Volltext Seite (XML)
3385 Erste Beilage M No. 289 der Bautzener Nachrichtm. Dienstag, de« 12. December 1876. BermtschteS. —s. Dresden. Der sächsische Pestalozzi-Verein hatinseinem S2.VereinSjahre inSumma eingenommen 18,615^ (darunter 32v3^i 73 an außerordentlichen und 3619 95 an Jahresbeiträgen, 4588 99 Ertrag von literarischen Unternehmungen und 3605 1 Zinsen vom Vermögen) und 15,013 57 aus gegeben. Davon wurden unterstützt 495 Lehrerwaisen mit 10,008 und 79 Lehrerwitwen mit 1535 Das Vereins vermögen incl. der Stiftungen beträgt 127,500 und 600 Gulden ö. W. Aus der König Johann- und Königin Amalienstiftung erhielten der stuä. Rieß zu Leipzig ein Stipendium und Frau Stölzel in Niederplanitz Beisteuer zur Ausstattung. — Dresden, 9. December. Da- bei dem in vor. Nr. erwähnten, durch Entzündung von Ligroin hier entstandenen Brande schwer verletzte Dienstmädchen ist nach unendlichen Schmerzen in vergangener Nacht im Stadtkrankenhause verstorben. Die Dienstherrin ist zwar auch be- deutend, doch nicht lebensgefährlich verletzt. — Grimma, 7. December. Vorgestern Abend ist zwischen Dorna Und Döbeu an dem Bau der Muldenthalbahn ein beladener Bauzug entgleist und find dadurch 12 Lowries in die Mulde gestürzt; vier Eisen bahnarbeiter, die dabei mit ins Wasser fielen, wurden lebend und unverletzt wieder herauSgezogen. — WarnSdorf, 5. December. Gestern wurde von Hrn. Rudisch, Pcamteu der böhm. Nordbahn, in der Nähe des hiesigen Bahnhofes ein Lämmergeier geschossen; die Länge der Flügel mißt über 5'. Dieses seltene Exemplar ist nun im Besitze des hiesigen Vorstandes. — Grünberg, 8. December. An der General-Weinprobe des Reichstages, der eine Ausstellung oller Weinsorten des deutschen Vaterlandes vorauSgchen soll, wird sich auch Grünberg mit seinen besten Weinen bctheiligen. Di« hiesigen Handlungen, wie Privaten haben eine Collection zusammengestellt, die die besten Jahrgänge von 1832 an umfaßt. Der Abgeordnete Geh. RegierungS-Rath Jacobi wird die Honneurs für den hiesigen Wein übernehmen. (Auch Meißen wird auf der Wein-Ausstellung würdig vertreten sein.) — Königsberg, 9. December. Die königl. Regierung macht im „Amtsblatt" Folgendes bekannt: Nachdem in Antwerpen in letzter Zeit über 500 mittellose Auswanderer, — welche, soweit bisher festgestellt, zur Auswanderung, wahrscheinlich nach Venezuela oder Brasilien, verleitet worden sind, von Antwerpen aus beim Mangel einer Schiffsgelegenheit aber nicht alsbald Weiler geschafft werden konnten — der hilflosesten Lage anheim- gefallen waren, und, wie verlautet, in den nächsten Tagen in Antwerpen rin weiterer Zugang von angeblich 700 Auswanderern erwartet wird, sind belgischerseitS Maßregeln dahin getroffen worden, daß Auswanderern, welche weder UeberfahrtScontracte, noch hinreichende Mittel zur Bezahlung der Passage haben, derEintritt über die belgische Grenze nicht weiter gestattet werden soll.- — Hemer (in Westfalen). Am 2. d. M. explodirte in der Papier fabrik von H. Hoeborn ein Dampfkessel und verursachte eine vollständige Zerstörung des Kessel- und Maschinenhauscs, glücklicherweise ohne einen Menschen zu verletzen. Ein Kesselboden steckte in dem obern Fenster eines gegenüberliegenden Hauses. Der Hauptkessel war über 10 Schritte durch das Maschinenbaus gefahren, Alles über den Haufen werfend und dicht hinter dem Heizer her, der einige Augenblicke zuvor den Raum verlassen hatte. Die Ursache wird dem zu großen Durchmesser de« Flammenrohrs zugeschrieben, das, ohne zu brechen, zusammengeklappt und abgerissen war. — Wiesbaden, 7. Decbr. Wie der „Rhein. Cour." meldet, ist dem Landgrafen von Hessen vorgestern Abend auf der Rückkehr nach hiesiger Stadt ein bedauerlicher Unfall zugestoßen, der leicht hätte schlimmere Folgen haben können. Der Landgraf hatte sich nebst seinem Adjutanten am Bahnhofe zu Mainz abholen lassen. Als der Wagen Castel passirt hatte und auf die Biebricher Chaussäe gelangt war, fuhr ihm geradeswegs ein Fuhrwerk entgegen, welches nicht, wie es gesetzliche Vorschrift ist, mit einer Laterne ver sehen war und daher von dem Kutscher des landgräflichen Wagens erst bemerkt wurde, als es zum Ausweichen bereits zu spät war. In Folge des Zusammen stoßes zerbrach an dem landgräflichen Wagen die Deichsel, die Pferde bäumten sich und der Wagen rollte seitwärts den Abhang der Chaussäe hinunter, so daß die beiden Insassen sich genöthigt sahen, aus demselben zu springen. Hierbei zog sich der Landgraf von Hessen einige Verletzungen zu, welche zum Glück nicht erheblich waren, obgleich ihm ein Wagenrad über die Beine hinwegging. — Aus Wien, 8. Decbr., wird der „Boh." geschrieben: Ein Ver brechen, da- selbst in der an Gräuelthaten reichen Chronik der Verbrechen, die seit Jahren in Wien begangen worden find, unerhört ist — ein Must ter- mord — wurde vor vier Tagen hier verübt, aber erst gestern Abends ent- deckt, und heute früh hat sich auch schon der Thater selbst dem Gerichte überliefert. Die in der Matzleinsdorfer Straße wohnhafte Frau des Hafner- Ha ckl er, der während der Woche in Floridsdorf arbeitet« und nur zu den Sonn- und Feiertagen nach HaUse kam, war seit Montag verschwunden. Ihr 24jähriger Sohn Raimund, von Profession Maurer, aber ein lieder licher, gewaltthätiger Mensch, hatte an jenem Tage mit der Mutter Streit gehabt, weil sie ihm kein Geld geben wollte; er sagte dann den Nachbarn, die Mutter sei zu Verwandten gegangen, und verließ bald darauf selbst das Hau-, ohne wieder zurückzukehren. (Wiener Blätter erzählen, daß der ent menschte Burscht auch noch nach der Zeit, in welcher der Mord verübt worden war, in der Wohnung der Eltern sich aufgehalten und in dem selben Bette geschlafen habe, unter welchem die Leiche gelegen). Gestern Abends kam der Mann aus Floridsdorf nach Hause, öffnete die versperrte Wohnung und fand unter dem Bette die Leiche seiner Frau, die offenbar mit einer Schnur erdrosselt worden war. Der Verdacht, den Mord be gangen zu haben, kehrt« sich alsbald gegen den ungerathenen Sohn. Bevor aber noch die polizeilichen Maßregeln zu dessen Ergreifung eingeleitet werden konnten, hat sich derselbe, nachdem er sich in Spelunken Herumgetrieben, auch ein Theater besucht, im Landesgerichte selbst gestellt und ein Geständ- niß seiner That abgelegt. Er hatte Montag von seiner Mutter Geld ver langt; weil sie wahrscheinlich solches verweigerte, hat er sich an ihr ver griffen und sie mit der Schnur eine- Zuckerhutes erdrosselt. Nebst der tiefen Strangulationsmarke am Halse trägt aber die Leiche auch noch die Spuren anderer Mißhandlungen bei der Gegenwehr. Der Mörder sand im Besitze seiner Mutter nur 2 Gulden; er nahm dieselben und noch einige Habselig keiten, die er verkaufte. Nachdem er gestern Abend« in einem Wirthshau- in der inneren Stadt gez-cht hatte, irrte er die ganze Nacht umher und meldete sich früh im Landesgerichte. — er Wien, 9. Decbr., Abends. Durch Wolff's Telegraphisches Bureau erhalten wir auch folgende Mittheilung: An auswärtigen Börsen waren Gerücht« anläßlich der Tode« eines Cassirers bei der österreichi- schen Creditanstalt verbreitet. ES ist richtig, daß der Effecten-Casfircr der österreichischen Creditanstalt, Lang, in Folge Schlagflusses plötzlich ver storben ist. Ebenso ist eS aber Thatsache, daß dessen Caffe in vollster Ordnung befunden ist. Alle übelwollenden Gerüchte find tendenziös erfunden. — Au- Ungarn liegen wieder neue Erdbebenmeldungen vor. In Mo ha cs verspürte man am 6. d. um 9 Uhr Morgens ein Erdbeben, da- die Richtung von Nordost nach Südwest nehmend ungefähr drei Se- cunden dauerte. Es wurden zwei heftige Stöße wahrgenommen, in Folg« deren mehrere Schornsteine einstürzten und einige Mauern Sprünge bekamen. Auch in Villa« y (Comitat Baranya) wurden um dieselbe Zeit Erdstöße verspürt. — Da- Bureau des belgischen National-Comitös der Ge sellschaft zur Erforschung und Erschließung Jnner-Afrika« trat am Dienstag in Abwesenheit des Präsidenten, Sr. Königlichen Hoheit de- Grasen von Flandern, unter dem Vorfitz des Vicepräfidenten, Baron d'Anrthan, zusammen. ES wurden dem Bureau verschiedene Mitthrilungen bezüglich der Bildung und der Arbeiten der im Ausland« eingesetzten ComitsS gemacht. Ferner nahm das Bureau von der Organisation mehrerer Pro vinzial- und LocalcomitöS Kenntniß, sowie von den bei den eröffneten Sub« scriptionen «rzielten Resultaten. Schließlich erachtete das Bureau cS für angemessen, di« Berufung der General-ComitöS festzusetzen; demselben soll di« Prüfung der Fragen unterbreitet werden in Betreff der erforderlichen Maßnahmen zur Förderung und zum Gedeihen der Arbeiten. Diese Ver sammlung wird am 15. d. M. im PalaiS Ducal in Brüssel stattfinden. — Brooklyn, 6. December. Das bereits telegraphisch gemeldete Feuer im hiesigen Theater brach gestern Abend um N Uhr beider Vorstell ung von Two Orphans während des letzten Actes aus und verbreitete sich mit rasender Schnelligkeit von der Bühne her über die das Coulissen-Ensemble in der Höhe abschließenden Soffiten und von dort über die Galerieen, so daß binnen Kurzem das ganze Gebäude in Flammen stand. ES mochten etwa 800 bis 900 Personen zugegen sein, darunter ein großer Bruchtheil in den obersten Ga lerieen, auf dem sogenannten Olymp. Als da- Feuer so schnell um sich griff,