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939 rathschlagt, ob es nicht besser wäre, um zu einer Verständigung mit der eidgenössischen Negierung zu kommen, wenn dem Letzteren ein an derer Wirkungskreis angewiesen würde, als der Carlton Gens. Ver trauensmänner sind angewiesen worden, in der Schweiz anzufragen, ob man dort zur Versöhnung geneigt ist. Frankreich. Paris, 1. April. (N. P. Z.) Nächstens wird der Herzog Decaz es, der Minister des Auswärtigen, einen Choc auszuhalten haben. Thatsache ist es, daß die Beziehungen zwischen Frankreich und England in der letzten Zeit eine notorische Trübung erlitten haben. Man weiß, wie viel cgyptische Werthe oder Unwerthe von England nach Frankreich geworfen worden sind, außer einer Milliarde noch 400 Millionen flottirende Schuld. Um einer Krisis an der Pariser Börse vorzubeugen, beschloß der 6rä6it konoior, der in Egypten sehr stark engagirt ist und dessen Director Schwager des Herzogs D«cazes ist, eine egyptische Nationalbank in Paris zu gründen, mit je einem französischen, italienischen und englischen Commissair. Die groß britannische Regierung hat bekanntlich ihre Mitwirkung zurückgewiesen, die Franzosen sind ja durch englische Vermittelung glückliche Besitzer der egyptische» Papiere, waS kümmert es England also weiter? Die Verstimmung, die nun jenseit und diesseit des Canals eingetreten ist, schiebt man dem Herzoge DäcazeS zu, der sich in dieser Sache zu sehr durch persönliche Interessen habe leiten lassen. — Der Kriegsminister läßt gegenwärtig hundert für die Lazarethe bestimmte mobile Capellen mit allem für den Gottes dienst nothwendigen Zubehör unfertigen. Später soll jedes Regiment eine solche Capelle erhalten. Großbritannien London, 1. April. Die knappe Mehrheit, welche das Cabinet neulich in der irischen Stimmrechtsfrage erlangte, macht viel von sich reden. Es war ein Home-Ruler, der den Antrag stellte, für die Städte in Irland die gleichen Bedingungen des Wahlrechtes ein zuführen, wie sie in England gelten. Mit nur 13 Stimmen Mehr heit (179 gegen 166) wurde der Vorschlag verworfen. Liberale und Homc-Ruler fangen an, sich einander wieder mehr zu nähern, während in den conservativen Reihen, trotz der äußeren Geschlossenheit, ein ge wisses Schwanken bemerkbar wird, herbeigeführt durch manche neuer dings von dem Cabinet begangene Fehler. — Die „Morning Post" erklärt die Angabe, Don Carlos habe der österreichischen Regierung seine Absicht kundgegeben, nach Steiermark überzusiedeln, für unbegründet. Er denke augenblicklich nicht daran, Großbritannien zu verlassen. — 6 Das„Torpedocomits"der englischen Admiralität ließ vor Kurzem eine Serie von Experimenten ausführen, welche den Zweck hatten, die von dem Franzosen Denayrouze erfundenen Apparate, mittelst deren das unbeachtete Legen von Torpedos bewerk stelligt werden soll, zu erproben. ES zeigte sich, daß ein mit diesen Avparatcn versehener Mann zwei Stunden lang ohne irgend welche Verbindung mit der Oberfläche unter dem Wasser sich nach allen Richtungen bewegen kann, daß er sich mit Hilfe eines Compasses, den er mittelst einer Lampe beobachten kann, nach irgend welchem be stimmten Platze begeben und entweder vom Feinde placirte Torpedos wegnehmen oder andere placiren kann. Rußland. Petersburg, 31. März. Die aufständischen Südslaven haben sich nicht darüber zu beklagen, daß ihrer Sache in Rußland ein kaltes Herz entgegengebracht wird. Wie man der „N. Fr. Pr." von hier schreibt, sind ihnen schon ansehnliche Summen zugeflossen. Es haben nämlich für die Flüchtlinge gespendet: der Petersburger slavische Verein 200,000 Rubel, der Jnvaliden-Unterstützungsverein 43,957 Rubel, im Wege der Redaction des „Golos" sind ihnen 36,729 Rubel zu- gekommen, die Sammlung der Moskovskya Viedomosti beträgt 11,038 Rubel, des Odesky Viestnik 4-—5000 Rubel, das Resultat der jeden- falls bedeutenden Sammlungen deS „Ruski Mir" und der Petersburger „Viedomosti" ist noch unbekannt. Ferner haben der Moskauer serbische Archimandrit Sava 34,ooo und der Moskauer slavische Verein 100,000 Rubel gespendet. Außer diesen Beiträgen an baarem Gelde wurden noch Kleidungsstücke und andere brauchbare Dinge für die „Flücht linge" gesammelt. Wie man der „Pol. Corr." aus Warschau schreibt, soll dem nächst eine gründliche Reorganisation des städtischen Muni- cipalwesens in Polen in's Werk gesetzt werden, welche sich voll ständig an die gleiche in Rußland bestehende Institution anlehnen soll. Nach dem neuen System würden unter Anderem die Wahlen in den Gemeinderath nur auf Männer fallen können, welche der russischen Sprache vollkommen mächtig sind, da die Berathungen im Schooße der Gemeindevertretung auch in den ehemaligen polnischen Provinzen nur in russischer Sprache geführt werden dürfen. Wa r schau, 25. März. (Osts.