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2611 „Ssrkskö Nowin)-" veröffentlicht hat, find bei E. Schmaler in Bautzen 3 Hefte » 50 H. erschienen. Dieselben enthalten 200 kürzere und längere religiöse Gedichte und Lieder. — Zittau, 2t. September. (S. P.) Allgemeines Aufsehen macht jetzt hier ein Mord, der schon vor längerer Zeit verübt, doch jetzt erst an's Tageslicht gekommen ist. Ein junger Mann, Namens Herberg, aus einem großen Bauergute in Pethau stammend, war von seiner Mutter zur Erlernung Ler Landwirthschaft nach Wiesa bei Friedland geschickt worden. Der dortige Pächter, ein ungeheuer jähzorniger Mann, war in der ganzen Gegend als sehr rücksichtslos gegen sein Gesinde bekannt; unteranderem hatte er auch dasPrin- cip, seine Dienstleute unmenschlich zu schlagen. Eines Morgens, als das Dienst, personal beim Frühstück sitzt, fehlt genannter Herberg, und auf die Fragen nach ihm, antwortet der Pächter, ganz gegen seine Gewohnheit sehr mild, daß jener noch schlafe, man solle ihn auch nicht wecken. Als nun aber trotzdem Einige nach dem jungen Menschen suchten, sanden sie ihn in seiner Kammer erhängt. Sofort glaubte man, daß der Herr bei einem am vorigen Tage mit dem Herberg gehabten Streite diesen erschlagen, und um seine schändliche That zu verheim lichen, dann aufgehängt habe. Zwar benachrichtigte der Herr die Mutter des Verstorbenen, ließ aber auch diesen ohne Weiteres beerdigen. Erst mit vieler Mühe gelang cs der Mutter unter Zuhilfenahme des sächsischen Gerichtes, den Leichnam ihres Sohnes herauszubckommen und nach Zittau schaffen zu lasten. Hier konnten die Aerztc bei einer Untersuchung des schon stark in Verwesung übcrgegangenen Leichnames einen Bruch der Wirbelsäule constatircn. Es ist somit ganz klar, daß der wilde, rohe Mann den erst achtzehn Jahr alten Menschen im Jähzorne erschlagen und dann gehangen hat. Gerüchtweise verlautet, daß der Mörder die Flucht ergriffen habe. — Dresdcn, 26. September. Die „Dresdner Nachrichten" schreiben: „Entgegen der naheliegenden Annahme, daß zu dem eingcstürzten Hause an dec Blochmannstraßc schlechtes Material verwendet worden lei, hört man, daß der Bauherr im Gcgcntheil ganz besonders solide gegründet und ge baut habe. Sollen doch an 70—80 Verankerungen angebracht gewesen sein. Die mürben (Ausschuß-)Ziegel vor dem Hause waren nicht zum inneren Bau, sondern zum Aussehen in den Kellern ausdrücklich geliefert. Dagegen wundert man sich in fachmännischen Kreisen, daß die bauamtlichen Revisoren die An bringung der großen Haspel dircct auf den Balconsteifen der dritten Etage ge duldet haben. Solche bauerschütternde Aufzüge bringt man meist auf den Ge rüsten an. E« mögen wohl an die 100 Centner Kalkputz in die vierte Etage geleiert worden sein, und jetzt schaffte man in die dritte Etage. Durch das Wellern mag der Bindekalk an der Balconconstruction gelockert worden sein, und die sehr schweren Träger des Balcons, welche durch das Winden los- gewuchtet worden sein mögen, können zuerst durchgeschlagen haben, und da z. B. die riesigen Putzhaufen in der vierten Etage ergiebig nachdrückten, kann der Einsturz wohl so erklärt werden. Besitzer des Hauses ist übrigens allein Herr Stephan; Herr vr. Lohse hat ihm den Bauplatz verkauft und zum Bau 6000 Thaler geliehen. — Auf der Trümmerstätte herrscht das alte Chaos noch. Die Sachverständigen-Commisfion berieth von früh 10—12 Uhr. Als Resultat ihrer Berathungen wurden im Laufe des Nachmittags eine Anzahl