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NE 7«. Zehnter Jahrg. " Erscheint: »Äglich früh 7 Uhr. Inserate werdrn angenommen: bi« AbendS ü,Sonn- tagS bi» Mittag» 12 Uhr. «arienstraße IS. «„teig, in dies. Blatte, da« jetzt in 11,0V« Exemplaren erscheint, finden eine erfolgreich« Verbreitung. Tonnabend. 11. Marx 18«S. Tageblatt für Unterhaltuug und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theo-or Arabisch. Abonnement: Vierteljährlich 2VNgL bei unentgelticher Lis<y srrung in'» HanS- Durch die Königl. Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Druck und Eigenthum der Herausgeber: küitpsch de Neichllrdt. — Verantwortlicher Redacteur: IultllS Rkichardt. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile 2 Ngr. Dresden, den 11. März. ^ Se. König!. Mas. hat den zum Kaiserlich Brasiliani schst: Viceconsul in Dresden ernannten Joaquim Ferreira Sampaio in dieser Eigenschaft anerkannt. — Der neue Lehrcursus an der Kreuz schule beginnt am 25. April. Die Aufnahmeprüfung findet, wie gewöhnlich, tags vorher statt. — In Bezug auf den Eisstand der Elbe liegen heute nur folgende Meldungen vom vorgestrigen Tage vor: Riesa, 9. März, 3 Uhr 40 Min. Nachmittags: Das oberhalb Meisten gestandene Eis liegt in Schutz vom Göhrischgute bis zum Zes- senhause, ungefähr 4 Ellen Stauwasser vor dem Schutze. Eis freie Stellen haben sich bei Niederlommatzsch, Hirschstein, Mersch witz, Grödel und von Riesa bis zur Gröbaer Fähre gebildet. Sonst Eisgang unverändert. Wasserstand 2 Ellen 2 Zoll über Null. — Pirna, 9. März, 5 Uhr 15 Min. Nachmittags: im Gepräge bis Bogelgesang seit gestern Abend unverändert. Gleichmäßiger Wasserfall; Wasserstand 4 Zoll über Null. — Zum Besten für den Gutzkowfond lst auch Herr NeSmüller bereit, durch eine Vorstellung im zweiten Theater sein Scherflein zu spenden. Ein Stück von Gutzkow zu ge ben, würde zwar nicht den Kräften dieser Bühne entgegen stehen; sie bewegt sich bekanntlich im Reich der Posse, und so hat man zur Erreichung des guten Zweckes die bekannte Posse „Viel Vergnügen" gewählt, welche heute Sonnabend zum 69. Male wiederholt wird. Möge die Hoffnung auf eine reiche Einnahme in Erfüllung gehen, alle Verehrer und Freunde Gutzkow'S werden die» von Herzen wünschen. — Ungeahnt und trotz aller Vorsicht schleicht sich die gefährliche Lungenseuche unter dem Rindvieh ein. Nachdem sie in unserer Nähe, in Löbtau, erloschen ist, ist sie vor Kur zem auf dem Rittergute Berreuth bei Dippoldiswalde ausge brochen, ebenso in den Ort «haften Dewitz, GraSdorf und Mockau bei Leipzig , im Städtchen Taucha war sie vom Au gust vor. I. an bis Ende Februar d. I. Neueren Nach richten zufolge herrscht die beuche u. A. in Wangen im All gau, woher die beliebte Allgäuer Rac-e nach Sachsen eingeführt wird. Von den Betroffenen war nur ein Besitzer so vor sichtig. zu versichern. Bei dem immer weiteren Umsichgreifen der Lungenseuche scheinen jedoch die Landwirthe die bei der Berliner Bank eingeführte Seuchenversicherung fleißiger zu benutzen und eS sind bei dieser Anstalt in den letzten beiden Monaten allein mehr als für 200,000 Thaler Anträge ein- grgangen. — Der in der Gelehrtenwelt rühmlichst bekannte Biblio thekar und Gymnasiallehrer I»r. Förstemann in Wernigerode hat den Ruf als Oberbibliothekar der königl. Bibliothek nach Dresden erhalten und angenommen. — In Betreff der Notenhefte für das deutsche Gesangs fest sei bemerkt, daß der Druck schon längst begonnen und den 15. d. M. zum Versenden fertig sein soll. Nur der Druck des darauf kommenden und gestern Abend gewählten Festspruches soll bis dahin noch bewirkt werden. — ex- V-igestern gab Herr Concertmeister Lauterbach und die Herren Kammermusici Hüllweck, Göring und Grützmacher ihre zweite Soirve für Kammermusik und brachten das Quar tett in b-ckur von