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selbst mit China und'ZaHan Handel-vkbindüngeü an. — Doch die Herrschaft der Portugiesen war nicht von langer Dauer. — Durch Habgier und Grau samkeit machten sic sich den Eingeborenen verhaßt, die nur aus eine Gelegen heit warteten, das Joch abzuschütteln. Bald bot sich auch diese durch die Hol länder, die seit Portugals Kriegen mit Spanien mächtige Nebenbuhler für dasselbe geworden waren. — Dadurch, daß die Holländer 1602 die ostindische Handelsgesellschaft gründeten, ging die zwischen beiden Völkern bestehende Spann ung in offenen Krieg über. In unglaublich kurzer Zeit hatten die Holländer die meisten der portugiesischen Besitzungen in den Händen und als sic 1665 auch Malabar crobertcn, war cs mit dcr Herrschaft der Portugiesen zu Ende. Doch auch die Holländer zogen sich den Haß der Asiaten zu, und sie mußten nach kurzer Zeit des Glanzes die indische Oberherrschaft den Engländern ein räumen. Durch Gründung der cnglisch-ostindischcn Compagnie i. I. 1600 begann eine neue Aera für den Handel Ostindiens. Wenn auch Anfangs die Unter nehmungen der Compagnie nicht recht zur Blüthc kommen wollten, so stieg doch bald ihre Macht zusehends. Allein sie hätte fast ein Ende mit Schrecken genommen, da dcr von ihr bcleidigte Großmogul ihre Vernichtung beschloß ; doch noch zur rechten Stunde ließ sich Aurengzcb begütigen. Kauch war diese GefaWabgewendct, als neue durch die Franzosen entstanden. Zum Gluch hatten Hie Briten in ihrem Feldherrn Sir Robert Clive einen Mann, welches den Franzosen gewachsen war. Derselbe schlug in der Schlacht von Plasscy, trotz zehnfacher Ucbcrmacht,- den Verkündeten der Franzosen, den Vasall von Bengalen, Namens Suradscha Dowla, und erlangte dadurch für die Compagnie die Lehnsherrlichkeit über ganz Bengalen. Bald darauf zwang er auch Pondi- chcry zur Nebergabe und vernichtete dadurch das Uebcrgewicht Frankreich's in Indien für alle Zeiten. Aber nun erstand dcr Compagnie in dem Herrscher von Mysore, welcher für sein Land fürchtete, eine neue furchtbare Gefahr. Dieser Usurpator rückte mit 100,000 Mann, 10,000 Reitern und 100 Geschützen in das britische Gebiet, erlitt jedoch bei Porto novo durch Warren Hastings eine solche Niederlage, daß er die Engländer nicht mehr beunruhigte. Nach seinem Tode bestieg Tippo Sahib den väterlichen Thron und begann einen neuen Krieg, doch auch diesmal siegte die europäische Kriegskunst über den Masscnangriff dcr Asiaten, und Tippo bezahlte seinen Haß gegen die Engländer unter den Trümmern seiner Hauptstadt Seringapatam mit dem Tode. Sein Reich wurde dem britischen cinverlcibt. Nach und nach hattc'sich aber des ganzen Landes eine Aufregung bemächtigt, welche dcr Compagnic in unserm Jahrhundert drohte gefährlich zu werden. Nena Sahib, ein Hindufürst, sawwclle du Un zufriedenen und rief an dcr Spitzc dcr Loealtruppcn den großen Sepoyaufstand hervor. — „Ganz Bengalen war im Aufruhr, Indien schien verloren." — Erst nach großen Anstrengungen gelang es den Engländern, diesen Aufstand zu unter drücken. — Vernichtet war nun die Hoffnung der Hindu's, sich zu befreien, ganz Hindostan gericth vielmehr durch die Mediatisirung von Audh und des Reiches des Nizam, sowie dcr Gebiete des Radschah von Nawpur und Radschputana in Abhängigkeit von England, so daß England nun auf dem Höhepunkte feiner Macht angclangt war. Doch in demselben Maße, in welchem die Macht dcr Briten zunahm, nahm dcr Wohlstand der Eingebornen ab. Oft