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20h 8 schlich an den Centralverein in Preußen für das Wohl der arbeitenden Classen eingeladen wurde. Hier heißt es unter Nr. 3: „Wo eS ge- linat, auf pünktliche Bezahlung der Hand werke rr echnungen und Beseitigung allzulanger Kredite hinzuwirken, wird gleichzeitig das Bedülsniß nach Vorschüssen vermindert werden." München, 29. Juli. Die Kaiserin von Oesterreich ist heute Abend über Simbach nach Ischl abgereist. Der Graf und die Gräfin v. Trani hatten dieselbe hierher begleitet. Oesterreich. Wien, 30. Juli. (Sprachenfrage für das Heer.) Eine schon seit 1868 zwischen dem ReichskriegSmintsterium und dem un garischen LandeSvertheidigungsministerium über die im Verkehr zwischen beiden Stellen zu gebrauchende Sprache ist erledigt und zwar, im Sinne der vollsten Reciprocität. Die Commandos und Behörden des gemeinsamen Heeres haben alle in der Dienstsprache der Honveds (also ungarisch oder croatisch) an sie gelangenden Zuschriften anzu- nehmen, beantworten sie indeß in der Dienstsprache des gemeinsamen Heeres, also deutsch. Nur eine Concession hat, „mit Rücksicht auf die obwaltenden Verhältnisse", Ungarn gemacht, insofern den Zuschriften an Truppen, welche sich nicht aus Ungarn ergänzen, neben dem un garischen (kroatischen) Originaltext jederzeit eine deutsche Uebersetzung beizusügen ist. — Man schreibt der „Boh." auS Wien: „Die allgemeine Situation leidet fortdauernd an großer Unklarheit und die hiesige Presse trägt gleichfalls nichts dazu bei, um sie nach irgend einer Richtung hin klarer zu machen. Man wird sich in den Kund gebungen der einzelnen Organe über die Absichten der leitenden Kreise kaum zu orientiren vermögen; denn wenn man in dem einen Jour nale irgend einem prtncipiellen Standpunkte zu begegnen glaubt, so wird man an der Haltung des anderen in dieser Auffassung wieder vollkommen irre. Der Grund für diese Erscheinung dürste in der Situation selbst liegen. Es ist unzweifelhaft oder sollte wenigstens unzweifelhaft sein, daß zwischen den Drei-Kaiser-Mächten bestimmte Abmachungen Betreffs bestimmter Eventualitäten bestehen. So lange diese nicht eintreten, so lange sich der Krieg auf eine Reihe von gegen seitiger Massacres u. dergl. beschränkt, die Entscheidung aber hinaus geschoben wird, so lange müssen die Mächte in contemplativer Un° thätigkeit verharren. Ihre Action kann erst nach einer Entscheidung auf dem Schlachtfelde beginnen und auch dann wird die Frage noch zu er örtern sein, welche Gestalt diese Action annehmen wird, noch mehr, welche sie annehmen kann. Die europäische Diplomatie ist Angesichts der Haltung Serbiens, das trotz aller Vorstellungen den Krieg muth- willig vom Zaune brach, in ihrer Action sehr vorsichtig geworden uttd kann ohne bestimmte moralische Garantieen des Erfolges nicht mehr eingreifen. Für das noch vor Wochenfrist so stolze Serbien »Fara cka so" klingt es heute sehr beschämend, wenn die Organe der ser bischen Actionspartei Europa beschuldigen wollen, daß es den Dingen ihren Lauf lasse, anstatt im Namen der Menschlichkeit einzugreifen. Wie 1870 kann man jetzt antworten: „O'68t la Zuorro!" Die For men wechseln, der Inhalt bleibt. Gewiß ist, daß die Baschibozuks,. die Tscherkessen wie wüthend Hausen; allein glaubt man, daß eine diplo matische Vorstellung diesem Einhalt thun könnte, ja selbst, daß die Pforte, wenn sie wollte, die Kraft hätte, dem entfesselten Fanatismus und der geweckten Raubgier ihrer Jrregulairen Halt zu gebieten? 0'68t la guorro! Europa kann die Gräuel, die jeder Krieg mit sich bringt, nicht hindern, wenn es auch seine Stimme gegen dieselben er<i hebt. Man mußte in Serbien wissen, daß Kriege nicht mit Glac^ Handschuhen geführt werden, und daß im Kriege nicht bloS hinüber-, sondern auch herüberaeschossen wird. Man mußte in Belgrad gleich falls wissen, daß die Pforte ebenso an ihre letzten Reserven appelliren iverde, wie die Serben dies gethan. Darum ist all' das Geschrei über die Passivität Europas nichts als das Bekenntniß der eigenen Schwäche und Unfähigkeit, die man mit leidenschaftlichen Vorwürfen gegen die Großmächte maskiren möchte. Ich glaube darum nicht, daßl diese südslavischen Schmerzensschreie irgendwo ein lebhafteres Echo' werfen werden, geschweige denn jetzt schon zu einer Intervention ! führen können, die keinen