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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 01.02.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050201016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905020101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905020101
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-02
- Tag 1905-02-01
-
Monat
1905-02
-
Jahr
1905
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 01.02.1905
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«atzten, al» anderswo! — Ich wandere mich sehr, das, der ver. «in zur Forderung Dresden» und de» Fremdenverkehrs nicht ich»» längst an geeigneter Stelle Anregungen zur Beseitigung der Mängel hier gegeben hat: «» stehen la Herren an der Spitze, die ganz genau wissen mühten, wo der Hebel zur Besse- rung anzusetzen ist. Meine Ansicht und mein« Vorschläge sind folgende: Dresden ist «ine in der ganzen Welt bekannte und vor ollem sehr beliebte Stadt. Dresden hat schöne Häuser, jeder zeit saubere, wohlgepslegte Straßen und gärtnerische Anlagen, berühmt« Museen und — — , mmlungcn, ante Theater usw. Dabei lebt e» sich hier billig, die Umgebung ist reizvoll, kurzum: Dres- den ist förmlich prädestiniert zu einer Fremden st adt ersten Range». Bis vor wenigen fahren war es Dresden auch! Als Fremde kommen in Dresden in Frage lediglich Amerikaner, Eng- länder und Russen; Oesterreicher und Passanten anderer deut- scher Bundesstaaten kommen kaum in Betracht, schon deshalb nicht, weil Berlin den Berkehr nach Wien usw. um Dresden herum lenkt. Ich erinnere nur daran, daß man die um viele» weitere Strecke Berlin—Wien über Oderberg schneller und besser fährt, als über Dresden, ebenso wie jetzt em prachtvoller Zug Berltn—Wien schneller und besser eingelegt ist über Eaer! Wenn man dem Dresdner Publikum den größten Teil der schuld bei messen will, daß es die Fremden „Vertrieben", well eine förm- liche „Fremdenhetze" hier Platz gegriffen habe, so bestreite ich dies entschieden und acbe dies nur bedingt in Einzelsällen zu. Der Dresdner Bevölkerung möchte ich an dieser Stelle aber den Rat geben, daß man deshalb, weil einem das Auftreten eine» Fremden mißfällt, noch lange nicht berechtigt ist, eben falls ungezogen zu sein, schon deshalb nicht, weil man vieles den Fremden deshalb zu gute rechnen muß, weil sie es in ihrer Heimat nicht anders kennen und sie in dem, ivas wir als Mangel guter Erziehung betrachten, zum Teil etwas Selbst- verständliches erblicken. Wir Deutsche werden im Auslände ob unserer Eigentümlichkeiten auch nicht unliebenswürdig behandelt. E» gilt beijpielsweise in Paris als sehr unschicklich, in einem feinen Speisercstaurant nicht in tadellosem Anzüge und blitzblanker Wäsche zu ericheincn, und der Deutsche zieht bekanntlich aus der Reise mit Vorliebe einen Anzug an, „um den es nicht schade ist". Er würde niemals in Berlin in demselben Anzuge ms Carlton-Restaurant oder in Dresden auss Königliche Bel vedere gehen, mit dem er ohne Skrupel sich ins feinste Boule- vach-Reftanrant in Paris setzt usw. Ein jeder solle bedenken, daß, jemehr Fremde in Dresden sind, um so mehr Geld in der Stadt bleibt. Selbst wenn die Fremden mit größter Spar- samkeit zuwege gehen, so ist es doch immer „fremdes" Geld, ivelcheS sie hier ansgeben, und^ wenn nicht die Fremden die besseren Theaterplätze und die Sinsonickonzerte besuchten, wenn nicht die Fremden Mailcoach, Hnndsom oder erster Güte führen, der Dresdner tut's in den nlleriellensten Fällen. Also das Geld, das der Fremde hier läßt, bleibt hier! Ich würde daher Vor schlägen, für Dresden im Auslände Reklame zu wachen, in Amerika, in England, Rußland usw., aus den Luxnsdamvsern, in den Luxuszügen! „Dresden, eiche Fremdensladt der Welt!" usw. usw. — Ein anderes Beispiel, denen aber Hunderte zur Seite gestellt werden können, will ich aus meiner Praxis noch an- sührcn. In einem hiesigen ersten Hotel wohnte eine amerika- uische Familie, die unter Mitausnutzung der langen amerika- nischen Ferien von vielen Wochen längere Zeit in Deutschland verbringen wollte. Die Familie war kurze Zeit in Dresden, als sie von einem Wohlfahrtsbeamtcii im Aufträge des Schul amts aufgcfordert wurde, die Kinder zur Schule zu schicken. Außerdem verlangte derselbe alle möglichen Auskünfte über Alter, Staatsangehörigkeit, Religion, Vermögensverhältnisse usw. Der Amerikaner weigerte sich ganz entschieden, dies zu tun, und setzte in halbgebrochencm Dentfch dem betressenden Beamten miöem- ander, daß man in Amerika setzt eben Ferien habe und daß überhaupt in Amerika kein Schulzwang bestehe: er könne doch, wenn er hier nicht dauernd zu bleiben gedenke, unmöglich ge- zwungen werde», seine Kinder in die Schule zu schicken. Es hätte dies schon deshalb keinen Zviocck, da sic ja kein Wort Deutsch verstünden. Der Wohlfahrtsbeamte war von dem allen aber nicht zu überzeugen, und nur der Intervention des Wirtes war es zu danken, daß der Amerikaner mit seiner Familie nicht sofort mit Sack und Pack Dresden den Rücken kehrte. Sehr angezcigt dürfte es sein, daß der Rat, der doch Dresden als Fremdensladt erhalten will, einige Beamte anstellt, die des Eng lischen grit mächtig sind und den Verkehr mit den Ausländern vermitteln." — Mit der am heutigen Tage erfolgten Auslösung des bis- bcrigen Vermittlungsamtes 2 und Einreihung der betreffen den Teilnehmer an das Fernsprechamt lPostplatzj macht sich für diejenigen Teilnehmer, welcbe Nebenanschlüsse haben, die Ansckxiffung eines neuen T e i ln c h m e r - B e rz e i ch n i s se s erforderlich, da fast sämtliche Teilnehmer in Dresden-Ncustadt, sowie einige Hundert Teilnehmer von DreSden-Altstadt am t. Februar neue Anscklnßnummern erhalten haben und die bis herigen Verzeichnisse nicht mehr verwendet werden können. Viel fach ist die irrige Meinung verbreitet, daß auch für Neben anschlüsse von der Posweuvaltnng die Teilnehmer-Verzeichnisse kostenlos geliefert werden. Nach Punkt 2 der Vorbemerkungen zum Teilnehmer-Verzeichnis wird nur für jeden Hauptanschluß, d. h. für jede Anschlußnnmmer, ei» Verzeichnis nebst Nachträgen unentgeltlich geliefert, und zwar von demjenigen Postamt, wo die vierteljährliche Vergütung entrichtet wird. Weitere Abzüge sind in Dresden durch das Fernsprechamt iPostplatzl, Post gebäude. Eingang Wallstraßc, 1. Etage, Zimmer 20, zum Preise von 1 Mk. zu beziehen. — Die öffentliche Auslosung der Hauptgeschwo- renen für die zweite diesjährige Schwurgerichtsperiode findet heute mittag hj-1 Uhr im Landgerichtsgebäude statt. — Die vielfach erörterte Frage der Portodinterziehung durch „Aaentenb riefe bat