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645 erwarteten ungarischen Minister daselbst nur 2 bis 3 Tage ver weilen. Dieselben werden aber in der zweiten Hälfte deS Monats Be hufs Fortsetzung der Verhandlungen abermals in Wien eintreffen. Wie die „Politische Correspondenz" ferner von competenter Seite er fährt, gewährte die Pforte auf den freundschaftlichen Rath der Mächte den Insurgenten vollständige Amnestie und den Emigranten straf freie Rückkehr. Ebenso hat die Pforte den Insurgenten unentgeltliche Lieferung des zum Aufbau der Häuser nothwendigen Materials, das zur Feldbestellung erforderliche Saatkorn und den Nachlaß des Zehnten für 1 Jahr, sowie den der übrigen Steuern für 2 Jahre zugestchert. Die türkische Regierung hat die Vertreter der Mächte und die Special- commissarien für die Herzegowina und Bosnien von dieser Entschließ ung in Kenntniß gesetzt. — Auf österreichisch-ungarischem Gebiete werden alle Vorkehrungen getroffen, um die Rückkehr der Flüchtlinge zu be schleunigen. Nach einer Meldung des „Telegraphen-Correspondenz-Bureau's" aus Mostar vom gestrigen Tage hat am l.d. bei dem Dorfe Kolin unweit Hutovo ein kleines Gefecht stattgefunden. Eine von dem katholischen Geistlichen Musste geführte Jnsurgentenschaar machte au ein von Christen bewohntes Dorf einen Angriff, zog sich aber nach kurzem Kampfe ins Gebirge zurück, als einige türkische Compagnieen herbeigeeilt waren. Anderweitige Meldungen von größeren Gefechten in den letzten Tagen und von Aufnahme der Feindseligkeiten auf der ganzen Linie sind unbegründet. 01 Wiel», 5. März, Morgens. Die von einem hiesigen Blatte gebrachte Nachricht, wonach der ungarischen Regierung die Meldung zugegangen wäre, daß in Kragujewatzdie Republik proclamirt worden sei, bezieht sich offenbar auf die am 29. Februar in Kragujewatz anläßlich der Gemeindewahlen stattgehabten Unruhen. Die Ruhe wurde noch an demselben Tage wieder hergestellt und haben seitdem keine lasse, daß alle auS irgend welchen Gründen den anderen Staaten ge währten Zollbegünstigungen auch Oesterreich-Ungarn zukommen müßten und daß Oesterreich-Ungarn eine eventuelle entgegengesetzte Auffassung Rumäniens als Vertragsbruch ansehen würde. Die Regierung werd in solchem Falle die Rechte und die Ehre Oesterreichs zu wahren wissen. Darauf wurde das Gesetz, betr. die Emission der Goldrente, berathen und nach längerer Debatte angenommen. — Auf die gegen das Gesetz gerichteten Ausführungen des Grafen Leo Thun, welche eine scharfe Rüge des Präsidenten zur Folge hatten, erwiederte der Finanzminister de Pretis, es sei unrichtig, daß die Steuerkraft Oesterreichs erschöpft sei, wohl aber entziehe sich ein bedeutender Theil der Steuerzahler der Steuerpflicht, ein Uebelstand, der nach Annahme der Steuergesetze Hassent- lich beseitigt werden würde. Das Herrenhaus nahm sodann die Gesetz entwürfe, betr. die Erhöhung der Staatsgarantie für die Kaschau- Oderberger Bahn, betr. die Cotirungdsteuer für die Wiener Börse und betr. den Ankauf der Dniesterbahn, an. — Hierauf vertagte der Ministerpräsident im Auftrage des Kaisers den Neichsrath. Wie de „Politische Correspondenz" meldet, werden die in Wien 61 Madrid, ,4. März. Seitens der Regierung ist allen Larlisten, welche sich vor dem 15. d. M. unterwerfen, Straflosigkeit zuge sichert worden. — König Alfons hat sich nach Estella begeben. — Die Deputirtenkammer hat den von Sardoal eingebrachten An trag, die Vereidigung der Deputirten abzuschaffen, abgelehnt. 61 Bukarest, 5. März/ Der Vicepräsident des Senats, Orescu, jat seine Demission eingereicht, weil die Regierung in dem Systeme ortfahre, welchem der Senat ein Tadelsvotum ertheilte. Der Senat >at indessen die Demission Orescu's zurückgewiesen, was ein TadelS- votum gegen das Ministerium implicirt. — Der Finanzausschuß >er Kammer hat die von der Regierung eingebrachte Vorlage wegen üufnahme einer Anleihe von 30 Millionen Behufs Deckung des Deficits und von 50 Millionen zu Eisenbahnbauzwecken ab gelehnt. 61 Konstantinopel, 4. März. Der zum Präsidenten der gemischten Commission für Bosnien ernannte Albanese Vassa Effendi wird sich heute auf seinen Posten begeben. — Der Sultan hat der Bevölkerung Bosniens und der Herzegowina Steuerfreiheit auf zwei Jahre bewilligt. — Der Großvezier wird heute die Delegirten des nglischen ComitiS der Inhaber von türkischen Schuldtiteln, Sir Philip Rose und Stainforth, empfangen. 