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sonst braven Jünglings ist noch ein Räthsel, da alle Motive zu solch' einem Schritte unbekannt. Der Unglückliche, der das volle Vertrauen seines krank darniederliegenden Principals genoß, hat vor der That durchaus nichts Absonderliches gezeigt und beim Gange nach der gedachten Niederlage noch mit den im Hofe befindlichen Leuten gescherzt. Dresden, 7. April. (Dr. I.) Se. Majestät der König be ehrte gestern die Ausstellung deS sächsischen Kunstvereins auf der Brühl'schen Terrasse mit einem Besuche. — Gestern Vormittag wurde das hiesige k. Lehrerinnenseminar durch einen Besuch Ihrer Majestät der Königin ausgezeichnet. — Das „Dresdner Journal" führt in seinem zweiten Arfike „Zur Eisenbahnsrage" (vrgl. Nr. 80) zunächst aus, daß der Schwerpunkt der abweichenden Meinungen über den abgeänderten Reichs- Ei senbahngesetzentwurf darin gelegen, daß der letztere jede Aufstchts- führung über die Eisenbahnen Seitens der einzelnen Bundesstaaten ausschließen wollte. Das Journal citirt dann im weitern Verlaufe der Darlegung Stellen auS einem Schreiben, in welchem die königlich sächsische Regierung die Motive für ihre Ansichten über die fragliche Angelegenheit specialisirte, und weist daraus nach, daß sich die Re- ung jenem Entwürfe gegenüber nicht bloß negirend verhalten, sondern auch Gegenvorschläge gemacht habe. — Eine aus den Handels- und Gewerbekreisen hervorgegangene Versammlung beschloß gestern die Gründung eines in Dresden domi- eilirten Eisenbahnreformvereins, welcher unter Ausschluß aller politischen Tendenzen lediglich die Vertheidigung ökonomischer Interessen, insbesondere deS güterversendenden PublicumS gegenüber den Eisen bahnen, zum Zwecke hat. Nach Constituirung des Vereins genehmigte die Versammlung die Entsendung einer im Entwürfe vorgelegten Petition an die gegenwärtig versammelten Stände des Königreichs Sachsen, zunächst an die Zweite Kammer, um Verwendung bei der königl. Staatsregierung für ein Reichseisenbahntransportgesetz. — Die Porzellan- und Gefäß-Sammlung bleibt wegen der bevorstehenden Ueberführung derselben in daS Museum Johanneum vom 9. April an bis auf Weiteres geschlossen. — Wie die „Dr. N." mittheilen, ist die jüngst berichtete AuS- Weisung des Mitarbeiters am Dresdener „Volksboten" Max Kaiser, von der hiesigen königl. Polizei-Direction wieder zurück- genommen worden. Leipzig, 6. April. Wie das „Leipz. Tagebl." meldet, trägt man sich in nationalliberalen Leipziger Kreisen mit der Idee, in der Meß-EngroSwoche eine namentlich auch auf die in dieser Zeit hier anwesenden auswärtigen Industriellen und Kaufleute berechnete Versammlung zur Besprechung der Reichs-Eisenbahn-Frage abzuhalten. — Das Leipziger Frühjahrsrenne u findet im gegenwärtigen Jahre am 13. und 14. Mai statt. Berlin, 7. April. Der „D. ReichSanz." meldet: Die Genesung Sr. Majestät des Kaisers von dem Erkältungszustande macht be friedigende Fortschritte; dessen ungeachtet haben AUerhöchstdieselben die beabsichtigte Reise nach Karlsruhe und Baden auf Rath deS Arztes uunmehr aufgeben müssen. — Die Deputation aus Hanau, welche, wie bereits be richtet, dem Reichscanzler ein Ehrengeschenk überreichen will, ist hier eingetroffen. Die Mitglieder derselben sind, nach der „Post", von dem Fürsten Bismarck gestern zum Diner gezogen worden, zu welchem auch außer mehreren Abgeordneten die Mitglieder des Reichs- bankdirectoriums, die hierselbst eine Sitzung abhielten, Einladung erhalten hatten. — Die Ergebnisse der aus Beschluß deS Bundesrathes angestellten E r - Hebungen über die Frauen- und Kinderarbeit in den Fabriken bieten, nach der „K. Z", ein vielseitiges und umsangreiches Material. ES ist eine ganze Reihe von vorhandenen Mißständen ermittelt worden, zu deren Abhilfe nach drei Richtungen Mittel vorgeschlagen sind, näm lich man will Verbesserung der Einrichtungen innerhalb der Fabriken, große Sorge für die Arbeiterinnen und ihre Kinder außerhalb derselben und Beschränkung in der Beschäftigung der Frauen. Gegen eine all gemeine Einschränkung der Frauenarbeit ist vielfach Widerspruch er hoben worden ; man versichert, daß viele Industriezweige dadurch gerade zu ruinirt werden und eine Hemmung des Absatzes durch die in Folge dessen zu erwartende Vertheuerung des Fabrikates unvermeidlich würde. Im Bundesrathe werden die wichtigsten Erhebungen zunächst einer weiteren Prüfung unterzogen werden. — Die Bestrebungen innerhalb der Reichsregierung nach Ver mehrung der eigenen Einnahmen des Reiches dürften, wie man der „Nat.