. Eine dieser Expeditionen ist die viel besprochene Emin Paschas. Wenn ich de» Namen erwähne, so mnß ich ihn in einer Richtung in Schutz nehme», möchte ich sagen. Er wurde gestern hier als Militär bingestellt. Ich habe mit ihm sehr intim verkehrt und ich rechne die Stun den, die ich mit ihm zusammen verlebt habe, anch zn den interessantesten, die ich genossen habe. Wen» Emi» Pascha diese Reichstags - Vcrha»diu»gc» im Juaern Afrikas lese» sollte, so wird er mir verzeihen, wen» ich ihn gegen den Vorwnrf, daß er Militär sei, vcrtheidige. (Heiterkeit.) Er ist ei» vortreff licher Charakter nnd ei» durch und durch «atioual gesinnter Deut scher, aber er ist auch durch nnd durch ein Gelehrter, und zwar ei» stiller Gelehrter, dem seine natnrhistorijchcn und geographischen Forschungen über alles gehen. Gerade des halb hat sich der Neichskommissar mit seiner Persönlich- keit in Verbindung gesetzt, weil er in ihm eine» gänzlich friedlichen Mann als Führer der Expedition sand und unter dem Namen und mit den Verdienste» Emin jPafihaö gerade wolle» wir friedliche Expeditione» i»s Innere unternehmen. Emin Pascha hat durch seine Thäligkcit im Innern, durch die 15 Jahre, die er dort gelebt hat, die fabelhafte Geduld gewouuen, nm mit dem Neger ei» Scha»ri durchzusühre». Selbst wen» es sich um Kleinig keiten handelt, weiß er 1, 2, 3 Tage mit dem Manne zu verhandel», während einem andern Europäer die Geduld reißt. Gerade durch die abgerissenen SchauriS sind viele Kriege und Blut- thaten möglich geworden. Wir hoffen gerade in Emin Pascha einen friedlichen Führer durch das Innere Afrikas gewonnen zu haben, nnd in diesem Sinne bitte ich Sie, seine Expedition auznjehen. Was die andern Verhältnisse in Ostasrika betrifft, so kann ich nnr ausühren, daß sich Handel nnd Wandel in fast crstannlicher Weise bereits belebt hat. Ich habe in dem Zollmagazin in Baga- moyo einen Vorrath von Elfenbein von 200 000 Mark Werth gefunden. Zn gleicher Zeit hat ein Missionar a»L dem Innern, ei» englischer Missionar, welcher eine Hänptliugs- tochter geheirathet hat und im Inner» eine große Rolle spielt, bei dem Major Wißmann angemcldet, daß er mit einer Karawane nnd Elfenbein im Werthe von lOOOOOMk. nach Sadani kommen werde; es ist mitgctheilt worden, daß er bereits dort eingetroffen ist. Das Elfenbein zahlt 15 Prozent Zoll, eS ist doch also ein reinliches Ge schäft, was damit gemacht wird. Neben diesem Hanocl, der sich jetzt bei de» immerhin nnrnhig gewesenen Zeiten, will ich sage», schon entwickelt hat, geht die Pläntageuarbcit vorwärts. Ich habe die Plantage Lewa im Usambaragcbict gesehen, wo bereits fröhliche Arbeit mid vollständiger Frieden mit den Eingeborenen herrscht. Hinter Tanga ist Lie Ostafrikanischc Gesellschaft thätig, und von Vagamoyo erlaubte ich mir schon vorhin daS Banmwollennnler- nchmen anznführen. Ich muß noch eines KnltnrfaktorS gedenken, den ich recht hoch stellen möchte; das ist die Mission. Die evangelische Mission hat in Ostafrika noch keine Erfolge erringen können, La sie erst seit kurzer Zeit dort thätig ist. Sie ist an mehreren Stellen beschäf tigt, kau» aber noch nicht von Erfolgen spreche». Die katholische Mission ist dagegen dort schon seit 25 Jahren thätig; es ist die Gesellschaft der b'rvre» ^I.görieim im Inner» südlich vom Victoria Nhanza nnd die Oonzrogalion cko dmint Lkprit an der Küste thätig; deren Brüder sind znni großen Theil Deutsche vom Rhein, auS Elsaß - Lothringen, und haben während