-Ztg.) Das umfangreiche Capu- cinerkloster in Zaloczin war bei der nach dem Aufstande von 1863—1864 erfolgten Aushebung der Klöster im Königreich Polen verschont geblieben, weil den Insassen eine Unterstützung deS Auf standes nicht nachgewiesen werden konnte und weil es zahlreichen unterzubringenden Mönchen aus den aufgehobenen Klöstern zum Aufenthalt dienen sollte. Neuerdings will aber die Regierung durch eine unlängst im Kloster vorgenommene polizeiliche Revision die Ueberzeugung gewonnen haben, daß die Mönche eine ausgebreitete geheime Thätigkeit entwickelten, um die zur orthodoxen Kirche über getretenen unirten Ruthenen dem neuen Glauben abwendig zu machen. In Folge dieser Entdeckung ist jetzt das Kloster durch eine Regierungs verfügung aufgehoben worden. Die Insassen sind theils, mit Reisegeld versehen, inS Ausland geschickt, theils nach dem Innern Rußlands internirt worden. Türkei. Wie stark in Bosnien agitirt wird, um die Bevölkerung nicht zur ruhigen Anschauung der Dinge kommen zu lassen, erweist unter Anderm eine in der „Allgemeinen Zeitung" beschriebene Fahnen weihe zu Tiskowatz. Ein Belgrader Kaufmann schenkte den Insur- genten eine Fahne mit der Inschrift: „Ein Volk, Ein Serbien! Für Freiheit, Glauben und Vaterland!" Vor vielem Volk verlas man bei der Einweihung die Kriegsartikel der Jnsurrection, und Jedem, der sich ihnen nicht fügen wollte, war es freigestellt, die Waffen nieder zulegen. Dann sprach ein Pope die Fahneneidformel, welche lautet: „Verflucht sei der Verräther bis in das neunte Geschlecht; seine Wiese gedeihe nicht, seine Familie verkomme, sein Haus verfalle, er selbst werde vom Unglück verfolgt und verzehrt." (Kein Wunder, daß unter dem Eindrücke solcher Theatercoups die Pacificationsarbeit in manchen Theilen Bosniens nur langsame Fortschritte machen kann.) Dem „Pesther Lloyd" wird über die ökonomische Lage Serbiens geschrieben, daß sich das Land schon seit drei Jahren in einer harten ökonomischen Krise befindet. „Eine Reihe der angesehensten und reichsten Kaufleute sind gefallen, zahlreiche kleinere Firmen vermögen sich kaum zu halten. Der Bauer ist durchgehends verschuldet und hat an den Wucher-Zinsen, um die er Geld erhielt, genug zu tragen. Nun soll das so bestellte Volk 12 Millionen Francs dem Staate zu 8 Pro cent vorschießen! In Serbien ist der geringste Zinsfuß 16 bis 20 Pro cent, und zu 8 Procent findet man selbst in der Creditanstalt hier kein Geld." In Montenegro und Serbien werden, wie man der „Pol. Corr." meldet, fortwährend Banden gebildet, welche theils die be reits existirenden Insurgenten schaaren verstärken, theils auf eigene Faust Grenz-Einbrüche mit Viehraub und anderen Gewalt- thätigkeiten verüben. So haben erst vor wenigen Tagen montene grinische Marodeurs bei Aeni-Bazar, einem türkischen Dorfe, wieder eine solche Visite abgestattet, wobei es selbstverständlich nicht ohne die nach montenegrinischem Völkerrechte legitime „Requisition" abgegangen ist. Bei Jsmidza, in der Nähe von Grahovo, wurde eine aus Montenegro eben gekommene Bande in der Stärke von 300 Mann in dem Momente betreten, wo sie sich anschickte, analoge Heldenthaten an friedlichen türkischen Dörfern zu üben. Es kam dabet zum Gefechte mit türkischen Truppen, und der montenegrinische Serdar von Moradja hat volle Genugthuung und die Rückgabe des geraubten Viehes — versprochen. Halten wird er seine Zusage schwerlich. Unter solchen Umständen ist es begreiflich, daß die Pforte fortwährend neue Truppen nach dem Jnsurrections-Schauplatze schickt und sogar die Recruten der jüngsten Aushebung in großer Zahl nach Klek beordert. Man hat offenbar in Konstantinopel kein Vertrauen auf die Friedensliebe der Insurgenten und betrachtet die Vereinbarungen von Ragusa als eine taube Nuß. Vom sächsischen Landtage» Dresden, 3. April. (Dr. I.) Die Erste Kammer ge nehmigte in ihrer heutigen Sitzung zunächst ein Gesuch des Amts-