Mozart, Quintett Op. 104 von Beethoven und großes Quartett in l»-iiur (Op. 44 Nr. 1) von Men delssohn zu Gehör. Die Solo-Quartette in b-, l>- und 6-<jur componirle Mozart 1790 im Aufträge des Königs Friedrich Wilhelm >1. von Preußen, welcher das Violoncello leiden schaftlich spielte, und derhalb die Veranlassung gab, daß der Componist dieses Instrument gleich der ersten Violine bevor zugte. Besonders schön ist das Allegretto, jedoch steht in künst lerischer Hinsicht der letzte Satz am höchsten. Dieses schwie rige Finale wurde zwar mit einer Sicherheit und Leichtigkeit ausgeführt, die in Erstaunen setzte, doch dabei so schnell, daß es selbst dem Musiker vom Fach nicht möglich war, alle vier Instrumente anhaltend zu verfolgen. Zum ersten Male kam dann rjn Quintett für 2 Viölinen, 2 Bratschen und Violon- cell von Beethoven zur Ausführung, welches vom Compomsten selbst nach dem Omoll-Trio (Op. l) für Pianoforte. Violine und Violoncello arrangirt ist, jedoch in der Behandlung der fünf Instrumente so meisterhaft gesetzt erscheint, daß es auch wirklich wie ein neue- Werk dasteht. Das Klavier-Trio ver dient wohl den Vorzug, da schon die verschiedenen Klang farben der Instrumente einen größer» Effect erzielen, indeß kommt bei einzelnen Stellen, z. B. bei der zweiten Variation im Andante die Wirkung dem Originale völlig gleich. Auf besonderes Verlangen mußte dir reizende Menuett, in welcher das Spiel des Herrn Concerirneifier» so überaus schön her vortrat, wiederholt werden Von diesen Meisterwerken wurde freilich das nun folgende MendrlSsohn'sche Quartett verdun kelt, und die» um so mehr, als gerade die drei ersten Sähe die schwächsten waren, und besonder» die Menuett und das Andante Einheit des Styles und der Stimmung vermissen ließen. Dagegen stand das Presto auf einer bedeutend höher» Stufe und erregte durch seinen Glanz und gediegene Arbeit das Interesse der Zuhörer um so mehr. Die Herren Concert- geber trugen die genannten Werke mit großer Präcision und srelenvollster Empfindung vor. — In unserer Dienstagsnummer war ein Referat über den Diebstahl zu lesen, den ein Lehrling in dem Kleiderwaa- rengeschäft des Kaufmannes Herrn Pfefferkorn hier verübt hat. Um diesem Berichte etwa zu entnehmenden Mißverständnissen zu begegnen, sei hier Folgendes nachträglich bemerkt. Herrn Pfefferkorn sind Kleider im Werthe von weit über 100 Tha- lern durch den Lehrling entwendet worden, da der letztere lei der nur zu bereitwillige, ja zum Theil ihn aufmunternde Ab nehmer fand. So weit sich der Lehrling der betreffenden Persönlichkeiten genau und sicher zu erinnern wußte, sind olche auf die Expedition des Sachwalters Herrn Pfefferkorns beschieden worden, und haben dort Einzelne dieser Personen auch sofort bereitwillig den Ladenpreis der angeeigneten Sachen bezahlt, der natürlich von deren Selbstkostenpreise ein verschie dener ist. Es schien nun aus jenem Referate hervorzugehen (und Mißverständnisse des Herrn Referenten sind ja entschuld bar), daß Herr Pfefferkorn oder dessen Sachwalter trotzdem jene Personen, die ihm Ersatz leisteten, angezeigt hätte. Da er selbige des Gegentheils versicherte, als sie ihn bezahlten, so hat Herr Pfefferkorn weder selbst, noch durch Vermittlung irgendwelche Anzeige erhoben, sogar die Nichtzahlenden um der Anderen willen geschont, was als eine große Nachsicht von ihm gerühmt werden muß, da, wie wir vernehmen, derselbe nicht einmal den vierten Theil des Gesarnmtwerthbetrages dessen erlangt hat, was ihm gestohlen worden war. Es ist ihm un bekannt, durch Wen die Behörde Kenntniß von der Sache er langt hat. — Unter den Sammlungen, welche in Leipzig für Schles wig-Holstein im Gange waren, trat besonders die Redaktion der „Gartenlaube" hervor Sie schickte vorgestern Eintausend Thaler an die durch den Krieg Beschädigten auf Alsen nach Hamburg ab. Es gereicht dieser Erfolg, den das genannte Blatt für unsere deutschen Landsleute errungen, zur hohen Ehre. — Uebcr den Eisschutz bei Vogelgesang berichtet man uns von Pirna: Das sämmtliche neue Eis von der sächsischen Grenze an ist unterhalb Stadt Wehlen zusammengeschoben und hat daselbst einen bedeutenden Schutz gebildet. Interes sant ist es, zu sehen, wie sich das Eis förmlich in und über einander geschoben hat, so daß es an manchen Stellen zwei Ellen und darüber aufgeschichtet ist. Das Wasser ist ober halb des Eisschutzcs gegen eine Elle gefallen, also noch nicht sogleich auf dessen Bewegung zu rechnen, wenn nicht bedeu tender Wasserwuchs eintritt, was recht bald geschehen möchte, da durch die Sperrung der Elbe der ganze Verkehr für die Anwohner der Oberelbe, welche durch den Elbstrom ihre Nah rung finden, gehemmt ist. — Seit vorgestern, Donnerstag, hat beim Bezirksgericht Pirna der öffentliche Verhandlungstermin gegen den berüch tigten Dieb Judenfeind aus Krebs begonnen. Einige dreißig Zeugen sind zu vernehmen Die Verhandlung war von Sei ten der Bewohner des rechten Elbufers sehr zahlreich besucht und endete gestern gegm l Uhr Mittags. Gegen 4 Uhr wurde Judenfeinden das Urtheil, welches auf 10 Jahre Zucht haus mit ein Drittheil Schärfung lautet, verkündet. Als Vcrthcidigcr fungirte Herr Adv. Schreck von Pirna. — Auf dem Bahnhof in Magdeburg ist am Dienstag der Arbeiter Schulze mit einem Fuße an der Schiene hängen geblieben und von einem rollenden Wagen niedergeworfen worden. Die Näder gingen dann der Länge nach über ihn weg und zerrissen ihn in entsetzlicher Weise. — Kindliche Naivetät. Als dieser Tage in einer hiesigen Schule die Prüfung der untern Clafsen stattstand, wo unter der Zuhörerschaft sich auch einige decorirte Herren be fanden, ging Einer der Lehrer im Religionsqebiet auf die Armuth und Dürftigkeit Jesu über. Als hier im fcrnern Ver lauf die Frage geschah: „Was hat vor Gott nicht das An sehen, worauf oft Menschen großen Werth legen?" und zwei der Schüler geantwortet: Neichthum, Geld und Pracht, da erhob sich noch so ein kleiner Flachskopf und sagte: Orden! — Orffentliche Gerichtsverhandlung vom 10. März. Fünf Einspruchsverhandlungen standen heute an, darunter bezeichnete das schwarze Brett nur eine, die erste von ihnen, als eine geheime. Die Sache änd rte sich aber Die erste Sache betraf eine Privatanklage der Königl. Polizei- direction zu Dresden Wider August Friedrich Naumann von hier, die zweite eine Privatanklage deS Schneidergesellcn Carl August Schumann wider den Briefträger Carl Gottlob Mor genstern, die dritte ebenfalls eine Privatanklage des Direkto rium» der Sächsischen Champagncrfabnk wider den Kaufmann Julius Otto Seebe, in welcher zwei Advocaten fungirten, die Herren l). Schaffrath und 0. Meinhold. Alle diese drei Verhandlungen waren wider Erwarten geheim und das End- urtheil wurde nur den Parteien publicirt. — Für eine Pri- vatanklagsache, die vom Gerichtsamt Radeberg herrührt, wur den die Thüren des Saales geöffnet und die spärlichen Ga leriebesucher eingelassen. In diesem Prozeß ist der Kramer August Ludwig Schieritz zu Großokrylla der Kläger und der Maurer Gustav Adolph Gneuß zu Ottendorf der Privatbe klagte. Es handelt sich um einfache Beleidigung, die in Wor ten Gneuß dem Schieritz in einem Wirthshause angethan. Er soll gesagt haben, Schieritz sei ein lappiger Kerl, er sei ja bei Woldemar Schmidt noch einige 70 Thaler für Schnap» schuldig. Das ließ sich der Beleidigte nicht gefallen, er ver klagte den Gneuß und dieser Letztere wurde zu 3 Thlr. Geld buße und Tragung der Kosten verurtheilt. Dagegen erhob er Einspruch. Es waren eine Menge Zeugen in der Sache vernommen worden. Heute blieb es aber beim Alten. — Nach 1 Uhr erscheint Herr Staatsanwalt Held im Saal, denn