Balken ab- geladen. Auf dem noch klebenden Theile des eingestürzten Hauses beschäftigen sich 2 Mauer damit, einige nur lose hängende Trümmer nach unten abzu wuchten. Die stehen gebliebene Giebelwand schwankte bei dem heftigen Winde sichtbar hin und her. Die Bewohner des Nachbarhauses verbringen fast alle wenigstens die Nächte in befreundeten Familien, da, wenn Wind, Regen und Baufälligkeit während der Nacht Das thun sollten, wozu sich die Menschen nur schwer entschließen können, nämlich die Hinterfront einzustoßen, sie nicht einen abermaligen furchtbaren Schreck erleben." — Dresden, 26. September. (Dr. N.) Die vereinigten Frei handschützen Dresdens hatten für Sonntag, Montag und heute ein im fest lich decorirten Schützenhofe abzuhaltenden Preis schießen ausgeschrieben, zu welchem sich aus allen Gegenden ca. 103 Schützen und eine Dame, Frl. Mandl, eingefundcn haben, deren Zahl sich durch die hiesigen, fast sämmtlich sich be- theiligenden Schützen auf 250 erhöht. Da nicht weniger als 16 Scheiben (10 Standscheiben in 175 Meter und 6 Feldscheiben, 300 Meter Ferne) aufgestellt sind, so kann man denken, daß in der Schießzeit nicht einen Augenblick Ruhe ein tritt. Nachdem am Sonnabend die auswärtigen Schützen bei einer geselligen Zusammenkunft in Meinhold's Etablissement vom Festausschuß rc. begrüßt worden waren, begann am Sonntag Vormittag 11 Uhr das Schießen, es durfte nur bis H1 Uhr geschossen werden, aber es wurden in dieser Zeit doch 3787 Schuß abgegeben. Gestern waren bis Mittag 4364 Schuß gethan wor den. In der Villa neben der Festhalle ist der Gabentempel errichtet, der eine reiche Auswahl werthvoller Silber-, Gold- und anderer Gegenstände aufwcist, besonders eine große Zahl prächtig gearbeiteter Pocale und Becher, die sämmt lich auf besondere Bestellung und Angabe von der Silber- und Gold- waarenhandlung des Herrn Tschientschi, Pragerstraße, geliefert wurden. Mit vierzig Punkten beginnen die Prämien, es giebt da einen silbernen Löffel, 9 an Werth, bei 80 Punkten 2 dergl., bei 120 Punkten ein silbernes Besteck in Etui, 30 an Werth, bei 180 Punkten eipen silbernen Becher oder eine silberne oder eine goldene Uhr, 50 an Werth u. s. w. Am Sonntag gab, in Vertretung des Königs, Kammerherr O'Byrn die übliche Zahl von Schüssen ab, hielt auch an die anwesenden Schützen eine freundliche Ansprache; außer ihm waren noch einige hochgestellte Herren zeit weilig als Gäste anwesend; gestern Nachmittag schenkte Herr Polizeidirector Schwauß den Schützen seinen Besuch. König Albert hat schon vor seiner Abreise nach Oesterreich, zu den dortigen Hofjagden, sein Bedauern, daß er nicht erscheinen könne, schriftlich dem Festausschuß mittheilen lassen. Dem ziemlich lebhaften Andrange der Festgenossen nach wird das Preisschießen, welches mit heute schließen sollte, wahrscheinlich noch um einen halben Tag länger ausgedehnt und dann die Preisverthcilung erst morgen Nachmittag stattfinden. — Die am Sonntag im Schützenhofe abgehaltene Festtafel ist in Ler fröhlichsten Weise verlaufen. - - Der Centralausschuß Verdeutschen Burschenschaft zu Jena erläßt einen Aufruf zur Unterstützung des bereits 1874 entworfenen Pro- jeetcs der Gründung eines Denkmals zur Erinnerung an die Gründung der deutschen Burschenschaft in Jena. Das Denkmal wird von Professor Danndorf in Stuttgart ausgeführt und in der etwas überlebensgroßen, be geisterten Jünglingsgestalt eines Burschenschafters im Costume der alten Burschenschaft, die Wartburgsfahne