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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 19.04.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19030419027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903041902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903041902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-04
- Tag 1903-04-19
-
Monat
1903-04
-
Jahr
1903
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Dresdner Nachrichten. Sonntag, 1!». Avril Iv«>3 »E Ar. 1«>» freiwillige Beiträge Lsgründete König Albert-Feuerwehr» Stiftung des Landesverbandes sächsischer Feuerwehren, deren Kapital »ei, auf rund 15750 Mark beläuft, hat nun bereits zum zweite» Male >n Not geratene» Feuerwehrleuten bezw. deren Familien hilfreich beisteben können, Am ganzen konnten an 0 Be- durfiige 170 Mark m Posten von 70, 60, 50, 35 und 30 Mark ver teilt iverde» -- Theosovhiiche GeieIlicdast Der dritte und letzte Vortrag des Herrn Elnvin Böhme-Leipzig fand am Mittwoch bei Helbigs statt und war der Behandlung der ,. Theoiophifchen Jugenderziehung" gewidmet Der Redner ging von der Remkarnationslehre ans Auf grund dieser Wiederverkorperungs- lrbre sei das Kind als selbständige Seele auszuiasfen. die in niiherrn Erdenleden schon zahlreiche Erfahrungen gesammelt habe. Die tbeoiophische Erziehung habe die Aufgabe, an der Beseitigung aller Hindernisse mttzuhetse». die der Entfaltung des Geistes der Liebe und Weisheit im Menschen entgegenstehen. Der Er zieher habe ivie ein guter Gärtner zu verfahre». Der Redner besprach noch eine Reihe von Einzelheiten in bezug aus die natur gemäße Erziehung zur Gesundheit, zum Verständnis und zur Tugend, ging aus die Schulreform und die Beachtung des Toleranzprinzips ein und betonte zum Schlich, dag die natürliche Ehrfurcht des Kindes vor den Eltern nur dadurch zu erreichen sei, daß die Eltern sich selbst erziehen Der Redner, der »ach dem Vorträge noch eine Anzahl vom Publikum gestellter Einzelfragen behandelte, erntete reichen Beifall. — Die Theosophische Gelell- rchast veranstaltet irden Donnerstag, abends 8'/, Uhr. Amalien straße 22 tSanitas) einen öffentlichen Porleirings- und DiSkussions abend, bei welchem jeder Interessent unentgeltlich Zutritt hat, —* Gestern nachmittag fand die für die Osterferien geplante Hei de Wanderung für Knaben hiesiger Volksschulen statt, Lbschon das Wetter nicht günstig war, hatten sich doch zur ange legten Zeit über 120 Maden am Waldjchlößchen eingcfundcn. Jede der 6 Abteilungen wurde von einem Seminaristen geführt. Vom Waldlchlößchen ging cs den Waldweg des Albertparks an der Schillerslraße entlang, durch den Stechgrund, über Bühlau, durch den Ullersdorser Forst nach Ullersdorf, An der Schmiede wurde eingckehrt. Der Wirt, der slets bemüht ist, die Kinder billig zu bewirten, hatte auch diesmal Sorge getragen, daß die hungrigen und durstigen Wanderer zufrieden gestellt wurden. Nach I'-..ständiger Rast wurde der Heimiveg angetreten. Während der ganzen Wanderung herrschte die fröhlichste Stimmung, Um 8 Uhr irasen die Schüler wieder am Wcildschlößchen an, von wo aus die Neuslädter zu Fuß ihre Wohnungen aufsuchlen, während die Schüler der Altstadt, Löbtau, Plauen usw,, die Straßenbahn be nutzten, Die Eitern dürfen überzeugt sein, daß ihre Kinder bei diesen Wanderungen in guter Obyul sind. 2» den Psingslferien dürste wieder eine Wanderung stattsinden, —^ Vorgestern seierte der Sekretär bei der Königl, Brand- verffcherungskammer .Herr Ferdinand W u st mann sein Widriges Dienstiubiiüllin, —* Polizei bericht, 18, April, Am 11, d, M. in den Abendstunden ist aus dem Hosraunr eines Grundstückes der Güter- bahnhosstraße ein leereS Bra n nt weinfa ß, 120 Liter fassend, gez. Fr, Kuntze, Nordhausen, Nr, 3336, entwendet worden, Sachdienliche Mitteilungen werden zu O, Unbek, I 1364 an die Kriminalabteilung, Hanptpolijei, Zimmer 29, erbeten, — In Per- dacht, einen Diebstahl ausgeiuyrr zu yaben, kommt ein 25 bis 28 Jahre alter etwa 1,70 Meter großer Mann mit kleinem dunklen Schnurrbarte. An seiner linken Hand befinden sich folgende Tätowierungen: ein mit einem Pfeil durchbohrtes Herz, um den Mittelfinger 2 Ringe, alles m blauer Farbe, Sachdienliche Mit teilungen werden zu (?. Unbek, I 250 an die Kriminalabteilung, Hauptpolizei, Zimmer Nr. 29, erbeten, —* Gestern abend in der siebenten Stunde wollte in einer ehemaligen Kiesgrube gegenüber dem Enkbindungsinstilute in der Psotenhauerstrake ein Kutict-er seinen mit Asche beladenen Wagen entleeren. Es liegen dort schon Aufschüttungsmassen, sodaß der Boden infolgedessen hügelig ist. Der Kutscher des Zweispänners dürste es nun an der nötigen besonderen Ausmerklamkeit haben fehlen lassen, bei einer geringen Wendung fieldcrWagen um, gerade aus den daneben hergebenden Ma-nn, Die!« wurde förm lich in den weichen Boden hmeingedrück». Als man ihn mit vieler Mühe befreit hatte, lebte der Kutscher zwar noch, war aber berrils verstorben, als nach kurzer Frist aus der Frauenklinik ei» Arzt berbeikam. —» Von dem abends 9 Uhr 51 Min, von Königsbrück »ach Dresden verkehrenden Perioncirzuge sind gestern abend auf der Haltestelle Hermsdors infolge Bruches eines Weichenherzslückcs die Lokomotive und ein Personenwagen entgleist. Hierdurch wurden auf der genannten Haltestelle sowohl das Hauvtgleis, als auch das Nebengleis gesperrt, lodaß die Reisenden an der Unfall- slelle umsteigen mußten, Verletzungen von Personen sind nicht oorgckomme», — Aus der Geschäftswelt, Muckes Gesundhe > ts - brot und Muckes Grahambrot ist nach streng hygienischen Grundsätzen mit der peinlichsten Sorgfalt hergestellt und ist das anerkannt beste und vollkommenste Weizenschrot-Brot, Das Back- verlahren gelchiehl unter möglichster Ausnutzung der der Brot- ttucht eigenen Gärkeime, wodurch das Brot vollständig säurefrei auch dem schwächsten Magen zuträglich wird und das seine Aroma LeS Weizens in ganz besonderer Reinheit erhält. Der regelmäßige Genuß von Muckes Grahambrot und Muckes Gesnndheitsbrot hält den Magen in Ordnung und unterzieht den Körvcr einer beständigen Reinigung, wodurch die Anhäufung von Krankheits- iwffcn verhindert wird. Durch den Reiz der Kleieteilchen aus die Wände der Verdauungs-Organe werden dieselben angeregt und zu regelmäßiger Tätigkeit gebracht. Darum emofiehlt sich der Genuß dieses Brotes, besonders bei chronischer Erschlaffung des Darmes, bei welchem Zustande die muskulöse .Kraft und die nervö'e Beeinflussung seiner Funktion geschwächt ist, Stubloer- siopsuna, Kopfschmerzen, Sodbrennen, Blähungen werden oft schon uach Genuß einiger Schnittchen beseitigt, Muckes Graham- und Muckes Gesundheits-Brot ist täglich frisch zu haben in Muckes Bäckerei diätetischer Nährmittel, Dresden, Blascwitzer Straße 36. und in vielen durch Plakate kenntlichen Verkaufsstellen. — Rach