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Italien. Rom, 15. December. lN. Fr. Pr.) In dem nächsten, für den 18. d. anberaumten Consistorium wird der Papst die Ernennung einiger Bischöfe vornehmen. Die Ernennung neuer Cardinäle ist verschoben, und nur an Simeoni wird die Ceremonie der Mund« schließuttg und Mündöffnung vollzogen werden. Frankreich. Paris, 15. December. DaS Amtsblatt meldet den Rücktritt Faye's, des Unter-Staatssecretairs im Ministerium des Innern. Jules Simon hat die Absicht, diesen Posten nicht wieder zu be setzen, sondern sich mit einem General-Secretatr zu begnügen. Zu diesem Amte wird wahrscheinlich Camille Sie, Deputirtcr des Arron- dissements von Saint Denis, ernannt werden. — „Bien Public" meldet, zwei DampfavisoS hätten Befehl erhalten, sich zur Fahrt fertig zu machen, um sich zur Verfügung- der französischen Vertreter am Schwarzen Meere zu stellen und den französischen Angehörigen im Nothfalle Ausnahme zu gewähren. Großbritannien London, 15. December. Ein Entrüstungsmeeting, eine Parteiversammlung jagt die andere und der politischen Reden ist kein Ende, weshalb es sich nicht mehr lohnt, Eingehendes über diese Dinge zu berichten. Gegenüber der sogenannten Nattonalconferenz der Liberalen erklärte auf einem landwirthschaftlichen Feste der Herzog von Richmond: „Die Regierung betrachtet einen Krieg als eine der ernstesten Alternativen, welche dem Lande gestellt werden können, und muß und wird ihn nach Kräften zu vermeiden suchen. Sie blickt mit voller Zuversicht der Kritik des Parlaments, ob im Oberhause, ob im Unterhause, über ihre Politik entgegen, wenn sie dieselbe erklärt haben wird." In ähnlicher Weise sprach der Schatzcanzler Sir Stafford Northcote bei ein festlichen Zusammenkunft seiner Freunde und Wähler in Varnstaple. — Der „K. Z." telegraphirt man von hier: Lord Salisbury ist angewiesen, keinen wie auch immer formulirten Vorschlag einer russischen Occupation der Vulgär ei der Pforte als annehmbar anzuempfehlen. — Hiesige Mission svereine, so wird der „K. Z." geschrieben, welche daS Feld ihrer Thätigkeit in Spanien finden, äußern sich über die Wirkung der in Bezug auf den § 11 durch die englische Re gierung erhobenen Vorstellungen befriedigt. Die Lage in Spanien hat sich jedenfalls wesentlich gebessert. Die Beamten zeigen sich zu vorkommender, ja, mitunter freundlich und sympathisch. Der Re gierungserlaß, welcher im ganzen Königreich die Anlage eigener Be- gräbnißplatze für die Protestanten verordnet, ist sehr günstig aus genommen worden. Selbst die gefürchtete Einschränkung des Schul- wesenS erweist sich unter dem freundlichen Schutze der Regierungs behörden als illusorisch. Auf spanische Anregung ist nämlich dem Wort laute der Bestimmung durch Anstellung spanischer Schulvorsteher äußer lich nachgekommen worden. Diese Leute führen ihr Amt indessen nur dem Ramen nach, die wirklichen Schulvorsteher sind die bisher be schäftigten Ausländer. DaS Entgegenkommen der spanischen Negier- ung läßt für die Zukunft Gules erhoffen. Spanien. Die Wegnahme des spanischen KäUffahrerS „Montezuma" durch cubanische Insurgenten, nachdem sie den Capitain und einen Theil der Mannschaft ermordet, wird von den westindischen Zeitungen als ein seeräuberischer Act gebrandmarkt. DaS „Kingston budget" fordert die Festnahme der Schuldigen, wo immer dieselben angetroffen werden mögen. Rußland. Aus Petersburg wird der „Wiener Abendpost" geschrieben: ES fiel auf, daß diesmal bei dem nach gewohnter Weise gefeierten Georgen-Feste die preußische Armee nicht vertreten war. Die in Berliner Blättern als bevorstehend angemeldete Reise deS Feld- marschallS v. Manteuffel und der Generale Graf Wartensleben und v. L'Estocq war unterblieben. , , Petersburg, 15. December. Officiös wird mitgetheilt, Rußland sei bereit, im Principe einer gemeinsamen Occu pation der Türkei durch die neutralen Mächte zuzustimmen. Die definitive Verständigung hierüber sei sicher, sobald die Mächte zu einem Beschlusse über daS von ihnen einzuschlagende Verfahren '- im