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Adorfer s Grenzdote 1V 96. 2nhrg den 12. Januar 1929 Der Adorfer Erenzbote gelangt jeden Wochent. nachm. zur Ausgabe, für den nächsten Tag vorda tiert.—Anzeigen nach Tarif.—Postscheck-Konto 37369 Leipzig. — Fernruf Nr. 14. Eegr.1835 Mi-Murg, Aubetha Mühlhausen Mbersreuth, Remtengrün, Schönberg, Siebknbrunn, Eohl, Wehlbach u. bas übr. obere Lgtl. Sonntags eine illustrierte Anterhaltungsbeilast Druck und Verlag: Otto Meyer, Adorf (Vogtl.),Bergstraße 14. — Verantwortlicher Schriftleiter: Otto Meyer, Adorf (Vogtl.) Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt, Mannschaft Oelsnitz i. Vogtl., des Amtsgerichts, t Im Falle höherer Eewall (Krieg oder sonstige : der Amtsanwallschast und des Stadtrates zu Adorf im Vogtland ; Störung des Betriebes) hat der Bezieher keinen : j Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der r . „ ADch ' Zeitung oder auf Rückgabe des Bezugspreises. ; UZWMMsHab Elster, Bab Brambach, Arnsgrün, Breitenfeld, Bergen, Freiberg, L^uMeMltWM KUSn^ Was gibt es Aeues? — Die Reparationskommission hat am Donnerstag nachmittag die Ernennung der Sachverständigen vollzogen: -te amerikanischen Sachverständigen werden voraussichtlich in den nächsten Tagen durch die sechs Mächte ernannt werden. Reichsiustizministerium ist ein Gesetzentwurf in Vorbereitung, der die Mobilisierung der Aufwertungsgolder zum Stichtag 1932 hinausschieben und lediglich Zmser- hühungen sestlegen will. — Ein soeben dem Preußischen Staatsrat zugegangener Gesetzentwurf sieht die Verlängerung der Geltungsdauer der Hauszinssteuerverordnung bis zum 31. März 1930 vor. — In Jugoslawien wurden auf Grund des neuen Ge setzes zum Schutze des Staates sämtliche Parteiorganisa tionen aufgelöst. — Auch die Lübecker Werften haben nunmehr ihren Betrieb in vollem Umfange wieder ausgenommen. — Für die mitteldeutsche Metallindustrie ist ein Schieds spruch gefällt worden. — Der Streik der Schüler der technischen Staatslehre «nstalten in Hamburg hat an Ausdehnung gewonnen. — Auf der Elbe ist das Eis zum Stillstand gekommen, so daß stellenweise ein Fußverkehr über das Eis ein gerichtet wurde. Die letzte Woche. Die Ernennung der deutschen Sachver ständigen, über die man monatelang orakelt l lft nunmehr erfolgt, während die Sachverständigen oer anderen Mächte zwar schon bestimmt, aber noch nicht ernannt worden sind. Denn die Reparationskomnlis- o ?ie offizielle Ernennung vollziehen soll, braucht ^ru Zeit. Die Auswahl der deutschen Sachverständigen t't den Wirtschaftskreisen begrüßt worden. Sowohl ^n^„>^werbe wie die Wirtschaft sind durch ihr« bedeutendsten Führer vertreten. Da die Stellvertreter Melchior und KasU die Hauptsachverständigen Schacht u"d dosier begleiten we^en, so wird auch ihre Sach- Verhandlungen zugute kommen. Die Ar- nämlich nicht etwa in der Weise, daß dis Stellvertreter einspringen werden, falls eines der HauPtmttglleder aus Krankheit oder anderen Gründen netteren Teilnahme verhindert sein sollte; viel- d^ Stellvertreter sich an den Ver- handlungen beteiligen. Das geschieht schon deshalb, weil es angesichts der überaus umfangreichen und schwierigen Materie ein Unding wäre, wenn einer der Stellvertreter oder beide in einem gegebenen vorge- schrittenen Stadium der Besprechungen einspringen müßte, ohne auf das Genaueste über den bis dahin «^"n-^vterrichtet zu sein. In Berlin ist zur Zert "och nicht genau bekannt, ob der Aus schuß am o. Februar zusammentreten wird ein Gleit punkt über den zwischen den alLen ReL Es ist jedoch selbstver ständlich, daß sich die Gläubigerstaaten über das Datum des ersten Zusammentreffens vorher mit Berlin be nehmen werden. Auf die Sachverständigen allein kommt es frei lich nicht an. Es ist nun auch die hg^e Zeit, daß endlich eine voll aktionsfahige Reichsregie rung zustandekommt. Damit hat man es aber noch keineswegs eilig. Der Reichskanzler kehrt erst in den nächsten Tagen nach Berlin zurück, und dann können erst frühestens die Verhandlungen beginnen. Als Vor spiel dazu kann man die programmatische Erklärung des Zentrumssührers Dr. Kaas ansehen, wonach das Zentrum zwar grundsätzlich bereit ist, sich an der großen Koalition zu beteiligen, aber bestimmte Garantien fordern müsse. Das wird ungefähr auch der Standpunkt der anderen Parteien sein. Es scheint hiernach wenig wahrscheinlich, daß der