auch das Landgeiicht in Chemnitz beschäftigt. Es verurteilte in einem Falle, i» dem ein Spediteur von seinem Auftraggeber, einem Fabrikbesitzer, außer den Waren in Sammelbriefen auch gleich die betreffenden Rech nungen und Mitteilungen per Post erhielt und diese dann der Kundschaft auSbändigle, den Spediteur zur Zahlung von 427.60 Mark, den vierfachen Betrag für das hinterzogene Porto von 1402 Briefen. — Von dem Direktor der städtischen Arbcits- anstalt in Dresden, Herrn Tr. jur. Carl Naabe, ist soeben eine G e s u n d en ko st - O rd n u n g für die genannte Anstalt im 'Druck erschienen. Diese am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getretene Ordnung stellt eine planmäßige Fortbildung des erstmalig im Jahre 1891 nach den Grundsätzen der neueren Er- nährnngskunde geordneten hiesigen Bekösligünaswcscns dar und ist als ein lehrreicher Beitrag zur Lösung der Frage wegen zweck mäßiger Ernährung arbeitender Menschen in unfreiem Zu stande — in geschlossenen Anstalten — zu betrachten. — DaS Reichsgericht hat in einem Falle, in dem ein Koch macher sein Geichäft „Kindenvagensabilk" nannte und wegen un lauteren Wettbewerbs verklagt worden war. folgende weileiie Kreise interessierende Festsetzung des Wortes „Fabrik" gegeben: Nach dem heutigen Sprachgebrauch versteht das Publikum »nter einer „Fabrik" jede A n st a l t mit eigener Herstellung der Ware ohne Rücksicht auf den Umfang des Vertriebs Al- Gegensatz zur Fabrik wird nicht etwa das Handwerk, sondern der Zwischenhandel gemeint. Auf Grund dieser Formulierung wie» da» Reichsgericht die beantragte Revision zurück. — Die Dresdner Kunst ge noisenschast veranstaltet am 25. Februar in den eigene» Gesellschaftsräumen eine künstlerische Herrenknelve. Die Festlichkeit ist ol» altholländtsche TenterSkneive gedacht und wird demgemäß in origineller echt künstlerischer Weise auSgestattet werden. — OberlrieaSaericht. Eines groben Verstoßes gegen die Disziplin hat sich oer 1878 zu Sand bei Köslin geborene Unteroffizier Karl Wilhelm Johann Knop von der 11. Kompagnie de« 102. Jnionteiie-RegimentS in Zittau tchuldig gemacht. Wäh rend des Manöver» in der Nähe von Bautzen batte der Ange klagte am Vormittag de» IS. Sevtember während eines Gefechts von seinem Komvagniechef den Befehl erhalten, die zur Beobach tung de» -Feindes" ausgesandte, an« einem Gefreiten und zwei Mann bestehende Patrouille aufzusuchen und unverzüglich zur Kompagnie zurückzuführen. K. hatte auch schon nach kurzer Zeit die Patrouille ouSsindia gemacht, mit der er sich darauf, seinem Anftrag gemäß, nach Niederkaina, dem Standort der Kompagnie, aus den Weg machte. Da eS ziemlich heiß war und die Leute Dorst hatten, ainaen sie auf Anregung de» Unteroffizier- in Malsitz ln den Sasthof, obgleich dies nichr gestattet war. Hier »ob d« Angellagt« seine Pflichten vollständig, sprach dem vergas Alkohol in Gelellschast mehrerer Zlvlllsten und seiner Untergebenen derart fleißig zu. daß er nach etwa einer Stunde völlig betrunken war. Den, schlechten Beichtete de» UntelvssizieiS war der Äeirrite aeiolgt. der in seinem Rausche sogar in die vorüderfließende Spree siel Alles Drängen der beiden anderen Soldaten, die noch am nüchternsten gtblieben waren, doch nun auizubrechen. bltrb ohne Erfolg, der Unteroliizier verwies sogar die