wicderkehrendc Hungersnot!) untergrub das Wohl ganzer Provinzen, schädigte aber auch dadurch das In teresse Englands. Die Verwaltung sah sich deshalb gezwungen, helfend einzu- greifen, und sie that dies auch mit solchem Erfolge, daß der Ackerbau Indiens dieselbe Blüthc erlangte, wie zuvor. Man beförderte den Anbau des Indigo, welcher jährlich ungefähr 120,000 Centner in den Handel liefert und Pflanzte den Mohn an, der jetzt ca. 60 Mill. Mark an Opium crgiebt. — Englische Kapitalien, welche ins Land flossen, be förderten den rationellen Betrieb der Baumwollencultur, so daß man bereits 1864 für ca. 750 Mill. Pflanzenwolle erzeugte. Durch Einführung der Otahaitistaude erzielte man Zucker von vorzüglicher Güte und durch Anlegung von Maulbcerpflanzungcn nahm die Seidenraupenzucht einen erfreulichen Auf schwung. Mit ebenso gutem Erfolge richtete man sein Augemü'crk auf die Cul- mr des Kaffeestrauchcs; und dcr Thccstrauch, wclcher China chemals von Eng land ca. 80 Mill. pro Jahr cinbrachte, ergab in den Nilagiris, wo man ihn änpflanzte, ein günstiges Resultat. Eben daselbst ist auch der Chinarinden baum mit Erfolg acclimatistrt worden. — Außerdem förderte man den Wohl stand Indiens noch durch Anlegung von Straßen, durch Aufhebung von Fluß zöllen, Einführung der Dampfschifffahrt und Anlegung von Schienenwegen. Besonders dieses letztere Moderne Verkehrsmittel ist cs, welches, in kurzer Zeit allgemein eingesührt, so segensreich für Indien wurde. Hinsichtlich der Länge der Eisenbahnen steht Indien in ganz Asien ohman, Indien besitzt gber auch ein ausgebrcitetes Tslegraphennetz, welches einesthcils über Singäpore mit Java, andernihms durch die berühmte Ueberlandsröntc M Europa in Vtrbind- ung steht. . ' Betrachtet man den Handelsverkehr Indiens mit England, so findet man sehr hcfU seine Bedeutung und seine Wichtigkeit für Britannien. Er ist cs, wclcher der englischen Frachtschiffsahrt ein so großes Feld des Erwerbes eröffnet -Hat, nnd pur dem englisch-ostindischen Handel hat cs dic engt. Rhederci zu vcr- s danken, daß sie eine so unerreichbare Stellung einnimmt. — Dic Hauptbedeut- ! ung hat aber Indien für England als Exportland orientalischer Rohproductc. ' — Wie bekannt, besitzt England eine großartige Baumwollcnindustrie, für welche Nordamerika das Rohmaterial lieferte. Als jedoch LWIMe Baum- wollcnstaaten, des dortigen Bürgerkrieges halber, den Bedarf nicht deW konnten, pflanzte man, wie schon erwähnt, dic Baumspollenstaude in Ostindien an und deckt jetzt von dort aus fast ganz den Bedarf Estgland's. Ebenso ansehnlich ist die Zuckerausfuhr, obgleich Anfangs dic Zuckerproduktion„nicht recht gedeihen wollte, da man den westindischen Zucker durch Besteuerung des vstindischen schützte. Neben dem Export von Zuckcr findet eine bedeutende Ausfuhr von Th;e und Indigo statt; auch wird viel schwarzer Pfeffer exportirt, der sich bereits eine Stellung im Welthandel gesichert hat. — Gleich wichtig wie Her Export Indiens ist sein I m Port. Obenan steht die Einfuhr eNglischerMwebe, welche die einheimische Industrie fast ganz verdrängt haben, trotzdem daß der Hindu so beispiellos billig arbeitet. Einen anderen bedeutenden EinsuhrarMl bilden die Metallwaaren, die England infolge seines Kohlen- und MetallreiMmms in großen Mengen zu liefern vermag. — Zu diesem Allen will ich noch hinzu fügen, daß die cnglisch-ostindische Compagnic in circa 200 Jahren ungefähr 8600 Mill. ^Reinertrag erzielte, welches Resultat gewiß den