anderen Zweck haben könnte, als den muth-1 willigsten Friedensbruch und die unberechtigteste Läudergier noch zu prämiiren." — Das „Fremdenblatt" sagt in einer Auslassung gegen die „"Times": „Die „Times" bringen einen sehr gereizten Artikel gegen die drei Kaisermäckts, deren Allianz und die Prätenfivn, mittels dieser Allianz dem Welttheil Gesetze vorschreiben zu wollen. WodasEity- blatt Symptoure für eine derartige Prätension entdeckt hat, ist uns Unerfindlich, wir glauben, daß gerade das eben veröffentlichte Mau- buch den beredtesten Beweis dafür liefert, wie wenig derartige Inten tionen den drei Kaisermächten zuzuschreiben sind und wie unverrückbar dieselben in ihrer Politik stets daS eine Ziel: die Anbahnung einer Gesammtaction aller großen Mächte des WelttheilS, im Auge ge habt haben." -- Der „A. A. Z." wird von hier telegraphirt: „England und Rußland machten bei dem hiesigen milttair-gevgraphtschrn Institut bedeutende Bestellungen für Karten der nördlichen Türkei." Pesth, 29. Juli. (K. Z.) Die ungarische Regierung hat strenge Maßregeln getroffen gegen die Anwerbung für eine ungarische Legion. Der türkische Konsul in Temesvar, der Werbungen be treibt, ist von dieser Anordnung unterrichtet. Ungarische Freiwillige sollen als Cavalerietrupp unter ungarischem Kommando und unter der obersten Leitung Klapka's stehen. Italien. Rom, 28. Juli. Der Minister der öffentlichen Arbeiten und der Marine-Minister haben dieser Tage den Gardasee besichtigt, dessen Wasserspiegel bekanntlich zum Nachtheil der umliegenden Ge meinden im Steigen begriffen ist. Ihre Hauptaufmerksamkeit richteten die Minister und die sie begleitenden Ingenieure auf die Schleuste, durch welche das Wasser aus dem Gardasee als Mincio abfließt und welche erweitert werden muß, damit das Wasser im See mehr Ab fluß erhält. — Nach den „Italienischen Nachrichten" liegt der Cardinal Antonelli schwer erkrankt darnieder, und auch der Papst soll sich nicht ganz wohl befinden. Belgien. Die vor einiger Zeit gebrachte Notiz, daß im September in Brüssel ein Cong reß stattfinden soll, der sich mit der Frage, wie die Völker Afrika's am Besten und Leichtesten der Civili satio n gewonnen werden können, beschäftigen soll, wird der „Nat.-Ztg." von gut unterrichteter Seite dahin berichtigt, daß diese Frage nur ein« der zahlreichen ist, die König Leopold von Belgien mit berühmten Afrikareisenden aller Nationen zu besprechen beabsichtigt. Die Idee, die Erforschung des äquatorialen Afrika's nach einem -gewissen wissen- schaftlichcn System zu betreiben und sie zum Range einer inter nationalen Angelegenheit zu erheben, entstammt der wissenschaftlichen und menschenfreundlichen Gesinnung des Königs der Belgier, der in privater — nicht amtlicher — Weise die Afrikareisenden Belgiens, Deutschlands, Frankreichs, Englands, Italiens und Nordamerika'« zu sich eingeiaden hat, nm maßgebende Grundsätze für die künftigen Reisen aufzustellen und die entsprechenden Schritte bei den Regier ungen zu thun. Frankreich. Paris, 29. Juli. (K. Z.) Die Königin Isabella hat an den Marschall Mac Mahon ein Danksagungsschretben für die ihr während ihres Exils erwiesene Gastlichkeit gerichtet; dieses Schreiben wird im „Journal officiel" veröffentlicht werden. — Gestern fand in Belleville eine Versammlung zur Ernennung eines Ausschusses statt, der Auftrag hat, Gambetta aufzufordern, daß er vor seinen Wählern erscheinen möge. — Wie aus Saint-Jean-de-Luz gemeldet wird, ist die Königin Isabella daselbst eingetroffen und hat sich zu Schiffe nach Santander begeben. — Das „Echo" theitt neue Einzelheiten über den Feldzugs- plan der Herren Broglie, Buffet und Genossen mit. Danach wäre eS nicht ihre Absicht, sich selbst sofort ans Ruder zu bringen, sondern vor der Hand nur den Sturz Dufaure's herbeizuführen, wobei sie auf die Unterstützung der Radicalen rechnen, und an dessen Stelle ein Ministerium Jules Simon zu setzen, das später ebenfalls gelegentlich zu beseitigen wäre, um ihnen selbst Platz zn machen. Die Deputirtenkammer würde dann mit Hilfe deS Senats aufzulösen und das ermüdete Land zu Neuwahlen im Sinne der „moralischen Ord nung" gebracht werden. — sDie Raspails und die Armee.) Des alten Raspail Sohn Benjamin hat sich und seine „unversöhnlichen" Parteigenossen vor der Armee in eine sehr schlimme Lage gebracht. In einer der