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darin besteht, daß die vom Brande verschont gebliebenen Umfassungs mauern nothdürftig mit Latten oder Breiern bedeckt sind; daß solche elende Vorrichtungen bei der jetzigen Jahreszeit den Bewohnern kein genügendes Obdach darbieten, begreift man, und so ist eS kein Wunder, daß jetzt Fieber und Typhus überall herrschen; auch die Mission der Lady Strangford gewähre keine ausreichende Hilfe, da ihre Beweg ungen viel zu langsam seien. Vom Timok wie von Alexinatz werden neue Verletzungen deS Waffenstillstandes gemeldet. Die Türken haben 3 Dörfer ge plündert, welche jenseits der neutralen Zone lagen. Die Berichte melden, daß die Türken wegen Mangels an Sold und Nahrungs mitteln die Ueberfälle auSgeführt haben. Lettischer Reichstag. Li Berlin, 16. Decbr. Präsident v. Forckenbeck eröffnet die heutige (32.) Sitzung um 1^Uhr. Tagesordnung: I. Gesammt-Ab- flimmung über den Gesetzentwurf, betr. die Abänderung mehrerer Reichstagswahlkreise. Der Gesetzentwurf wird definitiv genehmigt. — H. Dritte Berathmig des Gesetzentwurfs, betr. die Ausnahme einer Anleihe für Zwecke der Telegraphenverwaltung. Der Gesetzentwurf wird nach den Beschlüssen der zweiten Lesung definitiv genehmigt. — III. Dritte Berathung der summarischen Uebersicht der Ausgabe und Einnahme der Landes-Verwaltung von Elsaß-Lothringen für das Jahr 1875, und der Nachweisung der bet dieser Verwaltung im Jahre 1875 vorgekommenen Etatsüberschreitungen und außeretatsmäßigen Aus gaben. Das Haus beschließt nach dem Anträge dcr Commission und genehmigt die auf 684,644,57 festgestellten Etatsüberschreitungen, womit die Uebersicht erledigt ist. Hierbei haben aber die Abgg. vr. LingenS und vr. Nieper den Antrag gestellt, den ReichScanzler zu er suchen, die allgemeine Rechnung über den Haushalt von Elsaß-Loth ringen für das Jahr 1874 demnächst dem Reichstage zur Entlastung vorzulegen. <Zur Erklärung dieses Antrages ist zu bemerken, daß das erste Budget für die Neichslande, welches der Reichstag berathen hat, dasjenige für 1875 war.) Der Regierungs-Commiffar Geh. Rath v. Pommer-Esche widerspricht diesem Anträge mit Rücksicht dar auf, daß der Etat pro 1874 noch nicht unter Mitwirkung des Reichs tages festgestellt worden. Die Controle über denselben stehe daher nur dem Bundesrathe und dem Kaiser zu. Abg. Rickert bekämpft die Ansicht des Vorredners. Die Verfassung sei seit 1. Januar 1874 in Elsaß-Lothringen eingeführt, dazu gehöre auch die Rechnungs-Controle und sei es daher selbstverständlich, daß dem Reichstage die Controle über denselben zustehe. — Nach weiterer Debatte wird der Antrag LingenS-Nieper mit großer Majorität angenommen. — IV, Dritte Berathung der allgemeinen Rechnung über den Haushalt des Deutschen Reiches für daS Jahr 1872. Derselbe wird definitiv für erledigt erklärt. — V. Berathung des Antrages des Abg. Oncken, betr. die Aufnahme einer Position von 6000 für das Körn er-Muse um in Dresden in den Etat für das Jahr 1877. Die Commission empfiehlt die Ablehnung dieses Antrages, der nunmehr von dem An tragsteller zurückgezogen wird. Er bemerkt dabei, daß er nach dieser ablehnenden Haltung deS Reichstages nur noch die Hoffnung habe, daß die Negierung deS Königreichs Sachsen das Körner-Museum nicht untergehen lassen werde. Damit ist der Gegenstand erledigt. — VI. Berathung der Resolution des Abgeordneten Mos le und Genossen auf Grund des mündlichen Berichts der VIII. Commission. Berichterstatter Abg. v. St. Paul-Jllaire empfiehlt Namens der Commission die Annahme folgenden Antrags: „den ReichScanzler zu ersuchen, dem Reichstage bald thunlichst einen Gesetzentwurf vorlegen zu lassen, welcher die Herstellung und Unterhaltung deS SeeschifffahrtS- zeichen an den Küsten, auf den Küstengewässern und Flußrevieren, so weit dieselben von Seeschiffen befahren werden, der einheitlichen Regel ung durch das Reich unterstellt." — Staatsminister Hofmann wie- derholt seine, schon früher abgegebene Erklärung, daß die Reichsregier ung bestrebt sei, auf dem Wege einer internationalen Vereinbarung ein einheitliches Beleuchtungssystem herbeizuführen. Was den vorlie genden Antrag anlange, so glaube er, daß zur Zeit kein Grund vor liege, daran zu zweifeln, daß eS möglich sein werde, unser Leuchtfeuer, system an den sämmtlichen deutschen Küsten zu vervollständigen. Sollten die Einzelstaaten sich hierzu nicht bereit finden, dann werde es an der Zeit