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2060 troffen und dem ökumenischen und dem armenischen Patriarchen, sowie den Häuptern der übrigen christlichen Religionsgemeinschaften mit- gethetlt worden. DaS Reglement dieser Besteuerung ruht auf folgen den Grundlagen. Alle Personen männlichen Geschlechts von 15 bis 75 Jahren sind der Besteuerung unterworfen. Ausgenommen sind nur die Kranken, die Weltpriester, Bischöfe, Archimandriten und Mönche. Das Steuerquantum beträgt 5000 Piaster, welche? sich auf je 180 Steuerpflichtige vertheilt. (Der Unterschied dieser Auflage gegen die früheren besteht namentlich darin, daß früher alle Christen männ lichen Geschlechts ohne Rücksicht auf das Alter besteuert waren.) Die „Turquie" veröffentlicht folgendes amtliches Com- muniquä: Gegen hundert Personen des Kasa Haskeny, im District von Philippopolis, die als Soldaten eingeschrieben sind, haben Räubereien in einem bulgari schen Dorfe begangen. In anderen Dörfern haben sie die Lebensmittel, die sie entnommen, nicht bezahlen wollen und sich Gewaltthaten gegen die, welche sie ihnen geliefert, erlaubt. Das verbrecherische Treiben dieser Menschen, die nicht werth sind, in den Reihen der kaiserlichen Armee zu kämpfen, verdiente eine rasche Bestrafung. Daher haben sich die MilUairbehörden beeilt, sie zu verbaften und zu entwaffnen, damit sie abgeurtheilt werden. Dies Urtheil ist gefällt und der Führer dieser Menschen, Hadji Murad, nach dem Gesetz zum Tode verurtheilt worden. Er ist daher in Philippopolis gehängt worden. Diejenigen seiner Ge nossen, welche der Mitschuld bei den Räubereien angeklagt sind, werden nach dem Grade ihrer Schuld bestraft werden. Der nach Adrianopel gesandte Kiani Pascha hat daselbst eine Untersuchungs-Commission eingesetzt zum Verhör der Freiwilligen, welche kürzlich in einigen bulgarischen Dörfern Räubereien und andere Gewaltthaten vollführt haben. ES sind ihrer etwa 100, die nach Adrianopel eingebracht worden und streng bestraft werden sollen. Amerika. Aus Washington wird unterm 27. d. per Kabel gemeldet: Im Repräsentantenhause ist ein Gesetzentwurf eingebracht worden, welcher bezweckt, Silber zu einem unlimitirten gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen. Die Parteigänger der Maßregel hoffen dieselbe durchzusetzen, aber Paragraph um Paragraph wird »liedergestimmt, und eS ist wenig Aussicht dafür vorhanden, daß sie Gesetz wird. Bom türkischen Kriegsschauplätze. Die „N. Fr. Pr." bringt in zwei Telegrammen die Nachricht von einer im Süden Serbiens unmittelbar bevorstehenden Ent scheidungsschlacht (siehe unten). Das genannte Blatt bemerkt indeß dazu : Wir haben dergleichen Berichte schon so oft erhalten, daß wir sie heute nicht ohne ein gewisses Mißtrauen aufnehmen, obwohl unS die Meldung gleichzeitig von unseren Special-Correspondenten in Nisch und in Kalafat zukommt. Nach dem Telegramm des Letzteren wäre die ganze türkische Armee von Nisch in drei Colonnen in Ser bien eingedrungen. Dagegen wußte man am 29. Juli in Konstan tinopel noch nicht das Mindeste von einem unmittelbar bevorstehenden Angriffe. Hat derselbe wirklich begonnen — und die türkische Ober leitung hat sich lange genug Zeit gelassen —, so müßten wir alsbald Meldungen von der größten Wichtigkeit erwarten. Wie aus unserem Semliner Telegramm hervorgeht, welches allerdings auf Belgrader Quellen beruht und daher mit einiger Vorsicht aufzunehmen ist, wäre schon Mittwoch und Donnerstag auf dem rechten türkischen Flügel, bei Pandiralo, sehr heiß und blutig gekämpft worden. Offenbar haben wir in diesen Gefechten bei Pandiralo bereits den Beginn der türkischen Offensive zu erblicken. Die Montenegriner scheinen durch einen siegreichen Kampf die üble Lage, in welche sie bei ihrem Rückzüge gerathen waren (stehe unten), zum Bessern gewendet und taktisch wieder gut gemacht zu haben, waS durch mangelhafte Führung strategisch gefehlt worden war. Man darf wohl in der That aus den vorliegenden Nachrichten die Summa ziehen, daß die Türken den von Mostar re. zurückweichenden Montene grinern, deren zerstreute Haufen sich nicht so leicht sammeln ließen, rasch nachfolgten und sie durch eine geschickte Umgehungsbewegung in eine arge Klemme und in die Gefahr brachten, von der weiteren Rückzugsltnie abgeschnitten zu werden oder doch die Fortsetzung des Rückzuges nur unter verlustreichen Kämpfen bewerkstelligen zu können. Mindestens diese Gefahr erscheint jetzt alS beseitigt. Die Berichte über den Kampf bei Wrbitza machen den Eindruck, als hätten die Mon tenegriner ein Netz, das über sie geworfen werden sollte, noch recht- Mg -«rissen. Der Ort des Gefechtes, Wrbitza, ist nicht auf allen Karten zu finden; die „N. P. Z? bemerkt deshalb, daß er Halbwegs zwischen Trebinje und Metochia (Gaezko), beziehentlich zwischen Korito und Bilek, östlich von der Straße liegt. Ueber den Rückzug der Montenegriner wird der „Poli tischen Correspondenz" aus Ragusa vom 28. Juli geschrieben: Das für die Montenegriner so unglücklich ausgefallene Gefecht von Bist na wird als ein Beweis für die Mangelhaftigkeit der Organisation der montenegri nischen Armee und für die geringe militainsche Begabung des Fürsten Nikolaus angesehen. Wiewohl die Einzelheiten des Kampfes bereits bekannt sind, so muß doch hervorgehoben werden, daß drei Bataillone Montenegriner den Stoß von 14 türkischen unter Commando Moukhtar Paschas stehenden Bataillonen aushalten und 70 Todte und 200 Verwundete verlieren mußten, während in einer Ent fernung von nur anderthalb Stunden weitere zwei oder drei montenegrinische Bataillone unthätig standen, und der Fürst mit dem Gros von 7 Bataillonen 5 Stunden vom Schauplatze des Kampfes entfernt bei Zalom oder noch näher stand. Wenn diese Bataillone gegen Bisina dirigirt worden wären, so hätten die Türken geschlagen werden müssen und die Montenegriner befänden sich vielleicht zur Stunde in Mostar. Der Fürst verblieb aber in seiner Unthätigkeit, und ob wohl er auf das Dringendste gebeten wurde, den in Gefahr Befindlichen zu Hilfe zu eilen, ertheilte er doch den Befehl zum Rückzüge nach Korito- Ein Corps der Montenegriner traf in Nevesinje erst nach dem Treffen ein; dasselbe steht unter dem Commando des Peko Pavlovic, der gezwungen war, sich dann gleichfalls zurückzuziehen. Die Unthätigkeit und der Rückzug des Fürsten wird, wie montene grinische Stimmen sich vernehmen lassen, einem bei ihm keineswegs vorhandenen Uebermaßc von persönlichem Muthe zugeschrieben. Der schlechte Erfolg wird ganz auf seine Rechnung gesetzt, da er, ohne von militairischen Dingen etwas zu ver stehen, das Commando übernahm, es eifersüchtig festhält