Volltext Seite (XML)
2471 Vom Kriegsschauplätze wird der Londoner „Daily News" von ihrem Berichterstatter auf der serbischen Seite gemeldet, daß Al ex in atz noch von der serbischen Garnison gehalten wird. Wie es scheint, ist eine starke türkische Streitmacht bestrebt, die Position Tschernajeffs bei Deligrad zu flanktren. Gegen ihren Angriff, der übrigens keines wegs sehr entschlossen zur Geltung kommt, hat Tschernajeff sich bei Dschunis (zwischen Alexinatz und Kruschevatz) stark verschanzt und eine bedeutende Infanterie- und Artilleriestärke zusammengezogen. Ein Angriff auf diese Stellung, dem der Correspondent beiwohnte, be schränkte sich auf ein längeres Feuergefecht, bei welchem die Verluste nicht von Bedeutung waren und ein Ergebniß nicht erzielt wurde. Der Correspondent des „Moniteur" telegraphirt seinem Blatte aus Alexinatz unter dem 6. d., daß er sich an diesem Tage in Alexinatz befinde, welches weder geräumt noch genommen sei, die serbische In fanterie sei mit dem Auswerfen neuer Verschanzungen beschäftigt, man werde den Türken das Terrain Fuß für Fuß streitig machen. „Alle Dörfer aus dem linken Ufer der Morawa find mit Petroleum an gezündet worden. Ich habe in den Aschenhaufen verstümmelte weibliche Leichname mit aufgeschlitzten Bäuchen liegen sehen." Widdin, 9. Septbr. (Tel. der N. Fr. Pr.) Vorgestern griffen neun serbische Bataillone mit einer Batterie und zwei Colonnen die Vorposten Osman Paschas bei Zwezdan und Nikolicevo an. Nach siebenstündigem Kampfe wurden die Serben von Assaf und Hassan Pascha an der Spitze von sieben Bataillonen zurückgeworfen. Zahlreiche Gewehre, Mäntel und russische Revolver fielen den Türken in die Hände. — Die Bedeutung des am 1. September bei Alexinatz erfochtenen Sieges wurde Anfangs von den Türken selbst unter- schätzt. Erst allmählich gelangten sie durch die Belgrader Berichte zur vollen Kenntntß ihrer Erfolge und der Wirkungen, welche die Schlacht am 1. d. M. auf die Serben hatte. Nach einer Mittheilung Rifad Paschas war Alexinatz gestern noch nicht von den Serben geräumt. Scutari, 9. Septbr. (Telegr. der Bohemia.) Große Trans porte verwundeter türkischer Soldaten aus dem vorgestrigen Gefechte bei Spuz sind hier eingetroffen. Ueber den Ausgang des Gefechtes beobachten die Türken Stillschweigen. Moukhtar Pascha steht noch immer verschanzt längs der Grenze. Erklärung, die Steuerbewilltgung betreffend. Mehrere Anfragen über den Sachverhalt bezüglich der letzten Beschlüsse der Zweiten Kammer der Ständeversammlung — die Deck ung eines Mehraufwandes im Budget betr. — sowie der Umstand, daß die Eile, mit der in vorletzter Sitzung die restirenden Landtags geschäfte erledigt werden mußten, mir keine Zeit vergönnte, meine Abstimmung in der Kammersitzung zu motiviren, veranlassen mich, meinen Wählern folgende Erklärung des Herganges und der Ab- stimmung abzugeben. Daß dies erst heute geschieht, wollen Dieselben mit meinen umfänglichen und zahlreichen Berufsgeschäften entschul digen, welche mich zudem häufig nöthigen, von Bautzen abwesend zu sein. Aus den Mittheilungen der Presse über die Landtagsverhand lungen ist bekannt, daß hierbei auch die Frage bezüglich der Deckung eines Budget-Fehlbetrages von ca. 4 Millionen Mark (später auf ca. 3 Millionen Mark reducirt) zur Sprache kam, welcher für die jetzige Finanzperiode, resp. für das Jahr 1877, aufzubringen ist. Meine Ansicht und Abstimmung in einer früheren Kammersitzung ging dahin, daß dieser Fehlbedarf aus dem vorhandenen Baarvermögen des Staates und nicht durch einen Steuerzuschlag gedeckt werden solle. Dies war auch der Majoritätsbeschluß der Zweiten Kammer. Die Erste Kammer dagegen trat Dem nicht bei, aber auch nicht der Regierungsvorlage, wonach für 1877 9 Simpla der Einkommensteuer erhoben werden sollten. Am letzten Sitzungstage nun (30. Juni) wurde erst bei Beginn der Sitzung ein gedruckter Vermittelungsvorschlag vertheilt, welcher, wenn er mich auch nicht voll befriedigen konnte, doch ein Anknüpfungspunkt zu einer dringend wünschenswerthen Ver einigung war. Hiernach sollten für das Jahr 1877 (nur hierfür) nur 6 Simpla und H der Grund-, Gewerbe-, Personal- und Renten steuer erhoben werden, unter welchen Voraussetzungen, sei später er wähnt. Ich habe nun in der letzten Sitzung hierfür gestimmt und zwar lediglich aus dem Grunde, weil — was man erst in letzter Stunde erfuhr — der Finanzminister mit Bestimmtheit versicherte, das Baarvermögen des StaateS sei bei Eingehen der großen Eisenbahn-Anleihe bereits mit