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2610 urtheilt worden, mit dem ausdrücklichen Beifügen, daß dies Urtheil, wann immer man des Schuldigen, der vor längerer Zeit entflohen, habhaft werden sollte, in Rechtskraft zu treten habe. Stutzland. Als „ein Zeichen der Zeit" meldet der ,,Pokrok", daß alle im Auslande weilenden russischen Unterthanen, welche noch militairpflichtig sind, dieser Tage den Befehl erhalten haben, sofort nach Rußland zurückzukehren. Lürkct. Konstantinopel, 21. September. Der Sultan sucht sich bei Heer und Flotte populair zu machen. Er speiste kürzlich im Kriegs- Ministerium und auf der Admiralität mit einer größeren Zahl von Offizieren gemeinschaftlich an einer Tafel und gedachte dabei in an erkennenden Worten des Heeres und der Flotte, ihrer Tugenden und ihrer Aufgaben; der „Pol. Corr." schreibt man diesbezüglich: „Die kluge Haltung des Sultans hat ihm das öffentliche Vertrauen erworben. Die muhamedanische Geistlichkeit, deren Einfluß sehr bedeutend ist, hat sich von dem ersten Tage an ihm angeschlossen, als sie sah, daß er seine religiösen Pflichten strenge erfülle. Er hat der Marine und Armee geschmeichelt, indem er gegen die Offiziere, die er zu seiner Tafel zog, die größte Leutseligkeit an den Tag legte. Seine Popularität gestattet ihm, Conressionen zu machen, vor welchen jeder an dere Souverain zurückgeschreckt wäre." — Aus Larissa (Thessalien) wird geschrieben: „Mit der An siedelung der Tscherkessen in unserer Gegend hat das türkische Gouvernement nicht nur über das Land eine große Calamität gebracht, sondern sich selbst einen sehr schlechten Dienst erwiesen. Bis jetzt sind in unserer Gegend mindestens 800 tscherkessische Familien angesiedelt; trotz der in den türkischen Staatscafsen herrschenden Ebbe erhielt doch jede tscherkessische Familie bei ihrer Uebersiedelung in diese Gegend 30 Livres in Gold, um zu Colonisationszwecken sich mit Vieh, Haus- standsgerätheu und Werkzeugen zu versehen. Diesen wohlwollenden Intentionen entgegen, denken aber die Tscherkessen gar nicht daran, friedliche Landwirthe zu werden. Sie setzten ihr altes Metier, welches kein anderes ist, als Raub und Plünderung, auch hier fort, wo sich nur immer eine Gelegenheit dazu bietet. In Folge dessen ist die öffentliche Sicherheit im Epirus und theilweife auch in Thessalien sehr arg jwmpromittirt." — Die Grenzstreitigkeiten zwischen der Türkei und Persien wachsen, wie der „Golos" mittheilt, mit jedem Tage. Täg lich sollen blutige Zusammenstöße an den Grenzortschaften stattfinden, und auf beiden Seiten sind schon Gefangene gemacht und Dörfer niedergebrannt worden. Serbien. Belgrad, 23. Septbr. (Polit. Corr.) Die aus Wien hierher gelangte Kunde von der Einigung der Mächte in der Angelegenheit der Friedensvermittelung und den fortgesetzten Bemühungen, die Waffenruhe in einen Waffenstillstand zu verwandeln, hat hier um so gröbere Genugthuung hervorgerufen, als man die sichere Hoff nung hegt, daß die Pforte dem geeinigten Europa bezüglich der vor zuschlagenden Friedensbedtngungen keinen Widerstand entgegensetzen werde. Was die Waffenruhe betrifft, so läuft dieselbe in den nächsten Tagen ab; es sind aber schon jetzt für eine weiter^ Verlängerung der selben bis zum Eintritte eines förmlichen HyffMjllstandes von maß geblicher Seite die nothwendigen VorkeMMn gettoffen worden. Es ist'anzunehmen, daß die Pforte nunmeH Mch der Vereinbarung eines Mffensiillstandes nicht länger widerstehen 'werde, da ihre wesentlichste Einwendung gegen letzteren, wie man hier erfahren haben will, mit der Frxirung der Friedensbedtngungen Seiten der Mächte hinfällig geworden ist. Wie man nämlich hier wissen will, soll die Pforte ihre Abneigung gegen den Abschluß eines Waffenstillstandes vor Verein barung der Friedenspräliminarien im Wesentlichen damit motivirt haben, daß sie ihre große Armee während eines längeren Waffenstill standes, welcher keine sichere Gewähr für das Zustandekommen des Friedens böte, nicht erhalten könne. Ganz aus demselben Grunde soll die Pforte den Wunsch zu erkennen gegeben haben, daß die, die Wiederherstellung des Friedens mit Serbien und Montenegro betreffen den, Verhandlungen gesondert von den über die Verbesserung deS Looses ihrer christlich^ Unterthanen in Bosnien und der Herzegowina neben her