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2467 und sollte nunmehr am 7. September den mit seinen Vortruppen am Goselabschnitt, mit seinen Hauptkräften bei Wachau stehenden Feind angreisen und von Leipzig abdrängen. Hierzu standen am 7. Septbr. früh 9 Uhr die Truppen des ArmeecorpS in den angeordneten RendezvouS- stellungen zum Vorgehen bereit und zwar die 1. Infanteriedivision Nr. 23 mit der CorpSartillerie nordwestlich Gruna, die 2. Infanterie division Nr. 24 nördlich Zehmen und die Cavaleriedivtsion südlich Rödgen. Um 9 Uhr trafen Ihre Majestäten nebst Gefolge und die zur Beiwohnung an dem Manöver erschienenen allerhöchsten und höchsten Herrschaften zu Wagen in Grunau ein und stiegen daselbst zu Pferde. Der Kaiser begrüßte die Truppen der 1. Infanteriedivision in der Rendezvousstellung und nahm alsdann sofort das Manöver seinen An fang. Die 2. Infanteriedivision eröffnete den Angriff aus das von Vortruppen des Feindes noch besetzte Dorf Cröbern, während die 1. Infanteriedivision von Sr. königl. Hoheit dem commandirenden General auf Göhren dirigirt wurde. Unter Mitwirkung der gesammten Ar tillerie des Armeecorps wurde der nördliche Thalrand des Goselbaches nach kurzem Kampfe genommen und formirten sich hier die Truppen zu dem weiteren Angriff gegen die feindlichen Stellungen, nachdem auf dem rechten Flügel des Corps die gleichfalls vorgegangene Cava- leriedivision die feindliche Cavalerie attakirt und nach glücklichem Ge fechte über den Schlumperbach zurückgeworfen hatte. Den linken Flügel vornehmend avancirten die Regimenter der 2. Infanteriedivision in der Richtung auf die vom Feinde stark besetzte Schäferei Auenhain; gleichzeitig ging auch die 1. Jnsanteriebrigade von dem Wachtberge aus gegen Gülden-Gossa angriffsweise vor. Der Feind sah sich bald gezwungen, gegenüber dem übermächtigen Angriffe seine nach den ge nannten Oertlichkeiten vorgeschobenen Truppen in die starke, zwischen Wachau und Gülden-Gossa gelegene Hauptstellung zurückzuziehen, gegen welche nunmehr sämmtliche Jnsanteriebrigaden concentrisch unter Um fassung des feindlichen rechten Flügels gleichmäßig avancirten. Nach dem der Feind mit einem vernichtenden Feuer der in einem weiten Halbkreis avancirenden Infanterie und der weit vorpoussirten Artillerie des Armeecorps überschüttet worden war, erfolgte zuletzt noch ein all gemeiner Bayonnetangriff der gesammten Infanterie, welchem der er schütterte Feind nicht mehr zu widerstehen vermochte. Infolge der Um fassung seines rechten Flügels sah sich der Feind gezwungen, in der Richtung aus Liebertwolkwitz den Rückzug anzutreten, zu dessen Sicher ung er seine Cavalerie auf dem linken Flügel vorpoussirte; gleichzeitig war aber auch die Cavaleriedivtsion des Corps auf dem rechten Flügel der diesseitigen Infanterie angelangt, sie attakirte sofort die feindliche Cavalerie, warf dieselbe zurück und stürzte sich auf die zurückgehende Infanterie des Feindes, dessen Rückzug in Flucht verwandelnd. Die rasch angezogenen Batterien der Divisionsartillerie verfolgten noch mit ihrenr Feuer den fliehenden Feind. — An das hiermit beendigte Corps- manöver schloß sich noch ein Vorbeimarsch der Cavalerieregimenter und der Abtheilung reitender Artillerie im Galop, wobei der Kronprinz des Deutschen R.eichs abermals das 2. Husarenregimcnt Nr. 19 selbst vorführte. — Nach Beendigung des Vorbeimarsches geruhte der Kaiser die Generäle und Regimentskommandeure des Armeecorps um sich zu versammeln und denselben seine Zufriedenheit mit den Leistungen und der Haltung der Truppen auszusprechen. — Ueber die Rückkehr der Truppen in ihre Garnisonen melden die „Dr. N." u. A.: das 2. Bataillon des Infanterie-Re giments Nr. 103 in Kamenz am 14. September Abends 10 Uhr; das 3. Bataillon des Jnf-Neg. Nr. 102 in Zittau am 15. 6 Uhr früh; der Regiments-Stab, sowie das 1. und 2. Bataillon des Jnf-Neg Nr. 102 in Zittau am 15. früh 7 Uhr; der Stab der Jnfanterie- brigade Nr. 46, der Regiments-Stab und am 15. das 1. und 3. Ba taillon des Jnf.