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3125 mit den verschiedenen Bundesstaaten ergiebt sich für das Jahr 1875 ein Ueberschuß von 16,144,468,11 Die zu genehmigenden Etats überschreitungen beziehentlich außeretatsmäßigen Ausgaben betragen 27,238,208,04 Interessante Ausschlüsse geben die umfassenden Motive der Etatsüberschreitungen. So z. B. sind die bedeutenden Ueberschreitungen für Brot-, Fourage-, Victualten-Verpflegung der Truppen durch die in den letzten Jahren eingetretenen allgemeinen Preissteigerungen der Naturalien und die erhöhten Sätze durch das neue Naturalleistungsgesetz gerechtfertigt. Die Manöverkosten sind aus gleichen Gründen, ferner durch Mehrausgaben für Holz und Stroh zu den BivouakS und durch die sehr hohen Entschädigungssummen für Flurschäden bedeutend überstiegen. Ferner haben die hohen Pferde- preise die Ankaufskosten für Pferde sich bedeutend erhöht. Es ist dabei ausdrücklich gesagt: „Wenngleich auf ein Sinken der hohen Pferdepreise fürs Erste nicht zu rechnen sein wird, so hat die Militair-Verwaltung doch auf den möglicherweise billigeren Ankauf von Pferden im Auslande nicht eingehen zu dürfen geglaubt, weil im nationalökonomischen Interesse die möglichste Hebung der inländischen Pferdezucht erwünscht erscheint, wodurch zugleich für den Fall einer Mobilmach ung das Vorhandensein einer genügenden Zahl geeigneter Augmentationspferde im Jnlande möglichst gesichert wird u. s. w." — Die Fortschrittspartei will auch in dieser Session durch Herrn Schulze-Delitzsch wieder den Antrag auf Gewährung von Diäten einbringen, wahrscheinlich aber mit ebensowenig Erfolg wie bisher. Gerichtsverhandlung. D Zittau, 14. Novbr. Die Verübung eines schweren Dieb stahls führte in heutiger, unter Vorsitz des Herrn Gerichtsrath Wacker abgehaltenen Hauptverhandlung den aus Herwigsdorf bei Löbau ge bürtigen, 19 Jahre alten, Schmiedegesellen Carl Gotthelf Schöne auf die Anklagebank. Wie der seit Ostern o. in Mittelherwigsdorf bei Zittau in Arbeit stehende Schöne versichert, hatte er in der Nacht zum 30. Juli e. die Restauration zum Gütchen daselbst verlassen, um sich nach Hause zu begeben. Als er jedoch an dem Hause des Schneider Wünsche vorübergekommen, sei auf einmal in ihm der Wille entstanden, seinen Freund, den Schneidergesellen Hanschmann, welcher in diesem Hause als Schlafstätte eine Kammer inne habe, in die man, weil das Haus ganz nahe an einer Berglehne stehe, ohne große Schwierigkei gelangen könne, zu bestehlen. Ohne Weiteres sei er auf das Dach des Hauses gestiegen und durch das Fenster in die Kammer gekrochen, wo er zu seinem Schrecken Hanschmann schlafend angetroffen habe, dessen ungeachtet habe er so geräuschlos als möglich von den frei dagelegeuen Sachen 1 Stoffhose, 1 Stoffweste, 1 Uhr mit silberner Kette und 1 Paar Stiefletten zusammengerafft und sich damit durch das Fenster wieder aus dem Staube gemacht. Sämmtliche Sachen, im Werthe von circa 30 wurden bereits Tags darauf Schönen von der Gendarmerie wieder abgenommen. Schöne, bisher noch nicht bestraft, wurde auf Grund von § 243 sud 2 des Reichsstrafgesetzbuches, unter Ausschluß mildernder Umstände, zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängniß und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte aus die Dauer von 3 Jahren verurtheilt. Anklage und Vertheidigung waren durch die Herren Staats anwalt Jaspis und Adv. Oppermann vertreten. BerWrschteS» — Leipzig, 15. Nov. Als am vorgestrigen Abende kurz nach 8 Uhr ein auf der Verbindungsbahn von dem anhaltischen nach dem Staatsbahnhofe abgelassener Gepäcktrain an dem Uebergange bei Ler ehemaligen Johanncspforte angckommen war, entgleiste, wie man annimmt infolge verspäteter Weichen- steüung, die Locomotive des Zuges, wühlte sich rechts aufbiegend in das Erdreich ein, kam aber noch auf den Bahnkörper zum Stehen. Leider stieß aber ein un mittelbar hinter der Locomotive gehender großer Langholzwagen hierbei mit sol cher Vehemenz auf die Locomotive auf, daß dieselbe arg beschädigt und der mit auf der Locomotive befindliche Zugführer von den Stämmen gequetscht wurde. Während der Lokomotivführer und der Heizer mit geringen Kontusionen davon kamen, gelang es erst nach geraumer Zeit, den verunglückten Zugführer, Obcr- schaffner Johann Püschel, mit zerquetschtem Oberschenkel nach Absägnng der Balkenköpfe aus seiner entsetzlichen Lage zu befreien. Man brachte den Schwer verletzten mittelst Siechkorbes ins Krankenhaus, wo man zur sofortigen Ampu tation des zerquetschten rechten Beines genöthigt war. Die Verkehrsstörung auf der Bahn warin den ersten NachmittagSstunden gestrigen Tages noch nicht behoben. — Der vor einigen Tagen aus Leipzig mit unterschlagenen Geldern flüchtig gewordene, erst 17 Jahre alte Telegraph enbotc ist am 15. d. in Dresden zur Haft gebracht worden. — Geising, 14. November. Gestern ist am Aschergraben unweit der Stadt die unverehelichte Agncs Sommerschuh von hier, «ine Almosen- empfängcrin, erfroren aufgefunden worden. Dieselbe war vermuihlich heimwärts nach den Geisinger Vorwerken gegangen und ist, weil kränklich und augeuschwach, dem herrschenden Ei-sturme nicht gewachsen gewesen. — sVerbrennung eines Locomotivführers.) Die Direktion der Köln-Mindener Eisenbahn theilt folgende Beschreibung eines Un falles mit, welcher einem ihrer Lokomotivführer begegnete: Am 11. August d. Jahres stieß dem Lokomotivführer eines Nachmittags von Ruhrort (Westfalen) nach Oberhausen fahrenden Personenzuges ein seltenes Unglück zu. Der Zug hatte eben die Station Ruhrort virlassen und näherte sich der Bahnkreuzung der Bergisch-märkischen Bahn. Die Locomotive des Zuges war eine sogen. Tendermaschine und fuhr den Zug in Rückwärtsstellung. Der Heizer hatte durch die geöffnete Heizthür das Feuer geschürt und legte das dazu gebrauchte Geräth an seine Stelle, als er plötzlich im Rücken eine ungewöhnliche Hitze empfand und beim Umwenden den Locomotivführer in Rauch und Flammen eingehüllt erblickte, indem derselbeihm zurief: „Bremse fest, fest!" und verzweifelt mit den Armen um sich schlug. Rasch hatte der Heizer die Bremse festgedreht und rief das Zugspersonal des Packwagens zu Hilfe, weil er kein Mittel fand, seinem Führer allein zu helfen. Der Zugführer hatte den Rauch auf der Ma schine bemerkt und eilte mit einem Schaffner, als kaum der Zug stillstand, nach der Locomotive, wo Beide den in seinen Kleidern vollständig brennenden Loco motivführer schleunigst herab auf die Erde zogen. Trotzdem der ganze Hergang