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6S5 Kompresse, welche die alte Dienerin ihm reichte, in de» Nacken der Kranken. Noch ein mal schlug Lulu die Augen aus. Wie mit irrem Ausdruck hefteten die schwarzen Äugen sich auf den Mann mit dem weihen .Haar Dann schien sie sich plötzlich dessen zu «r- iimer». was vorgeganaen war. und über ihre jetzt blutlosen Hippen drang e» leise: „Sagen Sie ihm. er soll vergeben, was damals geschehen ist. und mein Gott! — — beten Sie doch ein Baterunier. Der Tod kommt, der Tod. das Sterben ist schrecklich Mutter, Mutter! Nuse doch die Seele Deiner verlorenen Tochter." Noch einmal stöhnte sie aus. schmerzlich und aiigstvoll: noch einmal zeigte sich ein Aus druck der Furcht i» ihren Augen, der sich milderte, als sie Hagen die Worte deS Vater unsers sprechen hörte, dann war der Kamps vorüber, und Lulu Wesenberg war tot. Klagend drückte die alte Frau ihr die Augen zu: „Warum sie erst nach München gegangen ist? Wäre sie in Nizza geblieben, jo lebte sie vielleicht noch. Haben Sie sie gekannt in früherer Zeit?" Hagen verneinte. Er half der alten Frau die Tote aus das Bett legen. Er sah sich um und fühlte, daß die Not wohl hier schon vor der Tür gestanden habe, um bald mit rauher Hand anzuklopfen. Als die alte Frau ihn bis in den Hausflur begleitete, drückte er ihr einige Geldscheine in die Hand und sagte leise: „Sorgen Sie für alles." Dann verlieh er das Haus in der Brugstraße und schlug den Weg zum Schloh ein. Er muhte sich erst noch sammeln, ehe er zu Stechows zurücklehrte. Er sagte sich, dah es ein Glück sei für Stechow und seine Mila, dah die Frau, die «rennend zwischen ihnen gestanden, tot ivar. und dennoch vermochte er nicht gleich der Erschütterung zu wehren, die ihn durchbebt hatte von dem Augenblick an, da er daS kleine Zimmer betrat. Der Wniterslurm, der wie zornig durch die Straßen lobte, tat ihm gut. denn er forderte Widerstand heraus. Das Flockeiigewirbel Höhe plötzlich aus. die dunklen Wolken zerteilten sich. Als Hagen »ach einer Stunde UmherwandernS sich entschloß, zur Schwanthaler Straße zurückzukehren, war der Himmel ganz klar. Der Sturm Hatte sich gelegt und die HiininelSlichtlein begannen zu glitzern, hoch über den Lampen und Laternen der großen Stadl. „Wenn der Sturm genüge getobt hat, schafft Gott der Herr wieder Ruhe, dachte Hagen und beschleunigte seine schrille. — „Mein alter Junge," sagte er vor sich hin. „nun wird sich alles wenden. Nun wird der Frühling den Winter in Deinem Hause verdrängen." Wie im Traum zog er die Klingel, als er vor der Stcchomschen Wohnung stand. Das Mädchen, das ihm öffnete, sagte: „Frau Professor ertvarlen den Herrn Doktor in ihrem Zimmer." Hagen nickte, legte Hui und Ueberzieher ab und ging durch das Eß zimmer in MilaS Boudoir. Diese saß am Tisch, >hatte ein Buch vor sich liegen, in welchem sie ledoch nicht gelesen lmtte. Die Gasflamme» des großen Kronleuchters ließen ihr schmales, bleickes Gesicht noch bleicher als gewöhnlich erscheinen und ließen den fieber- basten Glanz ihrer Augen noch mehr heroortreten. „Sie ivarcn lange aus Herr Doktor," begann sie mit einem Versuch zum Scherzen. „Was trieben Sie denn fo geheimnisvoll?" Prüfend ruhten ihre Blicke auf ihm. und plötzlich rief sie: „Plein Golk! Sie haben irgend etwas erfahren, das Sie erregt hat. Haben Sie etwas gehört gehört und erfahren von Lulu Wesenberg?" schloß sie, während ein Schauer ihre ganze Ge stalt durchschntterle. — „Sagen Sie alles, sagen