Reichstag bei seinem Wiederzusammentritt schon eine neue Regierung vorfinden wird. , Inzwischen haben die Reichstagsausschüsse größ tenteils schon ihre Arbeiten wieder ausgenommen. Von besonderem Interesse waren die Verhandlungen des Strafrechtsausschusses über den Paragraph 113, der nach der Vorlage lautet: Wer ein auslän- disches Staatsoberhaupt beleidigt, während es sich im Deutschen Reiche aufhält, oder wer einen im Reiche beglaubigter ausländischen Gesandten oder Geschäfts, träger beleidigt, wird mit Gefängnis bis zu drei Jah ren bestraft. Die Sozialdemokraten beantragten, nur den beim Reiche beglaubigten ausländischen Gesandten zu schützen, ferner die Höchststrafe von drei Jahren aus ein Jahr herabzusetzen, da nach den Beschlüssen des Ausschusses auch der Reichskanzler und die deutschen Reichs-- und Länderminister nur noch den gleichen Schutz gegen Beleidigungen wie andere Staatsbürger hätten KEs Berliner Verhandlungen. Ein Franzose Borsitzender des SMverjländigemmWuW? Der zur Zeit in Berlin weilende deutsche Bot schafter in Paris, v. Hoesch, hat die zuständigen Ber liner Stellen über seine letzten Pariser Verhandlungen «unterrichtet, die sich auf die technische Vorbereitung des Sachverständigenkomitees bezogen. Insbesondere handelt es sich dabei um die Frage des Vorsitzes. Das erste Sachverständigen-Komitee stand unter amerikani scher Führung. Dawes war Vorsitzender wenigstens des bedeutenderen Ausschusses. Daneben freilich bestand ein zweiter Ausschuß zur Untersuchung der Kapital- Flucht, der MacKenna-Ausschuß, unter englischer Füh rung. Diesmal will Frankreich den Vorsitzenden stel len. Stellvertretender Vorsitzender soll nach dem Vor schlag der Reparationsmächte der deutsche Hauptdele gierte, Reichsbankpräsident Schacht, werden. Als Ge neralsekretär des Komitees wird von französischer Seite das englische Mitglied der Reparationskommission Smith vorgeschlagen. Natürlich handelt es sich hierbei aber nur nm eine inoffizielle Fühlungnahme. Bon Berliner zustän diger Stelle wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Wahl des ersten und zweiten Borsitzenden Ange legenheit der Konferenz selbst sei, so daß vor dem Zu. sammen tritt der Konferenz diese Frage nicht entschie den würde. Die deutschen Sachverständigen, die voraussichtlich Anfang nächster Woche zu vorbereitenden Besprechun gen zusammentreten werden, werden begleitet werden von Beamten des Auswärtigen Amtes, des Reichs finanzministeriums und des ReichSwirtschaftsministe- Auch die Deutschnattonalen beantragten eine Aende- rung, da die Beleidigung eine« fremden Staatsoberhauptes, wie auch eines im Reich, also auch bei einer Länderrcgierung amtierenden auSlän- dischen Geschäftsträgers nach der Vorlage höher be straft werden würde als die des deutschen Reichspräsi denten. Obwohl der Reichsjustizminister Koch-Weser starke Bedenken äußerte, nahm der Ausschuß den so zialdemokratischen Antrag an, wonach nicht die im Reiche, sondern nur die beim Reich beglaubigten aus ländischen Gesandten usw. gegen Beleidigung besonders geschützt werden sollen. Angenommen wurde auch der sozialdemokratische Antrag, die Gefängnisstrafe auf ein statt drei Jahre herabzusetzen. Endlich wurde eine Bestimmung hinzugefügt, die die Verleumdung eines Staatsoberhauptes, Gesandten ustv. mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft. Mit diesen Aenderungen wurde Paragraph 113 genehmigt. * Das große Ereignis der ausländischen Politik war der Staatsstreich in Jugoslawien. Wenn wir dabei auch nur die Rolle des unbeteiligten Zuschauers spielen, so darf man die Weiterentwicklung der Dinge in Belgrad doch nicht aus dem Auge lassen. Der Balkan ist nun einmal der Wetterwinkel Europas, und man darf nicht vergessen, daß der Weltkrieg im heutigen Gebiet von Jugoslawien seinen Ausgang nahm. Die zentrifugalen Kräfte, die im alten Oesterreich am Werke waren und so oft die Anwendung des „Diktaturpara graphen" notwendig machten, haben jetzt auch in Bel grad zur Diktatur geführt. Aber es ist doch eine Dik tatur ganz anderer Art. Im alten Oesterreich be ruhte sie immerhin noch auf der Verfassung, die in dem berühmten Diktaturparagraphen eine Art Sicher heitsventil vorgesehen hatte für den Fall, daß über gewisse Fragen zwischen den einzelnen Reichsteilen keine Einigung zustandekam. Bei dem Staatsstreich von Bel grad kann man nicht von einem