nicht mehr als eine halbe Minute gedauert, war der Unglückliche schon bi« zur Unkenntlichkeit verbrannt, als man ihn sofort von den brennenden Fetzen seiner Kleidung befreite. Der zufällig im Zuge mitfahrende Bahnarzt ordnete die nächste Behandlung, namentlich die geeignetste Fortschaffung des Schwerver letzten, an. Die Verbrennung desselben war leider so erheblich, daß er bereits am folgenden Tage seinen Leiden erlag. Ueber die Entstehung des Brandes liegt die Wahrscheinlichkeit sehr nahe, daß die Kleidung des LocomotivsührerS durch die zur geöffneten Heizthür herausschlagende Flamme entzündet worden ist. — Am 8. d. wurde dem Lehrer der Equitatton in Brzeza n (Galizien), Rittmeister Freih. v. Uslar-Gleichen, vom 7. Ulanen-Reg., auf der Reitschule der linke Oberschenkel von einem Pferde abgeschlagen. Dem Verunglückten war im Jahre 1866 das rechte Kniegelenk zerschmettert worden, in Folge dessen das recht« Bein steif blieb. Nunmehr ist er auf beiden Beinen verkrüppelt. — (Auf dem Grabe verbrannt.) Die Gitte, am Feste Aller heiligen und dem darauf folgenden Allerseelentage auf den Gräbern Laterren mit brennenden Kerzen aufzustellen, ist auch in Italien allgemein verbreitet, und dieselbe kostete Heuer, wie der „Monitor« Novarese" meldet, in der Ge meinde Castellazzo einem zwölfjährigen Mädchen da- Leben. Dasselbe kniete nämlich am Tage Allerheiligen am Grabe eines Verwandten und betete andächtig, ohne die nebenstehende Laterne mit der brennenden Kerze zu beachten. Plötzlich fingen ihre Kleider Feuer, worauf sie aufsprang und aus dem Kirchhofe eilen wollte. Dadurch wurde aber die Flamme nur noch mehr angefacht, und trotzdem bald Hilfe kam, mußte die Unglückliche doch schon zwei Stunden später ihr Leben aushauchen. — Ueber da- eigenthümliche Schicksal eine-Briefes mit einer Adresse vom Grafen Ledochow«ki schreibt man der „Echtes. Z." aus Posen vom 13. d.: Im Bezirk der Obcrpostdirection Posen waren di« Postanstalten bekanntlich ebenso, wie im Bezirke der Oberpostdirection Brom berg, auf Requisition der hiesigen Oberstaat-anwaltschaft angewiesen worden, alle Briefe, deren Adressen in der Handschrift mit einem beigegebenen Fak simile des Grafen Ledochow-ki übereinstimmten, an die Staatsanwaltschaft abzulicfern und der Oberpostdirection davon Kenntniß zu geben. Bis jetzt ist nun im hiesigen Bezirke nur ein einziger derartiger Brief an die Staats anwaltschaft abgeliefert worden, und zwar «in Brief recht harmlosen Inhalts. Ein Kreisrichtcr polnischer Nationalität aus «inem der südlichen Kreise des Regierungsbezirk- Posen hatte nämlich vor einigen Tagen sein« öockzeit gefeiert und war, als er von der Hochzeit-stier an seinen Wohnort urückkehrte, nicht wenig erstaunt, vom dortigen Staatsanwalt« benachrichtigt u werden, Laß «in Brief au- Rom an ihn eingetroffen sei. Der Brief war auf der Post angehalten worden, weil die Adresse offenbar vom Grastn Ledochow-ki geschrieben war, und der Staatsanwaltschaft übersendet worden. Auf Wunsch de- Staatsanwaltes öffnete der Kreisrichter in dessen Gegen wart den Brief, und eS ergab sich nun, daß der Papst dem Kreisrichter auf Verwendung des Grastn Ledochow-ki seinen Segen übersandte und daß Graf Ledochow-ki die Adresse dc- Briefe- geschrieben hatte.