-Ztg." schreibt, in nächster Zeit wieder ausgenommen werden, den Bundesrath beschäftigen und im nächsten Reichstage greif- bare Form gewinnen. Man würde, so verlautet in gewissen Kreisen, sich nicht damit begnügen, den Versuch mit der Einführung einer Börsensteuer zu wiederholen, sondern man ginge damit um, die ge lammte Stempelsteuer (also außer der bereits für daS Reich er hobenen Wechselstempel-Steuer auch die sämmtlichen Verkehrsstempel- Steuern) auf das Reich zu übertragen, um so einer Erhöhung der Matricular-Umlagen vorzubeugen und auf eine Entlastung der Bundes staaten nach dieser Richtung hinzuwirken. Aehnliche Vorschläge sind bereits vor Jahren in Petitionen an den Reichstag gelangt, dort aber unberücksichtigt geblieben. — Bezüglich derEisenbahnvorlage verlautet nach der„Fr.Z", Fürst Bismarck habe den Nationalliberalen bereit? bestimmte Versprechungen dahin gemacht, daß er gewillt sei, ein Reich ssinanz- und ein Reichsverkehrsministerium als Preis für die Ge nehmigung des Entwurfes zu bewilligen. Das Portefeuille deS Reichs finanzministers würde Camphausen, das deS Verkehrsministers Gene ralpostmeister Stephan übernehmen. Die Genehmigung dieser Ver- faffungSveränderung durch den Bundesrath würde ziemlich leicht (?) zu erreichen sein. — Nach einer Entscheidung des Reichs-Oberhandels- gerichts ist der Handlungsbevollmächtigte nicht ohne Wei teres berechtigt, in einem Geschäft, welches er nicht abgeschlossen, Erlaß zu bewilligen, insbesondere nicht dann, wenn die Ausführung der ihm übertragenen Geschäfte Erlaß in Geschäften, welche er nicht abgeschlossen hat, gewöhnlich nicht mit sich bringt. — Die einfache Erklärung „der Zahlung mit Vorbehalt" genügt, nach einem anderen Erkenntniß desselben Gerichts, zur Verwahrung des Zahlenden gegen die Annahme, daß in seiner freiwilligen Zahlung eine Aner- 'enntniß seiner Schuldverbindlichkeit gefunden werde, ohne daß es der speciellen Angabe der einzelnen dem Zahlenden zustehenden Einwend ungen bedarf. Präcisirt jedoch der Zahlende seinen Vorbehalt in der Weise, daß die vorbehaltenen Einreden gegen die Zahlung erkennbar md, so wird dadurch der Vorbehalt in seiner Rechtswirksamkeit auf ene präcisirten Einreden beschränkt. — Die „Nordd. Allg. Zeitung" schreibt: Das von der kaiserl. Admiralität für die Betonnung der Reichskriegs häfen angenommene System, welches bereits im vorigen Sommer im Jahde- gebiet zur Ausführung gelangte, wird demnächst auch in der Kieler Bucht An wendung erfahren, sobald die Grenzen des dortigen Gebietes des Reichskriegs hafens durch Gesetz sestgestellt sein werden. Dasselbe schließt sich an das in Frankreich und in den Vereinigten Staaten Nordamerikas bereits mit dem besten prak tischen Erfolge dnrchgesührte System an und bahnt somit einer internationalen Regel ung auf diesem so wichtigen Gebiet des Seewesens den Weg. Da der Vortheil einer Gleichmäßigkeit in der Bezeichnung der belebteren Weltwasserstraßen ein in die Augen springender ist, weil dem Seemann dadurch die Orientirung geboten wird, ohne zuvor die Karte zu Rathe zu ziehen, so kann es nur als durchaus wünschens- werth bezeichnet werden, daß das von der Admiralität für die deutschen Kriegs häfen eingeführte System baldthunlichst auch in den übrigen Häfen und Wasser straßen des deutschen Küstengebietes zur Einführung gelange. Es sei hierbei bemerkt, daß in fachmännischen Kreisen Englands zur Zeit gleichfalls eine lebhafte Agitation für die Durchführung eines möglichst internationalen Betonnungssystems an den großbritannischen Küsten herrschte, und ist es namentlich der dort rühm lichst bekannte Eapitain zur See Bedford, welcher sich eingehend mit dieser Frage beschäftigt hat und ein System zur Annahme empfiehlt, das dem von der kaiser lichen Admiralität eingeführtcn fast vollständig gleichkommt. Sollte dasselbe, wie zu erwarten steht, an den großbritannischen Küsten zur Einführung gelangen, so wäre bei den vier bedeutendsten seefahrenden Nationen die so erwünschte Gleich mäßigkeit erzielt, und ermangelte es dann nur noch, dieselben durch ein inter nationales Abkommen zu fixiren, dem sich dann wohl unzweifelhaft auch die übrigen vom Meere bespülten Staaten in kürzerer oder längerer Frist anschließen würden. DaS Kanonenboot „Nautilus" (zur Theilnahme an der Expedition gegen die chinesischen Seeräuber bestimmt) ist am 5. d. M. von Kiel nach Plymouth in See gegangen. — Ueber das Gründer wesen und die Stellung, die die Presse zu demselben zu nehmen hat, sagt die „Magdeb. Ztg." sehr treffend: „Jede sittliche Erbitterung, die sich in einen: Theile der nicht mit Revolvern arbeitenden Presse, sondern der wirklich unabhängigen und nicht gegründerten Presse ausspricht, hat ihre vollständige Berechtigung; es wäre besser, ihr mit möglichster Gewissenhaftigkeit Rechnung zu tragen und ihr nicht, wie es von den vornehmen Finanzparlamentariern so gern geschieht, den unbegründeten Vorwurf der Scandalsucht zu machen. Nicht Scandal, nicht Klatsch und Verdächtigung