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Euch nun hiermit die letzten und ernstlichen Mittel vor- Nachdem wir vermerken, daß Ihr selber bei der Armee gegenwärtig seyd; daß Ihr um mehrer Bluisiürz- ung zu verhüten, Euch in eigener Person, nach dem Gebrauch der alten Helden auff ebenes Feld begebet, mit zween Eurer Kriegslente, ohne Betrug oder List: Woselbst unserer drei Euch gleichfalls begegnen sollen; Ick sür meine Person in meinen bloßen Kleidern, ohne Harnisch, alleine, mit einem Sturnihule am Kopfe bedecket und mit einem Degen in der Hand. Stellet Ihr für Eure Person uns in gleicher Verfassung Euch entgegen. Die andere so uns Gesellschaft leisten werden, sollen völlig gewaffnet erscheinen: Einer mit zwo Pistolen und seinem Seiten-Gewehr; der andere mit einem Musquelen- und seinem Seilcn-Gewehr. Last die zweene, so mit Euch kommen, auf gleiche Manier sich waffncn. Thut Ihr solches nicht, so halten wir Euch vor keinen redlichen Kriegsmann. Hiernach niögt Ihr Euch zu schicken wissen. Geschrieben in unserm Lager zu Riskh den 12. August 1611. Der Dänenkönig antwortete wie folgt: Wir Christian IV. von Gottes Gnaden, König zu Dänemark, Norwegen, der Wenden und Gothen rc., lasten Euch Karl IX., König von Schweden wissen, daß wir eur leichtfertiges und unbedachtsames Schreiben empfangen haben, durch einen Trompeter. Wir halten zwar gehofft, ihr würdet uns mit dergleichen Schreiben verschont haben. Nachdem wir aber spüren, daß die Hundstagc in Eurem Haubte annoch in ihrer ersten Wirkung seyn, so haben wir uns zu dem alten Sprüchworte müssen bequehmen: Wie man in den Wald schreyet, so schallet es wieder heraus. Ist demnach auff solches euer Schreiben dieses unsere Ant wort: Wenn ihr schreibet, daß wir nicht gehandelt, wie einem ehrlichen Kriegs- mannc geziemet: Daß wir auch den Stetinischen Vertrag nicht gehalten haben: So lüget ihr solches als einer, der seinen Mund nicht zu regieren weiß und als ein Ehrenschänder, der mit Schänden und Lästern sich wehren will, wan er seine Macht nicht erweisen kam Wir haben den Krieg aus hochdringendcr Noht für- genommen: Hoffen denselben auch vor dem GOTT des Himmels am Jüngsten Tage zu verantworten: Auf welchen Gerichtstag ihr gleichfalls müst erscheinen und Rechenschaft geben müst, sowohl für das unschuldige Blut, so vergossen wird, als auch für andere eure Tyrannische Thaten, die ihr Zeit eurer Regierung an euren armen Unterthanen und anderen armen Menschen verübt habt. Daß wir erstlick die Stadt Ealmar und hernach das Schloß durch falsche List und Verrätherei, desgleichen Orland und Borgholm sollen weggenommen haben, wie uns eur Briefs zeiget, ist eben so wahr als das vorhergehende. Denn wir haben selbiges Haus als wie ein ehrlicher Kriegsmann und König erobert. Und möcht ihr Euch wohl schämen, so oft ihr daran gedenket, daß ihr das Castell nicht bester versehen habt mit beböriger Nothdmfft, und dasselbe Euch also vor der Nase lassen wegnehmen, da ihr doch sonst ein so berühmter Kriegsmann seyn wolt und selbst so nahe bei der Hand wäret. Belangende den Kampfs, welchen ihr mir anbietet, bedüncket uns solches gar spöttlich, angesehen, ihr vor schon genug von uns geschlagen seyd, also daß man mehr Ursache hat, sich eurer zu erbarmen, denn mit Euch zu fechten. Eine warme Stube solle sich besser vor Euch schicken, denn ein Kämpfgesechte, oder ein guter maüivus, der euch euer Haupt besser in die Schrauben setzte. Ihr solltet Euch schämen, ihr aller Narre, einem ehrlichen Herrn so zu begegnen: habt ohne Zweifel von denen alten Weibern gelernet, welche mit Schänden und Schmähen einander zu bestreiten gewohnt seynd. Ihr hättet eure Feder auf solche Weise wohl ruhen lasten mögen. Nebenst diesen wollen wir auch ermähnet haben, daß ihr unsern Herold und zween