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3381 werden soll. Bon Zanzibar hat sich derselbe im September nach Ost indien begeben und ist sodann, der Einladung des englischen Divi sions-Generals Farber folgend, von Bombay nach Achmedabad gereist, wo ihn die englischen Offiziere aus das Glänzendste ausgenommen haben. Es sind ihm zu Ehren Diners gegeben, Jagden mit Leoparden auf Antilopen, Wettrennen und andere Festlichkeiten arran- girt, namentlich auch eine Besichtigung eines Seapoy-Grenadier-Regi- ments veranstaltet worden. Dann ist derselbe der Einladung des britischen Residenten bei dem Maharaja von Baroda gefolgt und an den Hof dieses indischen Fürsten gegangen. Auch hier sind ihm von dem Residenten Melville eine Reihe von Festlichkeiten gegeben worden, der Maharaja hat denselben empfangen und ihm seine Paläste und seine Schatzkammer zeigen lassen, welche einen Werth von 50 Millionen Pfund Sterl, haben soll und in welcher sich der berühmte Diamant „der Stern des Südens" befindet. Als Wohnung waren ihm in Baroda die Räume angewiesen, welche Sir Bartle Fröre bei der An wesenheit des Prinzen von Wales inne gehabt hatte. Diese ausge zeichnete Aufnahme eines preußischen Offiziers Seitens der Engländer ist um so bemerkenswerther, als der Lieutenant von Kalckreuth mit keinerlei Empfehlungsbriefen nach Ostindien versehen war." — Vor ungefähr einem halben Jahre erschien in der „Post" ein Artikel mit der Ueberschrift: „Moabiter Alterthümer, Cap. 2", welcher den Ankauf angeblich gefälschter etruskischer Goldsachen durch den Director des königlichen Antiquariums Professor Curtius betraf. In diesem Artikel wurde unter Anderem behauptet, Professor Curtius halte den betreffenden Ankauf eigenmächtig veranlaßt, und da der Artikel überdies in einem gehässigen Tone abgefaßt war, hat die Staatsanwaltschaft den Chefredacteur der „Post", vr. Kayßler, und den Verfasser des Artikels wegen Amtsbeleidigung und Verleumdung unter Anklage gestellt. Daß Prosessor Curtius nicht eigenmächtig, sondern unter Beobachtung aller vorgeschriebenen Form verfahren habe, war ihm schon von der General-Direction öffentlich bezeugt, und der Gerichtshof entschied, daß cs aus Echtheit oder Unechtheit der ange kauften Alterthümer nicht ankomme. Ec lehnte also eine Untersuchung über diese Frage, die sich zur Aburtheilung durch ein Gericht offenbar nicht eignet, gänzlich ab. Uebrigens haben sich sehr namhafte Gelehrte für die Echtheit der in Frage stehenden Alterthümer ausgesprochen Der Gerichtshof beschloß, nur den Grafen v. Usedom und den Geh Rath Dielitz als Zeugen zu vernehmen. Zu diesem Zweck wurde die Angelegenheit vertagt. Braunsberg, 7. Decbr. Auf Verfügung des Cultusministers ist das hiesige Priesterseminar der Diöcese Ermland geschlossen worden, weil der Director desselben sich der staatlichen Revision der Anstalt widersetzt hat. Der Director hat in einer Eingabe an den CultuSminister gegen diese Maßnahme protestirt. Die Räumung der Anstalt wiid bis zur Entscheidung über diesen Protest aufgeschoben. Münster, 8. Decbr. (Proceß.) Nach vierzehnstündiger Sitzung wurde nach Anhörung des Staatsanwaltes und der Vertheidiger in dem Strafproceß gegen den früheren hiesigen Bischof Brinkmann und den Generalvicar vr. Giese, sowie gegen deren Mitangeschuldigte, die Verkündung des Urtheils auf den 14. d. vertagt. Der Staats anwalt beantragte 3 und 4 Jahre Gefängniß nebst Ehrenstrafen für den vr Brinkmann und den Generalvicar, sowie 1 bis 2 Jahre Ge fängniß für die Mitschuldigen, während die Vertheidiger für Frei- sprechung plaidirten. München, 7. December. In hiesigen Abgeordnetenkreisen ver- lautet, daß der ministerielle Entwurf einer Verwaltungsreform als gescheitert zu betrachten sei. Derselbe ließ dis bisherige Organi sation im großen Ganzen — Ministerium, Kreisregierungen und Be zirksämter — fortbestehen, nur sollten den Bezirksämtern gewählte Schöffen beigegeben, also das Schöffeninstitut in die Verwaltungs praxis übertragen werden; gerade dieser Umstand aber würde eine Vielschreiberei und eine vermehrte Geschäftslast herbsigesührt haben, weshalb sämmtliche Kreisregierungen sich dagegen aussprachen. Eine Vereinfachung der Verwaltung, wie die Volksvertretung sie wünschte, hätte der Entwurf nicht gebracht. — 8. December. (Lpz. Ztg.) Se. Majestät der König von