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2034 — (N.-Z.) Der General-Frldmarschall Graf v. Moltke wird sich noch biS Mitte August auf seinem Gute Kreisau in Schlesien auf- halten und alsdann an der UebungSreise der Generalstabes theil nehmen. DenManövern in der Provinz und dem Königreich Sachsen, in Württemberg und in Elsaß-Lothringrn wohnt Graf Moltke, besten Gesundheitszustand ein durchaus befriedigender ist, an der Seite deS Kaiser- bet. — Zwischen dem Deutschen Reich und Rußland ist zu Warschau am 22./10. April wegen Herstellung einer Eisenbahn zwischen Marienburg und Warschau eine Uebvrrinkunst abge schlossen worden, welche jetzt ratificirt worden ist. — Der „D. Reichsanz." bringt (wahrscheinlich als Fühler des Generalpostmeisters) folgende Mittheilung: „In Belgien ist im Laufe dieses Frühjahr- ein die Einziehung von Handelspapieren durch die Post betreffendes Gesetz zur Publikation gelangt, welches im Wesent lichen der bei uns bestehenden Einrichtung der Postaufträge nach gebildet ist. In einem nicht unwichtigen Punkte unterscheidet es sich aber doch von dem deutschen Verfahren. Während nämlich bei uns die Post die ihr zur Einziehung mittelst Postaustrags übergebenen Wechsel bei ausbleibender Zahlung an den Notar oder an daS Ge richt zur Protesterhebung abgiebt, trifft das erwähnte belgische Gesetz die Bestimmung, daß an Orten, wo keine zur Protestausnahme befugte Person oder Behörde ihren Sitz hat, der Protest Mangels Zahlung unmittelbar durch die Postbeamten selbst ausgenommen wird. Letztere führen zu diesem Behufs einfache Formu lare bei sich, die nach entsprechender Ausfüllung dem Wechsel als Allonge angeklebt werden. Die von der Post für die Protestaufnahme erhobenen Gebühren sind nur gering, so daß sich die Kosten eines Protestes, einschließlich des Stempels und einer dem Postbeamten zu stehenden geringen Vergütung, auf ungefähr 3 FrcS. belaufen. Dieses einfache Verfahren erleichtert die rechtzeitige Protesterhebung an ent legenen Orten erheblich und führt zugleich die bei Wechseln auf Neben plätze ost unverhälinißmäßig hohen Protestkosten auf das richtige Maß zurück." Coblenz, 27.Juli. (K.Z.) Die Kaiserin Augusta wird sich von der Insel Mainau auf einigt Tage in die Schweiz begeben und in den ersten Tagen des August auf Schloß Babelsberg eintreffen. München, 27. Juü. (L. Z.) Die neueste Nummer des Pastoral blatte« der Erzdiöcese München bringt den Abdruck einer Vorstellung des Ordinariates an das Kultusministerium, in welcher dasselbe gegen die Spendung des Sacraments der Firmung dahier (am 23. d. M ) in der Nieolaikirche durch den altkatholischen Bischof Reinkens an altkatholische Kinder als eine „sacrilegische, daS gläubige Volk ärgernde und die öffentlich« Ordnung verwirrende Kulthandlung" Protest erhebt. Oesterreich. Wien,, 27. Juli. Der Kaiser ist gestern Nachmittags nach Ischl abgrreist. Se. Mas. wird dort bis zur Ankunft der Kaiserin, die Ende dS. Mts. erfolgt, verweilen. — Aus London kommt die Nachricht, daß der dortige Botschafter, Graf Beust, vom Minister des Aeußsren, Grafen Andrassy, den Auftrug erhalten habe, auf seinem Posten zu verbleiben; auch ändere Mitglieder der Botschaft, welche schon Urlaub erhalten hatten, sollen aufgefordert worden sein, denselben nicht zu benützen. — EinErlaß des Ministerium? für Landes vertheidig- nng betrifft die iw Falle eines Krieges nothwendige Ergänzung des landwehrärztlichen Offizierscorps durchAcquirirungvon nicht mehr militairpflichtigen, die österreichische Staatsbürgerschaft be sitzenden Civilärzten, die sich im Kriegsfälle freiwillig zur Dienst leistung melden. — Wie süddeutschen Blättern von hier geschrieben wird,, hat es die Pforte nicht bei ihrem hier überreichten Protest gegen die Sperrung des Hafens von Klek bewenden lasten, sondern diesen Protest auch, begleitet von einer ausführlichen Cireular-Note, an die übrigen Unterzeichner des Pariser Vertrages gesendet. Man habe be merk, daß die Circu1ar»Ro1e, welche an die beiden kaiserlichen Höfe von Berlin und Petersburg gerichtet sei, an zwei Stellen nicht un- wesentlich abweiche von der nach Paris, London und Rom gelangten. Die letztere Version sei merklich schärfer formulirt. — Die Thatsache, daß da« „Fremden blatt", das man als ein officiöses Glatt betrachtet, den Plan der Annexion Bos niens an Oesterreich zu dem seinigen gemacht hat und behauptet, derselbe sei gar nicht zurückzuweisen (vergl. vor. Nr.), hat nicht ver fehlt, Aufsehen zu erregen. Der Plan einer solchen Annexion war schon im vorigen Jahre, gleich nach Ausbruch des bosnischen ^Aus standes, aufgetaucht; er