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941 Corps des 1. Garde-Ulanen-Regiment- wurde mit seinen Gästen vorigen Frei- tag Abends angenehm überrascht, als plötzlich sich die Thüren öffneten und sieben Offiziere des Garde-Husaren-Regiment- zu Pferde im Locale erschienen, nachdem dieselben alle die sehr steile, etwa 15 Stufen zählende steinerne Treppe hinauf geritten waren. Die Treppe war nur spärlich durch eine flackernde Gasflamme be leuchtet. Die Herren ritten alle denselben Weg zurück; Erbprinz von Schön berg flog mit einem Satze hinunter; Rittmeister v. Geyr machte denselben Weg viermal. Alles ging ohne Unfall vorüber. — Das Bezirksgericht Würzburg hat den Kaufmann Bamberger von Heidingsfeld, der, wie s. Z. gemeldet, es sich zum Geschäfte machte, aus den Geldverlegenheiten der Würzburger Studenten wucherischen Nutzen zu ziehen, wegen fünf Verbrechen der Privaturkundenfälschung, 12 versuchter Verbrechen der Urkundenfälschung, dann wegen 6 Vergehen der Benachtheiligung Minder jähriger und wegen eines Vergehens der Bcrufsbeleidigung des Untersuchungs richters zu einer Gesammtstrafe von 6 Jahren Zuchthaus und 2400 Geld strafe, welche letztere für den Fall der Uneinbringlichkeit in eine Zuchthaus strafe von >80 Tagen umgewandelt wird, dann zu 6 Jahren Verlust der bürger lichen Ehrenrechte verurtheilt. — Au- Riga meldet der Telegraph einen sehr bedeutenden Diebstahl, welcher dort im Gebäude des Polytechnikums an Werthpapiercn dieses Instituts verübt worden ist. Nach einer bezüglichen Bekanntmachung de« Verwaltungsraths der polytechnischen Schule zu Riga sind zwei Docu mentenkasten mit Werthpapieren im Betrage von beinahe 100,000 Rubeln gestohlen worden. Der Cassenrcndant Elk ist verschwunden. — Man schreibt der „N.-Z." aus Straßburg i. E.: Ein zur Wch- muth stimmendes Beispiel von der Vergänglichkeit irdischer Macht und Herrlichkeit liefert uns das Schicksal der letzten Nachkommen der einst so mächtigen Herrscherfamilie von Lusignan. Bis zum August 1871 wohnte hier mit mir in demselben Hause vier Treppen hoch ein 69jähriger Greis in den dürftigsten Umständen, der sich Louis de Lusignan nannte. Er starb, ver pflegt von einer barmherzigen Schwester, und seinem Sarge folgte außer mir nur der Hausbesitzer. Ferner starb im Jahre 1874 auf einem nahezu verfal lenen Schloß im Oberclsaß der Prinz Philipp de Lusignan, ein Greis von 93 Jahren. Man fand ihn Morgens verbrannt in seinem Bette, das er aus Un vorsichtigkeit selbst angezündet hatte. Im Januar d. I. trat ferner der fran zösische Marine-Offizier Gottfried von Lusignan in ein Trappistenkloster und im darauffolgenden Februar folgte Herr Lezay de Lusignan, gleichfalls ein französischer Offizier, seinem Beispiel. Schließlich starb in Mailand im dor tigen Spital nach langem Leiden ein Prinz Leo de Lusignan, eine Frau und 0 Kinder in Armuth hinterlassend. In Frankreich selbst ist das berühmte und mit den Lusignan verwandte Geschlecht der Montm orcncy so herunter gekommen, daß gegenwärtig in der Umgegend von Paris ein Montmorency als Ackerknecht dient. — Wadersloh (Westfalen), 29. März. Gestern Nachmittag wurde, wie die „Wests. Ztg." schreibt, eine Viertelstunde von hier ein 22jährigcs Mädchen, Tochter eines Landwirths aus dem benachbarten Langenberg, vom Blitze getödtet. Der Blitzschlag