und sich nur wider spenstig gegen den Rath der Leute voin Fach erweist. Die Armee ist über die Maßen über den Fürsten erbittert und man befürchtet, daß diese Erbitterung die Montenegriner zu einem entscheidenden Schritte führen könnte. Alles war so schlecht organisirt, daß ein Bataillon von Herzegowinern nur mit alten Feuerstein gewehren bewaffnet war, während ein anderes Bataillon zwar neuere Gewehre, aber gleichfalls nur Vorderlader hatte. In dem Generalstabe befinden sich Leute, die Nichts wissen nnd Nichts zu unternehmen wagen. Bei der Südarmee stehen die Dinge besser. (Die neueren Nachrichten meldeten eine wesentliche Aenderung der Situation auf beiden montenegrinischen Kriegsschauplätzen zu Gunsten der montenegrinischen Armee. Vergl. vor. Nr.) Der „N. P. Z." schreibt man aus Wien: Seitdem die öster reichischen Donau-Monitors von Semlin, wohin sie wegen des Gesundheitszustandes der Schiffsmannschaft zurückbeordert wurden, wieder vor Belgrad erschienen sind, hat die serbische Regier ung es unternommen, die Plattform deS Castells mit einigem schweren Geschütz zu versehen. Das ist Demonstration oder Großthuerei; denn es kann den Serben schwerlich in den Sinn kommen, österreichische Privat-Dampfer vom Castell aus zu belästigen, oder gar mit den österreichischen Monitors Schüsse zu wechseln. Die Commandanten der Monitors sind hinsichtlich der Castellkanonen der Ansicht, daß sie, da sie nicht gedeckt und schlecht gebettet sind, durch ein paar wohl gezielte Granatschüsse der österreichischen Schiffsgeschütze schwersten Calibers unfehlbar würden demonttrt werden, während ihre Geschosse den Monitors »licht das Geringste anhaben würden. Allein die Be stückung des Castells erreicht jedenfalls den Zweck, der serbischen Groß machtsspielerei Nahrung zuzuführen und den Chauvinismus der Massen zu kräftigen. Die Kanonen sind übrigens ein Geschenk, das der Sultan vor alten Zettel» seinem Vasallenlande Serbien gemacht hat. 01 Wien, 31. Juli, Abends. (Tel.) Der „Politischen Corre spondenz" wird aus Belgrad gemeldet: Nachdem die Untersuchung wegen der am 5. ds. stattgehabten Beschießung deS Dampfers „Tisza" durch die Serben geschlossen worden ist, wurde der haupt sächlich compromittirte Commandant der serbischen Nationalmiliz, Peter Jokovic, Seitens des serbischen Kriegsministeriums in Gegen- wart einer Militairabtbeilung seiner Charge enthoben und ent lassen. — Dieselbe Correspondenz veröffentlicht einen ausführlichen Bericht über die Schlacht bei Vrbica. In demselben wird der Sieg der Montenegriner als eine Folge einer leichtsinnigen Operation Moukhtar Paschas dargestellt. Moukhtar Pascha habe von seinem Corps 8 Bataillone gerettet. Er soll in Bilek von den Montenegrinern eingeschlossen sein. Semlin, 30. Juli. (Telegr. der N. Fr. Pr.) Oberst Lje- schanin meldet osficiell, er habe am 26. d. M. Osman Pascha aus seinen Positionen bei Viliki-Jzvor 4 Kilometer weit zurück gedrängt. Aus Pandiralo wird gemeldet, daß dort Dienstag das Geplänkel begann, welches Mittwoch früh in eine Schlacht überging. Oberst Uzuan Mirkovich übernahm das Commando der Serben, die ein heftiges Artilleriefeuer eröffneten. Die Türken erhielten Verstärkung auS Pirot und Ak-Palanka. Beide Theile behaupteten bei Anbruch der Nacht ihre Positionen. Die Türken erlitten große Verluste; die