Mahner aus seine Borgesetztenktgenschast. Schließlich suchten in später NachmtttagS- stuuoe die beiden Soldaten allein den Standort ihrer Kompagnie auf. wurden jedoch vom Hauptmann sofort zurückgeicksickt mit dem Aufträge, Unterolfizter und Gefreiten zu holen Ai» sie das Lokal Mieder betraten, waren dle Heiden indessen fort. Wie sich später hrrouSslellte. batte Knnp seinen Begleiter, den Getreuen, überredet, mit ihm nach dem Bahnhof Bautzen zu lausen und von dort in die Garnison zu iavren. Dies geschah denn auch: beide meldeten sich am nächsten Morgen, nachdem sie die Nacht bei Bekannten verbracht hatten, beim Feldwebel in der Kaserne. Während der Gefreite und die beiden Soldaten aus dem DisUpli- narwrge bestraft wurde», mußte sich Knop. der von irrnem Komvagniechef sehr ungünstig beurteilt wi>d, wegen Subordina- tionvvergehenS. unerlaubter Entfernung von der Truppe. Verlei tung Untergebener zu strafbare» Handlungen usw. vor dem Kriegs gericht der 23. Division verantworte». Das Gericht betonte, daß der Angeklagte in grenzenlosem Leichtsinn gehandelt und sich als alter Unteroffizier eines außerordentlich grobe» Verstoßes gegen die Disziplin ichuldig gemacht habe, ließ es aber bet einer Strafe von 6 Wochen mittlerem Arrest bewenden. Die hiergegen vom Angeklagten eingelegte Berusiing. die sich lediglich gegen die Straibvhe richtet, wird nach erneuter Verhandlung altz unbegründet verworfen. — Der 1884 zu Neukircheu geborene Soldat Richard Karl Müller von der 1. Kompagnie des hiesigen 177. Jnianterte- Regiments sich am Abend des 9. Dezember v. I.. wie ein Kame rad einen durch die Post erhaltenen größeren Geldbetrag in seinem Schranke ausbewahrte. Er saßte daraus den Entschluß, in der Nacht de» Schrank seines Inhalts zu berauben. Zu diesem Zwecke sicherte er sich den Stubenschlüssel, worauf er frühmorgens vor zeitig ausstand, sich in die Mannschaftsstube schlich, den Schrank erbrach und daS Geld, 15 Mark, a» sich »ahm. Ter Diebstahl kam jedoch bald heraus, sooaß ihm das Geld wieder abgenomnien werde» konnte. M. war erst zuvor wegen desselben Delikts bestraf« worden. DaS Kriegsgericht verurteilte ihn wegen schweren Dieb- iiahls unter Annahme mildernder Umstände zu 6 Monaten Ge fängnis und zur Verletzung in die 2- Klasse des SoldalenstanbeS In ver Hoffnung, um die Ehrenstrase hcrunizukoinnlen. legte der Angeklagte, der durch Rechtsanwalt Tr. Knnaih-Jsrael verteidigt wurde. Beiufung ein, doch bleibt dieser der Erfolg versagt. Der Eindruck der neuen Handelsverträge. Die „Kons. Korr.", das Organ der konservativen Partei, schreibt: „Soweit sich aus den bisherigen Darstellungen urteilen läßt, kann man wohl sagen, daß die Landwirtichaft alle Ursache hat. mit dem Verlragswerke. das an sich eine außer ordentliche Leistung unserer Reichsleitung darstellt, zufrieden zu sein. Wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden konnten, die m der Landmirtschast gehegt worden, so wird man doch in land wirtschaftlichen Kreisen oem Reichskanzler den lebhaften Dank für das Erreichte, für die verschiedentlich recht wesentlichen Er höhungen der Agrarzölle nicht oorenthalten dürfen. Wenn man die Schwierigkeiten, denen Herr Graf v. Bülow bei den Ver- Handlungen gegenübersland, in gerechter Weise würdigt, so kann man nicht anders sagen, als das; der leitende Staatsmann sich durch seine Handelsoertragsaklion um die deutsche Landwirt schaft sehr verdient gemacht hat." Die freikonservatioc „Post" meint, von der Regie rung sei so viel erreicht, als vernünftigerweise erwartet werden konnte, wenn man nicht wieder, wie in den Caprivischcn Handels verträgen, die Interessen der heimischen Landwirtschaft opfern wollte. Die Regierung wird für sich in Anspruch nehmen können, der heimlichen Landwirtschaft programmgemäß einen wesentlich verstärkten Zollschutz gesichert zu haben, ohne doch die Lebcnsinteressen anderer Zweige der heimischen Güter Handelsverträgen trotz mancher Bedenken im einzelnen im ganzen zuslimmt, sie nur die Konsequenz aus ihrer Stellung nahme im Jahre 1902 ziehen wird." Sehr scharf urteilt die demokratische „Franks. Ztg.": sie faßt ihre Kritik in die Worte zusammen: „Es läßt sich daran nicht drehen und deuteln, daß die neuen Verträge schlecht, d. h. leistungsunfähig sind. Sic erfüllen ihre Aufgabe nicht, weil sie den Verkehr erschweren, anstatt ihn zu erleichtern." Der sozialdemokratische „Vorwärts" schließt seine Betrachtungen mit ivlgendcn Aeußcrungen: „Es ist nichts als Sophisterei, wenn liberale Blätter im Dienste gewisser Inter essentenkreise behaupten, wer für die früheren Tarifverträge ein- aetrcten sei, müsse kvniegucnterweise auch für die neuen stimmen. Richtig ist an dieser Deduktion nur, daß die alten wie die neuen Verträge zur Gattung der sogenannten Tarifverträge gehören: aber die Tendenzen und Ziele sind völlig verschieden, und die Sozialdemokratie iit als Vertreterin der Ärbeiterinteresscn nicht für jegliche Handelsoertragspolitik an sich, sondern nur für eine solche, die diesen Interessen dient. Verträge, die wie die jetzt abgeschlossenen, nicht nur eine Belastungsoermehrung des Lebens unterhalts der Arbeiterklasse bedeuten, sondern zugleich die Export- interessen der deutschen Industrie rücksichtslos den Gewinn interessen des Junkertums ausopfern: solche Verträge sind für die Sozialdemokratie a!s Arbeiterpartei unannehmbar." Die Unruhen in Rußland. Einem Gerücht zufolge reist der Zar in diesen Tagen nach Kaukasien ab. — Ter Zar ist, wie ein hoher Hos- beamter dem Korrespondenten des „Daily Mail", weicher Zars- koje-Sselo ausgesucht hatte, versicherte, ernstlich unwohl. Trotzdem setzt er aber die Ende der Vorwoche begonnenen Konferenzen über die innere und äußere Situation Rußlands mit den leitenden Staatsmännern fort. — Zarskoje-Sselo selbst mit seinem geräumigen Park gleicht, wie der Bericht erstatter des „Daily Mail" sich persönlich überzeugen konnte, gegnwärtig mehr einer Festung als einem Lustschlosse. Meilen weit ringsum wird der Landstrich von Kosakenpatronillen un unterbrochen durchstreift, während Wachposten in Abstände» von nur 20 Schritten entlang der Peripherie des maueruuigebencn Parkes stehen, in welchem die Kinder des Zaren täglich mit einer Eskorte spazieren fahren. Mit Trepow tdcm Peters burger Diktator! steht der Zar telephonisch in kontinuierlichem Verkehre: er hat ihm nicht weniger als 23 Zimmer im zweiten Stocke des Winterpalastes zu persönlicher Benützung zur Ver fügung gestellt. — Der „Schief. Ztg." wurde aus sicherster Quelle zur Charakteristik des Zaren mitaeteilt, derselbe sei äußerst wankelmütig. Haben endlich seine Minister irgend eine Maßregel bei ihm durchgedrückt und nehmen sie mit Sicher heit an, daß dieselbe durckigeführt werde, so erfahren sie öfters bald darauf, daß allcS wiederum umgesloßen worden ist. Anderer seits ist der Kaiser äußerst störrisch: er läßt sich von einer einmal gefaßten Ansicht schwer abbringen. Uebcr den Angriff auf den britischen General konsul in Warschau meldet ein Londoner Blatt: Viel Blut ist vergossen worden unter jenen, die von der Kavallerie angegriffen wurden, deren Benehmen nur Wilden angemessen war. Unter den Angegriffenen befindet sich der britische General konsul in Russisch-Polen und der Vizckonsul. Generalkonsul Murray ging in Konsular-Angelegeirheiten um 6 Uhr abends die WierSbowastraße im Zentrum der Stadt entlang, als vier Husaren heransprengtcn. Die Stadt lvar völlig ruhig, nur wenige Leute tvaren zu sehen. Drei der Husaren ritten an dem Generalkonsul vorüber, aber der vierte ritt geradewegs auf ihn loS. Als der Husar ganz nahe kam, rutschte sein Gaul, und Murray konnte sich retten. Weniger glücklich war aber der Vizekonsul Mucukain. Er ging vom spanischen Konsulate durch die Marszalowska-Straße, als ihn eine Husarentruppe niöder- ritt. Zwei der Husaren galoppierten vorsätzlich auf ihn mit geschwungenem Säbel und brachten chm zwei schwere Hiebe über Gesicht und die Unterlippe bei, welche entsetzlich zerfleischt wurde. Der Angriff war so rasch und unertvorter, baß Mucu- kain nicht einmal den Arm zum Schutze erheben konnte. Er wurde bluttriefend inS Spital geschafft, wo er glücklicherweise seiner Heilung entgegensiebt. Diese Ausschreitungen erklären sich dadurch, daß eine kleine Kompagnie Husaren außer Rand und Band geriet; der Offizier war betnmken und die Leute rannte» davon. Reifende aus Russisch-Pole» betonen den außer ordentlich erlisten Charakter der revolutionären Be wegung in diesem Teile Rußlands. Die Truppen sind seit acht Tagen überall konsignicrt. In vielen Regimentern soll es bereits zu Meutereien gekommen sein. An den Straßen unruhe» rn Lodz haben auch Reservisten teilgenommeu. In Warschau ivurde em Waffenladen geplündert. Aus den staat lichen Wasseudepots wurden mehrere lausend Gewehre gestohlen. Die Militärbeainten sind vielfach im Einverständnisse mit der Bevölkerung. , Tastesgeschichte. Ter Ausftand im Ruhr-Rcvier. Die Sympathien für die Arbeiter sind im Wachsen. Dieser Tage hatte die Dortmunder Pfarrer- Konferenz eine Kundgebung zu gunsten der ausständigen Bergarbeiter beschlossen: ihr ist, wie das „Reich" miltcilt, fetzt eine außerordentliche Versammlung der Geistlichen der Kreissynode Essen gefolgt. Die Essener Versammlung erklärte: „In Erkenntnis, daß die gegenwärtige, für das innere und äußere Leben unserer Gemeinden überaus schmerzliche Sach lage zurückweist nicht nur aus Einzclübelstände, sondern aus die Gesamtlage des Arbeiterslandes, der in dem Gefühl großer Un sicherheit um die gesetzmäßige Festlegung seiner Rechte ringl, erachten wir es für eine sittliche Pflicht fowohl der Arbeitgeber als auch des Staates, die von den christlichen Ärbeitcrkreiicn seit lange energisch erhobenen Forderungen aufs neue ernsthaft zu prüfen, und empfehlen wir nachfolgende Kundgebung unserer evangelischen Arbeitervereine gerade in der gegenwärtigen Lage nachdrücklicher Beachtung." — Tie