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651 Beilage zu No. 55 der Bautzener Nachrichten. Dienstags den 7. März 1876. Gerichtsverhandlung. D Zittau, 3. März. Bekanntlich war die am 20. vor. Mts. -egen den vormaligen Rendant dss^ königl. Gerichtsamts Ebersbach, Earl Friedrich Herrmann Baßler, angestandene Hauptverhandlung vertagt worden, weil derselbe die in der Voruntersuchung abgelegten Geständnisse, daß er in den Jahren 1868 bis mit 1872 mindestens zu 20 Malen Beträge von nicht unter 50 und nicht über 600 aus den ihm anvertraut gewesenen Lassen entnommen und in seinem Nutzen verwendet, jedoch stets und immer wieder rechtzeitig, so daß er eine Fälschung der Bücher nicht vorzunehmen gehabt, ersetzt, und daß er in den Jahren 1871 und 1872 1 Staatspapier zu 500Thlr. und 2 dergleichen zu je 100 Thlr. aus der Depofitalcasse entnommen, solche verpfändet, jedoch später durch Aufnahme von Darlehnen rc. wieder eingelöst und zum Depositum gebracht, mit dem Bemerken widerrufen hatte, daß er der Wahrheit zuwider diese Geständnisse ab gelegt habe. Nachdem nun Betreffs dieser beiden Anschuldigungen die Untersuchung durch Erkenntniß der Anklagekammer, weil ein für die Wahrheit der erwähnten Geständnisse sprechender Umstand nicht zu ermitteln gewesen, namentlich aber der Befund der abgehaltenen Cassenrevisionen einen größeren Fehlbetrag, als den nachaufgeführten von Baßler eingeständlich unterschlagenen, nicht ergeben hat, wieder eingestellt worden ist, erschien derselbe in der heute anderweit unter dem Vorsitze des Herrn Bezirksgerichtsdirector Hübler, ohne Mit wirkung von Schöffen abgehaltenen Hauptverhandlung auf der Anklage bank, um nunmehr wegen vier mit Buchsälschungen verbundener Beamtenunterschlagungen anderweit zur Verantwortung gezogen zu werden. Baßler räumte heute ein, aus dem Depositum eines bevor mundeten Taubstummen im Jahre 1873 drei kgl. sächs. Staatspaplere im Werthbetrage von je 500 Thlr. und 1 dergleichen im Werthbetrage von 100 Thlr., ferner im Jahre 1874 an zwei verschiedenen Tagen je 1 dergleichen im Werthbetrage von je 100 Thlr., endlich im Januar 1875 1 dergleichen im Werthbetrage von 500 Thlr. in der Absicht rechtswidriger Zueignung entnommen, versilbert, dis erlösten Beträge in seinem Nutzen verwendet, und zur Verdeckung dieser Unter schlagungen falsche Registraturen über angeblich vereinnahmte Zinsen ausgenommen, ferner die von ihm zu führen gewesenen Bücher und Register unrichtig geführt, unrichtige Abschlüße und Auszüge aus jenen Registern resp. Büchern gefertigt, vorgelegt und zur Absendung gebracht zu haben. Baßler sucht heute glauben zu machen, daß er sich an den zuerst gedachten 1600 Thlr. vergriffen Habs, weis er Deckung schaffen müsse für den Betrag von 1500 Thlr. in Cassenbillets, welcher ihm im Jahre 1873, während er sich kurze Zeit von seinem Arbeits plätze im Cassenzimmer des kgl. Gerichtsamtes Ebersbach entfernt ge habt, unbekannt von wem, gestohlen worden sei. In welch zweifel haftem Lichte diese Angabe aber erscheinen mußte, geht daraus hervor, daß er Betreffs dieses Verlustes irgend welche Anzeige nicht gemacht hat,; nur einem College« in Ebersbach, der aber, wie Baßler auf Befragen erklärt, inzwischen das Zeitliche gesegnet hat, will er ver trauliche Mittheilung von dem spurlosen Verschwinden det 1500 Thlr. gemacht haben. Betreffs der weiteren Unterschlagungen in den Jahren 1874 und 1875 räumte Baßler deren Verübung ein, um „drängende Schuldner" zu befriedigen. Der Gerichtshof verurtheilte Baßlern, unter Ausschluß mildernder Umstände, zu Zuchthausstrafe in der Dauer von 5 Jahren, sowie zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf gleiche Dauer. Die Vertheidigung führte Herr Adv. Oppermann hier. Vermachtes. — Dresden. Wie die „Dr. N/ erfahren, wird sich in den nächsten Tagen hier ein Comitö constituiren, um einen in den letzten Tagen ange- regten Plan, dem Jugendschriftsteller Gustav Nieritz ein Denkmal zu errichten, ins Werk zu sitzen. — sUnglücksfälle.s Als am 2. d«. ein in dem Kaiser Wilhelm- Schacht in KleinoPitz angefahrener Bergarbeiter in größerer Teufe beschäftigt war, riß das zum Herabfördern von Holz benutzte Seil und die mit hinab- stürzende Masse des Materials tödtete den Mann, während seinem Kameraden der Fuß zerschmettert wurde. — Am I. März gerieth ein 4jähriges Mädchen an die Triebstange eines bei UNtersachsenfeld in