Sie es bald!" Wie bittend schloß sie die Hände zusammen. Hagen nahm die kleinen, zarten Hände zwischen seine, streichelte sie und sagte ernst: „Gnädige Frau, lassen Sie Ruhe in Ihr -Herz entziehen und geben Sie meinem alten Freunde fein verlorenes Glück wieder. Sie haben Liiln Wesenverg nickt mehr zu -iirchten. Sie ist tot." „Ist tot," sagte Mila und wiederholte: „Ist tot." Ihre Lippen zitterten und in ihren Zügen zuckte es. Sie legte beide Hände an ihre hämmernden Schläfen, als od die 'Flut von Gedanken, die auf sie cinstürmte. ihr alle Besinnung nähme. „Ist tot," sagte sie zum dritten Male, wendete sich plötzlich und eilte durch das große Empfangszimmer vorwärts, vorwärts, dem Zimmer ihres Mannes zu. Ehe sie die Schwelle überschreiten konnte, brach sie mit dem leisen Aufschrei: „Werner!" zu- 'ammen. Hagen, der ihr gefolgt war, fing sie in seinen Armen ans 13. Kapitel. Durch die Nachricht, welche Hagen Mila gebracht hatte, »var ihrer Kraft der letzte Stoß gegeben worden. Run lag sie krank, und der herbeigerusene Arzt wußte kaum, welchen Namen er dieser Krankheit geben sollte, die nur eine Ueberreiznng der Nerven war. „Ich dachte wohl, daß es io kommen würde," sagte der Professor zu Hagen, einige Stunden, nachdem Mila zusammengcbrochen ivar. In fliegender Eile berichtete Hagen. N'as er am Nachmittag erlebt. Er batte dabei die Arme um seinen Freund geschlungen, wie ein Vater, der den Sohn zu trösten sucht. Stechow suhlte sich auch erschüttert durch das, was er hörte, aber seine Gedanken scharten sich doch nur um Mila. Er atmete schwer und sagte: „Nun wird Mila auch sterben. Hätte ich doch nicht geschwiegen! Die Schuld rächt sich bitter." „Warum gleich verzagen, Werner?" tröstete Hagen. «Muß denn jede Krankheit «um Tod« führen?. Zwischen Krankheit und Tod ist oft genu» GotteS schützende Hand zu finden. Hage» wollt«, um nicht noch mehr Unruhe io dem beunruhigten HauSbalt herbei» zuführen, in ei« Hotel übersiedeln, doch Stechow gab da» nicht zu. „Ich mug Dich hier willen," saatk er. „zu jeder Tage», und Nachtzeit. Du darfst mich jetzt nicht allein lassen." „Elisabeth wird ja bald hier lein," gab Hagen zurück, der sofort, nachdem der Arzt gegangen toar. auf Stechows Wunsch nach Salzburg telegraphiert hatte. Die Rück- antwort, das Elisabeth in de» Jrühstunden des nächsten Tage» eintrefsen werde, war schon erfolgt. „Elisabeth kan« mir das nicht sein, waS Du mir bist. Hans," antwortete der Professor und kehrte an Milas Lager zurück. Hagen siand allein. In seinen Zügen lag der Kampf ausgeprägt, den er arge» sein Herz zu bestehen hatte. Er sollte Elisabeth Wiedersehen, der sedeS Pochen seine» Herzens galt. Er sollte mit ihr unter einem Dache leben, sollte immer lbre Stimme hören, immer in ihre Augen sehen und sollte doch nie etwas anderes sein als ihr guter Kamerad. Stechow ahnte nicht, WaS er von seinem Freund verlangte, als er ihn bat, auch jetzt noch in seinem Hause zu bleiben. Unruhig »»änderte Hagen im Zimmer auf und ab. Bilder um Bilder zogen an seinem inneren Auge vorüber. Er sah Lulu» hohle Wangen und erloschene Augen, sah ihren letzten Atemzug tun, und ein Frösteln überkam ihn. Er sah Milas angstvolle Augen aus sich gerichtet, sah sie zusammenbrechen. Und dann sab er Elisabeth» Gestalt vor sich, wie er sie in Stockholm zuletzt gesehen, so stolz und doch zugleich so demütig, so schön und strahlend, und doch so traurig. Weder der Professor noch Hagen suchten während dieser Nacht ihr Lager auf. Stechow blieb fast ununtcrblochen bei Mila: nur für Minuten eilte er zu Hagen, um einige Worte mit ihm zu wechseln. Mila lag todesmatt, mit geschlossenen Augen. Als der Morgen graute, ging Hagen auf den Bahnhof, Elisabeth zu empfangen. Bald war sie in der Wohnung der Schwanthaler Straße^ faßte Stechows Hände und sagte nur: „Armer Werner!" In Eile hatte Hagen ihr alles, Inas sich zugctragen, mit- aeteilt, während sie beide den Weg vom Bahnhof aus zurücklegien. Eine halbe Stunde später nahm Elisabeth den Platz an Milas Lager ein. Sie verlangte energisch, daß so wohl Stechow wie Hagen sich jetzt einige Stunden der Ruhe gönnten. Beide fugten sich ihre n Verlangen ohne Widerspruch. Beiden schien es. als fei die größte Gefahr ge- hoben, nun Elisabeth da war. Deren Augen füllten sich mit Tränen, als sie in Milas todbleiches Gesicht blickte. Mila war das Glück zugesallen, das ihr Herz sich vergebens ersehnt hatte: Mila hatte die Blume des Glücks >n ihren Händen gehalten, und statt sie zu hüten vor rauher Berührung, hatte sie sie selber zerpflückt. Nun lag die junge Frau, wie es schien, gebrochen an Leib und Seele, und vor den Augen der Menschen war es verborge», ob noch einmal die alte Kraft und Jugendfrische wiederkehren würden. Als der Morgen vorrückte, begann Milas bleiches Antlitz sich zu röten, und als sie die Augen ausschlug, glänzten diese fieberhaft und schienen in weiter Ferne zu suchen. Flüsternd begann die Kranke zu sprechen. Der Arzt, der bald erschien, erklärte, daß lbm dieser fieberhafte Zustand lieber sei als der voranaeganaene völliger Ermattung. Er fragte den Professor im Vertrauen, ob seine Frau sich über irgend etwas bleibend und lehr aufgeregt habe. ./Das hat sie getan," entgegncte Stechow, „aber der Grund zur Aufregung ist nicht mehr vorhanden. Befriedigt nickte der Arzt: ..So wird auch alles gut werden." Wundcrlicherweise bezogen sich die Phantasien, in welchen Mila sich während der nächsten Tage erging, durchaus nicht auf die letzte Zeit. Kein Wort deutete auf Lulu Wescnberg hin, sondern alles, Ivos Mila flüsterte, bezog sich auf jene Zeit in Schweden. Sie schien das Rauschen der Trollhättan-Fälle zu hören, glaubte sich auf der kleinen Feljeninscl Toppö. Sie streckte oft ihre Hand aus und ries: „O, die Wasser, die Wasser! Elisabeth, sieh' die Wasser! sieh' da, — da der Barde mit dem weihen Haar! — die Wasser i-aben ihn verschlungen, aber die Wasser löschen die Liebe nicht aus." Wenn Elisabeth die Hand auf die Stirn der Kranken legte, lächelte diese, als widerfahre ihr etwas besonders Gutes, und oft drang Elisabeths Name über ihre Lippen. Dann folgte stets die Bitte: „Hilf ihn mir doch suchen, meinen Werner." Als drei Tage verflossen ivaren, legte sich das Fieber und Mila kam zum Bewußt sein. Sie sah Elisabeth und bat leise: «Riste Werner, damit er hier ist, wenn ich sterbe." Elisabeth beugte sich über sie und sagte: „Du wirst nicht sterben. Mila. Der liebe Gott Hilst, Tu wirst gesund ".nd glücklich werden." Die Kranke schüttelte Len Kopf. „JÄ werde doch sterben, und er soll bei mir bleiben," (Fortsetzung folgt.» >v68011 1>v verbellen «1er Inventur vorlitiufo Karilinon, 8tere8, VltraZen, LvtttleeLen oto. säur beäoutoiill unter 1?rvl8. UMM WillM - »W Mil lil'lT, I ei'li^neelier 1023. IVrü*enIlrni88tr«886 19 — lüerllnxluE. kAr Honiinerlrlsokiler n»«I Touristen! I.äiMc1ie8 6381113118 ,-LkvirkvLt" bei Kömastein a. d. 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