Kundgebung der rheinisch- westfälischen Arbeitervereine forderte eine Untersuchung, eine schleunige Reform des Berggesetzes, gesetzliche Anerkennung der Arbeiterorganisationen, Sicherung des Vereins- und Versamni- lungsrechtcs, allgemeine Einführung von Arbeiterausichüssen in den einzelnen Äelrieberi und baldige Schaffung von Arbeite kammern; also alles Tinge, die im wesentlichen durch die ange kündigte Novelle zum Berggesetz gewährleistet werden. — An den Lammlungen für die Streikenden beteiligt sich auch Herr August Thyssen j u n., der Sohn des „Eisenkönigs": er hat für die streikenden Bergarbeiter seines Vaters 1000 Mark gespendet und begleitet die Gabe mit einem Schreiben, in dein es heißt: „Gleichzeitig möchte ich bemerken, daß ich mich mit der rigorosen Stellungnahme der Zechen de s i tz e r gegenüber den zum Teil berechtigten Forderungen der Arbeiter nicht solidarisch erkläre." Die konservative „Schles. Ztg." schreibt: Ter Plan des Abg. PastorS v. Bodelschwingh, einen Antrag im Äbgeord- netenhause einzubringen. nach welchem der Staat bis zur Erledi gung der Streikverhandlungen und Einigung im Rührgebictc den Betrieb der Bergwerke übernehmen soll«, muß aus entschic, denen Widerspruch stoßen. Selbst Anhänger der Idee einer Verstaatlichung des Bergbaues können einen solchen schroffen Eingriff in das Eigentumsrecht nicht gutheißen. Die Konse quenzen eines solchen Gesetzes, die sich von selbst auidrängen, wenn man an Streiks in beliebigen anderen Erwerbsständen denkt, führen ohne weiteres zur Verwerfung des Vorschlags. Bei aller Wertschätzung des greisen Bielefelder Philanthropen können wir dock in seinem Anträge, der hoffentlich nicht die hinreichende Unterstützung im Abgeordnetenhaus,: finden wird, nur eine neue Aenßerung des ideologischen Wahnes erblicken, der noch immer in breiten Schichten des deutschen Volkes herrscht. Die Dortmunder Strafkammer hat schnelle Justiz gegen einen aiisständif'chcn Bergmann geübt, der Arbeits willige bedroht hatte. Ter Bergmann Stanislaus Graf aus Ewing besckimpite am 16. Januar arbeitswillige Bergleute, die von der Schicht kamen, und warf einem Arbeitswilligen einen Stein an den Kops: der Getroffene wurde erheblich verletzt. Tic Stra'kammer verurteilte Gras zu 9 Monaten Gefängnis. Zum russisch-japanischen Krieg In der H ull ko m m iss io n in Paris wurde der Besitzer des Fischerbootes Ilostella" vernommen. Dieser sagte aus, er habe während der Beschießung der Boote einen schwarzen Gegen stand bemerkt, den er für ein Torpedoboot gehalten habe, er habe es später als ein M i ss i o n s s ch i ff erkannt. Der Zeuge hat vor der Kanonade keinen schwarzen Gegenstand auf dem Meere bemerkt. Ueber die Aussage des Besitzers der ..Costella" entspann sich eine lange Erörterung. Aus der Aus sage dieses Zeugen ergab sich, dax er erst nach acht Tagen er fuhr, daß der schwarze Gegenstand das Missionsschiff „Alpha" war. Er erklärt, daß er einen schwarzen Gegenstand gesehen habe, aber er habe nicht das Schiff „Crane" gesehen. Der Zeuge wnrde dann den zwei Fischern seines Fahrzeuges. Green und Shirke, gegenüber-gestellt. Lhirke glaubte, ein Torpedoboot nach der Beschießung zu sehen, ober er iah vor der Beschießung keine Fischerboote ohne Licht. Der russische Kommissar bemerkte, daß diese Aussage