fein, ein Gesetz vorzulegen, welches der Neichsregier- ung daS Recht überträgt, die Ausführung selbst in die Hand zu nehmen. — Nach Schluß dcr Debatte wird der Commissionsantrag mit sehr großer Majorität angenommen. — VII. Vierter Bericht der Peti tions-Commission. Gastwirthe aus dem Königreiche Sachsen beschweren sich darüber, daß von ihnen außer den allgemeinen Staats- und Gemeindesteuern für die Erlaubniß zur Abhaltung von Concerten, Bällen rc. besondere an die Armencasse zu entrichtende Abgaben er hoben werden. Die Commission beantragt Uebergang zur Tages ordnung, daS Haus tritt diesem Anträge ohne DiScusston bet. — VIII. Berichte über Wahlprüfungen, welche sämmtlich ohne Dis- cusfion im Sinne der von der Commission gestellten Anträge erledigt werden. — Den Schluß der Sitzung bildete ein unerquicklicher Vor fall, zu dem der Abg. vr. Lucius die Veranlassung gab. Der Ge nannte kündigte an, er werde den Antrag stellen, die RetorsionS« zoll-Vorlage der Commission, die mit der Vorberathung derselben betraut sei, wahrscheinlich aber nicht mehr über dieselbe an das HauS Bericht erstatten werde, wieder zu entziehen und sofort zur zweiten Berathung tn'S Plenum zu bringen. Die Abgg. Lasker und Richter- Hagen wiesen die Bemerkung deS freiconservativen Redners zurück und der Abg. Bamberger bezeichnete das Auftreten desselben ge radezu als „Ueberhebung". Der Präsident v. Forckenbeck erklärte hierauf, daß Herrn Bamberger daS Recht zu einem solchen persönlichen Urtheil über ein Mitglied des Hauses nicht zusteht. Damit war indeß vr. Lucius noch nicht befriedigt und warf seinerseits die drohende Bemerkung zu Herrn Bamberger hinüber, er werde sich ohne Rücksicht auf die diesem vom Präsidenten ertheilte Rüge selbst noch anderweitig " „Genugthuung" verschaffen. — Schluß nach 31 Uhr. Nächste Sitzung Montag. Tagesordnung: DritteBerathungder ReichSjustizgesetze. (Wie telegraphisch gemeldet wird, hatdienattonalliberaleFraction nach zweistündiger Debatte mit allen gegen vier Stimmen beschlossen, einem Compromiß über die Justizgesetze zuzustimmen, welchen Miquel, Lasker und Bennigsen mit der Regierung vereinbart haben. Nach diesem Compromiß fallen alle bisherigen Reichstags- beschlüss« über die Presse. Die Verweisung der Preßdeliete an die Schwurgerichte bleibt den Landesregierungen Vorbehalten, die Ver- folgung der Beamten soll von der Zustimmung des Berwaltungs- gerichtshofes über die Amtsüberschreitungen abhängen. Competenz- gerichte sollen durch landesherrliche Verordnung errichtet werden und wird das Monopol des Staatsanwaltes nach dem rheinischen Ver fahren dahin modificirt, daß die Privatanklage zulässig ist. Als Ein- führnngstermin der Gesetze soll der 1. October 1880 im Gesetz aus genommen werden unter der Voraussetzung, daß bis dahin auch daS Gerichtskostengesetz zu Stande gekommen ist.) — Der Schluß des Reichstages ist, wie die „N. Pc. Ztg." hört, sicher vor Weihnachten in Aussicht zu nehmen; von einer Nach- session zwischen Weihnachten und Neujahr ist nicht ernstlich die Rede. Schwurgerichtsverhandlung. Bautzen, 16. December. In der heute Abend 10 Uhr be endeten Hauptverhandlung wurde Regine Babette verw. Bläsche geb. Aflfelder von hier und WirthschaftSbesitzer Johann Ernst Richter auS SchwarznauSlitz wegen in Mitthäterschaft verübter, vorsätzlicher und widerrechtlicher Freiheitsentziehung nach § 239 Abs. 2 deS Reichs-Strafgesetzbuches und zwar die Bläsche zu 2 Jahren Zucht haus, Richter unter Annahme mildernder Umstände zu 9 Monaten ' ' Gefängniß verurtheilt, auch wurden Beiden die bürgerlichen Ehrenrechte auf je 3 Jahre aberkannt. (Ausführlicher Bericht in einer der nächsten Nummern.) B-rmifchte-. — Elberfeld, 14. Dec. Zum Tode verurtheilt wurde heute von dem I. Asfisenhofe hierselbst der 32 Jahre alte Fabrikarbeiter Iuliu« Zrauenzimmer aus Wald. Der Verbrecher hatte seinem elf Wochen zählen den Kinde den Schädel an der Wand zerschmettert.' r — Elbing, 14. Dec. In einem großen Dorfe P, auf der Stritße von hier nach Christburg gelegen, hat ein toller Hund bis jetzt ganz unberechenbares Unglück angerichtet. Da- Thier ist fünf Tage lang mehrer« Keilen im Umkreise umhergelaufen und hat nicht nur andere Hunde, son- »ern auch Kühe und Pferde und auch zwei Menschen gebissen»" Wie hier Landleute au- dortiger Gegend erzählten, werden einzelne Besitzer «inen herben Verlust haben, da bereit- der eine ein paar Kühe hat' ersteche« lassen müssen, '