tragend, auf einem Sockel, der in Por traitreliefs die Köpfe der drei Jenaischen Begründer der Burschenschaft, C. H. Scheidler, H. H. Riemann und C. Horn trägt, bestehen. Die Kosten find auf 8000 Mark veranschlagt, wovon die Hälfte bereits verfügbar ist. Das Denkmal soll vor der Burschen-Eichc auf dem Jenaer Eichplatz stehen. — Dem 39. Jahresbericht über die Diaconissenanstalt zu Kaiserswerth von 1875 entnehmen wir, daß aus dem KaiserSwerther Mutterhause in Preußen 368, im übrigen Deutschland 7, im übrigen Europa an fünf Stationen 21, in Asien an acht Stationen 42, in Afrika (Alexandrien) 9 und in Amerika (Rochester) eine Diakonissin wirken. Die Zahl der Mutterhäuser beträgt jetzt 51; die Zahl sämmtlicher Schwestern ist von 2660 in 1872 auf 3239 gestiegen, welche auf 866 Arbeitsfeldern thätig sind. — Während bisher über die Grabstätte Gutenb'erg's, des Er finders der Buchdruckerkunst, noch Zweifel herrschten und man meistens an nahm, Gutenberg sei bei den FranciScanern in Mainz begraben worden, hat nun der hessische Bezirksgerichtsrath Ur. Bockenhcimcr in Mainz ein altes Archiv- stuck, ein Anniversarium oder Todtenbuchdes ehemaligen Mainzer Domitticancr- klösters entdeckt, aus dem hervorgeht, daß Gutenberg bei den Dominicanern in Mainz begraben worden ist. Bockenheimer weist das in einem eigenen Schriftchen nach. Man hofft übrigens bei dem Umstande, daß eben auf der Brandstätte der Fruchthalle, d. h. der Stätte de- ehemaligen Dominicaner- tlosters, gebaut wird, noch weitere interessante Funde zu machen. — Die „Köln. Ztg." bringt eine Correspondenz „Vom Rhein, 15. September", die sich über Funde aus der Vorzeit folgendermaßen aus läßt ; „Höchst denkwürdig und interessant war ein Fund diluvianischer, also ausgestorbener Thiere, welcher vor längerer Zeit bei Steeten an der mittleren Lahn in einer Höhle des Dolomitkalkes gemacht wurde. Ucber denselben ist meines Wissens bisher nichts öffentlich mitgetheilt worden; als Entdecker kann ich hierüber die sicherste Nachricht geben. Die Höhle war nämlich durch einen gewaltigen Dolomitblock, der sich loslöste und jetzt am Fuße der Kalkkuppe liegt, welche sich höchst malerisch oberhalb des genannten Ortes erhebt, wasserdicht geschlossen und von einem trockenen, milden Dolomitsand erfüllt, welcher Lie organischen Reste, ohne daß sie, wie die meisten derartigen Vorkommnisse, in- crustirt wurden, ausgezeichnet schön bewahrte. Es fanden sich darin derHöhlen- löwe, stärker als jetzige afrikanische, der Höhlenbär, größer als der so sehr ge fürchtete amerikanische Grisselbär, und die Höhlenhyäne, von viel stärkerem Bau als die lebenden. Als ihre Beute fanden sich in der Höhle eine Menge Pferde-, Ochsen-, Hirsch- und seltene Rhinocerosknochen, nebst den Resten von Elephantcn und mehreren anderen kleineren Thieren. Sämmtliche Thierreste waren sehr schön erhalten, nur die Röhren aufgebissen, um sich des Marks zu bemächtigen. Auf die Elephantcn-Kälber scheinen es die schrecklichen Räuber besonders ab gesehen zu haben, sie wurden bis auf die Backenzähne, die sich sehr zahlreich vor fanden, ganz verspeist. ES versteht sich von selbst, Laß die verschiedenen Raub- thiere die Höhle nicht zusammen bewohnten, sondern die gleichen Arten in ver schiedenen Perioden. Eine gute Auswahl dieser Reste befindet sich in dem Mu seum zu Wiesbaden, die meisten sind aber, wahrscheinlich weil ich zur Rettung des ganzen Fundes zu spät kam, in die Limburger Knochenmühle gewandert.