Ausspruch bestätigt: „Indien ist die ergiebigste Geldquelle Englands." Die politische Bedeutung für England erlangt Indien dadurch, daß es dcr Mittelpunkt und Stützpunkt aller englischen Besitzungen im indischere Occane ist und daß cs dic Basis zu allen Kricgsopcrationcn in Asien bildet. Als England mit Birma in Krieg verwickelt wurde, bcgann es von hier aus die Er oberung dcr Küstcnprovinzcn Arracan, Pcgu und Tcnaffcrim, welche mit dein britischen Reiche vereinigt wurden. — Von Indien aus erfolgt die Schlichtung aller Streitigkeiten, in welche dic englische Regierung mit dcn Eingebornen Asiens verwickelt wird, denn in Indien ist eine größere Truppenmasse stationirt, die dcn Forderungen dcr Engländer Nachdruck giebt. — Als dic englischen Besitzungen in Ostindien an Bedeutung gewannen, sah sich das Mutterland gezwungen, auf dem langen Wege dahin Stationen zu errichten. Es setzte sich deshalb in dcn Besitz von St. Hclcna und nahm 1806 dcn Holländern des Cap. Ebenso sicherte sich England auch dcn Weg über Suez, indem cs den Spaniern Gibraltar, dcn Franzosen Malta und den Arabern Aden nahm. So bedeutend nun jetzt diese Plätze für England sind, so werthlos würden dieselben nach einein Abfalle Indiens sein. — Indien sichert Englands Macht in Asien; es hat aber auch einen bedeutenden Einfluß auf Englands Stellung in Europa, denn nur durch Ostindien ist England eine Großmacht. — England hat schwere Schläge über lebt, man denke an dcn Abfall dcr Vereinigten Staaten, man denke an die Con- tincntalsperrc, allein der Abfall Indiens würde England unbedingt stürzen und wir dürfen daher wohl behaupten: „ Indicn ist die HauPtstütze der cnglischenMach t." Groß waren die Befürchtungen der Engländer, als der Sepoyaufstand ihre Herrschaft in Indien erschütterte. Dem Parlamente wurden durch dieses Ereigniß dic Augen geöffnet nnd cs sprach dcr Compagnie in einer Bill das Recht der Regierung ab und legte dieselbe am I. November I 858 in dic Hände der Königin Victoria, welche jetzt dcn Titcl: „Kaiserin von Indien" annehmen soll. Seit dieser Zeit ist dcr indische Gouverneur zugleich Vicekönig von Ost indien und rcsidirt gleich einem souvcrainen Haupte zu Calcutta. Ihm ist die Verwaltung und Verthcidigung dieses ca. 46,000 OMeilcn großen Landes, welches von 1 50 Millionen Menschen bewohnt wird, mit nur 80,000 Mann rc- gulairer Truppen übertragen. In dcr Landcsvcrwaltung hat er jedoch die Gouver neure von Madras und Bombay znm Beistände, während die Landcsvertheidig- ung allein auf seinen Schultern ruht und seine Stellung zu einer schweren macht, denn im Inneren strebt eine nationale Partei darnach, die Radscha's, Nabob's, Subhadar's, Ohmra's und wie die indischen Großen alle heißen mögen, auf die alten Fürstensitze zu erheben. Doch eine stärkere Macht droht von Außen. — Im Norden von Ostindien liegen die Chanäte, die von räuberischen Usbeken und Turkomancn bewohnt werden. Diese Horden fielen ost in das südliche Rußland ein und verheerten es. Dcr Czar sah sich deshalb gezwungen, zu ernsten Maßregeln zu grcifcn und er schritt zur Eroberung der Chanate. 1852 chlug er den Chan von Chokänd, 1864 ließ er Taschkend erobern, Chiwa fiel n neuerer Zeit ganz in russische Hände und der Sultan von Bochara ist bereits von Rußland abhängig. — Nur noch 80 Meilen stehen dic Russen vor Pischa- war, der nördlichsten Stadt des Pcndschab. Wie sich nun auch die Vcrhäljnissc gestalten mögen, wir glauben nicht zu viel zu behaupten, wenn wir sagen: