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2061 Serben erbeuteten Munition und eine Fahne. Donnerstag gab eS neuen Kampf; nach elfstündigem Gefechte wichen die Türken vor dem serbischen Artilleriefeuer zurück und zogen nach Pirot und Ak-Palanka ab. Bon Kladowa sind Gewehrtransporte eingetroffen. Zwei an den Polizei-LieuteNant in Belgrad adressirte Kisten mit Revolvern wurden in Semlin confiScirt. Die „Neue Freie Presse" wird in Belgrad regelmäßig consiscirt. Ein Versuch der Regierung, mit einem belgischen Hause eine Lieferung von Minis-Gewehren abzuschließen, scheiterte an Geldmangel. „Srbske Novine" veröffentlichen eine Ver ordnung, wonach fremde Staatsangehörige zur Zahlung der städtischen Steuern und Zuschläge verpflichtet werden. Der Advocat Kasa- pinovich in Pancsova, ein eifriger Anhänger der Omladina, wurde heute Nachts verhaftet. Nisch, 29. Juli. (Telegr. deS Specialcorrespondenten der N. Fr. Pr.) Die türkische Armee von Nisch ergriff heute Nachts über Gramada die Offensive. Ihre Avantgarde hat die serbische Grenze bereits überschritten und ist auf den Feind gestoßen. Morgen erwartet man eine Entscheidungsschlacht. Frische Truppen kommen fortwährend von Sofia herüber, ihre Stimmung ist vorzüglich. Kalasat, 30. Juli. (Telegr. d. N. Fr. Pr.) Gestern Morgens ist die ganze türkische Armee von Nisch in drei Colonnen in Ser bien eingedrungen. In diesem Augenblicke muß die Ent scheidungsschlacht bereits begonnen haben. 61 Paris, 30. Juli, Abds. (Tel.) Wie der „Agence HavaS" aus Ragusa vom heutigen Tage gemeldet wird, haben die montene grinischen Truppen in einer Stärke von 2500 Mann von Neuem einen Angriff der Türken bei Kutschi zurückgeschlagen. In Konstantinopel sind in den letzten Tagen abermals mehrere Bataillone eghptischer Truppen gelandet, die der Khedive dem Sultan zur Unterstützung schickt. Noch einige Bataillone sind auf dem Wege von Egypten nach der europäischen Türkei und glauben öster reichische Blätter annehmen zu dürfen, daß der Pforte von dieser Seite schon in der nächsten Zeit, sobald die egyptische Regierung im Stande gewesen sein wird, die Wirren an ihrer Südgrenze beizulegen, weitere militärische Unterstützungen zukommen werden. (Jedenfalls wären im Interesse der Humanität solche Hilfstruppen dem Gesindel unendlich vorzuziehen, welches die Pforte in den tscherkessischen Banden mobil gemacht hat.) Vermischte-. — v. Bautzen, 1. August. Heute Nacht 11 Uhr 50 Minuten ereignete sich eine Naturerscheinung, wie sie wohl selten beobachtet worden ist. Wie durch einen starken Blitz wurde die ganze Gegend tageshell erleuchtet, gleich darauf sah man im Sternbilde der Andromeda einen Feuerstreifen, in Form einer Cigarre, welcher sich ohngefähr 14—16 Grad lang ausdehnte, und 40 bis 50 Secunden in solch intensivem Lichte am Himmel stand, Laß seinen An blick das Auge kaum ertragen konnte; nach und nach verschwand dieser Streifen im schmalen, einem Striche ähnlichen, weißen Lichte. — Guben, 28. Juli. Im nächsten Jahre steht der Stadt Guben eine Gedächtnißfeier bevor, an welcher die deutsche evangelische Kirche ein nicht unbedeutendes Interesse haben dürfte. Wie Lübben seinen Paul Gerhardt, so hat Guben seinen Johann Franck. Dieser Kirchenlicdcrdichter, geboren den 1. Juni 1618, gestorben den 18. Juni 1677, war Bürgermeister und Landesältester der Markgrafschaft Niederlausitz, den sächsisch-merfeburgischen Herzögen, damals Landesherren der Niederlausitz, wohl vertraut, durch Gelehr samkeit und Frömmigkeit gleich ausgezeichnet und als religiöser Sänger äußerst fruchtbar. Dank den Kompositionen des bekannten Organisten und Cantors Christoph Peter zu Guben, von welchem die evangelische Kirche eine Reihe von innigen Chorälen empfing, haben Franck's Lieder eine weite Verbreitung ge funden; von ihm stammen her: „Schmücke dich, o liebe Seele", „Herr, ich habe mißgehandelt", „Jesu, meine Freude" u. a. Zum Zwecke der Gedächtnißfeier hat sich in Guben bereits ein Comits gebildet. — Am 19. Juli ist in Hamburg in einem Zimmer des rechten Flügels des Johanneum eine Ausstellung der Sch illcr-Reliquien er öffnet worden. Dieselbe besteht aus verschiedenen Gegenständen, welche Schiller und seinen nächsten Verwandten gehört haben (darunter eine Standuhr, die zur Zeit der Geburt des Dichters im Zimmer stand und heute noch wie damals im Gange ist), aus einigen Familien-PortraitS und zahlreichen Aquarellzeichnungen von Schiller's Schwester, Christophine, und aus einer reichen Collection von Briefen, die theils von Schiller's Hand geschrieben sind, theils zu ihm oder zu den Seinigen in irgend welcher Beziehung stehen. Die Originalbriefe Schiller's, 23 an der Zahl, befinden sich jeder zwischen zwei Glasplatten, wa- ihre Hand habung bei entsprechendem Schutze sehr erleichtert. Die Sammlung beginnt mit