des Aufstandes immer ein ausgezeichnetes Verhältniß zu unseren deutschen Offizieren und Beamten unterhalten. Ich habe viel mit den Missionaren verkehrt und habe den besten Eindruck von Ler Thätigkeit derselben erhalten. Speziell die Missionsanstalt in Pangani ist eine Musteranstalt zu nennen; dort habe ich 100 Neger knaben nnd 100 Negermädchen gesehen, Lie zur Arbeit nnd christ lichen Lehre angeleitet werden. Die Missionare haben eine be sonders geschickte Hand, daß sie den Neger nicht über seine Knltnr- stufe erheben, aber zu strenger Arbeit unter den bescheidensten Verhältnissen erziehen, so daß er uns dienstbar und nützlich werden wird. Diese Misstonsstation hat einen Pflanzgarten angelegt, der sämmtlicheTropenprodmkte, Banmwolle, Tabak, Kaffee, Vanille und Indigo zieht und den Beweis liefert, was aus diesem Lande gemacht werden kann, wenn der Plantagcnban in großem Maßstabe durchgefübrt wird. Es steht einem Soldaten schlecht an zu renommiren, nnd es ist ein übler Standpunkt, die Zukunft zn prophezeien. Dennoch stehe ich nicht an, vor dem hohen Hanse hier zu erklären, erstens, daß die militärische Herrschaft an der Küste absolut gesichert nnd ans die Dauer begründet ist; zweitens, daß man jetzt schon die Garantie übernehmen kann, daß jedes dort angelegte dentsche Kapital seinen Nutzen bringen und ungestörte Arbeit reichliche Zinsen tragen wird. (Lebhafter Beifall.) Abg. vr. von Bennigsen: Die gestrigen Verhandlungen haben für daS Schicksal der Vorlage sowohl in der Kommission als später im Plenum durchaus günstige Aussichten eröffnet, und die Erklärmisten, welche wir soeben gehört haben von dem Herrn Major Liebert, der unmittelbar nach den gewonnenen Eindrücken nach einem allerdings nnr fünfwöchentlichen Aufenthalte von Afrika zurückgekehrt ist, find gewiß durchaus geeignet, nm diejenigen zn bestärken in ihrer Entschließung, welche der Vorlage günstig gestimmt find. Ich will insbesondere ans diesen eben angeführten Mittheilungen hervorheben und zu gleich anch auS der Nachricht, die uns telegraphisch übermittelt worden ist, daß also der Besitz der Küste vollkommen und, wie es scheint, dauernd gesichert in deutschen Händen ist, daß außerdem wenigstens» im Norden des deutschen Gebietes anch nach innen und auf den Karawanenstraßen sür Len Plantagen- bau nnd den Handel ein erheblicher Fortschritt in der Sicher heit gemacht ist, so daß z» diesen bisherigen Erfolgen sowohl im Norden als auch weiter im Süden in absehbarer Zeit eine Pacifiziruug unseres deutschen Gebietes und eine sichere Grund lage sür deutsche Unternehmungen in Deutsch-Ostasrika gewonnen zu sei» scheint. Ju Ler gestrigen Diskussion haben sich nnr zwei Redner gegen die Vorlage anSgesproch e», der Abg. vr Bamberger, und dieser anch noch immerhin mit einer gewissen Klausnlirung, ganz eut- schieden und prinzipiell nur der Herr Abg. Vollmar. Tic Gründe, welche er für den ablehnenden Standpunkt seiner Freunde an- sührte, halte ich anch von diesem Standpunkte aus kaum für be- rechtigt; im übrigen, ans die ankeren Parteien des HanscS können sic aber unmöglich eine» erheblichen Eindruck gemacht haben. Im Wesentlichen hat Herr v. Vollmar die Kolonialpotitik bekämpft,dieFor- dcrungeiiverweigert, de» Wunsch ausgesprochen und LicNothwendigkeit sogar hcrvorgehobeu, daß die NeichSrcgierung so rasch wie möglich dieses Gebiet wieder verlasse und alles den dortigen Privat- mnsieuSgeselljchaftcn, industriellen und HandelSgesellschaste» über