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2^7 VT Petersburg, 25. September. Officiös wird von hier Folgendes verlautbart: Seitens der Pforte ist, wie hierher gemeldet wird, zunächst eine Verlängerung der Waffenruhe auf eine Woche zu erwarten. — Die hiesige erregte Stimmung der Be völkerung erzeugt eine Menge Gerüchte, die im Einzelnen nicht jedesmal widerlegt werden können, mögen sie angebliche Äeußerungen hochgestellter Personen (Großfürsten), kriegerische Vorbereitungen oder diplomatische Actionen betreffen. Auf Befehl des Kaisers Alexander ist für Rußland während der ganzen Katastrophe in der Türkei die Politik inne gehalten worden, sich nicht zu isoliren. Diese Politik des „Nichttsolirens" ist auch heute die leitende. Rußland handelt in Kon stantinopel wie in Belgrad im Einverständniß mit den anderen Mächten und die verificirten Ereignisse der Vorgänge in der Türkei haben das englische Gouvernement für die nächsten Fragen der Verhinderung unnöthigen Blutvergießens zu Schritten veranlaßt, die denen Ruß lands analog sind. Die Spannung der Bevölkerung und die Agi tationen der slavischen Comites sind die einzigen Unterlagen für Ge rüchte, wie die Kriegsbereitschaft in den Militairkrcisen Kasan, Char kow, Odessa, oder für besonders beschleunigte Vertheidtgungsarbciten bei Aschkow, oder für äußerste Thätigkeit in den Arsenalen. An allen diesen Dingen ist nichts Wahres. Der Kaiser bleibt in Livadia, das ist eine eminent für den Frieden sprechende Thatsache, für Unter richtete sind es nicht minder Beurlaubungen gerade von Personen, die die besondere Thätigkeit in den Arsenalen zu leiten hätten. Dem ungeachtet ist zu eonstatiren, daß die russischen Hilfs comitäs ihre Wirksamkeit immer mehr ausdehnen und daß die Zahl der Volontaire für Serbien stündlich wächst. Petersburg, 26. September. (Telegramm der Bautzener Nachrichten.) Neber die Privataudienz des österreichischen Gemral- consuls bei dem Fürsten Milan am 23. September, worin sich der selbe über die Ausrufung Milans zum König eine authentische Erklärung erbat, erfährt die „Internationale Agentur" aus Belgrad: Milan erklärte- sein Streben gehe dahin, die Angelegenheit in einer die Gefühle der Armee schonenden Weiss zu erledigen, da er deren Unterstützung unbedingt benöthige. Er habe den Krieqsminister nach Deligrad abgesandt, um Tschernajeff von der Undurchführbarkeit der Proclamation zu überzeugen, doch beharre dieser auf seinem und dem Standpunkte der Armee. Der Kriegsminister habe die Verhält nisse bei der Armee studirt, nach dessen Rückkehr werde ein definitiver Entschluß erfolgen. 6T Konstantinopel, 28. September. In der gestrigen Sitzung des Ministerraths wurde beschlossen, dem Sultan zunächst eine sechstägige Verlängerung der Waffenruhe zu empfehlen und die bezüglichen Weisungen an die Commandanten der türkischen Truppen zu erlassen. * Konstantinopel, 25. Septbr., Abends. (Telegramm der Bautz. Nachrichten.) Die türkische Regierung hat eine achttägige Verlängerung der Waffenruhe zugestandeu und die Hoffnung ausgesprochen, daß die Mächte bis dahin ihre FrtedenSbedingungei bekannt geben werden. Wie die „Agence Havas" vernimmt, werden die Botschafter bereits morgen der Pforte die. von den Garantie mächten festgestellten Friedeusbedingungen, welchen auch Rußland sich im Princip angeschlossen hat, mittheilen. * leipziger Börse, 26. Sept. Üql. sächs. Staatspapiere v IMO N 3°/« 94,25 G, do. V. 1855 3°/» 83,25 G., do. v. 1852—1868 ä 100 thlr. 4" ° 97,50 B-, do. v. 1869 a 100 thlr. 4°/» 97,50 B-, do.v. 1870 k 100 u. 50 thlr. 4»/» 97,80 B.. do S"/» 103 G-, k. s. Landrentenbriefe 3'/» °/o größere 88,90 G„ do. kleinere 89,50 B, k. s. 4°/o Landescultur-Rentenscheinc Serie ll 94 G., 4'/, °/o 1880 rückjahlb. lauflher Pfandbriefe 101 G-, Leipzig - Dresdener Eisenbahn-Actien 236,75 G, allgemeine deutsche Credit-Anstalt zu Leipzig 110,20 G , Leipziger Bank 110 G.,' Oberlausiber Bank 50 G, Sächsische Bank 120 G., Dresdener Bank 80 G., österr. BanknotSN 168,10 G. (1 Mark 68,10 Pf.). Deutsches Reich. Kotitz. Dem Vernehmen nach ist Herr Candidat Gerber aus Milkel zum hiesigen Pfarrer erwählt worden. Dresden, 25. September. Das „Dresdner Journal" schreibt: „Die „Berliner Börsenzeitung" beschäftigt sich jetzt vielfach mit den Verhältnissen der Berlin-Dresdner Eisenbahn. Nach Nr. 133 soll die sächsische Regierung den Willen zu erkennen gegeben haben, die auf sächsischem Gebiete liegende Strecke dieser Bahn anzukaufen; nach Nr. 435 soll dieselbe ihr „Gebot abgegeben", eine „Offerte" ge macht haben. In Nr. 44 t berichtet dieselbe Zeitung, daß „gestern" (d. h. am 20. September) ein Specialcommissar der sächsischen Re gierung in Berlin augekommen sei, um mit der Direction der Ge sellschaft und einem Vertreter der preußischen Negierung die Ver handlungen über den Ankauf der.Bahnstrecke Dresden-Elsterwerda zu führen und die Specialbedingungen für denselben festzustellen. Nach Nr. 443 endlich kennt die „B. B.