61 London, 4. März. Don Carlos ist heute Abend von Folkestone hier eingetroffen. London, 5. März. (K. Z.) Die von der Admiralität ernannte Commission, welche eine Prüfung der Schiffe transat lantischer Packetgesellschaften Behufs Feststellung der Dienst tauglichkeit derselben im Kriegsfall als Transportschiffe, Kohlenschiffe und Schnellkreuzer vorzunehmen beauftragt war, hat ihren Bericht eingeliefert. Derselbe ist sehr befriedigend ausgefallen. Er weist eine große Anzahl von Schiffen nach, die sich zu besagtem Zweck trefflich verwenden lassen. — Auf Anordnung des Bischofs findet heute in der katholischen Diöcese Hexham-Newcastle eine allgemeine Kirchen- collecte Behufs Unterstützung des „verfolgten" deutschen Clerus statt. — Die vereinigten Handelskammern haben an die Regierung eine Denkschrift bezüglich des Handelsschifffahrtsgesetzes ge richtet, worin 'sie den Lehrlingszwang, die Vermehrung der Lehr schiffe und die Ueberweisung derselben unter die Leitung der Regier ung befürworten. — Der „Economist" berechnet das Mehrbedürf- niß der Staats casse für das nächste Finanzjahr gegen die dies- ährige Einnahme auf 2,183,000 L. und hält daher ein Deficit für nöglich, einen Ueberschuß für undenkbar. 61 Pesth, 4. März. In der gestrigen Sitzung des Unter hauses erklärte sich der Deputirte Ernst Simonyi durch die Ant wort, die der Ministerpräsident Tisza auf die Interpellation in der Zollsrage ertheilt habe, nicht befriedigt und wies darauf hin, daß bei einer 10procentigen Verzollung des gesammten sich auf 400 Mil lionen belaufenden Importes das ganze Deficit gedeckt werden könne. Ministerpräsident Tisza wies nach, daß diese Berechnung unhaltbar sei, und bemerkte ferner, daß er Namens der ungarischen Regierung sich genau so geäußert habe, wie dieß vorgestern Seitens des Mi- Nisters Unger im Namen der österreichischen Negierung geschehen sei. Das Haus nahm die Erklärung des Ministerpräsidenten zur Kenntniß. 61 Pesth, 4. März, Abends. In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde eine Interpellation, betreffend die Note des Grafen Andrassy, eingebracht. Varis, 4.März. (K.Z.) Ein Rundschreiben des Cultus- Mi nisters bringt den Bischöfen bei Gelegenheit der Hirtenbriefe zur Fastenzeit von 1876 in Erinnerung, daß sie nicht das Recht haben, über Politik zu sprechen, und fordert sie auf, ihre Prediger anzuweisen, daß sie sich in ihren Predigten jeder politischen Anspielung zu enthalten haben. — Wie verlautet, wird daS neue Cab inet am Dienstag im amtlichen Blatte angekündigt werden. 61 -Paris, 4. März. Eine Versammlung von Deputirten, die sich zu dem linken Centrum der künftigen Zweiten Kammer zählen, hat sich für eine vollständige Umgestaltung des Ministeriums, i sowohl in Bezug auf das Personal, wie in Bezug auf die Verwaltung, für die Rückkehr zu dem Mairegesetz vom Jahre 1871, für Abänder ung des Gesetzes über den höheren Unterricht und für die Einsetzung einer neuen Gnadencommisfion ausgesprochen. Don Carlos hat sich heute Nachmittag in Boulogne nach Folkestone eingeschifst. Der „Agence Havas" geht aus Cairo von zuständiger Seite folgende Mittheilung zu: Der vom Generalzahlmeister Cave über die egyptifchen Finanzen erstattete Bericht zerfällt in drei Theile. In dem ersten wird die seitherige Finanzverwaltung einer eingehenden Unter suchung unterzogen und den Ursachen nachgeforscht, die die gegenwärtige finanzielle Lage herbeigesührt haben. Im zweiten Theile wird die Combination eurer Con- solrdirung der gesammten egyptifchen Schuld mittelst Substituirung des englischen Staatscredits an Stelle des egyptifchen in Erwägung gezogen. In diesem Falle würde nach Ansicht Cave's die aus der Garantie Englands sich ergebende Herab setzung des Zinsfußes für die egyptische Schuld sogar ohne alle Beschwerden den vollständigen Rückkauf des Suezcanals ermöglichen. Cave hält indeß diese Com bination dem sicher zu erwartenden Widerspruch anderer Mächte gegenüber für unausführbar und unmöglich und komint deshalb im dritten Theile zu dem Vor schläge, die gesammte egyptische Schuld in eine 7procentige umzuwandeln, wobei ich nach seiner Berechnung ein Ueberschuß von mehr als 2 Millionen Pfd- Heraus tellen würde. Die „Agence Havas" fügt dem Vorstehenden hinzu: Die Be hauptung, Cave habe die Convertirung der egyptifchen Schuld in eine 7procentige zum Zweck der Herstellung des Gleichgewichts im egyptifchen Budget für noth wendig erklärt, ist demnach nicht zutreffend; im Gegentheil ist ersichtlich, daß, wenn man diejenigen Ziffern der Äctiven und Passiven des egyptifchen Budgets, welche Cave ermittelte und aufgestellt hat, als Basis annimmt, die Hilfsquellen Egyptens vollständig ausreichen, die schwebende Schuld zu consolidiren, ohne daß den Obligationsinhabern dadurch irgendwelches Opfer auferlegt wird. Uebrigens befinden sich alle auf die egyptische Schuld bezüglichen Combinationen zur Zeit noch in der Schwebe; es ergeben dieselben aber, selbst wenn dabei auf einen 7 Procent erheblich übersteigenden Zinsfuß gerechnet ist, immer noch einen Ueber- chuß und gewähren die Möglichkeit, die ganze gegenwärtige Schuld in kurzer Zeit zu amortisiren.