lasse; er hat sich im Wesentliche» darauf gestützt, daß, wenn Lie Regierung ans diesem Wege in der KolonialpeUUk, speziell also in Ostasrika fortführe, dann Konflikte, kriegerische Verwickelungen zu besorge» wäre», n»d daß die innere» großen kulturhistorischen und namentlich sozialpolitischen Aufgaben dadurch zurückgedräugt nnd behindert sein würden. Ich bin überzeugt, die Mehrheit des Hause? und die NcicbS- regicrung ist, was die Frage der Verwickelungen anlangt, iu- sofern doch anderer Meinung. Wenn wir Verwickelungen über koloniale oder andere deutsche Interessen besorgen könne», dann ist meiner Meinung nach die Olefahr Laun am größten, wenn wir einen rechtlich erworbenen Besitz ohne Noth, ohne zwingenden Grund einfach aufgeben, auS einer Sorge, daß nnS dieser Besitz in Verwickelungen führen könnte. Die Achtung, welche Dentsch- laud in solchen Fällen bei Gegnern nnd bei Freunden gewinnen würde, würde allerdings in dem Maße sehr herabgedrückt werden. Eine Politik, so schwächlich, daß sie berechtigten Besitz ohne Noth nnd Zwang einfach ans der Sorge preiSgiebt, daß daraus irgend welche Verwickelungen entstehen könnte», würde dem Feiud keine» Respekt »»d Lem Freu»dc kein Vertrauen eiuflöße». WaS daun die innere» Verhätt»isfe anbemngt, so verstehe ich Herrn v. Vollmar nicht: in diesen letzten Jahre», i» denen die Koloulalpolitik begonnen, die Forderungen sür dieselbe gestellt und vom Reichstage bewilligt waren, ist ja in einer überaus energischen Weise, mit der Aufwendung Ler bedeutendsten NeichSmillel, in der Zukunft noch höher als in der Gegenwart, für die schwäche ren Theile der Bevölkerung in Denlschlaud sozialpolitisch gesorgt werden. Herr v. Vollmar nnd seine Freunde und über haupt unsere Nation kann also darüber ganz beruhigt sei«: Lie wichtigeren inneren kulturhistorischen Ausgaben, speziell diejenigen sozialpolitischer Statur, welche Lem dculschcn Volke, der deutschen NeichSrcgierung und Vertretung gesteckt sind, werden durch einige Millionen, die wir jetzt und in weiteren Jahren für die Kolonial politik anfzuwcnken haben, nicht beeinträchtigt werden; LaS lehrt schon die Erfahrung der letzten Jahre. WaS den Herrn Abg. I)r. Bamberger aulangt, so will ich mit der Anerkennung beginnen, daß er im Ganzen seinen Vortrag in einer durchaus sachlichen Weise gehalten hat, in Vertretung Les Standpunktes, den er und die übergroße Mehrzahl seiner Freunde früher eingenommen, und wie er uns gestern gesagt bak, auch jetzt «och eiunehmen werden. Er mag mir aber verzeihen, wenn ich ein Bedauern anSsprcche. Als er — ich glaube allerdings etwas irritirt durch einen ziemlich harmlose» Zwischenruf von mir — davon sprach, daß die Wißmanu'scheu Truppen doch nun genug gesengt und gebrannt hätten, hatte ich doch erwartet, daß er nun doch gewissermaßen zur Entschädigung für diese Acnßerung ein Wort herzlicher Anerkennung für den Major Wißmann, die Offiziere nnd Lie Beamten auch gehabt hätte, die dort nicht blos für Deutschlands Ehre, nein, die wirklich mit Umsicht, Aufopferung, Energie, und in vcrhältnlßmäßig kurzer Zeit großen Erfolgen einen gefährlichen Ausstand im Wesentlichen niedergeschlagen nnd diese (.siegenden der Pacisicirnng zugeführt habe». (Sehr richtig!) Hat doch Herr v. Vollmar es nicht unter lassen, indem er jagte, daß gewaltsame Nüttel nölhig wären, nm eine» solchen Ansstaud nicderzuschlagen, seine Anerkennung nnd Hochachtung vor den energischen Leistungen Ler Wißmann'fchen