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(Leilaae zu No. 83 der Raukener Nachrichten.) M. 4. Das Oberlaus. Gewerbeblatt erscheint allmonatlich. Separat zu beziehen durch die Exp. d. Bautzn. Nachr. XI.IrtKrgrrng. April. Preis: jährlich 1 Marl 20 Pfennige. Inserate: die Spaltzeile 12'/, Pf. 1876. Wir bringen nachstehend einen Vortrag zum Abdruck, in welchem zwar das rein gewerbliche Element in den Hintergrund tritt, durch den aber ein Blick auf das Wunderland Indien geworfen wird, der unstreitig von geschäftlicher Wichtigkeit ist. Bereits in einem früheren Jahrgange gaben wir an dieser Stelle einen Vortrag eines hervor ragenden Zöglings der Bautzener Handelslehranstatt und wenn wir dies abermals hiermit thun, so glauben wir, uns damit nur unsern Lesern zu verpflichten. Ostindien, seine Geschichte und seine Bedeutung für England in mercantiler und politischer Hinsicht. Vortrag von Otto Goldberg. Die früheren Culturstaaten, wie Egypten und Mesopotamien in der alten, Mexico und Peru in der neuen Welt, sind zum Theil verfallen, zum Theil haben sie nur noch eine untergeordnete Bedeutung. Ostindien hat sich dagegen in allen Zeiten eine hervorragende Stellung bewahrt. Schon im Alterthume Wal es durch seine Erzeugnisse gepriesen, und nach seinen Schätzen strebten schon die Phönizier, indem sie mit diesem Eldorado des Ostens in Handelsverbindung traten. Selbst der Judenkönig Salomo, dem doch die Satzungen seiner .Re ligion Abschließung von den heidnischen Völkern geboten, wurde durch die Pracht indischer Erzeugnisse bewogen, alljährlich ein Schiff nach dem Ophir lande zn senden. Die Indier trieben aber auch einen regen Activhandel, denn sie fuhren, unter kluger Benutzung der im arabischen Meere herrschenden Monsun's, nach Arabien und Aethiopien, wo sich Stapelplätze indischer Erzeug nisse befanden. Unter diesen Erzeugnissen waren Gold, Edelsteine und Perlen die gesuchtesten, doch waren auch Elfenbein und feine Hölzer, wie Sandelholz und Ebenholz, sehr begehrt. Geschätzt waren ferner die Erzeugnisse der reich haltigen Fauna, welche Affen, Jagdhunde und Gazellen, sowie Papageien und viele andere buntgefiederte Vögel in den Handel lieferte. Erhöht wurde die Productivität Indien s noch durch die gewerbliche Rührigkeit seiner Bewohner. Sie verstanden den Stahl in ausgezeichneter Güte zu bearbeiten und aus der Wolle der Kaschmirziege feine Gewebe zu bereiten. — Ein Land von diesem Reichthume und dieser Fülle zieht aber auch die Blicke habgieriger Völker auf sich und ist dadurch großen Gefahren ausgesetzt. — Das so reich gesegnete Indien hat auch in der That viele Gefahren bestanden und viele Angriffe zu erdulden gehabt. Obwohl Indien dicht bevölkert war, so konnte es doch seine Feinde nicht immer abwehren, da die Landesvcrthcidigung nur in die Hände einer Kaste, der Kschatrija, gelegt war. Aber Indien würde dennoch mächtiger gewesen sein, wenn nicht fortwährend religiöse Zwistigkeiten zwischen den Anhängern des Brahma- und des Buddha-Cultus bestanden hätten. Zwar gelang es dem Brahmanismus, den Buddhaismus zu beseitigen, aber dieses besserte das Ge schick Indiens in keiner Weise, denn der Brahmanismus übte nun einen ver derblichen Einfluß auf seine Anhänger aus. — Durch das Gebot, nur Pflanzen kost zu genießen, wurde das Volk verweichlicht; durch die Lehre, daß ein beschau liches Leben zu einer höheren Stufe der Vollkommenheit führe, wurde das Volk jeder anstrengenden Arbeit abhold und ergab sich lieber dem süßen Nichtsthun. Und s o siel es fremden Eroberern nicht schwer, sich entweder des Landes zu be mächtigen, oder reiche Beute davon zu tragen. Das erste größere erobernde Heer, berichtet uns die Geschichte, kam unter Alcxander d. Gr. nach Indien, der sich in die Streitigkeiten zweier Pendschab- sürsten mischte, indem er dem Tarilcs wider Porus Hilfe leistete. Die Ver hältnisse nöthigten ihn jedoch bald, das Land zu verlassen, um aber fernerhin mit Indien in Handelsverbindung zu stehen, ließ er am Hhdaspes zwei Städte erbauen. Wenn nun auch durch diesen Zug des Alexander Indien nicht mit dem Abcndlandc in directe Handelsvcrbindung trat, so ist doch dadurch den Abend ländern eine genauere Kenntniß dieses Landes zu Theil geworden, während man früher nur sagenhafte Berichte durch den Arzt Ktesia besaß. Eine wesentliche Bereicherung der Kenntniß über Indien erhielt später das Abendland durch die Nachrichten des griechischen Schriftstellers Arianus, der im 2. Jahrh. n. Ehr. die Küstenländer Hindostan's bereiste. Hierauf folgt eine lange Zeit tiefer Ab geschlossenheit, die durch die Weltherrschaft der Römer nur insofern unterbrochen wurde, als die Araber den reichen Römern aus Indien Gold, Perlen und kost bare Gewürze zusührten. Doch der Schleier mußte fallen — kühne Reisende, wie die Gebrüder Massiv und Marco Polo, welche den Weg nach Binnenasien erschlossen, sowie Missionäre, welche zur Bekehrung der Tartarcn auszogen, erregten das Interesse für fremde Völker und Länder im erhöhten Maße und die Erfindung der Magnetnadel, sowie Vervollkommnungen in der Schifffahrtskunde gaben die Mittel an die Hand, dasselbe zu befriedigen. Man beschäftigte sich jetzt lebhaft mit dem Gedanken einer Umschiffung Afrikas und stützte sich hierbei auf die Aussage des Herodot, welcher berichtet, „daß die Phönizier im Auftrage des egyptischen Königs Necho Afrika innerhalb 3 Jahren umschifft haben." Man beschloß deshalb die noch malige Umschissung Afrika's und die Portugiesen, Lie kühnsten Seefahrer jener Zeit, setzten sich dieses Ziel unter Heinrich d. Seefahrer. Es war jedoch diesem erleuchteten Fürsten nicht vergönnt, seine Pläne zu verwirklichen. Erst unter seinem Nachfolger gelang es dem erfahrenen Bartolomäus Diaz, 1487 die Südspitze Afrika's zu umschiffen. Da dieser Seefahrer in jenen Gewässern viele Stürme zu bestehen hatte, so nannte er dieses Cap „eapo tormonto", oder stürmisches Vorgebirge. — Bald darauf unternahm ein anderer Seefahrer, Vasco da Gama, eine zweite Expedition: er umschiffte das Cap und warf am l 8. Mai 1498 im Hafen von Calicut Anker. „„Der Weg nach Indien war erschlossen, die Glanzperiode der Geschichte Portugals eröffnet; eine neue Zeit begann."" Neue, stärkere Flotten sandten die Portugiesen aus, ihre Herrschaft zu be gründen. Alphons d'Albuquerque eroberte Goa und machte es zum Mittel punkte der portugiesischen Besitzungen in Asien; er wurde Vicekönig und knüpfte