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Donnerstag, 11. Marz ISIS Gegründet 18SS DradianIchrM, »«ckrtchlon Vr«,»». K-rnI»r»ck»r - S«nnm»lnumm»r 2V 241 «u, wr «ach>g„»r«ch»: 20 011. vom I.dt» >b.lULr, >»2« V,I Nt-U>ck twotmaUgir Nu»«Uuna lr»i Aau» I SO war». <)LAUg5' WLVUyt Vovb«»ua»pr»t» lUr Mono« M»r»^ Mar» o»»n» P»N,uIi»Uuna»g»dIU»r I» PI«,»!,. Di» «, Anzeigen-Pretse: K.L.? ««kerdald Schriftlettunq und NaupIg»>ch!U1«II»ll» »,rtr»Itra»,» SS 42. Druck u. Verlar, oon Nt«»Ich 4 »«tchar»! m Dr«»d«n. PoMch«ck-Non>v lOSS Dr»»»«n. Dackdnr» nur mt> »-ulltch-r Su»U»nanaadr ,Dr»«dn»r Vachr " wliiM». Unv»rlnna>» SckrEück» werden ntch> aulbewahr«. ^ns^ksswl gut« pi-siswstts Wsikis uncl KUclis I » UUH » ^srn-preebsr 1S777 »W» > 11 » ^oftsoo-Esorgsn-^IIss 8 Vergeblicher Sturm aus Deutschlands Stellung Lebha?le Derhandlungslüligkeit bis zum spölen Abend.—Keule Entscheidung durch Brlant. Drian-s Abreise nach Gens. - Der Wortlaut -es FUrjtenkompromisses. - Die Degrün-ung -es EisenbahnurleUs. Geteilte Meinungen in Gens. Genf. 10. März. Die Stimmung in den hiesigen politischen Kreisen ist in den Abendstunden des Mittwoch völlig ge teilt. Bon italienischer Seite ist die Parole ansgcgeben worden, dab die Schwierigkeiten -«genommen hätten und daß eine Lösung nicht abzuschcn sei. Achnlich äußerte man sich auch i« sranzösischen Lager. Bei den germanischen Staaten dagegen herrscht eine optimistischere Aussassung vor. Als wich tigstes Ereignis der NachmittagSbcsprcchung der NatSnit- glieüer darf festgestellt werden, dass der schwedische Außen- «inister Undc« seinen ablehnenden Standpunkt in aller Schärfe ansrcchterhaltcn hat, und daß alle Versuche, ihn umzustimmcn «uh zu überreden, an seiner Hartnäckigkeit gescheitert sind. Die endgültigen Entscheidungen in der Natssrage werden erst «ach der morgigen Ankunft Briands erwartet, doch läßt sich schwer Voraussagen, wie die Anhänger einer Ratdcrwerte- rung gegen den Einspruch Schwedens etwas erreichen können. So ist die Situation auch Mittwoch abend völlig unverändert. Gleichzeitig aber bars betont werden, das, sie sich nicht zum Nachteil Deutschlands verschoben hat. sT.ll.> Die Derhan-tung -er Locarnomächte. Einstellung ans den deutschen Standpunkt? Genf, 10. März. Tie mit Chambcrlain vereinbarte Be sprechung der Delegierten der am Locarnovertrag beteiligten Mächte dauerte bis kurz vor t Uhr. Für nachmittags wurde eine Besprechung im erweiterten Kreise vorgesehen, an der Deutschland nicht teilnchmen soll, zu der aber die anderen Nats Mitglieder ausgcfvrdcrt wurden. Von deutscher Seite wird darauf hlngcwiesen, bah die Lage seit Sonntag nachmittag sich nicht verändert habe, jedoch ist ans der Tatsache der Zusammenkunft der Natsmitglicdcr zu schließen, daß gewisse Resultate erzielt sind. Vor allem darf man onnhmen. daß die Staatsmänner, dle an der heutigen VvrmittagSbesprcchuna teilgenommcn haben, sich davon Über» »engte«, daß der deutsche Standpunkt völlig unverändert ist. Da Chamberlain es trotzdem für notwcudia befunden hat. die Ratsmitglieder heute nachmittag z« versammeln, so ist an- »«nehme«, daß er von diesem ««veränderten Standpunkt den anderen Mitgliedern des Rates Mitteilung mache» wollte, damit sie «n» endgültig z« der Sachlage Stellung nehmen. Eine wesentliche Nolle spielte bet diesen Verhandlungen der Kompromihvorschlag Scialojas, der die Einsetzung eines NatSauSschufscs »nr grundsätzlichen «nd politischen Untersuchung der Krage einer Erweiterung des Rates Vorsicht und anregt, daß dieser Ratsausschnß in der Junitagung des VölkcrbnndSrates einen Bericht vor» lege» soll. Es verlautet, daß sich Chamberlain schon vor Beginn der heutigen Verhandlungen mehr oder weniger den Kompromißvorschlag Scialojas zu eigen gemacht hatte. Tee-Konferenz -er Ralsmilglie-er. Deutsch-schwedische Aussprache. Genf, 10. März. Die wichtigen Besprechungen des heutigen Nachmittags begannen mit einem Besuche des fchwcoischen Außenministers Undc« bei der deutscheu Dele gation, der über eine Stunde dauerte. Man geht nicht fehl, wenn man in diesem Besuch eine Bekräftigung dafür sieht, daß Schweden den Standpunkt Deutschlands vollkommen teilt. Auch mag Herr Unden das Bedürfnis gehabt haben, sich vor der Zusammenkunft der Ratsmitglteder noch einmal persön lich über alle Einzelheiten des deutschen Standpunktes zu unterrichten. Am Nachmittag waren die NatSmftgfteder zu einer Aus sprache bei dem Generalsekretär Dir Eric Drnmmond ein- geladeu. Man hat dieser Besprechung den äußeren Rahmen eines Nachmtttagstees gegeben, um auch den polnischen Außenminister Skrzynskt, der nicht RatSmitglted ist, in die Verhandlungen mit einschalten zu können. Die deutsche Delegation war hierbei nicht zugegen. Chamberlain fiel die Aufgabe zu, die NatSmitglieder über den unveränderten deutschen Standpunkt zu unterrichten, um ihnen die Möglich, kett zu geben, sich nun von sich aus zu äußern. Der Nach- mittagStee, den Paul Bonconr einigen Pressevertretern gegenüber als eine „nichtossizielle Ratssitzung* bezeichnet«, bauerte etwa 2>L Stunden. Die Teilnehmer an der Be- fprechung lehnten Auskünfte über den Verlauf ab. Jedoch erklärte Boncour, der mit Leucheur zusammen teklgenom- m«n hatte, daß dt« Ausgabe einer weiteren Reise z»geführt worden sei, so daß man erwarben dürft:, daß vriand voraussichtlich morgen «ach seiner Rückkehr de« Ergebnis der heutigen Besprechung den Stempel aufdrückc« könne. Die deutsche Delegation wurde über die Besprechung der Ratsmitglteder bet Sir Eric Drummond durch Chamber- lat n persönlich unterrichtet, und zwar anläßlich des Abend» eflenS, das Chamberlai» i« Hotel vea« Nivage gab. An diesem Essen nahmen außer den deutschen Delegierten Luther »nd Strescmann die Mitglieder des Rates teil. Um 10 Uhr fand daraus ein insormcller Empfang bei dem General sekretär des Völkerbundes statt, zu dem die deutsche Dele gation sowie die Mehrzahl der anderen in Genf anwesenden führenden Staatsmänner eingeladen waren. Aus dem um fangreichen Programm ist ersichtlich, daß noch einmal allen interessierten Parteien Gelegenheit geboten werden sollte, ihre Ansichten anszntauschen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß bei dem heutigen französischen P r c sse e m p fang der Wunsch ausgesprochen wurde, die französische öffentlich« Meinung schon jetzt darauf vorzubereiten, daß der »schwedische* Standpunkt vermutlich siege» werbe. Bon eine« Sieg« des deutschen Standpunktes solle man nicht rede«. Ts ist klar, daß di« sran- Mische Oesfentltchkeit einen diplomatischen Sieg der Deutschen schwer ertragen wüpde, aber noch ist es nicht so weit. Be- zeichnend für die Situation ist der Ausspruch eines fran zösische» Staatsmannes, der heute vormittag im Lause eines Gespräches äußerte: Wir sind bereit, dem deutschen und schwedischen Standpunkt Rechnung zu tragen, daß die Er örterung des Natsproblcms vertagt und einer Kommission überwiesen wird. Was aber wird die dentsche Delegation «ns hierfür bieten? Wir erwarte», daß sie die Bcrpflichtnng über nimmt. als ständiges Ratsmitglied den berechtigt«» Wünschen anderer Staate« auf einen ständige» Natssitz Rechnung zu tragen.* T-atz gerade hier noch große Gefahren liegen, ist klar. Eine Bindung der deutschen Delegation, und sei es auch nur eine mündlich im Gespräch geäußerte halbe Zusage, märe völlig unerträglich. Sie würde einen scheinbaren »Sieg* des deutschen Standpunktes in allerkürzester Zeit in eine schwere Niederlage verwandeln. Neue Instruktionen für Chamberlain. London, 10. März. Bei der heutige» Sitzung de- englischen Kabinetts sind, wie verlautet, neue Instruktionen an Cham berlain erteilt worden. In gut unterrichteten Kreisen nimmt man an, daß diese Instruktionen Chamberlain für die Ver- Handlungen im Völkerbund freie Hand erteilen, daß sie aber den allgemeinen Grundsatz, der in der Unterhausrede Chambcrlatns angckündigt wurde, aufstellen, nach dem Cham bcrlain nichts tun dürfte, was den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund verhindern könne. Der „Star* schreibt zu der heutigen KabtncttSsitzung, daß ernste und wichtige An gelegenheiten, unter denen sich in erster Linie 'Nachrichten von Austen Chamberlain aus Genf befanden, erwogen wurden. In diplomatischen Kreisen in Genf sehe man die Situation immer noch für sehr ernst an. Snlschel-ung -er Vollversammlung 7 Gens, 10. Mär». Im Laufe des heutigen Tage- ist «S immer deutlicher geworden, daß in Wirklichkeit bet England sehr erhebliche Gegnerschaft gegen den spanischen RatSsitz be- steht, baß aber England sehr geschickt bisher versucht hat, die Verantwortung für seine Stellungnahme gegen Spanien aus Deutschland abzuwälzen. Diese Taktik ist nun durch die kluge Zurückhaltung der deutschen Delegierten durchkreuzt worden, und cs scheint» daß dadurch England ge zwungen worden ist, Farbe zu bekennen. Jedenfalls soll in der heutige« Unterredung England angedentet haben, daß eS unter Umstände« gezwungc« fei» eine grundsätzliche Ent scheidung der Vollversammlung deS Völkerbundes über baS ganze RatSproblem «nd namentlich über die Bermehrung der Zahl der ständige« Ratssitze herbelznführe«. sT.-U.) Die -eukschen Aufnahmebe-inguugea erfüllt. Der Beschluß der Anfnahme-Unterkommisfi»«. (Durch Funksprnch.» Genf, 10. März. Der Unterausschuß der »nsnahme- kommissto« hat unter dem Vorsitz von Chamberlain heute nachmittag ohne besondere Diskussion beschlossen, der Ans» «ahmekommisst»« die Aufnahme Deutschlands i« de» Völkerbund zu empfehlen. Der Unterausschuß wird morgen, Donnerstag, der Äusnahmekommisston einen Bericht vorlegen, in dem erklärt wird, daß die tm BölkerbundSpakt enthaltenen Aufnahmebedingungen für Deutschland als er- füllt anzuschen sind. Im Gegensatz zu dem Aufnahme»«» fahren bei Bulgarien, Oesterreich und Ungarn wurde im Fall Deutschlands der Aufnahmcbeschluß gefaßt, ohne von einem deutschen Vertreter noch besondere Erklärungen zu verlangen. Die Ausnahmekommission wird vermutlich bereits Donners- tag vormittag zu einer Sitzung zusammentrrten, um den von dem Unterausschuß vorgelegten Bericht zugunsten der Auf- nähme Deutschlands zu genehmigen und sofort an die Völker- bundsversammlung wetterzulettcn. Mau «i««t i» v»lkerh«»dsr,eike« a». baß Deutschland a« Freitag L«sgenom«e» wirb. vriand redivivu8. Entgegen den Gepflogenheiten des modernen Parlamen tarismus, -er in Frankreich ebenso wie bet uns gewöhnlich lange Wochen benötigt, um eine Regierungskrise zu lösen, ist die durch den Sturz Briands herbcigeführte schwierige Lage in Paris diesmal überraschend schnell wieder etngerenkt worden. Nachdem sich der über eine kleine Steuerfrage Ge stürzte lange und demütig hatte bitten lasten, hat er erst am Dienstagabend die Betrauung angenommen und am Mittwochvormittag wird bereits gemeldet, daß -aS Kabinett lm wesentlichen gebildet sei. Es sind tm großen und ganze« die alten Männer, die zurückkchren. Unter den vier neue» Ministern, die genannt werden, tst lediglich Malvq al» Innenminister bemerkenswert, -er während -eS KrtogeA von Clemcneeau deS Defaitismus angeklagt und tnS Ge fängnis geworfen, heute glänzend gerechtfertigt bereit- zum zweiten Male das wichtige Jnnenreffort übernimmt. Neben Ihm natürlich Naoul Psret, der neue Finanzmtnister als Eckpfeiler -cs Kabinetts, der ebenso wie seine Vorgänger de» vollen Ansturm aller Widersacher der Negierung in der «och immer ungelösten Frage der Finanzreform auszuhalten habe» wird. Caillaux, dem man als bewährten Fachmann diesen schwierigsten Posten im Kabinett zunächst -»gedacht hatte, sah seine Stunde offenbar noch nicht gekommen, da man sich, wohl wegen der großen Zahl seiner Feinde in der Kammer, geweigert hatte, ihm zugleich mit dem Finanz ministerium die Führung tm Kabinett anzubieten. So zog man ihm noch einmal den ehemaligen Kammerpräsidenten vor. der, wenn auch von Fachkcnntniffen nicht allzusehr be schwert. dank seiner guten Beziehungen zu allen Parteien und wegen seines verbindlichen Wesens immerhin die best« Gewähr zu biete» scheint, baß er die sofort nach der Genfer Tagung wieder austauchenden Finanzschwierigkeite« wird meistern können. Die Lösung der Krise in Paris ist erheblich beschleunigt worden durch den Druck, der von der französischen Rumpf- delegafton in Genf ausgeübt wurde. Dort war dir Lage nach der Abreise des HauptspielerS Brtand so festgefahren, baß sich die Stellung der Franzosen und ihrer Bundes genossen von Stunde zu Stunde verschlimmerte. Wie Sauer wein dem „Matin* zu melden weiß, hat Boncour alS Briands Vertreter dringende Notrufe nach Paris gesandt. Immer wieder wies er darauf hin, daß sich die Deutschen durch den infolge der Abwesenheit BriandS verlangsamten Gang der Verhandlungen und den fortwährenden Aufschub ihrer Ausnahme gedemiitigt fühlen, daß anderseits Brtand der einzige sei, der alle Trümpfe tn der Han- Habe, der versöhnen und vielleicht überreden könne. ES mag dahingestellt bleiben, ob die hier und dort aufgestellte Behauptung richtig ist. daß BrianS Sen Zwischenfall tn der Kammer, der zu seinem Sturz führte, absichtlich herbei geführt hat, um seine Unentbehrlichkeit für den Augen blick und jedenfalls auch für die nächste Zukunft durch rtn praktisches Beispiel zu beweisen. Ob gewollt ober nicht, seine Taktik, sich in den Schmollwinkel zurttckzuzichcn und ruhig abzuwarten, bis ihm Freunde und Feinde den Teller wieder zusammcnleimten. den sie auf seinem Kopf zerschlage« hatten, hat dem schlauen Fuchs zu einem neuen Triumph verholten. Mit dem Glanz neugefesttgter Autorität kann er heute schon nach Genf zurückkehren, wo ihn rin Aufatmen der Er leichterung i» den Reihen seiner Völkerbundspartner be- grüßen wird. Dann erst wird das diplomatische Schieber- geschäft um die Ratssitze tn sein entscheidendes Stadium treten. Nur unter Hinweis auf die dringenden Erfordernisse der außenpolitischen Lage allerdings war dieses Regiekunststück tn Parts so schnell und reibungslos auszuführen. Die tnnerpolitsche Seite der Krise — und das ist auf die Dauer für Frankreich und seine Regierung das Entscheidende — besteht tn unverminderter Schärfe fort. Hier kann nicht mit Augenblickserfolgen oder mit meisterhaft jonglierten parlamentarischen Kunstkniffen Abhilfe geschaffen werden, son dern nur mit einer endgültigen und alle Teile befriedigende« Lösung der nun schon seit mehr als einem Jahr heiß um strittenen Finanzreform. Der parlamentarische Wider stand. über den wir sechs seiner Vorgänger, auch das letzte Kabinett Brtand gestürzt ist. liegt begründet in dem Kampf der Parteien gegen die harten steuerlichen Maßnahmen, die jede Regierung unter dem Zwang zu einer endlichen Stabili sierung des Franken zu fordern genötigt ist. Zwischen der Szolla deS gegen jede zusätzliche Steuerbclastung äußerst empfindlichen französischen Wähler» und brr Charybdi» de» über den unausgeglichenen Staatshaushalt weg Immer