traf Kopf und Brust. Ein 10 Schritte von dem Mädchen entfernter Schäfer mit seiner Heerde blieb unbeschädigt. — Prag, 1. April. (Waldbrüche.) Da die im heurigen Winter stattgehabten massenhaften Schneefälle in vielen Waldungen des Lande«, und zwar namentlich in den Nadelholzbeständen, bedeutende Brüche verursacht haben, so ist dadurch die Gefahr nahe gerückt, daß sich die forstschädlichen Jnsecten in Len entgipfelten Stämmen und umherliegenden Baumkronen, welche ihnen günstige Brutstätten darbietcn, erheblich vermehren. Der Statt- Halter hat daher an alle Bezirkshauptmänner die Aufforderung ergehen lassen, sämmtlichen Waldbesitzern und Forstorganen ihrer Bezirke die sofortige Aufarbeitung der Schneebruchhölzer, sowie der erfolgten Windfälle oder zum Mindesten deren schleunige Entrindung zur Pflicht zu machen. — Aus Rees vom l. April berichtet man der „Köln. Vlksztg.": Gestern Abend gegen 8 Uhr trug sich zwischen hier und Grieth, etwa eine halbe Stunde unterhalb der Stadt, ein entsetzliches Un glück zu. Das von Emmerich kom mende Passagierboot „König" der Köln-Düsseldorfer Gesellschaft wurde von einem thalwärts fahrenden Schraubendampfer, welcher zwei beladene Schiffe schleppte, angerannt, so daß es buchstäblich fast durchschnitten wurde und sofort sank. Auch der Schlepper erhielt so erhebliche Beschädigungen, daß er zu Grunde ging. Leider sind viele Menschenleben dieser Katastrophe zum Opfer gefallen ; die Zahlangabcn variiren indeß sehr. Vom Passagierboote sollen nur Wenige gerettet sein; ein Kahn, in den 13 Personen gesprungen waren, schlug um. Wie es heißt, hat man bereits neun Leichen aus dem Wasser gezogen. — Aus dem Primsthal vom 28. März schreibt man der „Trierer Lan- desztg.": Gestern vollzog sich m unserer Nähe, auf dem Hüttenwerke Maria hütte, Buß genannt, ein entsetzlicheS Drama. Ein Sandsormer, gegen Abend von der Arbeit heimgekehrt, ergriff ein Stück Gußeisen, erschlug seine 80jährige Mutter, brachte seinem 18jährigen Neffen, der vor ihm von der Ar beit zurückgekehrt war und an einem Kübel stand, um sich zu waschen, mehrere tödtliche Wunden am Hinterkopfe bei, stürzte auf seine beiden kleinsten, 1 und 3 Jahre alten Kinder und verwundete auch diese tödtlich. Jedenfalls hätte er auch noch seine etwa« mehr erwachsenen Kinder getödtet, wenn diese nicht ent flohen wären, um Hilfe zu rufen. Glücklicher Weise war die Frau nicht zu Hause; denn auf diese scheint es am Meisten abgesehen gewesen zu sein. Motive zu der entsetzlichen That sind nicht bekannt. — sEine junge Kindesmörderin.j Im vergangenen Jahre trat ein junges Mädchen, Namens Marie Ouvrand, in den Dienst der Ehe- lcute Lera«, wohnhaft zu Luche Pringe in Frankreich, die ihr die Ueber- wachung zweier kleiner Kinder anvertrauten. Am 23. August starb nun plötzlich das eine derselben, ohne daß der Arzt ihre Todesursache hätte er forschen können; bald darauf, am 19. September, starb auch das andere, ebenfalls ohne vorher krank gewesen zu sein. Die- erregte den Verdacht des Arztes, und er theilte denselben der Behörde mit. Dies« ließ sogleich die erwähnte Magd gefänglich einziehen, worauf dieselbe bald eingestand, da- Verbrechen begangen zu haben, indem sie den Kindern so lange ihr Taschen tuch in den Mund hielt, bis sie daran erstickten Als Erklärung führte sie an, daß sie