laufenden geführt werden mögen. Griechenland. ÄlS «inen Beweis der Gesinnungen des griechischen Volkes führt die „Polit. Corr." die Thatsache an, daß am 16. d. M. auf Veranlassung von Studenten und Bürgern ein Meeting auf dem Nntversitätsplatze abgehalten wurde, welches den Erlaß von Dankadresscn Seitens der Athener Bevölkerung an die englische und italienische Nation beschloß, wegen deren Haltung gegenüber den von Seite der Türken grausam unterjochten christlichen Völker schaften. Asten. (Gegen die Kurden.) Nachrichten aus Tauris zufolge ist der persische neuernannte Gouverneur von Urima Ekbal-ud-Daule am 15. August an der Spitze von 5 Regimentern Infanterie mit 8 Ge schützen an die türkische Grenze ausgerückt, um die türkischen Kurden zu züchtigen, die in der Nähe des Städtchens Uschna ins persische Territorium eingedrungen sind, unterwegs alle Dörfer und Flecken verwüstet und zahlreiche Perser ermordet haben. Afrika. §Aus Dahomey entkommen.) Die „Western Morning News" meldet die Flucht von vier der Franzosen in Appi, die auf Be fehl des Königs von Dahomey zu Gefangenen gemacht worden. Sie entkamen nach dem Gestade und schifften sich in Nachen ein, die sie daselbst vorfanden. Die Brandung war so heftig, daß ihre Boote drei mal umschlugen und sie alle ihre Habe einbüßten. Während der Nacht kamen sie an Bord des britischen Kriegsschiffes „Contest" nackt und mehr todt als lebendig an. Später wurden sie auf eine französische Corvette gebracht. Den Franzosen war gesagt worden, daß ihnen beim ersten Kanonenschuß vom Geschwader der Hals abgeschnitten werden würde. Amerika. Das bereits seit längerer Zeit schwebende Project eines Con- gresses amerikanischer Staaten zur Regelung von Fragen des internationalen Privatrechtes ist seiner Ausführung nahe gerückt. Nachdem die Regierungen der argentinischen Republik, von Bolivien, Chile, Ecuador, Costa Rica, San Domingo, San Salvador, Mexico, Columbien, Nicaragua, Paraguay und Uruguay auf die bezügliche Anregung der peruanischen Regierung zustimmend geantwortet, hat das auswärtige Ministerium in Lima den 9. Decbr., Jahrestag der Schlacht bei Ayacucho, zur Eröffnung des Kongresses festgesetzt und zur Beschick ung desselben die genannten Regierungen formell eingeladen. Bom türkischen Kriegsschauplätze. Pesth, 24. September. (W. Bl.) Der russische General co ns ul in Belgrad hat auf Befehl des Kaisers Alexander der ser bischen Negierung die Eröffnung gemacht, wenn sie der Proclamirung des Fürsten Milan zum König Folge gebe, werde Serbien sich selbst überlasten beiden. Der Botschafter v. Novik off soll sich, wie der Pesther „Lloyd" berichtet, in ähnlichem Sinne ausgesprochen haben. Semlin, 24. September. (Telegr. der N. Fr. Pr.) In Bel grad gilt es als gewiß, daß Milan den Königstitel annimmt. In Belgrad werden Triumphbogen errichtet und für Milan's Ankunft Festvorbereitungen getroffen. Der Skupschttna-Ausschuß sen dete an Tschernajeff eine Vertrauens-Adresse. Die dritte Classe der Reserven wurde einberusen und geht nächster Tage ins Feld. (Dergl. dagegen die Telegramme aus Wien und Petersburg.) Cettinje, 16. Septbr. Die „Pol. Corr:" schreibt von hier: Bekanntlich hat der Fürst von Montenegro seinerzeit eingewilligt, daß Fürst Milan auch für Montenegro die Mediation der Großmächte nachsuche. Die Waffenruhe, die in Folge dessen von den großen Ca- bineten verlangt und von der Pforte nach längerem Widerstreben be willigt wurde, erstreckt sich auch auf den montenegrinisch-türkischen Kriegsschauplatz. Trotzdem ist hier zwischen den Commandanten beider Armeen eine eintägige Kündigungsfrist vorläufig verabredet worden. — Fürst Nicolaus wünscht vor Allem eine Regultrung der türkisch- montenegrinischen Grenze bei Veli- und Malo-Brdo (dem sogenannten „kleinen und großen Berg") etwa in der Weise, daß die hinter diesen Bergen sich ausbreitende Ebene an Montenegro fallen solle. Von hier auS wurde gegenüber den Vertretern der Großmächte die absolute Nothwendigkeit geltend gemacht, für die Einwohner der BrdaS einen Weideplatz zu erlangen, wodurch die bisherige Veranlassung alter Zwistigkeiten zwischen der Pforte und dem Fürstenthume beseitigt würde. Bermischtes. — Bon den gesammelten wendischen Gedichten unseres Landsmanns Peter Müller in Siebitz, die er seit 1848 bis 1876 meist in den