Sachsen hat folgende Ordensauszeichnungen an die nach genannten Personen dahier verliehen: dem Minister deS Innern, von Pfeufer, das Großkreuz des Albrechtsordens, dem sächsischen General- consul Wtlmersdörfer daS Comthurkreuz des Verdienstordens, dem Jnspector der k. Eisengießerei, Ferdinand v. Miller, das Comthurkreuz des AlbrschtSordenS, dem Professor der Kunstgewerbeschule, Friedrich v. Miller, dem Privatier Max Kuppelmayr^und dem Conservator am k. Nationalmuseum, vr. Aloys Kuhn, das Ritterkreuz des Albrechts ordens. Oesterreich. Wien, 8. December. Zuverlässigen Berichten aus Ofen zufolge hätte sich Graf Andrassy voll Anerkennung und Wärme über die letzten Erklärungen des Fürsten Bismarck geäußert und sich Vor behalten, den Grafen Karolyi zu beauftragen, dem Reichskanzler für die sympathische Erwähnung Oesterreichs besonders zu danken. H Olmütz, 9. December. (N. Fr. Pr.) Aus verläßlicher Quelle wird gemeldet, daß die Domcapitel-Frage in Rom principiell zu Gunsten der Nichtadeligen entschieden wurde. Die Congregation habe anerkannt, daß das Adelserforderniß nicht stiftungsmäßig conditiv sei. Pesth, 9. December. Der Reichstag hat die Petition der Studenten Betreffs des Fackelzuges abgelehnt. Dänemark. Das ministerielle Organ, „Dagens Nyhsder", bezeichnet als die gegenwärtigen Absichten der Folkethings-Majorität in ihrem Kampfe gegen Ministerium und Regierung offen die Degradirung des König? zum Präsidenten der Republik. „Das, was jetzt ent schieden werden soll", ruft das officiöse Blatt aus, „ist die Frage, ob Dänemark noch eine erbliche Monarchie bleiben soll, deren König mit den im Grundgesetz bestimmten Einschränkungen mit der ganzen ihm nach dem Königsgesetz von 1660 beigelegten Macht ausgerüstet ist, oder ob er nur eine Art von erblichem Präsidenten der Republik, ob ferner das Folkething Alles, das Landsthing nichts mehr sein soll!" — Dagegen erklären die Glieder der Opposition, es handle sich ein fach darum, ob die Gutsbesitzer und Beamten noch länger die aus schließliche Herrschaft in Dänemark führen sollen, oder ob jetzt die Re gierung an die Vertreter der Volksmehrheit übergehen soll. Italien. Rom, 7. December. Die beiden bulgarischen Rund reisenden Balabanow und Zankow versuchen nach längerem Auf enthalt in England jetzt auch in Italien Sympathie für ihre Sache zu erwecken und hatten heute eine längere Audienz bei dem Minister des Auswärtigen, Melegari. Frankreich. Paris, 8. Decbr. Der „N. P. Z." schreibt man von hier: „Aus der NeichStagsrede des Fürsten Bismarck ist es die Stelle, wo rin der Reichscanzler der Behauptung russischer Eroberungsgelüste ent gegentritt, die hier bei Weitem das meiste Aufsehen erregt. Die fran zösischen Diplomaten und Publicisten bauen ihre ganze Orientpolitik auf der Annahme, daß Rußland Konstantinopel erobern will, und für sie ist es ein sehr schmerzlicher Schlag, wenn der Leiter der Politik jenes Landes, welches doch mehr als die Franzosen vor seinen slavischen Nachbaren besorgt sein müßte, nun selbst diesen französischen und magyarischen Gedanken entgegentritt." Großbritannien. vT London, 8. December. Der heute Abend stattgesundenen zweiten Versammlung der antitürkischen Nationalconferenz präsidirtr Graf Shaftesbury. Derselbe sprach sich in antitürkischem Sinne aus; fürchte er auch die Herrschaft der Ruffen, so fürchte er noch nuhr die Fortdauer der jetzigen türkischen Herrschaft in den christlichen Provinzen. Er erkläre sich für 'ein vorsichtiges Zusammen gehen mit Rußland, so lange dies für England möglich sei. — Glad stone sprach sich in seiner in vor. Nr. bereits telegraphisch erwähnten Rede auch anerkennend über den Kaiser von Rußland und das russische Volk aus und schloß mit den Worten, England müsse zu dem Be- sreiungswerk im Orient beisteuern. — Laut einer Nachricht der „Daily NewS" hat Lord Derby die amerikanische Auslegung des Auslieferungsvertrages an- genommen, so daß Amerika jetzt für dessen Erweiterung Zugeständnisse machen dürfte.Der Herzog v. Abercorn, bisher Vicekönig von Irland, reiste vörgestern von Dublin ab, nachdem er sein Amt m^die Hände des Herzogs von Marlborough niedergelegt. ES wurde ihm ein ehrenvoller Abschied zu Theil. Auch der Herzog von Con- naught (Prinz Arthur) sand sich zur Entbietung eines freundschaft lichen Lebewohls aus der Landungsbrücke ein.