eingerechnet worden, in Wirklichkeit somit nicht vorhanden. Wo also Nichts ist, da hat der Kaiser das Recht verloren. Der Ansicht, daß der Staat Papiere verkaufen könne, um den Fehlbetrag zu decken, konnte ich nicht beistimmen, weil dies bei dem jetzigen Stande nur unter großen Verlusten hätte geschehen können, die doch zugleich die Verluste der Steuerzahler find. Wenn nun in letzter Stunde keine Einigung zu Stande kam, so wäre der Landtag vertagt worden und dieser hätte müssen noch in diesem Jahre die Sache erledigen. Daß dies nicht in wenigen Tagen abgemacht werden konnte, war voraus zusehen. Die Kosten hierfür hätten aber ebenfalls die Steuerzahler tragen müssen. Wenn nun auch dabei keine Einigung erzielt wor den wäre, so würde der Landtag aufgelöst und zur völligen Neuwahl zu einem abermaligen, anderen Landtag verschritten worden sein. Wer aber hätte diese kostspieligen Manipulationen bezahlen müssen? Wiederum die Steuerzahler. Und wenn nun endlich auch bei dem pro 1876 neugewählten Landtage kein Ausgleich stattgefunden hätte, was dann? Die unglückseligsten Zustände in der Verwaltung deS Landes, ja sogar deren vollständige Stockung, wie dies bisher wohl in keinem Theile Deutschlands jemals vorgekommen ist. Der letzte Auskunstsweg aber, zur Auftreibung deS an sich nicht hohen Fehlbetrages eine besondere (abermalige) Anleihe zu machen, wäre nicht dazu angethan, den zur Zeit guten Credit, den der sächsische Staat genießt, zu wahren und zu erhalten. Kann ich meinen Wählern versichern, daß es mir nicht leicht geworden ist, mich der Nothwendigkeit zu fügen, so bin ich mir andererseits bewußt, nach bester Ueberzeugung und nach einer im Verein mit mehreren Land- tagscollegen vorgenommenen eingehenden Prüfung (während einer längeren Sitzungspause) des vorerwähnten Vermittelungsantrages abgestimmt zu haben. Dies führt mich zu den vorgenannten übrigen Antragspunkten und zu der Stellung, welche ich gegenüber der Ein kommensteuer einnehme. Schon seit einer längeren Reihe von Jahren beklagen sich die Landwirthe darüber, daß sie zu hoch besteuert würden. Dasselbe sagen auch Gewerbtrcibende und Industrielle, Rentiers und Beamte. Aus diesem beständigen Conflict ist aber nur durch Einführung eines neuen Steuersystems herauszukommen. Von vornherein habe ich für daS System der Einkommensteuer, verbunden mit Vermögens steuer, gestimmt. Das auf einem früheren Landtage zu Stande ge kommene Einkommensteuergesetz entsprach durchaus nicht den An forderungen, welche ich an dasselbe stellte und hatte ich, wie viele andere städtische Vertreter, damals nur auS dem Grunde beigepflichtet, weil die ausdrückliche Bedingung daran geknüpft war: daß dasselbe nicht definitiv eingeführt, sondern daß vor der Hand damit nur expe- rimentirt werden solle, um weitere Erfahrungen über einen ge rechten Ausbau des Gesetzes zu sammeln. Was ich an letzterem aus zusetzen hatte, war: 1) das Fehlen der Vermögenssteuer, ohne welche die Einkommensteuer mir ungerecht erscheint; 2) die Einkommen bis zu 4000 waren viel zu hoch und zwar so hoch in der Steuer- Progression eingesetzt, daß auf den Einzelnen eine Mehrbelastung bis zu 75 Procent kommen würde; 3) die geringen Einkommen von 300 bis 600 hätten nicht als steuerpflichtig ausgenommen werden, sondern ganz steuerfrei bleiben sollen; endlich 4) die ganze Ein- schätzungsmantpulation war viel zu kostspielig und complicirt. — Der mehrerwähnte Vermittelungsantrag enthielt aber folgende Punkte: a) es sollen dem nächsten Landtage Vorlagen über gleichzeitige Ein führung der Vermögenssteuer gemacht werden; b) die Besteuerungs- Progression soll einer gründlichen Revision unterzogen werden; o) Einkommen bis 300 sollen ganz steuerfrei bleiben; solche von 400 nur mit dem halben Satze besteuert werden; ä) die Einschätzungsarbeit soll mit weniger Personal, geringeren Diäten und unter Berücksichtigung der Mängel der ersten Einschätzung vorgenommen werden; o) die pro 1877 zu erhebenden 6 Simpla werden erst aus Grund einer solchen ganz neuen Abschätzung erhoben. Im Uebrigen wird erst auf dem nächsten Landtage das endgiltige Schicksal des Einkommensteuergesetzes entschieden. Dafern ich über haupt noch dem nächsten Landtage beiwohne, wird es mein Bestreben sein, dazu beizutragen, daß die Härten und Mängel des jetzigen Ein kommensteuergesetzes beseitigt werden. Geschieht dies nicht, oder in einem mir zu gering erscheinenden Grade, dann kann ich nicht anders als gegen die definitive Einführung zu stimmen. Wie aber meine