es handelt sich um Diebstahl und Partirerei. Zwei Angeklagte fungiren in diesem Criminalprozeß, die Eine heißt Friederike Wilhelmine Selma Gundermann, die Andere Thekla Ottilie Schönfuß. Letztere steht vor uns, die Gundermann hat sich aus der Haft nicht vorführen lassen. In einem Hause an der Bürgerwiese wurde einer Dame, die im zweiten Stockwerk wohnt, ein seidnes Kleid gestohlen, in welchem sich ein Portemonnaie und ein Taschentuch befand; im Porte monnaie selbst sollen 20 Ngr. gelegen haben, nach früheren Angaben 1 Thaler. Die Kammerjungser der Dame hatte da» Kleid Abends 7 Uhr an den Kleiderrechen gehangen. Die Gundermann, 24 Jahr alt, aus dem Altenburgischen, unver- heirathet, schon einmal wegen Bettdiebstahls mit 3 Wochen Ge- fängniß bestraft, ist die Diebin. Sie war in dem Hause bekannt, hatte dort im dritten Stockwerk bei einer Herrschaft gedient und wenige Tage vor dem Diebstahl ihren Dienst daselbst verlassen. In der Wohnung der Bestohlenen hatte sie -ft nebenbei gescheuert und ihr das Bett gemacht. Viele Ver dachtsgründe lagen alsbald gegen sie vor. Sie wurde z. B.' zur Zeit der That in der Nähe des Hauses von dem Pianisten Frdr. Hugo Wölfel gesehen, bei dessen Anblick sie Reißaus nahm. Das leugnet sie. Sie sei, sagt sie, wohl mit einem Mädchen, Namens Mathilde zu jener Zeit des genannten Tages dort gewesen, sei aber nicht ausgerissen und habe die „Mathilde" nur gewarnt, nie in dieses Haus zu ziehen. Em andrer Verdachtsgrund gegen sie ist der, daß sie gerade im Besitz eines solchen Portemonnaies von grauem gepreßten Leder, wie das entwendete, gesehen worden ist. Eine gewisse Frau Lei- nert hat's bei ihr bemerkt und als sie sie gefragt, wo sie es her habe, soll sie erwidert haben: „Ich habe es von einem Pärnschen mit einem Thaler erhalten!" Endlich wird ihr noch nachgewicsen, daß sie davon gesprochen, sie wolle sich einen seidenen Stoff kaufen. Das hat die Leinert auch ge hört. Das gesteht sie zu, sagt aber, damit habe sie blos re- nommiren wollen. Auch eine gewisse Emilie Pauline Treff wurde von ihr gefragt, ob aus einem seidnen Kleide zwer Blouscn gemacht werden könnten? Sehr verdächtig ist hier bei noch der Umstand, daß eines Tages das gestohlne Kleid unerwartet durch einen rothen Dienstmann zurückgebracht wurde Die Gundermann erhielt 3 Monat und 2 Tage Gcfängniß, wovon 1 Monat abgerechnet wurde, da sie schon gegen 5 Monate im Untersuchungsarrest saß. Gegen die Strashöhe erhob sie Einspruch. Was nun die Mitangeklagte Thccla Ottilie Schönluß anlangt, so ist sie beschuldigt, den gestohlncn Nock aufbcwahrt zu haben und zwar durch 2 Mo nate, wofür ihr ein Blatt der Seide versprochen war. Die» sagt wenigstens die Gundermann und eine gewisse Pfänder. Sie soll ferner gewußt haben, daß der Rock gestohlen war. Der Richter erster Instanz verurtheilte sie zu 2 Wochen Ge- sängniß, wogegen sie Einspruch erhob. Herr Staatsanwalt Held ist für Bestätigung des Urtels der Gundermann, von der Schuld der Schönfuß aber häle er sich nicht für überzeugt. Er stellt ihre Freisprechung in's Ermessen der Richter. Herr Advocat l>r. Schaffrath, Defensor der Gundermann, tritt mehr bittweise, als vertheidigend in diesem Falle auf. Er be zieht sich zumeist nur auf die Höhe der Strafe mit Rücksicht auf die lange Untersuchungshaft, die seine Clientin erlitten; denn sie sitze seit dem 28. September 1864 schon fest und erst am 7. Februar 1865 wäre das Urtel erster Instanz ge fällt worden. Das dürfe nicht scin und wenn es leider vor komme, müsse der Richter alles Mögliche thun, um bei der Strafabmkssung milder zu sein. Der Gerichtshof verkündete, daß in dem Urtel der Hauptangeklagten Gundermann nicht» zu ändern, die Schönfuß aber wegen Mangels an voll ständigen Beweisen klagfrei zu sprechen und von den Ger'cht»- kosten zu entbinden sei.