einen Drang in sich verspüre, kleine Kinder zu ermorden. Sie wurde zur Zuchthausstrafe bis zu ihrem einundzwanzigsten Lebensjahre — die Mörderin ist jetzt kaum noch zwölf Jahre alt — verurtheilt. — sEin schreckliches Zerstörungswerkzeug, j Während Ruß land seine Brandgcschosse für die Zukunft auflassen will, da ihm selbe allzu un menschlich erscheinen, fabricirt Italien das gräßlichste Zerstörungsmittel, das je Menschen ausgcsonnen, nämlich sogenannte Zrsnstv torpsäini, respcctive mit Dynamit gefüllte Gußstahlgranaten, welche aus den neuen Hundert - Tonnen geschützen auf feindliche Schiffe oder Festungswerke geworfen werden können. Das fast 3 Schuh hohe, zuckerhutähnliche. 22 Ctr. wiegende Geschoß ist inwendig mit 2 bis 2H Ctr. Dynamit geladen. Die Wirkung ist eine derartige, daß da mit einer Anfangsgeschwindigkeit von 400 Meter per Secunde dahinrasende Projectil durch seine Explosion das größte Casemattschiff oder 10—12 Schuh dicke Steinbastionen in einer halben Minute complet zerstört. Im Polygon der koncksria rs»le wurde mit einem kleineren, doch mit Dynamit geladenen Ge schoß eine unglaubliche Wirkung erzielt. Die Scheibe, eine mehrzöllige Panzer platte, wurde in unzählige Stücke durch die explodirende Granate zerrissen. Der Preis eines adjustirten Geschosses sammt der Pulverladung, welche aus groben lr^zölligcn Würfeln besteht, beträgt fast 5000 Gulden. — Der Ausstellungs-Commission in Philadelphia ist ein von Rabbinern der verschiedensten Gemeinden unterzeichnetes Gesuch um Erlaubniß zur Errichtung eines Restaurants für koschere Speisen auf dem Ausstellungsplatze zugegangen, da voraussichtlich 50.-70,000 Jude» die Ausstellung besuchen würden, von denen die Mehrzahl die jüdischen Speisegesetze beobachte. tEingesandtes.) Erwiederung auf das Eingesandt in Nr. 72 nnd Nr. 74 dieses Blattes Zwei Lehrer haben sich bewogen gefunden, über einen Aufsatz eine- ihrer Collcgen in Nr. 9 der „8erdlcs die Anwendung der deutschen Sprache in wendischen Volksschulen betreffend, ihre berichtigenden, sowie exe getischen Ideen, wenn auch gerade nicht collegialisch, vom Stapel zu lassen, ohne jedoch zu bedenken, daß ein deutsches Blatt niemals der vollgiltige Coin- mentar zu einer wendischen Zeitung sein kann, sondern daß Berichtigungen da anzubringen sind, wohin sie gehören, also hier offenbar vor ein und dasselbe Publicum. Der Erstere der Herren konnte sich ohne viele Ueberlegung selbst sagen, daß «in vollständiges Plagiat der «inschlagenden gesetzlichen Bestimmungen ganz unnöthig war. Er kann sich darauf verlassen, daß da- Gesetz sich in den Händen Derer befindet, die berufen sind, über die Ausführung deffelb«n zu wachen. ES ist ausdrücklich in dem betreffenden Paragraphen des Volk-schul- gesetzcs betont, „daß sowohl da- deutsche, al- das wendische Lesen zu lehren ist" und weiter unten steht: „in den oberen Classen ist in deutscher Sprache zu unterrichten." Demnach findet fich allerdings eine Gesetze-stelle, die deutlich sagt, daß sich der Lehrer beim Unterricht der eben eintretenden Kinder wendischer Nation auch der wendischen Sprache zu bedienenhat. Dies und nichts weiter wollte der Verfasser de- Nowinaartikels *) Die Redaction hat zwar Obiges, um dem Gegentheile gerecht zu werden, ausgenommen, deprecirt aber weitere „Eingesandt" in dieser Sache.