derjenigen des Zeugen vor dem Handelsamt wider spricht. Die russischen Offiziere werden ihre Anssagen in russi scher Sprache machen. Die Aussagen werden dann übersetzt werben. Die Kopenhagener Zeitung „Politiken" erfährt aus zuver lässiger Libauer Quelle: Nachdem das d r it t e r u s s i s ch e Ge schwader unter dem Kommando des Admirals Negobatow im Februar von Libau abgegangen sein wird, wird im April ein viertes russisches Geichwader von Kronstadt abgehen. Die Hamburg-Amerika-Linie wird beide Geschwader mit Kohlen ver sehen: sie hat zu diesem Zwecke eine Reihe Dxrmpser, darunter auch dänische, bereits befrachtet. Lloyds in London verlangen für dieie Lchlffc bereits 60 bis 70 Prozent Versicherungsprämie. Die japanische Gesandtschast in London veröffentlicht ein Communiguü mit der Antwort der japanischen Regierung aus die jüngste Mitteilung Rußlands an die Mächte, Letr. die Neutralität Chinas. In der Antwort heißt es. es sei nicht Pflicht der japanischen Regierung, China gegen die Be- schuldigungen Rußlands zu verteidigen. Da aber die Be schuldigungen die Loyalität Japans seinen Verpflichtungen gegen über in Frage zögen, so sehe sich die japanische Negierung ge nötigt, sie zurückzuweisen. Das Communiquä weift dieselben sodann einzeln zurück und führt einige erheblichere Fälle der Verletzung der Neutralität Chinas seitens Rußlands an. Deutsches gleich. Prinz August Wilhelm von Preußen, der am Sonntag sein 18. Lebensjahr vollendete, ist an diesem Tage von seinem kaiserlichen Vater auch ü In .->rritv des Grenadier-Regiments „König Friedrich Wilhelm l." in Königs berg gestellt worden. Chef dieses Regiments, das zu de» älte sten des preußischen Heeres gehört, ist der Kaiser. Der Prinz, er, wie alle preußischen Prinzen, seit seinem 10. Geburtstag Reichstags sitz nng heißt es: Eine schier erdrückende Lange weile, eine hosfnnngslofe Monotonie drückte der Indemnität»- Debatte ihren traurigen Stempel auf. Von einer Beschlußfähig keit des hoben Hauses natürlich keine Spur, links und rechts gähnten breite Lücken, und sogar der Rede des sozialdemo kratischen Parteihercros — Verzeihung: Parteiheros Bebel lauschte nur knapp ein Dutzend „Genossen". Die Nachgiebig keit des Kanzlers, sein offenkundiges Bestreben, den Vertretern der Volksionoeränität zu beweisen, daß ihm idre Parlamentarischen Rechte heilig sind, hatte die „kochende Volksseele" beruhigt und den drobenden Sturm beschworen. Und io ging cs denn ein schläfernd friedlich zu, so lebhafte Mühe sich auch Herr Bebel gab, sich und die Reichsboten in eine angenehme GemütSerregung hineinzuwettern. Der engere VorstanddesBundeSderLandwirte veröffentlicht in der „Deutsch. Tagesztg." mit den Unterschritten der Vorsitzenden Dr. Rösicke und Freiherr v. Wangenheim und des Direktors Diederich Hahn eine Erklärunggcgcnden Kanal. Darin werden die Gesichtspunkte hervorgehoben, aus denen die Konservativen nach Ansicht des Bundes der Landwirte gegen den Kanal stimmen müßten auch in seiner Beschränkung auf den Rhein—Leine-Kanal und trotz der beabsichtigten Ein- führung von FlußschifsahrtSabgaben und «ine» SchleppuwnopolS Den konservativen Kanalgegnern, die erkläre«, daß sie an» tak» Dverdirev Nachrichten. L2. Seit- 3. »M Mittwoch. I. Februar N»0S
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