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wollen die Organe dieser Presse, sondern die Wahrheit und deren Erkenntniß, damit daraus die bessere Einsicht und die Rückkehr zur öffentlichen Ehrlichkeit hervorgehe, die nicht allein durch eine Aenderung der Actiengesetzgebung und Ver mehrung der Cautelen zum Schutz der Actionaire erreicht werden kaum" — 6 jAuS dem Landtages Die heutige Sitzung des Ab geordnetenhauses machte ganz den Eindruck einer Schlußsitzung. Den Hauptgegenstand der Tagesordnung, nämlich der Bericht der Budgetcommisston über die Aufstellung eines Planes für den Bau der großen Staatsanstalten für Kunst und Wissenschaft in Berlin, betrachten viele der Mitglieder des Hauses als eine Berliner re» üomoLtioa und hatten in Folge dessen sich schon ihrer Heimath zugewendet. Die Budgetcommission hatte den Antrag gestellt, die Staatsregierung aufzufordern, unter Berücksichtigung der Ansprüche deS Deutschen Reiches einen geordneten Plan für den Bau der großen Staatsanstalten für Wissenschaft und Kunst aufstellen zu lassen. Der Abg. Birchow begründete als Berichterstatter diesen Antrag und be tonte namentlich die Nothwendigkeit, daß damit rasch verfahren werden müßte. Darauf setzte der Ministerialdirektor Greiff ausführlich auseinander, daß die Regierung auf Grund eines Antrages gleichen Inhalt? vom Jahre 1873 sich schon mit dieser Frage eingehend be schäftigt und alle nothwendigen Erhebungen angestellt habe. DaS Er- gebniß derselben sei, daß die Regierung den vorgeschlagenen Plan für unausführbar halte. Die Staatsregierung sei zu dem Entschlusse ge kommen, nur die wissenschaftlich zusammengehörigen Anstalten zu ver einigen. Darin sei seitdem auch nicht Unbedeutendes geschehen. D-r Abg. LuciuS betonte noch in seiner Eigenschaft als Mitglied der Parlamentsbaucommission, daß die betreffende Bauangelegenheit noch nicht weiter gediehen sei, als voriges Jahr. Da nun private Grund stücke, welche sich für das Parlamentsgebäude eignen, nicht vorhanden seien, oder ohne Expropriation nicht zu erlangen seien, so müsse man sein Augenmerk auf fiskalischen Grund richten und das Abgeordneten haus dürfe durch Beschlüsse, welche die bezüglichen Absichten durch kreuzen könnten, nicht vorgreisen. Der Commissionsantrag wurde schließlich mit großer Majorität angenommen. Die dritte Berathung des Gesetzentwurfes, betr. die Auflösung der Lehne in Westfalen, endete mit Annahme desselben. Der Präsident setzte die nächste Sitzung auf den 2 4. April an und verkündete, daß er einige Tage später, etwa Mittwoch oder Donnerstag, die Reichseisenbahn Vorlage auf die TageSordnnng setzen werde. Wiesbaden, 4. April. (Rh. Kur.) Heute Nachmittag wurden aus der Hinterthür der (vor Kurzem den Altkatholiken zur Mitbenutzung übergebenen) katholischen Kirche unter Aufsicht eines jüngeren Geistlichen Jnventarienstücke auf einen Wagen geladen und in das HauS Friedrichstraße No. 18 transportirt. Infolge dessen erschien der Wache habende Polizeibeamte, um den Thatbestand zu constatiren und höheren Orts Meldung zu machen. Die Römischkatholischen haben einen Saal in der Friedrichstraße für ihre gottesdienstlichen Zwecke für 4500 Fl. jährlich gemiethet. Eine Dame hat für den Neubau einer Kirche 3000 gegeben. Straßburg, 3. April. Ueber die Ausweisung einer Anzahl Flüchtlinge der Pariser Commune aus hiesiger Stadt theilt die „Straßb. Ztg." berichtigend folgendes Nähere mit: Bisher hielten sich hier 39 Communarden auf. Von diesen wurden 5 ausgewiesen, wozu noch einer demnächst hinzukommen wird. Bon diesen 6 Jndi- viduen haben sich 3 deS Diebstahls, der Unterschlagung und gemeiner Verbrechen schuldig gemacht; eines derselben zählt sogar zu den gefährlichsten Straßburger Dieben. Ein Vierter machte unter er schwerenden Umständen Concurs; ein Fünfter lebte hier im Concu- binat und ließ seine Frau mit zwei Kindern zu Lyon im Elende fitzen. Diese 5 Personen sind also sämmtlich als Feinde der Gesell schaft zu betrachten, gegen welche keine Regierung irgendwelche Nach sicht üben wird. Ein Anderer endlich hat sich auf politische Agi tationen eingelassen, welche den Zweck hatten, die Ruhe eines Nachbar staates, mit welchem wir in Frieden leben, zu gefährden. Man sieht aus diesen Thatsachen, daß von politischen Verfolgungen, als welche man da und dort die Maßregel der Ausweisung der Communards darzustellen sirchte, nicht die Rede sein kann. Oesterreich. Wien, 6. April. (N.F.P.) Die Conferenzen der Minister über die Revision deS Zoll- und HandelSbündnisseS werden