-Z." sogar die Erklärung, welche dieser Specialcommissar in Berlin abzugeben hatte, und durch welche die weiteren Verhandlungen eine sehr veränderte Grundlage erhalten haben sollen. Alle diese Erzählungen sind vollständig erfunden. Die sächsische Regierung hat keine Offerts gemacht, kein Gebot auf die Bahn oder eine Strecke derselben gethan, sie hat auch keinen Commissar nach Berlin geschickt, um in dieser Sache zu verhandeln, ihm also auch keine Instruction geben können. Wahr ist an der ganzen Sache nur, daß die Direction der Berlin-Dresdener Eisenbahn gesellschaft der sächsischen Negierung ihre Bahn zum Ankauf angeboten, die letztere aber hierauf noch gar keine Entschließung gefaßt, vielmehr bei der preußischen Regierung in vertraulicher Weise angefragt hat, welche Stellung dieselbe der Berlin-Dresdener Eisenbahngesellschaft überhaupt und insbesondere dem jetzt vorliegenden Anträge derselben gegenüber einzunehmen gedenke. Erst nach Eingang der erbetenen Antwort wird die sächsische Regierung in der Lage sein, zu erwägen, ob das Angebot der Gesellschaft einfach abzulehnen, oder einer mate riellen Prüfung desselben irgendwie näher zu treten sei." — Als Mitglieder des bevorstehenden internationalen Con- gresses in Brüssel für Gesundheitspflege undNettungs- wesen werden u. A. nachträglich vom „D. Reichsanz." noch namhaft gemacht: General-Arzt vr. Roth und Ober-Stabsarzt vc. Frölich in Dresden als Delsgirte des königlich sächsischen Kriegs-Ministeriums. Im Ganzen beläuft sich die Zahl der deutscherseits angemeldeten Congreßmitglieder bis jetzt auf 99. Riesa, 25. September. (Dr. I.) Am vergangenen Donners tage wurde dis Jnterimsbrücke von Neuem auf den hölzernen Pfeiler übergesührt, und vorgestern Nachmittag war man mit derselben über die letzte Oesfnung hinweg und somit am Orte ihrer Bestimm ung augelangt. Der Erbauer der Jnterimsbrücke und Leiter der ganzen Ueberfühcungsarbeiten, Baumeister Graul aus Rochlitz, hat also die ihm zu Theil gewordene Aufgabe auf eine glänzende Weise gelöst. Jetzt ist man m-t Legen eines Gleises zum Transport der großen eisernen Schrauben zum Niederlaffen der Brücke beschäftigt, überhaupt mit den Vorarbeiten zum letztem. An der neuen Elb- brücke, deren Bau dem Wasferbauinspector Göbel übertragen worden ist, wird flott gearbeitet. Dieselbe kommt nach oberhalb, unmittelbar neben die alte Brücke. Am zweiten rechtsseitigen großen Pfeiler sind täglich 2 Dampfmaschinen und 2 Handrammen mit Einschlagen der Rostpfähle beschäftigt. Die Wasserpfeiler werden auf Caissous auf- geführt, zu welchem Zweck der seit Anfang hier befindliche Taucher den Boden der Eibe an diesen Stellen von den Steinen säubert. Berlin, 25. September. Der Kaiser wird am 27. d. Nach mittags von Weißenburg in Stuttgart zurückerwartet. Um dieselbe Zeit trifft auch die Kaiserin, von Baden-Baden kommend, in Stutt gart ein. — Während der Manövertage in Stuttgart empfing der Kaiser u. A. eine Deputation, welche ihn zu der im nächsten Jahre stattfindenden 500jährigen Stiftungsfeier des Ulmer Domes einlud. — An dem jüngst stattgebabten jüdischen Neujahrsfeste wurde auf höhere Anordnung sowohl im Bivouak des dritten Armee- corps, als auch des Gardecorps ein vollständig organiflrter jüdischer Gottesdienst veranstaltet. Wie man dec „Voss. Ztg." von betheiligtcr Leite mittheilt, ließ der Kaiser einen Tag vor dem bezeichneten Feste dis in den genannten Truppentheilen befindlichen jüdischen Soldaten vor die Front treten, woselbst er ihnen sein Bedauern auSdrückte, daß der Dienst es nicht gestatte, die jüdischen Soldaten an ihren hohen Festtagen , zu beurlauben. — Die Comznission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines bürgerlichen^ Gesetzbuchs ist unter dem Vorsitze des Präsidenten oes Reichs-Ober-Handelsgerichts vr. Pape und unter Thcilnahme der sämmtlichen übrigen Mitglieder am 18. d. M. hier wieder zusammen getreten. Die Berathungen betreffen eine Anzahl von Fragen, welche für die Herstellung des Entwurfs maßgebend sind, und stützen sich auf Ausarbeitungen der fünf Nedactoren, in welchen dieselben Vorschläge über die anzunehmenden Grundsätze gemacht haben.