auswarfS wird eS durch obige Bäckerei prompt u»d ohne Be rechnung der Verpackung versandt. — Im untere» Kreuzteiche in Freiberg fand man vor gestern die Leiche eines 52 Jahre alten ehemaligen Bergarbeiters. —* Oberkrieg sgerrcht. Wegen öffentlicher Beleidigung hat sich der 22 Jahre alle Unteroffizier Eurt Hugo Reichel von der 6, Kompagnie dcS 179. Jnfanterie-Regiments in Kamenz zu ver- anttoorten, ES wird ihm zur Last gelegt, am 30. August v, I. einem Mädchen auS Zwickau eine anonyme Postkarte zugciandt zu haben, die mit einer Karrikatur und einem Spottgedicht versehen ivar. Die Empfängerin der Karte fühlte sich hierdurch beleidigt und stellte gegen den Angeklagten, den sie als Absender vermutete, Strafantrag. Ein Schriftsachverständiger bestätigte, daß die Schrift der Karte zweifellos von der Hand des Beschuldigten Her richten »iüsse. Letzterer bestritt aber gaitz entschiede», die Post- karte geschrieben und abgesandt zu haben, nannte vielmehr einen Zivilisten als Täler, der dies auch ohne weiteres zugab. Das Kriegsgericht hielt den Zeugen aber nicht für glaubwürdig und verurteilte den Angeklagten zu einer entsprechende» Gcldstrase. R. legte daraus Berufung ein Im Gegensatz zu der ersten Instanz »»d obgleich der Schreibsachversländige bei feinem Gutachten stehen bleibt, schenkte diesmal das Obcrkricgsgerichls dem in Frage kommenden Zivilisten, der auch vereidet wird. Glauben und spricht den Angeklagten unter Aufhebung des angefochtenen Urteils frei. ^ —* Amtsgericht. Der in Untersuchungshaft befindliche Schlvsicrgcselle Herrn. Rojenblatt scheute sich nicht, einem arbeits losen Metallarbeiter aus dem Arbeitsnachweis die Taschenuhr nebst Kette aus der Westentasche zu stehlen und zu verpfänden ; auch den Pfandschein verkaufte er für 1 Mk. Für den Diebstahl wirft das Gericht 6 Wochen Gefängnis aus. Der Angeklagte wird weiter beschuldigt, ein Abzahlungsgeschäft durch Abnahme eines Anzuges und eines Wintcrüberziehers betrogen zu haben; doch er- folgte von diesem Punkte der Anklage Freisprechung. — Am 23. Februar entstand unter den am Postplatz sich cmshaltcnden Gelegenheitsarbeiter» eine Schlägerei, wegen deren sich der Arbeiter Karl August Horn aus Kaitz, Ofensetzer Ernst Franz Walther, die Topfstricker Karl Friedrich August Graulner uno Friedrich August Hilbig, sowie der Arbeiter Karl Wilhelm Tritzschler zu verantworten haben. Mit Ausnahme Walthers sind die Angeklagten nicht unerheblich vorbestraft; auch der Miß- handelie. ein Arbeiter Hertel, der in letzter Zeit nicht zu ermitteln ivar, hat bereits 72 Vorstrafen erlitten. Der Nachweis über die Beteiligung an der Schlägerei läßt sich durch die Belveisausirahme nur in Ansehung des Angeklagten Horn erbringen. Dieser — der bei einem Alter von 32 Jahren über 17 gerichtliche und 28 poli zeiliche Vorstrafe» vcrsügt — erhält 2 Monate Gefängnis und wird, da er eine bestimmte Wohnung nicht auszuwcisen hat, sofort in Haft genommen. Die übrigen Angeklagten werden freige sprochen. — Der Maurer Franz Richard Grosse aus Meißen, jetzt in Llinbach bei Chemnitz wohnhaft, bewog im September v. I, eine» hiesigen Schneidermeister durch falsche Angaben zur Liese rung von Kleidungsstücken im Werte von 103 Mk. Er muß wegen Betrugs 1 Monat Gefängnis verbüßen. — Der 34jährige .Heizer Friedrich Richard Bräucr aus Neudorf bei Annciberg stak! aus der Fabrik seines Brotherrn nach und nach Kupserrohre in, Werte von 58 Mk, und veräußerte sie. Er erntet 2 Monate Gefängnis, — Der 1869 geborene Fischhändler Karl Wilhelm Fleischer passierte am Abend des 27, Februar die städtische .Hebestelle an der Alten- bergerstraßc mit seinem Einspänner, von der Geschäftstour kom mend, und hielt trotz Anrufs seitens des Steuerveamten nicht, sondern trieb sein Pferd an und versetzte auch dein Stenerbeamten zwei Peitschenhiebe. Hierdurch machte er sich des Widerstands mit tätlichem Angriff und in Berücksichtigung der Art, wie er die Peitsche anwendete der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Der Angeklagte behauptet, daß er nicht die Person gewesen sei, die den Wagen geleitet hätte; indessen sieht das Gericht die Identität als sestgestcllt an und verurteilt I. chi 1 Monat Gefängnis. Strafschärfend kommt in Frage, daß Fleischer u, a, auch wegen Steuerhinterziehung und Revisionsverwcigernng vorbestraft ist. —' Wetterbericht der Hamburger reewarte von, >8. Avril, Ein Maximum mit über 774 Mm. ist über England ausgebrcitet, ein Minimum unler 76» Mm, bedeckt die wesllicde Ostsee. Deutichland bat bei mäßigen, meist nördlichen dis westlichen Winden kühles trübes Wetter; auch balle es Nachtfröste — Wahrscheinlich ist Fortdauer des bisherigen Wetters, auch dürste vielfach Nachtfrost austrelen. Mga^Mre^^isZn^eLr'... Frübiadrstoilette. Die hohe Frau trug, de» verletzten einer grauen orepa cko c-tunv-vmde. In der Gefells^,.. Herrscherpaares befanden sich Admiral Hollmann, Exzellenz von Lucanus, HauSmarschall von Lyncker, Gräfin Brockdorff, die Hof- dame Gräfin Stolberg-Wernigerode und Flügeladmtoiu von Plüskow Von de» Ministern war Exzellenz von Rhemboben n»t seiner Gemahlin anwesend, die evangelische Geistlichkeit war durch den Gencralsuperintendenten Fab« vertrete». Außerdem war eine große Anzahl von Fachgelehrten zugegen. Der die», malige Vortrag des Professor» Delitzsch zeichnete sich durch Objek- »ivität und dos Vermeiden ieder polemischen Spitze au». Der Kaiser dankte am Schluß dem Vortragenden, den er in stille Loge befehlen ließ, durch Händedruck und unterhielt sich in der lebhaftesten Weise mit ihm. Auch die Kaiserin sprach mit Pros. Delitzsch längere ^eit. og von Oldenburg ist auf der Reise sich entschlossen habe, »s^uenza erkrankt, daß die Regierung Amtliche Bekanntmachungen. Iran Auguste Wilhelmine verw. Schlesier geh. Niese in Dresden wurde das städtische Edrenzeugnis verliehen. Für den 57. Arinenpslegerverein ist der Bezirksschul- lehrcr. Herr Gustav Edmund Eduard Lehne, Helgolandslraße 9, als Obmann gewählt worden, TaS vierlc Diakonat an der hiesigen M a r t i n Luther- Kirche ist anderweit ru besetzen. Dieses Amt ist mit einem Ansangsgehalt von jährlich 3000 Mk,. der aller5 Jahre um 300 Mk. bis zum Höchstgehalt von 3900 Mk. ansleigt, und mit Amts wohnung ausgcstattet. Mit der Erneuerung der Schotterdecke in der Karo linenstraße, zwischen dem Aibeitplatz und der Oucrcillee. der südlichen Fahrstraße am Markgraf Heinrich-Platz, sowie der Geising-Straße. zwilchen dem Markgraf Heinrich-Platz und der Schandauer Straße, soll am 27. April und mit der Eriie>ler»ng der Schotterdecke in der Plata neust ratze in Vorstadt Trachau, zwischen der Großenhain« und Wilder Mann-Straße, am 29. April d. I. begonnen werden. DageSgeschichtr. X Deutsches Reich. Das allgemeine Aufsehen, welches die bisherigen Vorträge des Professors Delitzsch über die Be