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2670 formellen Waffenstillstände mehr, sobald die Pforte sich verpflichtet^ die Feindseligkeiten auf unbestimmte Zeit bedingungslos zu suspendiren. In gleicher Absicht hat man vermieden, die Gebietsvergrößerung zu Gunsten Montenegros zu formuliren, sich vielmehr Vorbehalten, diese Frage im Lause der Verhandlungen zu regeln. Es existirt biS jetzt 'kein Unterschied zwischen der Selbstverwaltung, welche für Bosnien und die Herzegowina, und derjenigen, welche für Bulgarien verlangt wird- Es herrscht vollkommene Uebereinstimmung darüber, daß diese Provinzen nicht von der Türkei getrennt werden. Heute wird ver sichert, die Pforte habe diese Friedensbedingungen der Mächte ange nommen; bezüglich der Reformen werde den Mächten von der Pforte erwiedert werden, daß sie oo ixso für daS ganze Reich ausgedehnt werden sollen. Griechenland. Wie man der „Pr." mittheilt, gedenkt auch die griechische Re gierung sich bei den gegenwärtigen Mediationsverhandlungen als interesstrter Theil anzumelden. Das Cabinet Komunduros formulirt eine Note an die Mächte, in welcher eS verlangt, daß bei dem Friedensschluß und bei der Festsetzung der Reformen nicht allein die slavischen Provinzen berücksichtigt werden, sondern daß die be treffenden Umgestaltungen der Verwaltung auch auf Thessalien und Epirus Anwendung finden sollen; namentlich soll der Punkt der groß- mächtlichen Vorschläge, daßdaSBerhältniß zwischen den muhamedanischen und christlichen Einwohnern in Bulgarien nicht durch tscherkessische Colonisationen alterirt werden dürfe, auch auf die genannten Pro vinzen ausgedehnt werden und die betreffende Stipulation in dem Friedensinstrument enthalten sein. Amerika. Philadelphia, 28. September. Die den Ausstellern der Welt ausstellung zuerkannten Preise sind gestern Abend in feierlicher Weise proclamirt worden. Die Ausstellungsbehörden führten den Vorsitz, und eine große Menschenmenge war zugegen. Medaillen sind für 11,000 Aussteller bestimmt worden, von welchen 6000 auf England und den Continent kommen. Von Medaillen zweiter Classe ist keine ^»erkannt worden. Vom türkischen Kriegsschauplätze. Wenn die Londoner „Times" wahrheitsgetreu berichtet sind, so hat nunmehr der General Tschernajeff unumwunden ausgesprochen, daß die von den europäischen Großmächten aufgestellten Friedens- Vorschläge der Armee-Leitung in Serbien nicht zusagen, und daß die Forderung des Status guo nute bellum für Serbien den Hauptgrund zur 'Ablehnung der weiteren Waffenruhe gebildet hat. Mit solcher Zukunftsaussicht wollen die Träger des „großser bischen Gedankens" sich nicht begnügen; deshalb haben sie die Feind seligkeiten gegen die Türken wieder ausgenommen. Bemerkenswerth ist ein Telegramm der „Pr." nach welchem die Pforte Abdul Kerim Pascha die strengste Defensive ausgetragen habe. Man telegraphirt dem Wiener Blatte auS Pera, 28. Septbr.: Hier ist die Nachricht eingetroffen, die Serben seien entschlossen, den Kampf vor Alexinatz wieder aufzunehmen, und hätten auch schon einige Scharmützel daselbst stattgefunden. Wie jedoch in hiesigen diplomatischen Kreisen verlautet, werde die Pforte an Abdul Kerim Pascha die strenge Weisung ergehen lassen, sich bis zum 2. October, an welchem Tage bekanntlich die von der Pforte gewährte Waffenruhe abläuft, nur in der Defensive zu halten, und jedes aggressive Vorgehen gegen die Serben zu unterlassen. Europa möge daraus erkennen, daß es nur Serbienist, das seit wenigen Monaten schon zwei Mal die Ruhe stört. OT Ragusa, 30. September, Abends. (Tel.) Der Fürst von Montenegro wird die Verlängerung der Waffenruhe bis zum 2. October respectiren, eine weitere Verlängerung jedoch, gutem Vernehmen nach , nicht annehmen. OD Konstantinopel, 29. September. (Tel.) Die Veröffent- lichung der türkischen Regierung über das bei Alexinatz stattgehabte Gefecht lautet: Nach einem Telegramme des Ober befehlshabers haben die Serben die türkischen Truppen auf der ganzen Linie vor Alexinatz angegriffen. Der Kampf dauerte 12 Stunden hintereinander und endete milder Niederlage der Serben, welche unter Zurücklassung einer großen Anzahl von Todten und Verwun deten die Flucht ergriffen. Von Abdi Pascha wird hinzugefügt,' daß die Serben mit dem Verlangen der Einstellung der Feindseligkeiten keinen anderen Zweck verfolgt hätten, als die ungestörte Concentrirung aller ihrer disponiblen Streitkräfte bet Aüxinatz bewerkstelligen