Sicherheitsventil reden. Im Gegenteil, König Alexander hat das Dampfrohr, das bisher den Dampf für die Staatsmaschrne lieferte, kurzerhand abgedreht. Nun merkt man zwar nichts mehr von dem Stoßen der schlecht geölten Maschine; aber wer bürgt dafür, daß der Kessel, aus dem der Dampf nunmehr keinen Ausweg mehr hat, auf die Dauer dem Druck standhält? Fingierte polnische Lieferungen. Ein Riesenvetrug zum Schaven des Reich«. Nach monatelangen Beobachtungen und Ermitt lungen ist es der Berliner Kriminalpolizei gelungen, große Schiebungen aufzudecken, die Jnventurbeamte der i deutschen Besatzungsarmee in Polen zum Schaden des ' Deutschen Reiches vorgenommen haben. riums, deren besondere Ausgabe es ist, das für die Konferenz notwendige Materral zu verwalten und zu beschaffen. Entgegen anverslautenden Melvungen kann fest- gestellt werden, daß von der Einrichtung einer Kom mission für die Reparationsarbeiten in Berlin zur Ergänzung und Unterstützung der unabhängigen Sach» verständigen an zuständiger Stelle nichts bekannt ist. Die unabhängigen Sachverständigen werden lediglich von Fall zu Fall Spezialisten z« den Beratungen hin, zuziehen, und zwar nach eigenem Ermessen. Tie nach« tten Maßnahmen in Viesen Fragen hängen somit von der Entscheidung der Sachverständigen ab, nnd nicht von der Reichsregierung. * Deutschlands wirtschaftliche Depression. «in Bericht des amerikanischen Handelsdepartement», Der vom Handelsdepartement herausgegebene Be richt der amerikanischen Regierung in Washington über Deutschlands Leistungsfähigkeit besagt, daß die viel versprechende Aktivität des Jahres 1928 nicht anhielt, sondern sich im Frühsommer eine Depression bemerkbar machte, die ernster war als zum Jahresende 1927. Je doch sei die Zukunft des deutschen Geschäftsgänge- gut und kein Grund vorhanden, die Wirtschaftslags ungesund zu nennen. Trotz der Depression hätten Ex port und Import angezogen. Obwohl alle Forderungen polnischer Staatsange höriger an das Deutsche Reich bis zum 1. November 1918 abgerechnet und die Schulden bis zu diesem Stich tag alle bezahlt worden sind, tauchten im vergangenen Jahre einige Polen aus, die noch Ansprüche an da- Reich stellten. Es handelte sich angeblich um Mehl lieferungen, die für die deutsche Besatzung in Polen noch vor dem 1. November 1918 erfolgt sein sollten. Die Polen brachten Belege und Unterlagen bei, und als sich das Reich weigerte zu zahlen, wurden die Forderungen vor dem deutsch-polnischen Schiedsgericht in Paris geltend gemacht. Hier wurde Deutschland zur Zahlung verurteilt. Die Summe von 850 000 Mark, um die es in diesem Falle ging, wurde auf Grund der polnischen Aufwertungsgesetze auf 300 000 Mark festge- setzt. Später hat auch das Haager Schiedsgericht di« Rechtsgültigkeit dieses Urteils bestätigt. Nunmehr ist festgestellt worveu, daß die polnischen Forverungen auf Grund gefälschter Unterlagen erhoben worden sind. Jntendanturbeamte der deutschen Be satzungsarmee in Polen haben polnische Lieferungen an Deutschland, die nie erfolgt sind, bestätigt und die dafü» eingereichten Rechnungen als richtig anerkannt. Le» Hauptschuldige ist inzwischen verstorben. Ein weitere» Jntendanturbeamter konnte festgenommen werden und befindet sich im Moabiter Untersuchungsgefängnis. Ei« dritter wurde in Danzig verhaftet. Die polnischen Be trüger sitzen in Polen «nd sind natürlich von deutsche« Behörden nicht zu fassen. Abgesehen von den Schiebungen auf Grund ge fälschter Unterlagen sind noch weitere Betrügereien vorgenommen worden. Die Gesamtsumme, um die es sich bei diesen Schiebungen handelt, läßt sich zur Zeit noch nicht seststellen. Spionage für Frankreich. Aus der Urteilsbegründung im Lembourn-Prozeß. Senatspräsident Lorenz gab zu dem vom vierten Strafsenat des Reichsgerichts im Spionageprozeß Lem- bourn gefällten Urteil wider Erwarten eine sehr aus führliche Begründung. Dabei ist vor allem bemerkens wert, daß der Senatspräsident und damit der Senat dem Hauptmann Lembourn vorwerfen, er habe dis Spionage nicht oder wenigstens nicht ausschließlich und hauptsächlich für sein eigenes Vaterland, sondern fü» eine andere auswärtige Macht getrieben. Den Namen dieser fremden Macht zu nennen, vermied der Senats- Präsident. Aus gewissen Andeutungen aber und aus der Feststellung der frankophilen Gesinnung Lembourns darf wohl der Schluß gezogen werden, daß es sich um