dem „ä 8on ^Iteosk Kerönissima, ölonosiKnsur Is Duo 6« ^Virtew- borg 6t levo deck)" adresfirten „submissestew Gesuch Schiller's vom 1. September 1782, „um die gnädigste Erlaubniß, ferner literarische Schriften be kannt machen zu dürfen", und schließt mit einem aus Weimar, den 27. März 1803, datirten Briese an die Schwester Louise, in welchem der Autor über seine zunehmende Kränklichkeit bittere Klage führt. — Ein gewaltiger Sturm fegte am Sonnabend Mittag unter Blitz und Donner, Regenguß und Schloßenwetter über die Stadt Br«-lau. Am Freiburger Bahnhof schleuderte er die Droschken an einander. Mit Mühe und Noth gelang es den Wagenführern, die Pferde in dem allgemeinen Wirrwarr festzuhalten. An der äußeren Promenade und auf der Promenade selbst wurden die Bäume umgeriffen, große Beste flogen über die Straßen, hier und da wurden Personen, die dem gewaltigen Luftdruck nicht zu wider stehen vermochten, zu Boden geworfen; am Stadtgraben, in der Nähe der VorwerkSstraße, erfaßte eine Dame, um sich aufrecht zu erhalten, einen Baum, aber vergebens, denn der Baum wurde entwurzelt und riß die Hilfesuchende im jähen Sturze um. Dabei regnete e- Ziegeln von den Dächern; was dort irgend locker war, wurde in dem Moment, wo die volle Wucht des Sturme- die Dächer traf, heruntergerissen. Ueberall ist großer Schaden angerichtet, der besonders auch hinsichtlich des Obste-, welche- etwa bei der ohncdieß spärlichen Obsternte noch zu erwarten war, doppelt bedauerlich ist. — Thorn, 29. Juli. Am 27. d. M., Nachmittag-, brach in dem Einwohnerhause des Mühlenbefitzer- Hilbert in Maciejewo diesseitigen Kreises Feuer aus, und wurde dasselbe durch den Brand total zerstört. In dem Hause wohnten 4 Familien. Der Arbeiter Johann ParlikowSki hatte in dem Hause zwei Kinder im Alter von drei und sechs Jahren, der Arbeiter Michael Schmeida ein Kind von zwei Jahren und die Witwe Rutkowska zwei Kinder von drei und sechs Jahren zurückgelassen, und dies« fünf Kinder fanden in den Flammen einen schrecklichen Tod. Die Eltern der Kinder waren auf dem Felde zur Arbeit und hatten die hilflosen Wesen ohne Aufsicht zurückgelaffen; durch diese wird das Feuer wohl auch ent standen sein. — Treysa (Prov. Hessen), 28. Juli. Wie dem hiesigen Kreisblatt mitgetheilt wird, hat Lohgerber L. in Treysa beim AuSgraben einer Loh grube einen irdenen Topf mit alten Silbermünzen, aus dem 16. Jahr hundert, im Werthe von 6000 „X. gefunden. An dem betreffenden Ort soll früher eine Mühle gestanden haben. — St. Goarshausen, 28. Juli. Die „C. Z." meldet: Die neulich in der Nähe der Loreley zwischen 3 und 4 Uhr Morgen« stattgefundene Taufe von Baptisten im offenen Rhein hat heute beim hiesigen Amts gerichte Veranlassung zu verschiedenen Zeugenvernehmungen gegeben, weil eine Anklage wegen Verletzung der Schamhaftigkeit erhoben worden sein soll. Die Täuflinge waren beiderlei Geschlecht- und von sehr verschiedenen Alters classen, und die Taufhandlung konnte von Arbeitern an Ler Loreley, von Salmenfischern, den Bahnwärtern der dies- und jenseitigen Eisenbahn und von Lem Dienstpersonal und Len Passagieren des um Liese Zeit vorbei gefahrenen Bergboots beobachtet werben. Dem Vernehmen nach soll die Sache vom Gericht in Wiesbaden abgeurtheilt werden. — Ein« boshafte Handlung, welch« die Anklage als „Sach beschädigung" qualificirt, gelangte am 24. Juli zur Aburtheilung vor der Ferienabtheilung des CriminalsenatS des KammergericktS in Berlin. Di« Bäckergesellen Bub und Kaiser hatten aus Rache wegen der ihnen von ihrem Meister in Aussicht gestellten Kündigung — dies gaben sie selbst als Motiv an — in einer Nacht eine Menge Schmutz und alte Fettlappen in den Brotieig gcthan und mit den Broten verbacken. Da letztere meisten- theils verkauft wurden, so entstand ein förmlicher Aufruhr unter der Kund schaft, welche sich schließlich von ihrem Lieferanten zu dessen großem Nach theil ganz zurückzog. Der Richter erkannte wegen diese- Schurkenstreiches gegen die Beiden, welche im Audienztermin die Schuld von sich auf «inen Kameraden abzuwälzen suchten, auf je sich- Monate Gefängniß. — Ein Raubanfall machte kürzlich in Hermannstadt viel von sich reden. Ein ForstschätzungScommissair war in Begleitung von mehreren Schafzüchtern nächst der rumänischen Grenze in amtlicher Thätigkcit begriffen, al- plötzlich der berüchtigte Räuber Dean» in Gesellschaft von noch vier bewaffneten Strauchdieben ihnen entgegentrat und sie aufforderte, da- Geld herzugeben. Obgleich die Ueberfallenen den Räubern an Zahl doppelt über- legen waren, mußten sie, da kein Einziger von ihnen bewaffnet war, der an sie gestellten Aufforderung Folge leisten. Deanu schien von d«m Er gebnisse seiner Beute befriedigt zu sein, denn er lud die Geplünderten zu einem Gebirgsdiner ein. Dasselbe beschaffte er an Ort und Stelle, indem