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647 Eisenbahnfrage, deren sachgemäße parlamentarische Behandlung im zur Erschütterung der Stellung des CultusministerS beizutragen, jetzt preußischen Abgeordnetenhause bekanntlich demnächst an die Reihe entschlossen, in oorporv gegen die S y nodalordnung zu stimmen, gelangen soll, scheint vorerst ihren Weg als Kraftmesser der Parti- Das Centrum zählt mit den Polen zusammen 106 Mitglieder und eS cularistischen Strömungen durch die Kammern der andern deut- würde sich, die Fortschrittspartei und einige conservative Bruchtheile . schen Staaten machen zu sollen. Dieselbe hat auch auf der Tages, eingerechnet, sonach eine Coalition von mindestens 180 bis 190 Geg- oidnrng der sächsischen Zweiten Kammer gestanden, und wir zollen nern der Vorlage zusammenfinden. Diesen Gegnern sind allerdings der Bedeutung, welche diese Discussionen, und sei es auch nur in die Nationalliberalen in Verbindung mit den Freiconservativen und symptomatischer Hinsicht, haben, gerne damit unsere Anerkennung, einigen Neuconfervativen noch immer um etwa 40 Stimmen über- daß wir dem Bericht eine hervorragende Stelle einräumen." — Die legen; allein es ist für das Zustandekommen des Gesetzes erforderlich, „Nat.-Ztg." äußert sich dagegen folgendermaßen: „Die bayerische daß die Nationalliberalen durchaus geschlossen dafür stimmen. Das Zweite Kammer wie jetzt die sächsische haben sich gegen den Gedanken letztere wird aber nur dann der Fall sein, wenn die Regierung in einer Centralisation des Eisenbahnwesens in Händen des Reiches ge- den beiden wichtigeren Abänderungen des Staatsgesetzes, betr. die wandt und zwar die sächsische in einer Abstimmung, bei der es nahezu kirchliche Gesetzgebungs- und die Besteuerungsfrage, den von den keine Minorität gab. Es giebt Vorschläge, die eine solche Niederlage nationalliberalen Abgeordneten gestellten Forderungen weit entgegen- nicht ertragen könnten, es giebt andere, die nur im Kampf mit den kommt. Man ist in Abgeordnetenkreisen überwiegend der Ansicht, daß widerstrebenden Elementen in ihrer ganzen Bedeutung erkannt werden die Negierung die erforderlichen Zugeständnisse machen und daß sich und in das Volksbewußtsein dringen. Zu diesen gehört die Neu- sonach eine knappe Majorität für das Gesetz finden wird." ordnung des deutschen Eisenbahnwesens. Es ist unbestreitbar, daß Breslau, 3. März. In der Redaction des „Schlesischen eine scharfe und bestimmte Strömung in Bayern und Sachsen ganz Kirchenblattes" fand wegen Veröffentlichung des diesjährigen unabhängig von den Regierungen gegen das Reichseisenbahnproject Fastenhirtenb riefes des Fürstbischofs vr. Heinrich Förster am geht — wir verzweifeln jedoch keineswegs daran, daß bei wiederholter vorigen Montag Seitens der Polizei im Auftrage der Staatsanwalt- Betrachtung und eingehenderer Würdigung und nach tieferem Ein- schäft eine Recherche nach dem Mandatar der Publikation statt. dringen der Frage in das Bewußtsein der Nation eine veränderte Cassel, 2. März. (L. Z.) Die ehemaligen kurfürstlich Stimmung im Lande sich geltend machen wird. Eine Politik, welche hessischen Hofbediensteten, welche, soweit sie nicht von der ohne Weiteres mit Majoritätsbeschlüssen über den Widerspruch in einer preußischen Regierung übernommen wurden, mit ihren rescriptmäßigen so großen Frage zur Tagesordnung übergehen wollte, wäre gewiß Gehaltsansprüchen auf die Erben des verstorbenen Kurfürsten angewiesen nicht die geeignete und nichts in der Vorgeschichte der Reichspolitik waren, sind gestern bei Empfang ihrer Pension durch die Mitthei ung kann zur Unterstellung veranlassen, daß das System der Verständig- des Cassenbeamten unangenehm überrascht worden, daß der Prinz ung, welches im Ganzen und Großen sich so trefflich bewährt hat, Moritz von Hanau bei den Testamentsexecutoren für seinen Theil hier fallen gelassen werden soll. Die Geschichte aller Reformen, nicht gegen jede Pensionszahlung protestirt habe. Die Leute müssen sich nur in Deutschland, ist die Geschichte überwundener Schwierigkeiten." infolge dessen von jetzt ab eine Kürzung ihres Einkommens um der — Wie die „Voss. Ztg." mittheilt, werden die hier bevorstehen- bisherigen Bezüge gefallen lassen. den sogenannten Gründerprocesse mit demjenigen gegen Quistorp München, 2. März. In den letzten Nummern des „Deutschen und Genossen „wegen Verschleierung des Vermögensstandes der Ge- Merkur", des Central-Organs des Altkatholicismus, veröffentlicht sellschaft durch unrichtige Aufstellung der Bilanz eröffnet werden." Stifts-Propst v. Döllinger die ersten Abschnitte einer Ab- Die Vertretung