ziehungen der altbabylonifchen Religion zum Alten Testament in allen gebildeten Kreisen erregt haben, hatte zu dem gestrigen dritten Vortrag, der wieder im Saale der Singakademie in Berlin stattfano, und der die babylonische Reise des Forschers behandelte, ein überau» zahlreiches Publikum angelockt. Auch Der Groi.. nach Birknseld an Ins X Die Nachricht, von — —. wer stand,. . unbedingt zuverlässiger Erkundigungen mitteilt, der Begrün! Es ist allen Gewerbeallssichtsbeamten die Aufgabe gestellt wo» den, sich über die Angelegenheit eingehend zu außer». Zur Zeit liegen diese Berichte noch nicht vollzählig vor, und schon aus diesem Grunde hat eine Stellungnahme her zur Entschließung zu- nächst berufenen Stellen bisher nicht erfolgen können. Aus den Berichten der Geiverbcaussichtsbeamten soll demnächst eise über- sichtliche Darstellung der Verhältnisse zusammengestellt und ver- öffentlicht werden, aus der auch die weiteren Kreise, sür welche die Frage Bedeutung hat, das gesamte Material zu entnehmen in der Lage sei» werden. X Zn der Meldung, daß da» preußische Ministerium des Innern den Landräten verboten habe, eine Kandidatur anzunehmen, bemerkt die „Dtsch. Tasztg. : „Wir sind nicht in der Lage, zu prüfen, ob diese Meldung richtig sei; jedenfalls würde sie nur eine Konsequenz der Haltung sem. die von der Stacttsregierung gegenüber den Landräten eingenommen wurde, die seinerzeit gegen den Mittellandkanal gestimmt hatten. Wenn aber die Regierung wirklich eine solche Verfügung erlassen hätte, so würde cs die Konsequenz erfordern, daß sie auch die Landräte und die übrigen höheren Berwaltringsbeamteu anweise, sich an der Wahlagitation, insbesondere aber an der Aufstellung von Kandidaten, nicht zu beteiligen. Im Grunde genommen kommt es doch säst auf dasselbe hinaus, ob es sich um die Kandidatur eines Landrats oder um eine sogenannte ..Landratskandidatur" handelt. X Zu den neuesten Trierer Vorgängen schreibt dis „Nat.-Lw. Korr.": „Bischof Korum mitsamt der Trierer Geist lichkeit düpiert den Staat! Die feierliche Zurücknahme des Publikandums des Bischofs ist also ein bloßer Mummenschanz gewesen, eine Maske, hinter welcher die konfessionelle Wühl arbeit der Trierer katholischen Geistlichkeit nur um so erfolg reicher ihr Spiel treiben darf! Uebcr die Wirkung eines solche», die staatliche Autorität verhöhnenden Treubruches ist man sich am Trierer Bischofssitz jedenfalls nicht klar geworden. Dir Erbitterung und Entrüstung über das heimliche, illoyale Umgehe« des vom Staate mit dem Bischof Korum abgeschlossenen Friedens paktes wird noch tieiergehend sein, als das Prrblikcrndum selbst. Denn dieser versteckte Vorstoß beweist, welche Mittel der katho lischen Kirche zu Gebote stehen und von ihr benutzt werden können, um der staatlichen Autorität ein Schnippchen zu schlagen. Dem Zentrum kommt die erneute, von der Trierer Geistlichkeit selbst vcrcinlaßte Erörterung de» „Trierer Falles" sicherlich höchst unbcguem: der konfessionelle Fanatismus im heiligen Trier bringt manche politische Errungenschaft in Gefahr, deren das Zentrum sich durch seine Machtstellung im Reichstage rühmen durste," X Infolge des Stauerausstandes in Danzig stockt der übcrseeisclfe Holzverkehr und die Binnenschiffahrt nach den Weichselstädten fast gänzlich, ^ , . X Frankreich. Tw in Marfellle signalisierte Ätzkunst des Mittelnieergeschwaders der Bereinigten Staaten, 3 Kreuzer und 