den Mühlgraben ge hängten Wasserrades, dadurch wurde des Kindes Schürzchen um Erstete ge wickelt und dasselbe so heftig und dicht an die Stange gedrängt, daß dessen Tod durch Erstickung erfolgte. — Der Bergarbeiter Franz aus Friedrichsgrün, Vater von 3 Kindern, ist am 2. d. in dem Morgcnsternschachte l. zu Reinsdorf durch hercinbrechende Kohlen so schwer verletzt worden, daß er bald darauf, als sein Transport in das Stadtkrankenstift erfolgen sollte, starb. — Berlin, 4. März. Die unter C. Stangen- Leitung am 25. v M. von Triest nach dem Orient abgegangene Reisegesellschaft ist hier «in- getroffenen Nachrichten zufolge nach guter Ueberfahrt am 2. d. wohlbehalten in Alexandrien angekommen. — Der „N. F. P" zufolge wird eine internationale Nordpol expedition, hauptsächlich für wissenschaftliche Zwecke, beabsichtigt. — Ein fünffacher Mord wird au- dem PoltawascheN Kreise be richtet, den ein gewisser Schuftwan an einer Soldatenwitwe mit drei Töchtern von 16, 17 und 5 Jahren und ihrem I I jährigen Sohne wegen der geringen Summe von >37 Rubel verübt«. — Düsseldorf, 2. März. Der interessante Fang eine- Haupts buch es der hiesigen falliten Gewerbebank macht außerordentlich Wiel in unserer Stadt von sich reden. Ein Fischer hatte nämlich anstatt eine» Fische« daS Hauptbuch au« d«r Tiefe gezogen. Der Buchhalter der Ge- werbebank, der verhaftet ist, ist bereits geständig, das Buch in den Rhein geworfen und an dessen Stelle ein neues angefertigt zu haben. Ob noch Andere bei dieser Fälschung betheiligt find, wird die Untersuchung klar zu stellen haben. — sErdbeben.s Am 2. d. fand abermals im Süden Dalmatien« und in der Herzegowina, zu Mostar, Metkovich, Sig«, Ragusa und anderen Orten, «in Erdbeben statt. Das ErschütterungSzebiet war dasselbe, wie am 25. v. M., die Dauer der Stöße circa 2 Sekunden, die Witterung ruhig und warm; e« herrschte Regenwetter. — Au« Rom wird berichtet: ES unterliegt keinem Zweifel, daß noch weitere falsche Wechsel auf de« König» Namen im Betrage von 300,VV0 Lire im NuSlande umlaufen. Ein solcher falscher Wechsel mit der nachgemachten Unterschrift van Victor Emanuel wurde bereit« bei dem Bank haus« Magnay in Florenz im Betrage von 50,000 Lire gerichtlich mit Beschlag belegt. — Aus Athen wird berichtet, daß die dortigen Banken die AuS- trocknung de« KopaiSsee's übernommen haben. DaS erforderliche Capital beläuft sich auf 5 Millionen Frc«. — Au« der Capstadt wird gemeldet, daß durch eine zu Little popo ausgebrvchene Feuersbrunst die Hälfte der Stadt zerstört wurde. Fast in allen Häusern befand sich Puloer, das durch Explosion den Brand nährte. Dir Explosion von 2000 Fäßchen in einem Hause soll einen Stoß wie «in Erdbeben hervorgebracht haben. Von den Eingeborenen machten sich vielt an« Plündern und etwa 50 wurden dabet in die Luft gesprengt. — Au« Bagdad wird gemeldet: „In Hilla, dem Orte, wo da« alte Babylon war, sind drei Pest fälle angezeigt, untersucht und bestätigt worden. In Folge dessen find strenge Quarantainc-Abschließungen ang«ordnet." — Ein bemerken«werther Fund wurde vor Kurzem an einer Stell« nördlich von dem Obelisken am Eingänge de« großen Tempel« zu Karnak gemacht. Einige Arabrr, welche damit beschäftigt waren, Asche unter den Ruinen herauszuschassen, stießen auf eine Kiste von Sandstein. In derselben befand sich die stattliche Figur «ine« weiblichen „HippopotamuS", au- grünem Basalt gehauen, aufrecht stehend, und zu beiden Seiten ein Symbol tragend. Da- Monument, einschließlich der Platte, worauf «» steht; ist etwa 3 Fuß hoch und mit bewund«rung-würdigem Ebenmaß auS- gehauen und ring-um geglättet. Ein« lange hieroglyphisch« Inschrift läuft den Rücken herunter, und ein« ander« ist an der Bast« der Figur ange bracht. Die Bildsäule ist ein Werk im vollendeten Kunststyl; die Inschrif ten enthalten die Nam«n von Psametich I., seiner Gemahlin und'«Tochter, und außerdem eine« bisher unbekannten König«. ' — 6 Die Stvaßen London« haben eine«Gesammtlänge von 2500 englischen Meilen und bedürfen ca.'5000'Meilen EaSröhren, sowie 54,000 öffentlicher Laternen, welche'jährlich'«twk 1000,000,000 Kubik fuß Gä« oder ca. 3 Millionen per Tag consumiren. Der Ga-consum der ganzen Metropole aber beläüft sich auf ca. 14,000.000,000 Kubikfuß'pm- »naürn oder 38 Millionen Kubikfüß per Tag: Zük Herstellung dieftr Ga«- mässe ist der Coak« von 1,500,Ovss Tddnsn Rewcdstler Kohlen «rforderAch^