des öffentlichen Anklägers übernimmt Staatsanwalt Handlung über „die vaticanischen Decrete", welche diesen und Tessendorfselbst, alsVertheidigerwirdderNechtsanwaltMunckelfungiren. den Bestrebungen der Jesuiten mit geharnischter Polemik entgegentritt. — 6 sAus dem Landtag e.j Die heutige Sitzung des Der „D. Merkur" kündigt die Fortsetzung der Abhandlung Abgeordnetenhauses verlief in unerwartet schneller Weise. Nur der erste Gegenstand der Tagesordnung, das Competenzgesetz, Oesterreich. gab zu einer Diskussion Veranlassung. Es haben sich im Ganzen Wien, 4. März. Der Vertagung des Abgeordnetenhauses unseres 7 Redner gemeldet, 3 gegen und 4 für die Vorlage. Ein principteller Reichsrathes ist eine Rede des Ministers vr. Unger voraufgegangen, Widerspruch gegen das Gesetz im Ganzen machte sich von keiner Seite welche Helle Streiflichter auf die Situation wirst. Nach derselben denkt geltend. Selbst die Gegner der neuen Selbstverwaltungsgesetze über- das Ministerium nicht daran, auf die Unterstützung der staatsrecht- haupt brachten nur Aussetzungen gegen einzelne Bestimmungen vor. lichen Opposition zu speculiren, sondern es sieht sich nach wie vor in In derselben Weise verfuhren indeß auch die Redner, welche sich für allen großen Fragen eins und einzig mit der Partei, aus welcher es die Vorlage gemeldet. Der Abg. Lasker bekundete von vornhinein, hervorgegangen. Das Ministerium hegt „weder Selbstmords- noch daß er verschiedene Aussetzungen zu machen habe. Einerseits wäre Desertions-Gedanken, sondern will leben, so lange das Vertrauen der der Instanzenweg ein zu langer und complicirter, dann aber habe Krone und der Partei ihm bleibt. Es will die Verhandlungen mit ' man die alte vielgetadelte Bestimmung wieder ausgenommen, daß in Ungarn zu Ende führen, mit Wahrung sowohl der politischen Inter- allen Instanzen das Einspruchsrecht gegen Gemeindebefchlüsse, da, wo essen des Neichsganzen, als der wirthschaftlichen und finanziellen Jn- das öffentliche Interesse dringend gefährdet sei, geltend gemacht werden teressen der diesseitigen Reichshälfte. Das Ministerium ist sich bewußt, könne. Auch kann er sich noch nicht denken, wie die verschiedenen redlich und mit Erfolg zur Consolidirung des Staates gewirkt zu haben, zu schaffenden Behörden und die Regierungspräsidenten neben ein- und wird im gegebenen Augenblick mit gutem Gewissen und reinen ander bestehen sollen. Diesen Ausführungen schloß sich der Abg. Händen Anderen den Plan räumen." — Die Mehrzahl der Mitglieder vr. Hänel an und der Entwurf wurde einer Commission von 2l des Abgeordnetenhauses hat bereits die Heimreise angetreten. Warum Mitgliedern überwiesen. — Die zwei nächsten Gegenstände der Tages- die Session jetzt schon vertagt wurde, obgleich noch zahlreiche wichtige ordnung: Gesetzentwurf, betr. Ablösung von Reallasten in Wiesbaden, Angelegenheiten, wie z. B. die Steuerresormvorlagen, der Strafgesetz, und das Gesetz, betr. Grundstückstheilungen und Ansiedelungen, wurden, entwurf, die Gebührengesetz-Novelle, eine Reihe von Eisenbahnvorlagen ersteres der verstärkten Agrarcommission, letzteres einer besonderen u. a. m, unerledigt geblieben sind, erklären wohl einerseits die bevor- Commission von 14 Mitgliedern, überwiesen. Damit war die Tages- stehenden Verhandlungen mit Ungarn, welche die ganze Aufmerksam- ordnung erledigt. Das Haus vertagte sich auf Dienstag, um in dis keit der Regierung beanspruchen werden, andererseits aber auch der am Berathung des Gesetzes, betr. das katholische Diöcesanvermö- 7. d. erfolgende Zusammentritt der Landtage, denen eine große Zahl gen, einzutreten. von Reichsrathsmitgliedern angehört. — Die Budgetcommission des Abgeordnetenhauses hat den An- — An der österreichisch-türkischen Grenze sind neuerdings Grenz- trag Dohrn, die Regierung zur Aufstellung von Nebel-Signal- Verletzungen vorgekommen, welche nun auch der Geduld deröster- Apparaten an der ganzen Küste aufzufordern, angenommen und reichischen Regierung ein Ende gemacht haben. Wie der „D. Ztg." beschlossen, eine Petition über den Elbe-Spree-Can al der Regier- aus Kostajnitza telegraphirt wird, schossen bei Divüfcha türkische Sol- ung als Material für die Behandlung der gesammten Canalfrage zu baten auf österreichisches Militair; das Feuer wurde erwiedert und überweisen. ein Türke erschossen. Am 1. d. verhöhnten die Türken die diesseitigen — Man schreibt der „Elbers. Ztg." von hier: „Wie aus Ab- Truppen in derselben Gegend; darauf traf der Befehl ein, keinerlei geordnetenkreisen verlautet, hat sich das Cent rum, in der Absicht, IProvocirungen zu dulden, sondern sofort zu feuern.