zu können. — Dis Regierung hat an ihre Vertreter im Auslande folgende Mittheilung gelangen lasten: Die serbische Regierung hat den diplomatischen Agenten der Mächte in Belgrad angezeigt, daß die türkischen Truppen die Waffenruhe am 17. d. bei Alexinatz und bei Jankova Klistura, am 19. d. M. bei Javor und am 21. d. bei Javor und an der Drina verletzt hätten. Mit dieser Mittheilung hat der Ministerpräsident Risties die Thatsachen umdrehen und die Verantwortlichkeit für die Verletzung der Waffenruhe auf die tür kische Negierung wälzen wollen. Wie bereits bekannt, sind es gerade die serbischen Truppen gewesen, welche eine aggressive Haltung angenommen und die türkischen Truppen auf der ganzen Linie ange griffen haben. Die Pforte kann nicht umhin, gegen jene Mitthetl- ungen formell Protest zu erheben. 01 Widdin, 30. September, Abends. (Tel.) Meldungen, welche den hiesigen Consuln vom Kriegsschauplätze zugegangen sind, bestätigen, daß die türkischen Truppen gestern den Angriff des General Tschernajeff mit Erfolg zurückgewiesen haben. Pancsova, 29. September. (Telegr. der N. Fr. Pr.) Nach richten aus Belgrad zufolge hätten die Serben, während die Türken an die Verlängerung der Waffenruhe glaubten, diese von zwei Seiten angegriffen. Die Türken waren gezwungen, sich zurückzuziehen und räumten die Stellungen von Nozrina und Buimir, welche von den Serben besetzt wurden. Pescanica, 30. Septbr. (Telegr. des Special-Correspondenten der N. Fr. Pr.) Als ich heute Nachmittags die türkische Aufstellung abritt und Theile des Gefechtsfeldes besichtigte, konnte ich die schreck liche Verwüstung wahrnehmen, welche das türkische Feuer in den serbischen Reihen erzeugte, und dies namentlich am linken Flügel, woselbst Hafuz nordöstlich von Djunis und Adil östlich von Kavnik kämpften. Gegen diesen Flügel richtete sich auch der Hauptangriff der Serben, der, dreimal und zwar jedesmal mit frischen Truppen unternommen, blutig zurückgewiesen wurde. Man schätzt die allein hier verwendeten serbischen Kräfte auf 30,000 Mann, denen Hafuz mit nur 8 und Adil mit 12 Bataillonen Stand hielten, ungeachtet 7 feind liche Batterieen den linken Flügel inS Kreuzfeuer brachten. In der Front concentrtrte sich der Hauptangriff auf die türkische Brücke, die, nachdem vier Batterieen gegen dieselbe wirkten, theilweise zerstört wurde. Der Uebergang einer serbischen Brigade bei Drasevae, woselbst in der vorhergehenden Nacht eine Nothbrücke geschlagen wurde, geschah in der Absicht, die Höhen bei Teschica zu besetzen und den Türken den Rück zug abzuschneiden. Die Serben mußten sich aber zurückziehen und hatten hierbei enorme Verluste. Durch diese Vorrückung gegen Teschica war Vormittags und Abends der Verkehr mit Nisch auf fünf Stunden unterbrochen. Die Türken haben gegenwärtig dieselbe Position wie vor der Schlacht, während welcher sie aus ihrer Aufstellung keiüen Augenblick wichen. Kriegsgefangene sagen aus, daß jedes Bataillon von einem serbischen und russischen Commandanten befehligt sei und daß in den letzten Tagen bedeutende Verstärkungen in Deligrad ein trafen. Die Stärke Tschernajeffs am gestrigen Schlachttage und die serbischen Verluste werden hier sehr verschieden geschätzt; so viel aber ist gewiß, daß die Artillerie an Zahl der türkischen überlegen war und daß Hafuz und Adil gegen die dreifache Uebermacht kämpften. Die serbischen Verluste schätzte ich aus 4000 Mann. Die Türken, welche sich nur auf die Abwehr des Angriffes beschränkten, haben wenig ^ge litten. Die Englische Ambulanz entwickelte während uüd nach der Schlacht eine höchst anerkennenswerthe Thätigkeit. Als ich heute Morgens dieselbe besuchte, waren bereits 250 Verwundete, mit dem Nothverband versehen, nach Nisch transportirt worden. Heute findet mäßiges Geschützfeuer statt. Semlin, 29. Septbr. (Telegr. der N. F. P.) Aus Belgrad wird officiell gemeldet: „Gestern früh griffen die Serben unter Tschernajeff und Horvatovich die Türken an, nahmen Mittags Buimir und Abends, nach heftigem, blutigem Kampfe Tesitza. Die Truppen zeichneten sich besonders aus; sie stürmten Tesitza mit dem Rufe: „Es lebe der König!" OD Petersburg, 1. October. (Tel.) Nach einer Meldung der „Internationalen Telegraphen-Agentur" aus Semlin von gestern sind dir Serben durch eine von Nisch aus erfolgte Verstärkung der türkischen Truppen genöthigt gewesen, die am Morgen von Horva tovich eroberten Positionen wieder aufzu geben. Beide Theile