Trompeter, die ihr wider allen Kriegsgebrauch amhaltet swomit ihr nur bös Gemüth zu er kennen gebet) widerumb von euch sendet. Ihr mögt wobl sicherlich gläuben, daß wofern ihr denen selben etwas ungleiches widerfahren lasset, dennoch die Cron Dennemark und Norwegen von euch noch nicht gewonnen sei. Schauet zu, daß ihr nur wohl versorget dasjenige, was ihr noch habt. Dies ist unsere Antwort auf Eur leichtfertig Schreiben. Gegeben auf unserm Schloß Calmar, den 30. August Anno 1611. Beide Schreiben erregten selbst in damaliger Zeit ein nicht geringes Auf sehen. In welchem Grade das der Fall und wie sehr sie im Geschmack der Zeit gehalten waren, beweist der Umstand, daß der chrenwerthe Christian For berger, Buchhändler zu Merseburg, in dem von ihm verlegten und zweifelsohne auch verfaßten Werke über Lie Redekunst sic alsMustcrstückc aufführt. Er be- mcldet und belehrt uns, daß die harte „Citation des Schwedischen Königs" „ganz nach Lem richtigen Stylo der alten Rittcr-Canzlci eingerichtet". Aber auch die Antwort auf dies „Rach-Complimcnt oder Duell, welches, nachdem cs ein offener Brief mit untcrgedrucktem, doch verkehrtem Siegel zugestellt wcrdcn mußte", hat den vollkommenen logischen Bcifall unseres Autors; „sie giebt, ob schon sie etwas Besonderes in sich enthält, doch die nöthigsten Stücke der Be antwortung eines Fehdebrieffs oder Schlage-Cartels von sich". Bei aller Regelrechtigkcit bleibt aber doch die Antwort Christian's I V. ein „ungemeiner Briefs". Der Rath, sich in warmer Stube zu halten und durch einen guten Medicus sein Haupt besser in Schrauben setzen zu lassen, scheint wohl an gebracht gewesen zu sein. Carl IX. starb noch in demselben Jahre und der Acrger über den unglücklichen Verlauf des Krieges hat sicherlich feinen Tod be schleunigt. sK. V.-Z.) Alte Bäume. Die kurze Spanne Zeit, welche der einzelne Mensch durchlebt und ihm so ost das Bild der Vergänglichkeit wachruft, regt nicht selten die Betrachtung an, wie ungle ich lang die individuelle Existenzzeit der verschiedenen Naturkörper ist. Von ewiger Dauer erscheinen die Gestirne und ihre Bahnwegc; unbe rechenbar alt und unabsehbar fortbcstchcnd erscheinen die Berge und die Steine, welche die Kruste der Erde bilden. Dann folgt die jetzige Pflanzenwelt, welche cs in cinzelncn ihrer Riesen auf 1000 bis 4000 Jahre individueller Lebenszeit gebracht hat. Solch' uralte Baumgreisc sind u. A. die Ledern des Libanon, die Ricseutanncn Kaliforniens u. s. w. Auffallend niedrig sinkt die Lebens dauer bei den höchstorganisirtcn Naturwcsen, nämlich in der Thicrwclt. Der Mensch erreicht nur selten ein Alter von 80 bis 00 Jahren, ein Säugcthier oder Vogel selten ein Altcr von 100 Jahren, eine Schildkröte mag 100 bis 200 Jahre alt werden; ein Karpfen wird 200 bis 300 Jahre alt, und eine Auster in den indischen Mcercn, welche ungemein langsam ihre Schalen bis zu dcni kolossalen Gewichte von 800 Pfund steigert, mag das sogenannte Mcthusalcmsalter von etwa 1000 wirklichen Jahren erreichen. Möglicher weise erzielen die Polypenstöcke des Mccrcs, welche die Steinkorallen bauen, ein noch höheres Altcr. Bezüglich der Ehrwürdigkeit und des Alters im Reiche der Natur imponirt nichts dem Menschen in höherem Grade als das Greisen- alter der Bäume. Dcr aus himmclanstrcbcndcn Bäumen gebildete Naturdom im Walde wurde schon von den Völkern dcr Vorzeit verehrt und heilig gehalten. Später Pflanzte dcr Mcnsch Gcdenkbäumc, damit sic kommenden Geschlechtern in später» Jahrhunderten eine achtunggebietende Erinnerung an geschichtliche Ereignisse abgebcn sollten. Merkwürdigerweise sind diese grünenden Docu- mcnte der Vorzeit gerade im Laufe des fortschrittlichen neunzehnten Jahr hunderts bis auf gar wenige Exemplare geschwunden. So wurde im Anfänge dieses Jabrhundcrts die Nicscncichc im pfalzclcr Walde, welche ungefähr 4 0 Fuß im Umfange maß, nutzloscr Weise gefällt; später schwand die grandiose und prachtvolle Freihcitslinde auf dem Frcihofc zu Trier (gepflanzt zum An denken an den Abzug dcr Schweden daselbst), angeblich, weil sie zu viel Schatten und Blattgeräusch verbreitete. Es schwand erst vor wenigen Jahren die auf öder Bcrgeshöhc gcstandcnc uralte Hockwciler Linde, weil man cs in dcr jetzigen Zeit dcr Naturvcrwüstung untcrlasscn, dieselbe vor ihrer absichtlichen Stammesaushöhlung zu schützen. Es schwanden auf dem Hundsrücken die prächtigsten Ricsen-Exemplarc von Buchen und Tannen, damit ihre noch kern gesunden Stämme den höchsten Holzwcrth erbrächten. Die schöne und große Linde zu Minden an der Sauer, welche zwar noch nicht viele Jahrhunderte alt und noch nicht ihre volle Ausdehnung erlangt hatte, aber schon im Laufe dieses ganzen Jahrhunderts als ein hcrvorragender und schcnswcrthcr Baum von allen Bewohnern dcs Sauerthales gekannt war, fiel ebenfalls vor einigen Jahren den Hieben der Axt. Gegenwärtig sind als Baumriesen oder Baum- greise des Mosel-Flußgebietes noch folgende Exemplare zu nennen: die Linde bei Gerolstein, dcr man mit Recht ein Altcr von 300—400 Jahren bcimißt; dcr Kastanicnbaum zu St. Martin bci Tricr, welcher sein Alter bereits über ein Viertcltauscnd Jahre gebracht hat; die sogenannte Löschcrlinde bci Cochem, welche vor nahezu 200 Jahren gepflanzt ist; fast so alt wie die bekannte Eicht im Hagenauer Forst, welche unstreitig der älteste Baum in Elsaß ist, dürfte die uralte Linde von St. Livier bei Metz (Chateau-Salins) sein. Dicscr Baum wurde im Jahre 1152 von den Prämonstratenscrn von Selival gepflanzt und ist also gegenwärtig über 700 Jahre alt. Dcr Stamm hat unten einen Um fang von 10 Meter und das Laubdach beschattet einen Raum von 100 Meter im Umkreise und von etwa 35 Meter im Durchmesser. In gewissen Gegenden Deutschlands, wo die Waldcultur selbst unbedeu tend und das Klima rauh ist. hat man von jeher cinzelncn Bäumen, welche ein besonderes Wachsthum bekundeten, das Gnadenbrot bewilligt, indem man sic vor jcdem Axthicb und jeder Sonstigen Unbill zu schützen suchte, Deshalb findet man in der Nordhälftc Deutschlands noch unvcrhältnißmäßig viele riesige und altehrwürdige Waldbäume. Eine solche Inschutznahme einzelner Bäume der Forsten, welche bci cincm regelrechten Stamme und schöner Aestelung einen besonders kräftigen Wuchs bczcugen und die Dispositionen für ein ausnehmend hohes Altcr und hervorragende Größcnverhältnissc bekunden, sollte die Forst- vcrwaltung allenthalben bcthätigcn. Hierbei müßre aber noch auf etwas be sonders Rücksicht genommen werden, nämlich auf die örtliche Stellung dcr Bäumc. Eine exponirtc Stellung auf einer Höhe oder Bcrgcskuppe ist für einen Baum, dem seine Jahre nicht gerechnet werden sollen, niemals günstig zu nennen, indem im Laufe dcr Jahrhunderte stets Stürme cintrctcn, welche alten und besonders hcrvorragcndcn Bänmcn Aeste entreißen und alsdann die Fäulniß in dem Herzen des Stammes Hervorrufen. Man wähle also zu dem Zwecke iets eine geschützte Stelle. Gerade diesem Umstande schreibt man auch das ungemein hohe Altcr oben genannter Eiche bei Hagenau zu, welche etwa 1300 Jahre zählen soll und dicscs ungemein hohe Altcr jedenfalls in dcr Hauptsache ihren günstigen Standpunkt-Verhältnissen zu verdanken hat. Sic steht nämlich in cincr Bodensenkung, wo sic gegen Windstöße geschützt ist und von allen Seiten Wasserzufluß erhält, der durch Humus- und düngreiche Erdschichten stattfindct. Trotzdem ihr Stamm und ihre Aeste hohl sind, grünt sic unter solchen Verhältnissen dennoch kräftig weiter, so daß sic in dcr ganzen Gegend als ein merkwürdiges Sinnbild dcr Stärke und Un- wandelbarkcit gefeiert wird. (Tr. Z.)