-Reg. Nr. 103 in Bautzen früh 5 Uhr. — Zur Erleichterung des Meßverkehrs ist auf der Linie Dresden- Nies a-Leip zig von jeder Richtung ein Personcnzug eingelegt worden, und zwar von Dresden abgehend Nachmittags um 2 Uhr 40 Minuten (sonst nur bis Röderau gehend) und von Leipzig um 2 Uhr 25 Min. Nachmittags. Zwickau, 10. September. (Dr. I.) Gestern Abend hat im zweiten Schachte des Brückenberger Steinkohlcnbauvereins hierselbst eine ziemlich starke Explosion von Schlagwettern stattgesunden, in folge deren der Bergarbeiter Cqrl Dienegott Tetzner aus Gornsdorf bei Stollberg, 32 Jahre alt und verheirathet, getödtet, fünf andere Arbeiter aber mehr oder minder schwer verletzt worden sind. Die Katastrophe scheint durch die Unvorsichtigkeit des Getödteten, welcher den wegen der dort stehenden Schlagwetter seit einigen Tagen für den Betrieb gesperrten Theil einer Strecke nach Entfernung des des halb angebrachten Verschlages mit offenem Grubenlichte unberufener Weise befahren hat, herbeigeführt worden zu sein. — In demselben Schachte ist gestern Vormittag der Bergarbeiter Christian Heinrich Bretschneider aus Zelle bei Schneeberg, 39 Jahre alt und Vater von fünf Kindern, durch das Hereinbrechen von Kohlen schwer verletzt worden, indem derselbe Nippen- und Beckenbruch erlitten hat. Berlin, 11. September. Der Kaiser sowie die königliche» Prinzen wohnen heute und am Mittwoch den Feldmanövern des 12. und des 4. Armee-Corps zwischen Alt-Rannstädt, Merseburg, Querfurt und Weißenfels bei und reisen am 13. September Nachmittags 4 Uhr von Merseburg über Halle nach Berlin ab. — Bei dem neulichen Besuche in Züllichau hatte der Kaiser, wie wir bereits mitgetheilt, den zum Empfange versammelten Geist lichen in Erinnerung daran, daß Züllichau die älteste evangelische Stadt der Mark Brandenburg wäre, den Geistlichen ans Herz gelegt, an ihrem Theile dafür zu sorgen, daß Gottesfurcht im Volke gepflegt und wo sie fehlt, wieder geweckt würde. Das „Krossener Wochenbl." meldet jetzt hierüber noch, daß, als der kaiserl. Herr an die Gruppe der Geistlichen kam, Se. Majestät längere Zeit mit dem Superinten denten Röhricht sprach und unter Anderem an denselben die Frage richtete, ob es auch mit seiner Diöcese gut stände, und ob er Ursache -abe, mit derselben zufrieden zu sein, ob nicht in derselben etwa auch olche neumodische Geistliche wären, welche den Glauben nicht baueten, andern einrissen. Zum Schluß wandte sich Se. Maj. an alle evan gelische Geistliche mit den Worten.- „An Ihnen, meine Herren, liegt es, den Glauben und das religiöse Leben im Volke nicht nur zu er- zalten, sondern auch neu zu wecken und zu beleben. Leider muh man a sagen, daß der religiöse Sinn in vielen Schichten des Volkes ge- ünken und erstorben ist; es ist eine ernste Zeit. Sorgen Sie dafür, daß der Glauben gestärkt und wo er schläft, wieder ernstlich erweckt werde." - — Der Reichscanzler hat bekanntlich den preußischen Justizminister veranlaßt, die Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs über die einheitliche Feststellung der Kosten im Civilproceß und im ConcurS- verfahren zu übernehmen. Wie die „Voss. Ztg." erfährt, wird be absichtigt, eine einheitliche Regelung nur der Hauptpunkte herbeizu führen, das Weitere dagegen den Einzelstaaten zu überlassen. — Der General-Postmeister, Wirkl. Geheime Rath vr. Stephan, wird, wie die „N. P. Ztg." hört, von seiner mehrwöchentlichen In spektionsreise morgen zurückerwartet. Grade die diesjährigen Visitations reisen des Generalpostmeisters dürften von besonderer Wichtigkeit ge wesen sein, weil sich die Folgen der Verschmelzung der Post- und der Telegraphen-Verwaltung bereits deutlich übersehen ließen. Der Ge neral-Postmeister soll wiederholt seine volle Zufriedenheit über das gute Zusammenwirken der Beamten beider Ressorts zu erkennen ge- geben, auch zugleich die Ueberzeugung gewonnen haben, daß bei dem vorzüglichen Jneinaudergreifen der zwei Verwaltungen die für dies Jahr noch geplante Erweiterung und Verdichtung des Telegraphen- Netzes ohne Schwierigkeiten sich werde bewerkstelligen lassen. — Von „gutunterrichteter Seite" wird jetzt in Bezug auf die Aufhebung der Eisenzölle mitgetheilt, daß die Regierung, nach dem sie der brennenden Frage der Eisenzölle nahe getreten, zwar nicht die Aufhebung der bezüglichen Bestimmungen des Gesetzes, wohl aber die Hinausschiebung der Ausführungszeit um zwei Jahre iu der bevorstehenden Reichstagssession zu beantragen beabsichtigt. Ein solches „Nothgesetz", bemerkt dazu die „Post", entspreche durchaus der Sachlage. — Die „Volks-Ztg." schreibt: „In den Kreisen der deutschen Industriellen und Kunstgewerbtreibenden scheint eine lebhafte Agitation im Gange zu sein, welche darauf gerichtet ist, den Entschluß Deutsch lands herbeizuführen, sich an der nächsten großen Pariser Welt ausstellung gar nicht zu betheiligen. Es ist indeß ein leuchtend, daß diese Agitation ihren Zweck nicht erreichen kann und wunderbar nur, daß ein solcher Gedanke überhaupt irgendwo ernsthaft angeregt werden konnte." — Der „Kön. Preuß. Staatsauz" theilt Folgendes mit: Nach dem der durch Urtel und Recht seines Amtes entsetzte frühere Erz bischof von Gnesen und Posen, Graf von Ledochowski, im März