Trnppe anßznsprcchen. Und wenn gestern im Lanse der Diskussion unser greiser Kollege Windthorst so zn sagen für das ganze Haus den Ausdruck der Anerkennung für den Major Wißmann, seine Offiziere, Beamte und Truppen hier zur Geltung gebracht hat, so möchte ich glauben, daß er wohl berechtigt war, im Namen dck ganzen Hauses diese Worte zu spreche», und ich möchte annehmen, daß auch Herr vr. Bamberger und seine Freunde sich dieser Anerkennung nicht entziehe» werde». (Beifall). Ich möchte nun noch eine Be merkung den Worten des Abg. Er. Windthorst hiuznfüge». Major Wißmann, bei dcn großen Verdiensten, die gerade ihm zuznschreiben sind, und, wie wir soeben noch wieder haben bestätigt gefunden ans Lem Mnnde des Herrn Major Liebert, hätte doch diese Erfolge nicht erkämpfen können ohne die kräftige, ausgezeichnete Mit wirkung seiner Offiziere und Beamten, nnd da halte ich mich doch verpflichtet, ausdrücklich hervorznhebeu, gegenüber den vielfachen Angriffen, die nun seit Jahr und Tag in der Presse und auch hier im Reichstage gegen die Ostafrikanische Gesellschaft erfolgt sind, daß unter dcn Offiziere» und Beamten des Herrn Wißmann, Herrn v. Gravenreuth an der Spitze und den anderen an Zahl nach 14 Personen, diese 15 Offiziere nnd Beamten engagirt find ans früheren Beamten nnd Offizieren der Deutsch-Ostafrikanischcn Gesellschaft, wo also doch zweifellos, sowohl bei der Auswahl dieser Männer wie bei der Ausbildung und den Erfahrungen, die sie sich im Dienste der Gesellschaft gesammelt haben, ein Material von Menschen, was jetzt dem deutschen Reiche in der Aufgabe des Ncichskommissars Wißmann sehr zu Gute gekommen ist, ohne deren Erfahrung er vielleicht seine Ausgabe nicht so rasch würde haben lösen können. (Beifall.) Ich komme nnu zn den weiteren Ansführnngen deS Herrn Bamberger. Da mögen es mir meine früheren politischen Freunde verzeihen, wenn ich sage, ein so fein angelegter, historisch gebildeter Politiker hat sich für mich rn einem ganz milöSbaren Widersprach oder einem unlösbaren Mangel an Konsequenz in dein letzten Theil seiner AnSführungen gestern bewegt. Er stellte sich auf den Boden, daß er anerkannte, der Reichskanzler könnte im Grnnde gar nicht anders handeln, als wie er gethan. Es sei ganz unmöglich, daß der Reichskanzler nnd die NeichSregiernng ohne weiteres eine jfolche Position verließen, welche die frühere Reichsregicrung mit Zn- stimmnng des Reichstages dort in Ostafrika entnimmt. Ich war einigermaßen verwnndert, als ich gegen Ende seiner Ansführnngen dieses Zugeständniß — ich will eS einmal so nennen — hörte, und glaubte, daraus würde nun bis zu einem gewissen Grade auch die Konsequenz gezogen werden. Scheinbar that es anch Herr vr. Bamberger und sagte, daraus würde also folgern, daß man innerhalb gewisser Grenzen wohl auch Mitwirken könnte für Handlungen, die im deutschen ostafrikcmischen Gebiete nothwendig seien; aber zum Schlüsse kam er doch darauf, daß das, was jetzt gefordert ist, von ihm und seinen Freunden nicht bewilligt werden könnte. Ich glaube nun, daß mir vr. Bamberger gewiß zugcben wird, daß er nicht davon gesprochen hat, der Reichskanzler Herr von Caprivi könne als Gentleman gewissermaßen diese Position nicht anfgeben: — ich habe ihn so verstanden, und gewiß hat er es nicht anders ans drücken wollen, als daß die NeichSregiernng, nach dem, was in der Vergangenheit vo» Thatsachen vorliegt, die Position nicht
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