fand aber so vielseitigen Widerspruch, daß er bald wieder von der Tagesordnung abgesetzt wurde. Um so aus fälliger ist es, daß er jetzt, da man ihn nahezu schon vergessen hatte, wieder hervorgesucht und von einem ministeriellen Organe patroni- sirt wird. Prag, 27. Juli. (N. Fr. Pr) Eine auf morgen ««berufene allgemeine cZechtscheVolksversammlung Behufs Berathung über die Unterstützung verwundeter Serben wurde behördlich verboten. Jtalkn. Nom, 25. Juli. Dem Journal „Diritto" zufolge hüben der Ministerpräsident und Finanzminister Depretis und der Minkstersiegel- b-wahrer Mancini dem Könige ein Decret unterbreitet, wodurch eine köntgl. Commission unter dem Präsidium des Senators Saracco ernannt werden soll, die den Vermögensbestand des Cullus- fonds festzustellen hat, namentlich um sein Verhältniß zu deuStaais- sinanzen zu regeln. Frankreich. Paris, 26. Juli. Das Waddingtonsche Gesetz wegen Verleih ung der Grade hat nach dM „Journal des Döbats" nur eine unter geordnete Bedeutung gegenüber dem ReorganisqtionSplan der französischen Facultäten. „Die Absicht des Minister«", sagt das Blatt, „ist, in Frankreich fünf oder sechs große Universitäten zu schaffen, die den deutschen ähnlich sein sollen, sich selbst verwalten, eigene Einnahmen haben und welche alle die jungen Leute durchzu machen haben, die sich den freien Carriören widmen. Wenn dieser Plan zur Ausführung kommt, läßt er Großes für die zukünftige Entwickelung des höheren Unterrichts in Frankreich hoffen." — Der „K.Z." wird von hier geschrieben: „General Chanzy ist keineswegs nur deshalb nach Paris gekommen, wie er sagte, weil er es für seine Pflicht hielt, bei Gelegenheit deS Gesetzes Waddington sür die Regierung rinzutreten; der eigentliche Grund seiner Reise war, daß in Algerien, wo die Muselmänner gegenwärtig eine großartige Propaganda zu Gunsten des „heiligen Krieges" machen, große Erregung herrscht und ein allgemeiner Aufstand zu befürchten ist. General Chanzy hielt es für nothwendig, der Negierung über die Lage der Dinge in der französischen Kolonie mündlich zu berichten und er setzt es auch durch, daß ganz außerordentliche Maßregeln getroffen werden. Der Kriegsminister befahl, alle Anstalten zu treffen, daß sofort 50,000 Mann Verstärkungen nach Algerien geworfen werden können und ernannte einen Generalstabschef, der sich unverzüglich nach Marseille begeben wird, um dort das Weitere abzuwarten." — 6 Gras Harry Arnim wird am t. August hier erwartet. Wie bereits gemeldet, wird sich derselbe mit seiner Familie dauernd in Paris niederlaffen. Sein Geschäftsführer ist bereits vor einigen Tagen hier angelangt und hat für den Grafen ein Hätel gemiethet. Donausttrstenthümer. Ueber die Entstehung des rumänischen Memoires schreibt man dem „Pesther Lloyd" aus Bukarest: „Serbien drängte seit dem 10. Juni die hiesige Regierung zu einer „freund schaftlichen" Haltung für das Fürstenthum. Man erklärte dem serbischen Ver treter, Herrn PetronjewicS, daß Rumänien seine Neutralität nicht aufgeben könne. Die rumänische Regierung habe keine gerüstete Armee und kein Geld. Hu gleicher Zeit wurden von Konstantinopel aus hier Versuche gemacht, sich der Neutralität der vereinigten Donaufürstenthümer zu versichern. Von zwei Seiten umworben, gab man der Pforte zu verstehen, man würde gegen Concessionen bereit sein, weit ab vom Schüsse zu bleiben. Der Großvezier erwiederte, man möge die Forder ungen, von denen im Voraus angenommen wird, sie bewegen sich innerhalb der Grenzen der staatsrechtlichen Stellung Rumäniens zur Pforte, formuliren. Da nun mittlerweile die Serben den Krieg wirklich erklärten, und die Pfprte sehr wenig Truppen in Bulgarien und Bosnien hatte, so glaubte man hier, man könne dir Forderung hinausschrauben. So entstand das Memmre, welches überdies schon jetzt als nicht existirend betrachtet werden kann. Die Pforte war über dieses Ver fahren der fürstlichen Regierung erstaunt und fragte hier an: warum man sich nicht officiell an den Suzerain, wie es einem Vasallen zukommt, gewendet habe? Daraus wurde eine Note in Konstantinopel übergeben, deren Inhalt in der Form von jenem des Memoire sich nicht unterscheidet. Das Cabinet erklärte aber heute in Stainbul, es sei von den versöhnlichsten Gedanken beseelt und werde mit der Pforte hoffentlich sich ganz gut verständigen können. Die Forderungen bezüglich des Deltas, wie der Einreihung des rumänischen Geschäftsagenten in das Diplomaten corps ist man bereit, fallen zn lassen. Ueber die weiteren fünf Punkte läßt sich unterhandeln. Rumänien dachte nicht und denkt nicht an den Krieg: es bleibt I sehr gern neutral."