1 Kanonenboot stark, wird damit begründet, daß der neue Kommandant des Geschivaders, der in Frankreich weilende Vizeadmiral Dostes, sich in Marseille an Bord seines Admiral- schlsses begeben werde. Das Geschwader verbleibt in Marseille bis zur Ankunft Loubets aus Algier. Bei diesem Anlasse werden das französische, englische, russische und italienische Geschwader, sämtlich aus Algier eintrcsfend, mit dem amerikanischen Geschwader Grüße tauschen. Ein großer, gemeinsamer Empfang steht bevor, X England. Der Handelsminister Bcrlsour hielt in Leeds eine Rede, in der er sagte, die letzthin eingetretene Erhöhung der Ausgaben um 5sH Mill. Lstr. dürfe nicht anhalten. Er stellte aber in Abrede, daß eine allzu drückende Steuerlast vorhanden sei. Die Ausgaben sür Heer und Marine würden England durch das Vor gehen der anderen Mächte aufgezwungen; die Verteidigung des Vaterlandes sei aber erste Pflicht der Regierung, X Türkei. General Omer Pascha, ehemaliger General- stabschef im griechisch-türkischen Kriege, soll zum Leiter der milüä- rischen Aktion in Albanien ausersehen sein. X Serben. Die Bewegung argen das Königshaus nimmt zu. Der König erscheint völlig isoliert. Bei den letzten Straßenexzessen wurden Bilder des Konigspaares öffentlich zer rissen. X Afrika. Den letzten Nachrichten aus Fez Marokkos zu- folge herrscht dort die größte Erregung wegen des Gerüchtes, daß eine große Streitmacht unter Führung des Prätendenten selbst auf die Stadt anrücke, — Nach Meldungen aus Melilla hat der Prätendent den Wiederaufbau des Forts Frajana befohlen. Da der Prätendent von seinem Siege überzeugt ist. hat er ver kündet, er werde sich in Fez zum Sultan erklären lassen und die Mächte ersuchen, ihn als Souverän anzuerkennen, — Wie die „Morningpost" aus Tanger meldet, ist dem Vernehmen nach dick Grenzstadt Udjada vom Prätendenten eingenommen worden. Die Garnison hat sich auf französisches Gebiet zurückgezogen. Die Grenzen der Seelsorge bespricht aus Anlaß der Publikation zweier schätzenswerter Arbeiten des bekannten Berliner Nervenarztes Tr. med, A. Römer 4„Psvckialrie und Seelsorge" und „Tie Kunst des Krankenbesuchs", Berlin bei Reuther u. Reichards im „Neuen Sächwchen Kirchenblott" Katzer-Lödau in fesselnder Weise. Das Wort „Seelsorge", so heißt es da. ist ein viel gebrauchtes. Seine volle Bedeutung aber wird ielten überlegt. Für gewöhn lich sieht man nur den Geistlichen als Seelsorger an. Schon das isr ein Irrtum, der etwas Kcstholisierendes >n sich hat. Nach cvangelischenZGrundsätzen soll jeder Ehrist Seelsorge üben für sich und andere. Sie besteht, als Pflicht der Nächstenliebe gedacht, in der Einwirkung des Einzelnen aus den Einzelnen zur Weckung, Erhal tung und Beförderung christlichen Lebens, Diese Ausgabe ist so groß und so verantwortungsrcich, daß jeder nur mit Zagen an ihreLöiung gehen kann. Ein Seelsorger soll Scelenarzt sein. Als solcher muß er genaue Bekanntschaft besitzen mit dem Leben der mensch- lichen Seele und den Gcfetzen, nach denen sich dasselbe bewegt. Hier schon treten uns Grenzen der Seelsorge entgegen. Wie viel mich Physiologie und Psychologie, oder auch die modernste ohvsiologische Psychologie geleistet haben, noch immer ist Streit über die pfychischen Gesetze und das Verbälinis der Seele zum Leibe, Noch schwerer, als die gc'unde, -st die kranke Seele zu durchschauen. Um diese ober handelt es sich vorzüglich bei der Ausübung