Weigerungsfälle der Pforte gekommen sein werden. Ruß lands dteSfällige Vorschläge gehen dahin, daß England die Dardanellen, Rumänien und Rußland Bulgarien- Oefferreich Bosnien und die Herzegowina, Italien Epirus und Thessalien be- sestzen sollen. Es sei nothwendig, dieses Project in der gegenwärtigen Vyrconferenz zu discutiren. — Der „N. Fr. Pr." zufolge ist der Großfürst Nikolai Niko- la je witsch mit den weitgehendsten Vollmachten eines Armee-Ober- commandanten bekleidet. Ohne erst die Sanction des Zars zu be- nöthigen, verfügt er über alle Rechte, mit Ausnahme jenes, einen Frieden abzuschließen. Der Großfürst besitzt daS DtSpofitionSrecht über sämmtliche in der Armee dienende kaiserliche Prinzen; er darf Decorationen verleihen, bis zum CapitainSrang avanciren lassen und kriegsrechtliche Todesuriheile unterzeichnen. Douausürstenthümer. Zwischen Krajova und Kalafat liegen 5300 Mann der rumäni schen Armee und am linkeN Ufer der Donau, gegenüber Widdin, sind weitere 12,000 Mann aus allen Waffengattungen concentrirt. Am 14. December traf in Kalafat eine Depesche des KriegS- Ministeriums ein, nach welcher abermals acht Bataillone der Terri- lorial-Armee zu mobilisiren sind. Feldbatterieen treffen fast täglich in Kalafat ein. Trotzdem behauptet man, daß es nicht auf Krieg, sondern nur auf einen umfassenden Schutz der rumänischenGrenze abgesehen sei. Türkei. Das „Journal de St. Petersbourg" sieht den letzten Nachrichten aus Konstantinopel zufolge das Werk der Conferenz als zu günstigen Aussichten berechtigend an, — es habe übrigens nie an dem Erfolge der diplomatischen Intervention Europas gezweifelt unter der Bedingung, daß die Türkei das Bewußtsein habe, sich so wohl bezüglich des zu erreichenden Ziels als der dabei anzuwendenden Mittel den vereinigten Mächten gegenüber zü befinden. „Die Depeschen aus Konstantinopel", sagt das „Journal", „stellen die Uebereinstimm- ung, was den ersten Punkt betrifft, als gesichert hin, und eS ist kein Grund vorhanden zu der Befürchtung, daß man über den zweiten sich nicht verständigen werde. Die Nothwendigkeit von Reformen und die der Garantieen einmal zugegeben, darf man hoffen, daß jedes Blut vergießen vermieden werden wird, Dank dem vollständigen Verständniß der Situation, welche den Vertretern der Mächte die unvermeidlichen Mittel an die Hand geben wird, um dem Conferenzwerk den Charakter einer unwiderruflichen Entscheidung zu verleihen, gegen welche weder Winkelzüge noch Rücksichten der Eifersucht Raum gewinnen können, und die für den Orient eine Sachlage schaffen wird, welche Europa gestatten kann, der Entwickelung der Dinge zu harren, ohne jeden Tag neue Erschütterungen befürchten zu müssen." Die Angabe, so schreibt man der „A. A. Ztg.", daß einer der türkischen Conferenzbevollmächtigten, sei es nun Savfet oder Edh em Pascha, den Vorsitz auf der Conferenz führen solle, ist grundlos. Der Vorsitz auf der Conferenz wird dem Bevollmächtigten derjenigen Negierung zufallen, welche die Initiative zur Berufung der Konferenz ergriffen hat, also dem englischen. Amerika. AuS Philadelphia wird der „TimeS" am 13. December ge meldet, daß das Haus der Repräsentanten mit 167 gegen 53 Stimmen Mr. Blands Bill angenommen hat, nach welcher der Silberdollar als gesetzliches Zahlungsmittel bei allen Schulden, sowohl öffentlichen, wie privaten, anzusehen ist, ausgenommen da, wo Goldzahlung durch das Gesetz verlangt wirk DaS- Haupt- Ausstellungsgebäude in Philadelphia wurde am 1. Decbr. von der „International Exhibition Company" für die Summe von 250,000 Doll, käuflich erworben. Vom türkischen Kriegsschauplätze. Dem W. „Fremdenbl." wird aus Konstantinopel, 14. Dec., gemeldet: Wie in hiesigen wohlunterrichteten Kreisen verlautet, sei die Pforte bereit, den Waffenstillstand für mehrere Wochen zu ver ringern. — Wie dasselbe Blatt mittheilt, find die Herren Schuyler, Schneider u. s. w. aus Bulgarien zurückgekehrt, nachdem sie constatirt haben, daß der in dem Berichte Sadullah Beys gemeldete Wiederaufbau der abgebrannten Häuser lediglich