am Sonnabend wieder ausgenommen, und von da an soll auch Graf Andraffy wieder an denselben thetlnehmen. Nach den seit gestern 986 tranSspirirenden Nachrichten hat es den Anschein, daß man des ver mittelnden Eingreifens des Ministers des Aeußern gar sehr bedarf. Das Stadium, in welchem derzeit die Verhandlungen sich bcfinden, ist selbstverständlich unbekannt, aber darin stimmt Alles, was bisher be kannt wurde, überein, daß die Minister über die Zollfrage noch nicht hinausgekommen sind , ja es scheint, daß auch diese Frage noch lange nicht gelöst ist. Ist man doch jetzt erst dabei angelangt, bezüglich des Zolles auf Woll- und Baumwollwaaren eine Enquete einzuberufen, und zwar nicht blos eine ungarische, sondern auch eine österreichische, welche beide morgen vernommen werden sollen. — Aus Kostajnica wird der „Deutschen Zeitung" gemeldet, daß die russischen Korrespondenten am 5. d. Kostajnica ver lassen haben, da ihnen im Weigerungsfälle mit Militair-EScorte ge droht wurde. Den Grund der Ausweisung bilden Denunriationen wegen Agitation für den Aufstand, sowie wegen der Ungarn feind lichen Tendenz ihrer Berichte. — In Ragusa constituirte sich ein Gründungscomite einer „balkanischen Ackerbau- und Industrie-Gesellschaft für den Ankauf der Bodengründe in der Herzegowina", welches 10,000Aktien zu 100 Francs ausgeben will und den Zweck verfolgt, die jetzige Regellosigkeit zwischen dem mohamedanischen Grundherrn und dem christlichen Arbeiter in den slavischen Provinzen der Türkei dazu zu benützen, uni sich die Eigenthumsrechte vieler Grundstücke in der Herzegowina unter günstigen Bedingungen abtreten zu lassen. Prag, tt. April. Der Gesetzentwurf, betreffend die Wahlen der LandtagS-Abgeordneten, wurde heute verlheilt. Das Majoritäts-Votum, welchem kein Motivenbrricht beigegeben ist, ent hält einzelne Abweichungen von der Vorlage des Landesausschusses; daS Minoritäts-Votum der drei jungczechischen Mitglieder der Com mission beantragt unter ausführlicher Mottvirung die Rückverweisung der Vorlage an die Commission. Tirol. AuS Meran wird der „Allg. Ztg." geschrieben: „Wie in Innsbruck, hat auch in Meran der Gemeinderath die Erklärung abgegeben: daß er den Austritt der Mehrheit der LandtagS-Abge ordneten des Tiroler Provinziallandtags entschieden mißbillige, und in der Gestattung der Bildung protestantischer Gemeinden zu Inns bruck und Meran keine Gefahr für den Katholicismus in Tirol er- blicke. In schroffem Gegensatz zu dieser Gesinnung der weit über wiegenden Mehrheit aller Bewohner der größeren Städte des Lande? steht das Benehmen des deutschen Landvolkes fast ausnahmslos in allen Thälern von Süd-Tirol. So fand vor kurzer Zeit auf Betrieb der fast allmächtig herrschenden Geistlichkeit in allen Dorf- schaften rings um Meran und im Passeyer Thal die großartigste und schönste Bergbeleuchtung, die man nur je sehen konnte, statt, durch welche daS Landvolk seine Freude über den Austritt der Landtags mitglieder zu Innsbruck öffentlich kundgab. Zu vielen Hunderten flammten die großen Feuer auf allen Bergen rings um Meran, die meisten Bauernhäuser waren illuminirt und besonders die de» Frem den wohlbekannten Dorfschaften Schöna, Tirol, Algund, Marling, Lebenberg u. s. w. boten wirklich, durch ihre Lage begünstigt, einen zauberisch schönen Anblick dar. Vielfach sah man in dem dunklen Nachthimmel riesige Kreuze, von unzähligen Lampen gebildet, oder die Buchstaben 6. D. (Glaubens-Einheit) flammten in feurigen Zügen hoch empor. So sehr aufgeregt und ultramontan fanatisirt die deutsche Landbevölkerung in Süd-Tirol jetzt auch fast ausnahmslos ist, so freundlich, gutmüthig und bescheiden betragen sich doch alle Bauern im persönlichen Verkehr gegen die Fremden, selbst wenn sie wissen, daß diese „lutherische Ketzer" sind, und üben oft die uneigennützigste Gast freundschaft." Zara, 6. April. (N. Fr. Pr.) Neunzig in Curzola internirte Insurgenten petitionirten bei General Rodich, sie in Freiheit zu setzen, da sie mit der täglichen Unterstützung von zehn Kreuzern un möglich existiren können. — Major Sgaralltna ist mitGaribaldianern auS Montenegro ausgewiesen worden. Frankreich. Paris, 5. April. Laut Verfügung deS Siegelbewahrers soll im Justiz-Ministerium eine Sammlung der Gesetze des Aus landes gebildet werden. Ein Ausschuß ist bereits vom Minister ernannt, um seine Meinung über die Bildung dieser Sammlung ab zugeben, die Classtficirnng und Bewahrung der aufgenommsnen Acten- stücke zu überwachen und Bescheid zu ertheilen über diejenigen Gesetze