der Secliorge, „Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht" In welch' engen Bahnen hier die menschliche Erkenntnis »ch bewegt, geht aus dem Buche des Tr, Römer hervor über „Psvchlatrie und Seelsorge", Der Verfasser ist ein christlich ge sinnter. vor allein menschenfreundlicher Arzt, Ist auch aus seinen Ausiührungen nicht völlig klar zu «sehen, welchen Standpunkt er in Bezug, aus die religiüfe Metaphysik cinnimmt, so leuchtet doch so viel aus seiner Darstellung heraus, daß er streng zu scheiden iveiß zwischen Wissen und Glauben, Beide Gebiete, diese seine Meinung laßt sich zwischen den Zeilen lesen, sollen reinlich getrennt gehalten werden. Das schon ist genug, »m der Religion ihr Recht zu wahren. Seine nächste »nd hauptsächlichste Absicht jedoch ist Verständnis aller gebildete» Kreise sür die Psychiatrie berbeizu- snhren und die Bedeutung dieser Wissenschaft für d>e Seelsorge in das rechte Licht zu stellen. Dabei gebt er von der sicherlich richtigen Annahme aus. daß die ärztlich wissenschaftliche Auffassung a» sich nickt ,m Widcrsvruch steht mit der sitttich-religiösen. sondern, daß sie deren notwendige Ergänzung bildet und hält eine Verständigung -zwischen Christentum und Psychiatrie mindestens für möglich. Um aber zu zeigen, wie notwendig psychiatrische Kenntnisse bei der Seelsorge seien, führt er verschiedene Krankhcitsbilder aus der irren- ärztlichen Praxis vor. Sie taffen erkennen, daß sogenannte Geistes krankheiten in Wahrheit leibliche Krankheiten sind. Es werden geschildert das paralytische Irresein, der Ältersirrsinn. Melancholie, Trunksucht, Blödsinn, Idiotie und die sogenannten psychopatischen Minderwertigkeiten, wie Zwangsdenken, Hvstcrie, Neurasthenie. Bei den einzelnen Krankheiten gelangt die Entstehungsursache zur Darstellung, der Verlaus und die etwa möglich« Heilung, wobei es nicht an höchst schätzbaren Winken für die Behandlung des be treffenden Kranken fehlt. Die ganze Schilderung aber zeigt^ wie schwer es ist, immer eine zutreffende Diagnose zu stellen. Selbst der kundigste Arzt bldibt dem Irrtum ausgesetzt. Will man einen Menschen aus seine körperliche und geistige Gesundheit prüfen, so ist es erforderlich, seine Jamiliengeschichle zu kennen, seine per- sönliche Geschichte und seinen körperlichen und geistigen Zustand, wie er früher war und zur Zeit der Beurteilung ist, und muß tu der Lage sein, ihn dauernd zu beobachten. Um auch nur einen einzigen Menschen richtig zu verstehen und erfolgreich zu behandeln, ist eine so genaue und lange Be obachtung nötig, daß nur wenig Zeitfür die Nebligen bleibt. Nur ein an Erfahrung besonders reicher Mann, ein scharf blickender, ge übter Menfchcnkenner kann cs wagen, hier von Resultaten zu reden. Wer fchaut in de» Nächsten Herz? Viele sind verschlossen Andere täuscl>en sich und den Beobachter. Jeder ungeschickte, oder gar ausdringliche Eingriff in dos -Heiligtum eines menschlichen Innenlebens muß den größten Schaden anrichten. Wir stehen oft genug vor Rätseln. Verbrechen und Krankheit liegen dicht bei einander. Hier bilden die feinen, oft kaum erkennbaren Unter- 'chiede zwischen körperliche» und geistigen Einflüssen, die Sclten- >eit zureichender Menschenkenntnis, der Mangel an genügender Einsicht in die Familien- und persönliche Geschichte des zu Be- handelnden, das fuacndliche Alter angehender Leclsorgcr, die Un zugänglichkeit des Kranken oder Verirrten, das Fehlen pjychologi- fcher Schulung zuweilen nahezu unüberslcialiche Hindernisse. Nicht mit Unrecht sagt daher der aufrichtig christlich gesinnte Ober- medizinalrat Sick, den Römer in seiner oben genannten Broschüre üb« „Die Kunst des Krankenbesuchs" zitiert: „Nicht leicht ist eine Stelle der heiligen Schrift so häufig in das Gegenteil von dem verkehrt worden, was sie bezweckt, wie das Wort: Ich bin krank gewesen, und ibr habt mich besucht. Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ih mir getan. Von waS sür Krankenbesuchen ist da die Rede, und wie verhalten sich zu diesen Worten die große Mehrzahl der Krankenbesuch«. wie sie jetzt gemacht werden? Ist in Bezug auf letztere nicht viel eher an das andere Wort der Schrift zu gedenken: „Die Menschen müssen Rechenschaft geben von einem jeglichen unnützen Wort, das sie geredet haben Jedenfalls ist mcht m Abrede zu stellen, daß bei ver Seelsorge manche Phrase mit unterläuft, auch manche „salbungsvolle". Leicht sielst sich auch etwas Schablonenmäßiaes ein. Das aber ist ganz gewiß: Einer kann nur für wenig Seelen wirklich sorgen. Was man für gewöhnlich Seelsorge nennt, ist meist nur Armenpflege. Tie Hauptaufgabe des geistlichen Amts bleibt immer die öffentliche Verkündigung des Evangeliums. Da» war die Erkenntnis, die schon durch die erste Irrung in der ersten christlichen Gemeinde gezeitigt wurde. Die Apostel erklärten: „Es taugt nicht daß wir das Wort Gottes unterlassen und zu Tvche dienen." Damit ist darauf hingedeulet, daß nicht vorzüglich der größere oder kleinere Umfang einer Gemeinde für eine erfolgreiche Seelsorge in Betracht kommt, sondern die Organisation. Alle müssen mithelfen. Das wird jeder sür ein wesentliches Erfordernis onsehen, der hoch genug von der Aufgabe der Seelsorge denkt und ihre Schwierigkeit kennt. Schon der Respekt vor einer Menschen- scele sollte hier vor Selbstüberschätzung schützen. Das Innen leben eines Menschen hat Tiefen, die auch der Kühnste nicht aus- zumessen vermag. Die seelsorgerischc Tätigkeit deS Geistlichen wird daher zumeist eine sozialpsvchologische sein müssen. Er soll auf die ihm zugäng lichen Familien und Gesellschaftskreise, auf die öffentlichen Ein- richtungen und Sitten in seiner Gemeinde achten, aus die Gesetz- gebuiig zu wirken suchen, aus die Behörden, am die etwa vorhande nen Vereine, auf Verbesserung der Volksbildung und Dolks- untcrhaltungen, auf die einzelnen Stände und ihr Verhalten zu ein ander, vor allem aber die Glieder seiner Gemeinde zu gegenseitiger, hilfreicher Handreichung und Beratung, kurz, zu wahrhaft tat kräftiger Liebe anzuhaltcn bemüht sein, durch die erst eine wirk- lich lebendige Gemeinschaft entsteht. Die individuelle Seelsorge wird er oft genug im wesentlichen den kleineren Kreisen und den einzelnen Helfern überlassen müssen. Ucberall aber soll n an regend, ermunternd »nd beratend ,u wirken suchen. Vermag er mehr zu leisten, dcslo besser. Nur soll niemand höher von sich Hallen, als sich gebühret Wer die Grenzen seine» Können» immer sich gegenwärtig hält, wird innerhalb derselben, und wenn sie noch so enge wären, mehr leisten, als der in das Unbegrenzt« und damit Unbestimmte zu wirken sich vorletzt. Seelsorge muß sein. Sie ist unter allen Umständen notwendig, doch sie kann nur ol» M- meindeseelforge als eine gemeinsame Tätigkit vieler sich bewähren.
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